Journal Freitag, 22. August 2025 – Teilzeit-Wienerin im Herzen

Samstag, 23. August 2025 um 8:57

Noch vor Wecker aufgewacht, mit innerer Unruhe und nur mittel erholt.

Mehr urlaubsvorbereitendes Wirbeln, mittlerweise durchaus mit dem nagenden Zweifel, ob eine Reise all die Tage mit Unruhe, Hektik, Organisation und Erschöpfung wert ist.

Der Himmel hatte aufgerissen, auf meinem Marsch in die Arbeit bekam ich in kühler Luft sogar Sonnenschein.

Im Büro von der ersten Minute an viel Handarbeit und Gerenne – darauf war ich aber gefasst gewesen. Dann Ackern am Schreibtisch, Gehirn wie Stubenfliege – ich schloss keinen Job am Stück ab, sondern sprang ständig zwischen allem Möglichen hin und her, dazu passten einige Querschüsse, war auch schon egal. Zumindest schloss ich alles urlaubsfertig ab, es wurden keine neuen Fässer aufgemacht, die mich im Urlaub verfolgen würden (Kopfkino barrel chase).

Mittagscappuccino im Westend – nicht ganz so schnell weggekippt wie ideal, weil er dafür zu heiß war.

Auch zum Mittagessen räumte ich auf:

Letzte Tomaten und Gurke aus Ernteanteil, letzter Apfel aus dem Obstkorb, Rest Joghurt (und eine Hand voll Nüsse als Substanzielles, das zu schnellen neuen Hunger verhindern sollte).

Mehr Abarbeiten und Übergaben, erneute Erkenntnis, dass die Vorbereitungen für eine Woche Urlaub sich nicht groß von denen für drei Wochen unterscheiden; zumindest habe ich eine weitere Stellvertretungs-Infrastruktur geschaffen, die ich auch für meine Oktoberfestflucht ab Ende September nutzen kann.

Da doch noch einiges zu tun war, packte ich um drei recht abrupt und nahm eine U-Bahn zum Hauptbahnhof, wo Herr Kaltmamsell mich mit den Koffern bereits erwartete. Ereignislose Fahrt mit dem Railjet nach Wien Hauptbahnhof, ich übte gleich mal Blödschaun durchs Fenster auf die wechselnde Landschaft, las neben Mastodon-Timeline lediglich das aktuelle SZ-Magazin,1 hörte ein wenig Musik. Möglicherweise setzte hier bereits Loslassen ein!

(Kaputte Klos kann übrigens auch die ÖBB, drei der sechs am nächsten erreichbaren.)

Die eigentliche Beschallung kam von einer größeren Gruppe junger Frauen, die in München bereits feiernd und johlend eingestiegen war – ein entsprechender Gesang wies auf den Anlass Geburtstag mindestens einer der Frauen hin – und in Salzburg Zuwachs bekam: Eine sehr fröhliche und freudige Geräuschkulisse, ich freute mich mit. Ankunft in Wien mit nur wenig Verpätung (Bauarbeiten -> eingleisige Abschnitte).

Unterwegs dachte ich nach über einen Umstand, der mir bei der etwas detaillierteren Planung unserer Woche aufgefallen war: Ich fühle mich Wien sehr nah, weil ich hier einige Leute aus dem Internet kenne, zum Teil schon seit Jahrzehnten. Über sie verfolge ich Wetter, Stadtpolitik, Anekdoten, Gastronomie, Selbstverständnis, Veränderungen. Im Grunde ähnlich wie bei Berlin und meinen berliner Internet-Freund*innen, das sogar deutlich weiter von München entfernt ist. Nur: In Wien bin ich fast nie. Zuletzt reiste ich zu einer Hochzeit im April 2016 her, davor war ich im Abstand von einigen Jahen zweimal ein paar Tage auf Besichtigung da. Das Resultat: Bei aller gefühlten Nähe ist mir die Topografie Wiens unvertraut – im Gegensatz zu der Berlins, wohin ich mindestens einmal im Jahr fahre. Das fand ich lustig und nahm mir vor, bei diesem Besuch sehr viel rumzulaufen und auf Stadtpläne zu schauen.

Was mir erleichtert wird durch die Lage unserer Ferienwohnung: Nachdem das gezielte Buchen einer Wohnung in bestimmten, vorher als sehenswert recherchierten Gegenden Wiens gescheitert war, hatte ich die Lust verloren und irgendwas genommen, Hauptsache verlässlich und professionell vermietet (in den vergangenen Jahren war ich ja durchgehend reingefallen) und irgendwie zentral. So landeten wir in der Nähe des Westbahnhofs, außerhalb des Gürtels (ich beginne, lokale Terminologie zu lernen), in einem Außenbezirk. Meine Wochenplanung hatte gezeigt, dass es zu fast allen erstrebten Zielen ein ganz schönes Stück Weg ist.

In der Dämmerung fanden wir zum Haus mit unserer Ferienwohnung, kamen durch drei Türen mit bis zu achtstelligen Tipp-Codes hinein: Sauber, freundlich, mit allem Versprochenen ausgestattet – nur halt im Erdgeschoß zu einem Innenhof und ohne Außenfenster. Aber insgesamt zufriedenstellend, kein Reingefallen-Gefühl.

Es war schon spät, wir hatten großen Hunger. Also nur schnell entknitternd ausgepackt, dann spazierten wir in milder, trockener Nacht zu einer vorher ausgesuchten Wirtschaft zum Abendessen. Wie schon auf dem Wegstück von U-Bahnhof zur Wohnung war ich sehr angetan: Viele Menschen vor Gastronomie, beides höchst bunt und einwanderisch geprägt wie mein heimisches Bahnhofsviertel, spielende Kinder in Parkanlagen, viele Cafés, offensichtlich bewohnte Gründerzeithäuser. Schön auch der für mich typisch wienerische Blick Seitenstraßen entlang hinunter auf die nächtlich glitzernde Innenstadt.

Frischkäse mit Drumrum und Süßkartoffelfritten für mich, dazu zwei Achtel Gemischter Satz – angenehmes Nachtmahl.

Sehr dekorative Kneipenkatze, die sich ihrer Instagramabilität durchaus bewusst schien.

Auf dem Heimweg holten wir uns Nachtisch in einer riesigen Eisdiele: Meine Kugel Himbeer-Mohn schmeckte hervorragend (die zweite Kugel Karamell-Cheesecake ok).

  1. Oh Gott oh Gott: Tobias Haberl lobt und preist darin die Pfälzer Weinstube in der Münchner Residenz. Hoffentlich glaubt ihm niemand! []
die Kaltmamsell

1 Kommentar zu „Journal Freitag, 22. August 2025 – Teilzeit-Wienerin im Herzen“

  1. Tomek meint:

    Das Augustin! Kann ich auch sehr empfehlen, nicht nur wegen der Katze.
    Noch ein Tipp, das müsste auch etwa in Ihrer Nähe sein:
    http://www.gasthausquell.at/kontakt.php (reservieren!)

Beifall spenden: (Unterlassen Sie bitte Gesundheitstipps. Ich werde sonst sehr böse.)

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