Journal Sonntag, 28. September 2025 – Ankunft in Brighton

Montag, 29. September 2025 um 9:05

Gut geschlafen, energisch fast so lang wie möglich (10:30 Uhr) mein Zimmer belegt. Mangels anderer Sitzgelegenheiten bloggte und las ich auf dem Bett.

Am Vorabend hatte ich bereits herausgefunden, dass ich nicht den Zug von Eastbourne nach Brighton nehmen würde, da vor Bauarbeiten auf der Strecke gewarnt wurde: Bei aller Neugier auf andere Kulturen – SEV auf Englisch muss ich nicht wissen (letztes Stück Lewes-Brighton). Doch der Doppeldeckerbus nimmt ja ohnehin die viel schönere Strecke entlang der Küste, die zudem nur einen Bruchteil des Zugtickets kostet: 3 Pfund fürs Tagesticket.

Dass ich eine Haltestelle der vier Buslinien nach Brighton erstmal finden musste, machte mir nach Abschied von der freundlichen jungen Gastgeberin nichts aus: Das Wetter war wieder hell und mild, ich hatte wirklich Zeit. Denn die Haltestelle an der Uferpromenade, an der ich zunächst wartete und an der laut Aushangfahrplan mindestens zwei Linien vorbeifahren mussten, blieb eisern leer. Rollkofferte ich halt zum Busbahnhof – und tatsächlich, dort erwischte ich sofort einen.

Auf den anderthalb Stunden Fahrt wurde der Bus immer voller: Ausflugsgruppen, alte Leute allein und in Gruppen, Wander*innen, Menschen mit Kindern und Kinderwagen – ich saß irgendwann sehr eingeklemmt zwischen meinem Koffer und einem Sitz, um nicht zwei zu besetzen und war froh, als ich in Brighton am Old Steine rauskam. Dort gibt es derzeit so viele Baustellen an Gebäuden, Wegen und Straßen, dass ich mich erstmal orientieren musste. Wobei “Baustellen” vielleicht nicht ganz korrekt ist: Einige Baufälligkeiten sahen lediglich gesichert und abgesperrt aus.

Zwar war Sonntag und der bot die Option auf Sunday Roast in einem Pub, doch mir war jetzt um kurz vor eins viel mehr nach einem reichlichen Frühstück. Also steuerte ich unter mittlerweile düsterem Himmel das Café The Boudica in der Western Road an.

Mediterranean breakfast und Cappuccino. Beides erfreute mich sehr.

Jetzt fielen die erste Regentropfen nach acht Tagen. Aber es waren nur wenige, das konnte ich gut im Café aussitzen.

Die Kanne Schwarztee, die ich nach dem Frühstück bestellte, war eindeutig zu viel Koffein, mir wurde zittrig und schwummrig. Doch jetzt war es endlich spät genug, dass ich (halt in dieser Verfassung) meinen schweren Koffer hoch zur Ferienwohnung schleifen konnte – in Brighton ist alles, was nicht direkt am Strand verläuft, hoch oder runter, aber erstmal hoch (außer der großen Western Road, Haupteinkaufstraße, die verläuft parallel zur Strandpromenade).

Die detaillierte Anleitung der Vermieter funktionierte, ich kam in eine genau richtig große Altbauwohnung im 1. Stock, die mit der Beschreibung bei AirBnB übereinstimmte (worauf ich mich nach den letzten Reinfällen nicht verlassen hatte).

Hinter der Brüstung links die Küchenzeile, rechts gegenüber vom Bay Window geht es ins Schlafzimmer und von dort einige Stufen runter ins Bad – typische Aufteilung dieser Häuser.

Was das Schlimmste sein soll, das mir in Brighton widerfährt: Die Vermieter waren meiner Bitte nach Waschmittel nicht nachgekommen, möglicherweise wohnen sie ja auch weit weg. Ich ging also erstmal in einen Sainsbury’s City (hier haben am Sonntag immer mehr Läden auf) und besorgte neben Abendessen und Schokolade die kleinstmögliche Packung Waschmittel.

Dank hiermit ausdrücklich der @dieliebenessy für den Tipp vergangenes Jahr mit den Packtaschen: Auch bei diesem zweiten Einsatz (nach Mallorca) für täglichen Unterkunftswechsel SO eine Erleichterung! (Hier in leerem Zustand, weil der Inhalt bereits in der Waschmaschine seine Runden drehte.) Ich verwende sie wie Schubladen eines Kleiderschranks: Eine für Unterhosen, eine für BHs, Socken, Oberteile, Hosen, Krams und Kleinzeug.

Da ich ihn fürs Abendessen brauchen würde, testete ich den Gasherd: Den eingebauten Zündfunken brachte ich nicht zum Zünden, da tat sich nichts. Es ist durchaus möglich, dass ich mich einfach nur ungeschickt anstellte, sogar wahrscheinlich. Aber brute force ist als Workaround meine Spezialität: Nochmal rausgegangen und beim News Agent ein Feuerzeug gekauft. Damit bekam auch ich das Gas zum Brennen.

Jetzt muss ich bis nächsten Samstag nirgendwo mehr hin, meine Pläne sind so vage wie schon lang nicht mehr: Lebensmitteleinkäufe, alle geliebten Straßen und Gassen durchspazieren, Laufen am Undercliff Walk, vielleicht geht sogar Schwimmen, Essen im Food for friends, im Weinladen nach englischen Weinen sehen.

Zum Nachtmahl machte ich mir wie einst als Studentin Fastfood: einen großen Kopf Brokkoli in Stücken gekocht, ordentlich Butter dran (Letzteres hätte ich allerdings als Studentin nie, sondern nur ein paar Löffel Sahne genommen, weil ich Kalorien zählte). Dann noch gekaufte kleine Bramley Apple Pies und Schokolade.

Nach dem Erstgebrauch der Küche spülte ich alles vorhandene Besteck gründlich, bis nichts mehr davon klebte, und setzte sowohl Küchenrolle (u.a. als Serviettenersatz) als auch Geschirrtuch (dieses Winzelding reicht mir niemals die Woche) auf die Einkaufsliste.

Spät (!) ins Bett zum Lesen, Die Anomalie von Hervé Le Tellier, Romy und Jürgen Ritte (Übers.) ausgelesen – war nicht so das Meine, vielleicht geht französische Literatur wirklich an mir vorbei (bis auf Krimis wie die von Fred Vargas, bei deren Lektüre das Genre überwiegt).

§

Was auch weiterhin bei der Diskussion über sogenannte KI vernachlässigt wird: Dahinter stehen Tausende von Menschen mit dem Beruf Data-Worker. Und oft menschenverachtenden Arbeitsbedingungen:
“Data-Worker und Drecksarbeit
Raus aus der Unsichtbarkeit”.

Die zitierte Joan Kinyua habe ich auf einem Panel der jüngsten re:publica gesehen.

Übrigens:

Meta hat sich in Reaktion auf die Klage darauf berufen, gar nicht selbst in Kenia zu operieren und mit dem Argument die Klage gegen sich angefochten. Das Netzwerk beauftrage lediglich Sama, für die Arbeitsbedingungen seien sie nicht verantwortlich.

Genau gegen solche Schachzüge hat die EU das Lieferkettengesetz eingeführt. Das Sie vermutlich nur vom Schimpfen gegen zusätzliche Bürokratie kennen. (Umsetzung wieder andere Sache.)

die Kaltmamsell

2 Kommentare zu „Journal Sonntag, 28. September 2025 – Ankunft in Brighton“

  1. Daniela meint:

    Vielleicht eine Idee für die nächste Reise – Waschmittelblätter. Nehmen kaum Platz weg und können nicht auslaufen. Hat sich bei uns auf Reisen sehr bewährt.
    Eine wunderschöne Woche in Brighton wünsche ich.

  2. engl meint:

    ach gut, jetzt bin ich beruhigt. ich war so überrascht und verwirrt, als du an brighton vorbeigelaufen bist. das konnte doch nicht …

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