Journal Donnerstag, 3. SeptemberOktober 2004 – Zweiter Tag Heimreise mit Lehrreichem
Freitag, 4. Oktober 2024
Der zweite und letzte Tag Rückreise verlief weniger anstrengend als befürchtet. Zwar war ich durchgehend angespannt, doch nicht mal die letzten beiden Stunden Zugfahrt Stuttgart-München fühlten sich wirklich elend an, und ich traf noch vor Mitternacht daheim ein.
Der Schlaf im Barceloneser Hotel war ok und genug gewesen. Ich finalisierte so stromsparend wie möglich den Blogpost, recherchierte und kaufte online ein Ladekabel für mein zehn Jahre altes MacBook Pro, das angeblich schon heute zur Abholung im Apple Store bereit liegen würde (da Spezialkabel für nicht mehr produziertes Modell, verließ ich mich nicht auf Vorrätigkeit). Zudem hatte ich ja mein Arbeits-Notebook daheim, mit dem konnte ich überbrücken.
Geduscht, gepackt, Hotelaufzug nach unten.
Der Spaziergang zum Bahnhof (auch dieser von Baustellen umgeben, der Hindernislauf erweckte wieder Heimatgfühle) war schön, ich ging inmitten von Eltern, die ihre Kinder zur Schule begleiteten, in fröhlicher und gemeinschaftlicher Stimmung und nur wenig mehr Frauen als Männer.
Barcelona gefiel mir weiterhin gut, ich mochte die Großstadtstimmung, das Viertel La Bordeta fühlte sich wohnenswert an (Einmerker für eigentlichen Barcelona-Urlaub).
Im Bahnhof kaufte ich eine große Flasche Wasser: Das Leitungswasser in Barcelona schmeckte so greislich, dass auch ich es mir nicht antun wollte, gechlort und modrig. Also füllte ich nicht wie sonst die für die Reise mitgebrachten Sportflaschen (in Esporles und Valldemosa hatte das Leitungswasser sogar besonders köstlich geschmeckt), sondern erzeugte Plastikmüll.
Vor dem Bahnsteig zu meinem Zug Sicherheitsschleuse wie am Flughafen: Ticket-, Gepäck- und Körperkontrolle mit entsprechenden Warteschlangen. Hier könnte Söder noch aufrüsten, in bayerischen Fernbahnhöfen kann man einfach so in die Züge ins Ausland spazieren.
Lehrreiche Fahrt nach Paris:
1. Auch TGV kann Verpätung. Wir fuhren 10 Minuten nach Fahrplan von Barcelona ab, bis Paris hatten wir bis zu 30 Minuten Verspätung.
2. Auch TGV kann keine Internetverbindung. Da sich erwies, dass auch Spanien und Frankreich weitläufige Funklöcher können, haschte ich wie in Deutschland immer wieder irgendeiner Art von Verbindung.
3. Wie schon auf der Hinfahrt waren die spanisch gemeinten Versionen der Durchsagen vor lauter französischem Akzent und Genuschel komplett unverständlich. (Mir ist diese kindliche Taktik zu Verschleierung von Unkenntnis nicht fremd.)
4. Im TGV-Zugrestaurant bedeutet “Cappuccino” schlichten Kakao. Das musste ich feststellen, als ich einen solchen nach ausdauerndem Schlangestehen als Mittagscappuccino geholt hatte und reklamierte, das sei doch aber chocolate: Die wirklich freundliche Angestellte hinter der Theke verstand nicht, was es zu reklamieren gab, ich hätte doch Cappuccino bestellt, und das sei spanisch “chocolate”.
Dabei wäre die Aussicht dazu gerade herrlich gewesen. So kippte ich das Getränk halt ins Zugklo, auf Kaba hatte ich wirklich keine Lust. Brotzeit um zwei: Apfel, zwei gut durchgequetschte Eiweißriegel aus dem Wanderproviant.
In diese Richtung brauchte der Zug Barcelona-Paris fast eine Stunde weniger als hin: Er hielt auf der französischen Seite nicht an jeder Strandhütte. Doch die halbstündige Verspätung bis Paris (die beharrlich als 15 Minuten durchgesagt wurde) machte mich ein wenig unruhig, obwohl sie mir weiterhin über eine Stunde für den Wechsel zwischen Gare de Lyon und Gare de l’Est ließ: Der Zeitaufwand des Transfers zwischen den Bahnhöfen in Paris liegt nicht in den eigentlichen Fahrten und Übergängen, sondern im Fahrkartenkauf an den Automaten. Daran lange Schlangen ungeübter Touristen, da dauert der Ticketkauf schnell mal 20 Minuten (gestern mitgestoppt). Trotzdem fand ich am Gare de l’Est noch Zeit für die Besorgung eines Abendessens inklusive Wasserkauf (noch mehr Plastik).
Nach den ersten 20 Minuten der Fahrt Paris-Stuttgart hatte dieser TGV bereits 10 Minuten Verspätung. Diesmal saß ich auf einem Fensterplatz, ich sah hinaus in die französische Landschaft, solange das Tageslicht noch etwas erkennen ließ. Um acht packte ich mein Abendessen aus: Körner-Baguette mit Tomate, rohem Schinken, Mozarella, außerdem ein Pain au raisins, beides bereitete mir Vergnügen.
Die immer größere Verspätung beunruhigte mich weniger: Mit nur (heutzutage) elf Minuten Umsteigezeit würde ich in Stuttgart zwar meine gebuchte Verbindung verpassen, doch um diese Zeit gab es überraschend viele ICEs nach München. So nahm ich dann auch einfach den nächsten, Platz hatte dieser ohnehin genug.
München empfing mich sehr kühl: Schon in Paris hatte ich zu Jacke und T-Shirt einen Pulli angezogen, jetzt wickelte ich meinen Schal um den Hals. Und dann fuhr ich um halb zwölf mit meinem Koffer Slalom nach Hause um Wiesnpizzen, Rikscha-Rowdies und viele, viele torkelnde Oktoberfest-Cosplayer*innen. Ich muss künftig meine Oktoberfestflucht besser mit genau diesen 16 Tagen parallelisieren.
Reiseunterhaltung an diesem zweiten Tag war Elif Shafak, Michaela Grabinger (Übers.), Ehre, die letzten Seiten noch im Bett vor dem Einschlafen. War mir als eine der in der Türkei meistgelesenen Autorinnen empfohlen worden, und bei türkischer Literatur habe ich eh eine böse Lücke. Auf Deutsch hatte ich es gekauft, weil ich von einem türkischen Original ausgegangen war: Irrtum, das hat Shakaf auf Englisch geschrieben, aber jetzt war’s schon egal. Las ich gestern sehr gern, Details später.