Bücher

Journal Montag, 11. März 2024 – Naomi Alderman, The Future

Dienstag, 12. März 2024

Guter Schlaf, einmal unterbrochen durch eine laut und wirr rufende Männerstimme vorm Schlafzimmerfenster.

Der Morgen sonnig und knackig kalt.

Die Magnolien ganz kurz vorm Platzen.

Emsiger Vormittag, die Sonne und der blaue Himmel vorm Fenster machten sich dennoch hervorragend. Mittagscappuccino bei Nachbars.

Zu Mittag gab es dann Hüttenkäse, außerdem Granatapfelkerne mit Joghurt und Mohn. Und ein wenig Nachlesen der Oscarnacht, auch dieses Jahr war mir die Anstrengung des Live-Guckens zu groß im Verhältnis zu den wenigen selbst gesehenen Filmen. Ich freute mich über die Oscars für Poor Things: Hauptdarstellerin Emma Stone, Bestes Szenenbild, Beste Kostüme, Beste Maske – fehlte nur der Oscar für bestes adaptiertes Drehbuch. Allerdings kann ich den Gewinner in dieser Kategorie, American Fiction, nicht beurteilen, weil halt nicht gesehen.

Der Nachmittag wurde ein wenig stressig, weil Dinge kompliziert waren und ich sie nicht allein lösen durfte, sondern abstimmen musste. (Ich erkenne inzwischen SO klar, dass ich keine Team-Playerin bin.) Außerdem ein seltsamer Abschied.

Auf dem Heimweg (immer noch recht frisch, ich war dankbar um Mütze und Handschuhe) ein paar Supermarkt-Einkäufe.

Kaiser-Ludwig-Platz

Zu Hause eine Runde Yoga-Gymnastik, tat sehr gut. Als Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell das Ernteanteil-Blaukraut auf meinen Wunsch zu Rohkostsalat mit Feta verarbeitet (doppelt so viel Blaukraut, doppelt so viel Feta). Ich hatte mich den ganzen Tag schon darauf gefreut, schmeckte auch wundervoll. Nachtisch Schokolade.

Im Bett die nächste Lektüre, wieder eine vorzeitig verfügbare Vormerkung in der Münchner Stadtbibliothek: Wolf Haas, Eigentum.

§

“Katja Diehl: ‘Wir zahlen für die Autos der Anderen. Ist das gerecht?'”

Wir müssen dieses Narrativ von „wir müssen alle mitnehmen“ hinterfragen. Mein Eindruck ist: Wir tun so, als wenn der jetzige Zustand der Garten Eden ist, in dem es allen gut geht. Und dann kommen diese Leute und wollen uns die Autos wegnehmen. Das stimmt aber einfach nicht.

(…)

Menschen in Armut spielen immer dann eine Rolle, wenn die Benzinpreise steigen oder ähnliches. Ansonsten kümmert man sich aber nie um sie. Dann hätten wir ja zum Beispiel die Gehälter in der Pflege deutlich erhöht. Warum verdienen Menschen in der Pflege so viel weniger als Menschen, die ein Auto herstellen? Es geht dabei nicht darum, die Armut in Deutschland zu beenden. Wir kümmern uns darum, die Autoabhängigkeit aufrecht zu erhalten.

In den Kommentaren habe ich für Sie schonmal vorgearbeitet.

§

Naomi Alderman, The Future.

Der Roman spielt in einer nahen Zukunft, in der die Klimakatastrophe deutlich weiter fortgeschritten ist, und dort zum einen in der Welt der Online-Milliardäre (Amazon, Apple/Microsoft und Facebook/Twitter sind recht klar hinter den drei Techno-Unternehmen mit Weltmacht zu erkennen), zum anderen in der Welt der Prepper, die sich auf ein Überleben der Apokalypse vorbereiten. Die beiden zentralen Figuren sind Martha Einkorn – die engste Mitarbeiterin eines dieser Online-Milliardäre, die als Jugendliche der Weltuntergangs-Sekte entkam, in der sie aufgewachsen war – und Lai Zhen, eine junge Survivaltechnik-Influencerin und -Journalistin, die die Zerstörung ihrer Heimatstadt Hongkong überlebte.

Das Genre ist speculative fiction, das what if lautet:
1. Was, wenn der direkte und indirekte Einfluss von Online-Plattformen auf menschliches Verhalten durch subversive Kräfte konstruktiv und zum Guten genutzt würde?
2. Was, wenn Künstliche Intelligenz durch Zugriff auf wirklich alle Echtzeit-Daten hinter diesen Online-Plattformen zur wichtigsten Lebensrettungstechnik würde?

Das 2. wird am Ende mit einer Pointe beantwortet, die mich besonders amüsierte.

Die Handlung wird nicht chronologisch erzählt: Sie fängt gleich mal mit dem Weltuntergang an und blendet von dort in verschiedene Zeiten zurück. Die Wirkung dieser Nicht-Linearität fand ich anfangs etwas verwirrend, doch damit werden Effekte erzielt, die anders nicht zu erreichen wären.

Die Erzählinstanz ist offensichtlich in der Online- und Computerwelt daheim: Zum einen erinnern viele Passagen, vor allem die mit Action, an Ego-Shooter-Perspektiven. Zum anderen, und das gefiel mir gut, spielen Online-Foren eine große Rolle, aus einem wird immer wieder in eigenen Kapiteln zitiert. Die Schilderung menschlicher Interaktionen in solchen Online-Foren deckt sich mit meinen Erfahrungen: Sie werden mit Respekt abgebildet und ernst genommen. Unter anderem wird realistisch erzählt, wie aus der Mischung aus fachlichem und zwischenmenschlichem Austausch richtig große Dinge entstehen können. Und an einer Stelle sorgen sich Forumsmitglieder um eines, dem es nicht gut zu gehen scheint, jemand kümmert sich und sieht nach – auch das habe ich mehrfach erlebt. Für mich war das der erste Roman, in dem ich diese Realität literarisch verarbeitet las.

Das Ergebnis gefiel mir insgesamt sehr gut, unter anderem weil die Handlung viele spannende Technikeinsätze schlüssig durchspielt. Die Grundidee trägt meiner Ansicht nach allerdings nicht so gut durch einen ganzen Roman wie die von Aldermans Meisterwerk The Power. Und er enthielt mir ein paar besinnliche Belehrungen zu viel.

Ich rate dazu, keine Besprechungen des Romans vor der Lektüre zu lesen: Der Plot enthält einige Überraschungen und Wendungen, die man sich dadurch verderben würde.
Danach empfehle ich die Besprechung von Ian Wang in der New York Times:
“In ‘The Future,’ Earth Barrels Toward Fiery Destruction”.

Außerdem die von Stephanie Merritt im Guardian:
“The Future by Naomi Alderman review – survival of the fittest”.

Und die von Ilana Masad in der Los Angeles Times:
“In ‘The Future,’ as in the present, it’s billionaires vs. cult leaders vs. influencers”.

Hier außerdem ein Feature über Naomi Alderman:
“Novelist Naomi Alderman: ‘When I’m feeling distressed I go very intellectual. Which is a defence’”.
(Das Zitat in der Überschrift? It me.)

Journal Mittwoch, 6. März 2024 – Kalter Regentag, Pizzaabend

Donnerstag, 7. März 2024

Weckerklingeln zu Regengeräuschen.

Fußmarsch in die Arbeit unterm Regenschirm. Den Hauptteil des Vormittags verbrachte ich in einer internen Informationsveranstaltung an anderem Ort, zu dem ich unterm Schirm zu Fuß marschierte (Frischluft!). Nach viel Gelerntem marschierte ich auch zurück, war nur wenige Minuten nach den Kolleg*innen im Büro, die den Bus-Shuttle genutzt hatten.

In meiner Abwesenheit war überraschend viel aufgelaufen, das ackerte ich erstmal weg.

Spätes Mittagessen: eine Portion Eintopf vom Vorabend, ein wenig Weißkraut-Kimchi.

Büronachmittag mit emsigem Abarbeiten, darunter Angst wegen Anfragen, zu denen mir nicht sofort eine Lösung einfiel. Eine musste ich nach ein paar Rechercher-Runden absagen, aber das ist ja auch eine Lösung – am schlechtesten ertrage ich es, in der Luft zu hängen.

Dazwischen Abendessen-Abstimmungen mit Herrn Kaltmamsell: Ernteanteil war weggegessen, schon am Dienstag wälzten wir die Idee, aushäusig Pizza zu essen. Die Wunsch-Pizzeria war bereits ausgebucht, wir würden also einfach mal drauf losgehen. (In München muss man bereits seit Jahren selbst für Kaffee-Verabredungen reservieren, mal sehen, wann nicht mal Döner mehr spontan geht.)

Auf dem Heimweg brauchte ich keinen Schirm mehr, es war ohne Regen kalt und ungemütlich. Lebensmitteleinkäufe bei Edeka und im Süpermarket Verdi. Zu Hause hängte ich nur noch schnell Wäsche aus der programmierten Maschine auf und goss Pflanzen, dann spazierte ich mit Herrn Kaltmamsell Richtung Hauptbahnhof zum Ca D’oro, wo wir vor Jahren schonmal gute Pizza bekommen hatten.

Der Teig schmeckte mir sehr gut, der Belag schon auch – aber die Hälfte davon hätte gereicht. Ich schaffte die Pizza ohne Überfressung, doch es ging keinerlei Schokolade mehr. Dafür gab’s bis zum Einschlafen Basilikum-Rülpserchen.

§

Auf Mastodon fand ich einige Hinweise auf diesen Deutschlandfunk-Beitrag von Andi Hörmann:
“Gefallener Engel
Marieluise Fleißer und ihre Heimat Ingolstadt”.

Sehr schön gemacht. Man hört Fleißer auch selbst, aber vor allem viele Menschen, die im heutigen Ingolstadt mit ihr und ihrem Werk zu tun haben. (Nebenbei erfuhr ich, dass die Buchhandlung Gerd Stiebert, an der ich seinerzeit lernte, dass es auch kleine Buchläden gibt, nicht mehr vom Namensgeber geführt wird. Wo hat die Fleißer wohl davor in Ingolstadt ihre Bücher gekauft?)

Das freute mich besonders, weil ich in letzter Zeit oft an die Fleißer denke. Eigentlich seit Jahren jedesmal, wenn die Lebensgeschichte von Künstler*innen erzählt wird, die sich gegen ungeheure Widerstände durchsetzten, “an sich glaubten” und damit Erfolg hatten. Marieluise Fleißer ist die Patronin all derer, die sich irgendwann nicht mehr gegen die Widerstände stemmten, sondern nicht mehr konnten und wollten, die aufgaben. Deren Geschichte wird halt nur sonst nie erzählt. Erst aus diesem Hörstück lernte ich, dass der Fleißer-Preis genau zu diesem Thema ausgeschrieben ist: “Der Marieluise-Fleißer-Preis wird an deutschsprachige Autorinnen und Autoren vergeben, in deren Werk wie bei Fleißer der ‘Konflikt zwischen unerfüllten Glücksansprüchen und alltäglichen Lebenswelten’ zentrales Thema ist.”

Ich seh sie dann immer vor mir, wie sie im Tabakladen ihres Ehemanns mitarbeitet, bis er endlich stirbt und sie sich zu ihren eigenen Interessen zurückziehen kann. Wenn ich mein Ingolstadt erklären möchte, verweise ich immer noch auf Fleißers Theaterstück Der starke Stamm und auf ihren einzigen Roman Eine Zierde für den Verein.

§

Gestern Abend erfuhr ich, dass es für “Dankbarkeiten” im kleinsten Theater Münchens eine zusätzliche Aufführung gibt, eine Matinee um 15 Uhr am Ostersonntag, 31. März: Vielleicht bekommen Sie hier noch Karten dafür.

§

Man sieht nur mit dem Herzen gut? Uoah – das Herz hat dazu auch eine Meinung.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/_i72tIEvFaE?si=fgAPB-dcTvEwedh4

Journal Samstag, 2. März 2024 – Echter Frühling, Manteljagd

Sonntag, 3. März 2024

Gut und lang geschlafen, das war schön.

Der Tag startete trüb, hellte aber bald auf.

Nach dem Morgenprogramm mit Bloggen, Milchkaffee, Wasser, Tee, bereitete ich den Teig für Chocolate Chip Cookies vor: An diesem Wochenende wird für Herrn Kaltmamsells montägliches Kuchen-für-neue-Kolleg*innen-Mitbringen gebacken. Und da Herr Studiendirektor ja wochenends vor allem arbeitet, übernehme ich den Großteil.

Aufs Radl für meine Schwimmrunde im Olympiabad. Unterwegs begnete ich zu meiner Überraschung immer wieder Gruppen junger Leute in Oktoberfest-Verkleidung – dann fiel mir ein, dass Starkbierzeit ist, für Treffen dazu in Wirtshäusern wird sich ja mittlerweile auch verkleidet.

Schwimmen in rege beschwommenen Bahnen, aber mit vernünftigem Umgang. Doch leider auch mit vielfältigen Schmerzen: Die linke Schulter meldete sich wieder gleich zu Anfang, doch diesmal wurde der Schmerz stärker, verbreitete sich über Arm und Nacken, das störte. Dazu kam mal Zwicken links im Kreuz, mal rechts, ständig drohten Krämpfe in den Waden. Leider diesmal kein Schwimmgenuss, trotz Sonne durch die riesigen Fenster der Olympiahalle.

Danach erfreute mich aber, wie schnell das Trockenföhnen der kurz geschnittenen Haare ging. Rückfahrt über Semmel- und Weinkauf, zweimal musste ich schnell vom Rad springen, um mir gegen sehr nahes Martinhorn die Ohren zuzuhalten und gegenzusummen.

Zu Hause kümmerte ich mich erst mal ums Backen der Cookies, zwischen den vier Blechen packte ich aus und frühstückte zwei Semmeln (die Butter vom Käsestand des Donnerstagmarkts schmeckte besonders gut).

Plan für den Nachmittag war ein Einkauf: Mein 20 Jahre alter billiger Wildledermantel verabschiedet sich (von H&M, würde ich mir heute und die vergangenen Jahre aus ethischen Gründen nicht mehr kaufen, doch weil ich ihn halt schon mal hatte, wollte ich ihn zumindest so lang wie möglich tragen): Das zerschlissene Futter, das ich schon einmal für teuer Geld erneuern hatte lassen, ist wieder völlig zerschlissen, das Wildleder an einigen Stellen speckig, Nähte lösen sich.

Draußen wundervoll milde Frühlingssonne, es wurden bereits die Sommerkleider ausgepackt; um drei zeigte das Thermometer im Schatten beim Juwelier Fridrich 13 Grad an.

Nachdem ich mich so über die Kapuze meiner Winterjacke als Schirmersatz gefreut hatte, träumte ich von einem Übergangsmantel mit ebensolcher. Allerdings hatte ich bemerkt, dass seit ca. zwei Jahren leichte Mäntel (die Bezeichnung “Übergangsmantel” ist ausgestorben) praktisch ausschließlich in Form von Trenchcoats angeboten werden, und das auch noch praktisch ausschließlich in Beige. Wollte ich nicht. Zumindest entdeckte ich beim systematischen Abklappern der Bekleidungsläden (Other Stories, COS, Mango, Zara) Trenchcoat-Varianten in Schnitt und Farbe, bei Massimo Dutti aber auch einen Kapuzenmantel. Den kaufte ich.

Es war viel los in der Fußgängerzone, Besucher*innen, aber auch viele Bekehrungskundgebungen: In der Sendlingerstraße ganz klassisch Bekehrung zu Jesus (junger Mann mit Mikrofon: “Ich habe geweint, als ich erfahren habe, was Jesus für mich getan hat.”), aber Richtung Marienplatz auch gegen den Kommunismus in China oder für die Proteste im Iran.

In den Bekleidungsgeschäften, in denen ich gezielt suchte, sah ich faszinierende Menschen vielerlei Alters, für mich am interessantesten die originell und sorgfältig gestylten älteren Frauen (also in meinem Alter und ein wenig drüber). Ich empfehle ein samstägliches Schlendern durch Bekleidungsgeschäfte für Leutegucken – und zur Erforschung der Frage, warum all die Männer, die mit leerem Blick oder gelangweiltem Smartphonelesen irgendwo in diesen Geschäften unbeteiligt rumsitzen, eigentlich mitgekommen sind (ich erlebte durchaus auch sehr engagierte männliche Begleitungen von einkaufenden Frauen: “Sieht gut aus – weil an dir halt alles gut aussieht”, ganz nüchtern geäußert).

Abschließender Edeka-Einkauf restlicher Wochenend-Lebensmittel, dabei Begegnung mit einer besonders entzückenden Kassenangestellten.

Daheim machte ich mich unwillig ans Bügeln, aber wenn ich das jetzt nicht erledigte, würde der Berg unangenehm deutlich höher als eine Stunde. Dabei hörte ich nach Langem mal wieder Musik, über den Mix der Bruderfamilie stieß ich auf die Band Elbow, hörte interessiert das Album “The Seldom Seen Kid” durch.

Mein Körper fühlte sich an, als täte ihm eine Wiederholung der sportlichen Yoga-Folge vom Donnerstag nicht gut. Also ließ ich gestern Yoga bleiben.

Zum Abendessen machte Herr Kaltmamsell auf meinen Wunsch die Ernteanteil-Rote-Bete zu einem Linsengericht, als Topping gebratene Champignons und Petersilie. Dazu ein spontanvergorener Blaufränkisch aus dem Burgenland: Andert-Wein Ke(c)k – schmeckte mir, machte aber nichts mit den Beten und den Linsen. Nachtisch Schokolade.

Start einer neuen Lektüre: The Future, der neue Roman von Naomi Alderman.

§

Pah, heute wird Musik ja nur noch von Computern gemacht. FRÜHER! Mit, äh, Nadeldruckern.

Journal Freitag, 1. März 2024 – Kurze Haare und Ursula Krechel, Landgericht

Samstag, 2. März 2024

Bis drei gut geschlafen, nach Klogang dann nicht mehr so.

Das Schlafzimmerfenster schloss ich morgens zu mitteldickem Nebel, keine guten Aussichten aufs Tageswetter.

Bei der Morgentoilette säuberte ich meine Ohren innen und außen besonders sorgfältig: Ich hatte abends einen Friseurtermin, hoffte auf freigeschnittene Ohren und wollte nicht, dass der Friseur sich grausen musste.

Also wieder ein hochneblig kalter Start, Büroarbeit im Wolljanker. Zumindest war der Aufgabendruck nicht mehr so hoch wie in den Tagen zuvor, kein Stress.

Mittagscappuccino im Westend, unterwegs eine unerwartete Begegnung.

Erneute Trauer und Wehmut um das Fräulein. Wie konnte etwas, jemand sich nur so furchtbar verirren. Diese schreckliche Vergeudung von Begabung für so Vieles.

Mittagessen zurück am Schreibtisch: Pumpernickel mit Butter, Orangen.

Pünktlicher Feierabend weil Friseurtermin. Dieser Herr, dem ich freie Hand ließ (“alles außer Farbe”), gab sich besonders viel Mühe, die Haaransätze im Nacken und vor den Ohren verschwinden zu lassen, “da sieht man nicht, wo das Haar anfängt”.

Ich war mit dem Ergebnis zufrieden.

Freitäglich festliches Nachtmahl: Guacamole aus den restlichen Crowdfarming-Avacados (Herr Kaltmamsell), riesige Artischocken mit Knoblauchmajo (von mir), dazu zwei verschiedene Weißbrote aus der Balkanbäckerei (ein besonders schweres, saftiges Fladenbrot sowie ein klassischer heller Laib, ebenfalls besonders saftig – beide sehr gut), als Wein italienischer Pecorino. Wir aßen sehr gut, Nachtisch Süßigkeiten.

Oktoberfestflucht nach Mallorca endgültig gebucht, jetzt geht’s an An- und Abreise.

§

Ursula Krechel, Landgericht. Im Mittelpunkt des 2012 erschienenen Romans steht Richard Kornitzer. Er kehrt 1947 aus dem Exil nach Deutschland zurück, war von den Nazis als Jude von seinem Beruf als Richter in Berlin ausgeschlossen worden. Am Bodensee trifft er sich nach zehn Jahren Trennung mit seiner Frau Claire, sucht nach einem neuen Leben, das ihn zu einem neuen Richteramt in Mainz bringt. Das Buch schildert, wie sehr nichts wiedergutzumachen ist.

Von Anfang an faszinierten mich die Sprache und der Duktus des Romans: Sie lesen sich aus der Zeit gefallen, aber in die Zeit, in der die Handlung spielt. Sehr heutige Perspektiven und Erkenntnisse in einer Sprache, die ich von Romanen der 1920er und 1930er kenne (z.B. von Grete Weil). Diese Mischung gefiel mir ganz ausgezeichnet.

Claire und Richard Kornitzer hatten Meinungen und Vorstellungen ausgetauscht, die sich entwickelt hatten in der Zeit ohne den Ehepartner, sie waren besorgt, wenn diese sich nicht miteinander in Übereeinstimmung bringen ließen. Sie hatten mit Empfindungen und Worten wie mit Schneckenfühlern aufeinander zu getastet, und wenn die Worte sich nicht erreichten, schwiegen sie, um den jeweils anderen nicht zu verletzen.

Als die Handlung sich nach Mainz verlagert, fand ich seltsam, dass ich noch nie eine so detaillierte Schilderung einer zerbombten Stadt gelesen hatte. Die zeitgenössischen Geschichte, ich denke an Heinrich Böll, gingen wohl davon aus, dass jeder eh die Details zerbombter Städte vor Augen hatte.

Nur der Satz “Es sah aus wie die Kulisse eines Filmes, der morgen im hellen Licht gedreht werden würde.” verrät die Sicht der Erzählinstanz aus dem Abstand vieler Jahrzehnte (in denen man solche Szenerien nur aus Filmen kennt).((Herr Kaltmamsell wies mich auf die Kurzgeschichten von Wolfgang Borchert hin, für die das Szenario der zerbomten Stadt und der Kriegs- und Nachkriegsnot in Deutschland typisch ist, zum Beispiel “Nachts schlafen die Ratten doch” – mein Eindruck ist wahrscheinlich einfach Unkenntnis geschuldet.))

Gegen Ende der ersten Buchhälfte wechselt der Roman in eine Außenschilderung des Paares Anfang der 1930er, also vor der Machtergreifung, vor Richards Berufsverbot als Jurist. Und jetzt zieht die Erzählstimme explizite Vergleiche zu späteren Ereignissen, bis in die 1990er. Danach erfahren wir die Geschichte von Kornitzers Exil in Kuba, farbig und lebendig. Was Claire in dieser Zeit in Deutschland widerfahren ist, ergibt sich nur vage und indirekt aus Bruchstücken.

Im letzten Viertel wechselt Krechel dann das Genre: Aus dem Roman wird historisches Feuilleton. Ich ging einem Verdacht nach: Ja, die Geschichte des Buches basiert auf einer realen Akte eines realen Landgerichtsrats, die Krechel gefunden hat (Quelle) – soll sein, soll sein. Doch gegen Ende besteht die Handlung hauptsächlich aus Zitaten schriftlicher Quellen, aus Briefen, Aktenvermerken, Amtsberichten. Diese werden verknüpft durch spekulatives Psychologisieren darüber, was im Protagonisten vorgegangen sein mag, was ihn wohl zu diesen Schriftwechseln motivierte.

Es bleibt das Bild eines Menschen, der sich als junger alles gefallen ließ und jetzt im Alter verbissen und unnachgiebig mit den Waffen der Bürokratie und des Gesetzes kämpft, eine erbärmliche Gestalt.

Insgesamt gefiel mir Krechels Mischung von imagnierter Handlung und staubiger Bürokratie: Sie macht eine bestimmte Zeit deutscher Geschichte auf eigenwillige Weise lebendig.

§

Chris Kurbjuhn erinnert sich an seine erste Berühung mit aktiver Politik in den 1970ern und an die Erkenntnisse, die ihn bis heute prägen:
“Kopfwäsche von Herrn Flach”.

§

Eine gute Nachricht, die mir fast durchgerutscht wäre:
“Forscher: Dürre hat sich bundesweit aufgelöst”.

Journal Montag, 19. Februar 2024 – Jeff Noon, Vurt

Dienstag, 20. Februar 2024

Schlecht eingeschlafen, mehrfach aufgewacht, beim Weckerklingeln fühlte ich mich unausgeschlafen. Und dann hörte ich draußen auch noch deutlich Regen.

Wenigstens hatte ich damit eine Entschuldigung für meine schlechte Laune und Gereiztheit – die sich auch noch genau daran aufhängte, wie viele Mitmenschen ihre schlechte Laune und Gereiztheit ungefiltert auf ihre Umwelt abladen. Marsch in die Arbeit unter Regenschirm gegen das ernste Getröpfel, Blick dabei meist auf dem Boden, Schirm in den Wind gestemmt.

Emsiger Vormittag mit Abarbeiten und Online-Besprechungen. Mittagscappuccino bei Nachbars, es war Februar-angemessen kühl.

Zu Mittag gab es den sonntags zubereiteten Karottensalat mit ganz viel Koriander, ein Genuss.

Das Draußen mittlerweile mittelfreundlich; nach Feierabend ging ich erst unter den Hauptbahnhof und machte ein Automatenfoto für mein Projekt (diesmal problemlos).

Unterm Stachus ernsthafter Hamsterkauf beim Bodyshop: Zwar hoffe ich darauf, dass Bodyshop Deutschland irgendwie existierend aus diesem Insolvenzverfahren rauskommt, doch die Avocado-Körperlotion und die Olivenöl-Körperbutter verwende ich schon so lange, dass ich wirklich nicht weiß, wodurch ich diese beiden Produkte ersetzen sollte, wenn die Firma es nicht schafft.

Zu Hause nochmal die Yoga-Gymnastik vom Sonntag, dann kümmerte ich mich um die Kiste Crowdfarming-Orangen, die nachmittags eingetroffen war: Ich checkte jede Frucht auf weiche Stellen. Drei davon bereitete ich als Brotzeit für Dienstag vor. Beim Naschen davon stellte ich fest, dass sie wunderbar und süß schmeckte, ich schälte und teilte eine für Herrn Kaltmamsell.

Dieser wärmte die restliche Kalbsbrust vom Sonntag auf, die gab es als Abendessen. Nachtisch Schokolade.

§

Der phantastische Roman Vurt, erschienen 1993, von Jeff Noon ist ein Höllenritt – aber meiner Meinung nach ein richtig, richtig guter. Ich las ihn zum ersten Mal 2007 auf Empfehlung einer geschätzten Kollegin, hatte noch nie etwas Vergleichbares gelesen, und war angetan genug davon, dass ich das Buch behielt (mag auch an dem Cover-Design dieser Ausgabe gelegen haben, das ich besonders mochte). Jetzt wollte ich wissen, wie er sich gehalten hatte – und konnte mich zum Glück an fast kein Detail mehr erinnern.

Vurt wurde immer schon vor allem von der Science-Fiction-Community rezipiert, doch dieses Genre ist sicher nicht das erste, an das ich bei der Lektüre dachte, auch wenn er in einer alternativen Welt spielt (und für eine Dystopie ist sie meiner Meinung nach zu wenig strukturiert dargestellt). In dieser Welt ist Vurt eine Substanz, die Energie enthält, aber auch eine durch Drogen erreichte Parallelwelt. In der anderen Welt kann man dauerhaft verloren gehen, dann tauchen zum Ausgleich Artefakte oder Aliens in der eigentlichen (?) Realität auf. Drogen gibt es in verschiedenster Materializität, am abgefahrensten in Form von Federn: Unterschiedliche Farben der Federn führen in unterschiedliche Handlungen, die man allein oder als Gruppe erleben kann. Es gibt sogar einen Newsletter, der diese Federn bespricht und bewertet wie Computerspiele.

Wir folgen in Vurt der Ich-Stimme von Scribble, der die Geschichte aus späterer Sicht aufschreibt. Der junge Mann gehört zu einer Gruppe von Desperados in Manchester, den Stash Riders, und hat seine große Liebe in der Handlung einer gelben Feder verloren. Der Plot des Romans dreht sich hauptsächlich um seine Versuche, sie zurückzubekommen. Dabei geht es um Heldentum und Feigheit, um Sex und verschiedene Lebensformen wie virtuelle und echte Polizei, Hundemenschen oder Nano-Maschinchen zur Haarreinigung, was echt ehrlich auf einer recht irren Ebene alles Sinn ergibt. Ich schrieb ja schon: Höllenritt, auch bei der zweiten Lektüre. (Keine der Rezensionen, die ich gefunden habe, kann die Handlung zusammenzufassen.) Und mal wieder haut mich um, was schlichte Buchstaben erschaffen können.

Wer etwas für sehr nicht-realistisches Erzählen übrig hat: Empfehlung.

2013 schreibt Sam Leith im Guardian anlässlich einer Neu-Auflage über den Roman und seinen Autor:
“Jeff Noon: a life in writing”.

§

Adam Roberts macht sich Gedanken, wie man das Thema Feigheit untersuchen könnte, und holt dabei historisch/literarisch aus:
“Who’s Afraid of Cowardice?”

We’re brain-fried on superhero fistfights. It’s time to learn from heroes who run away.

via @daszeiserl

Heroism is romance, but cowardice is realism.

§

@dasnuf hat wieder ein Buch geschrieben! Und macht dafür die beste Buchwerbung ever.

Journal Freitag, 9. Februar 2024 – Muscheln nach Familienart und Ewald Arenz, Der große Sommer

Samstag, 10. Februar 2024

Weiterhin tapfer ohne Ohropax geschlafen, das geht eigentlich ganz gut – allerdings schließe ich in den frühesten Morgenstunden beim Klogang das Fenster, um nicht von Vogel- oder Straßenreinigungslärm geweckt zu werden.

Es tagte eher trübe, auf meinem Weg in die Arbeit bekam ich vereinzelte Regentropfen ab. Und ich begegnete in dieser Dämmerung einem hochgewachsenen, als Punk gekleideten Mann wie aus dem Bilderbuch: Riesiger, perfekt coiffierter Irokesenschnitt in zwei Farben, Bomberjacke, schwarze Schnürstiefel bis fast hoch zum Knie, schwarze Hose reingesteckt, über dem Po hingen Hosenträger, das alles mit schlurfendem Gang und Bierflasche in der Hand. So viel Mühe würde sich doch niemand für Fasching machen?

Vormittags wechselnd trüber Himmel, mittags fand ich Zeit für einen Cappuccino im Westend. Mittagessen am Schreibtisch: Quark mit Joghurt, Apfel, Mandarinen.

Der Nachmittag blieb draußen trübe, aber trocken und sehr mild. Ich konnte einige Dinge erledigen.

Auf dem Heimweg nach pünktlichem Feierabend Wochenendeinkäufe beim Vollcorner, weil ich dort keine Petersilie fürs Abendessen bekam, ging ich auch beim Süpermarket Verdi vorbei (und erfuhr, in welchem Lokal meine vertrauteste dort Angestellte Geburtstage feiert).

Daheim eine Runde Yoga-Gymnastik, nach der heftigen Hüftdehnung der Folge 20 aus Adrienes Flow gab es diesmal wieder Bewegung.

Die Zubereitung des Abendessens übernahm ich: Ich hatte Miesmuscheln vorgeschlagen, die Herr Kaltmamsell besonders gern isst. Er hatte sich für das Rezept aus meiner Familientradition entschieden, also mit Knoblauch, Petersilie, Tomate, von meiner Mutter hatte ich mir bei einem Telefonat am Nachmittag noch den Tipp abgeholt, die Dosentomatenstücke erst am Ende dazuzugeben, sonst würde das Muschelfleisch gerne mal zäh. Die Muscheln selbst hatte Herr Kaltmamsell besorgt; sie waren sehr klein, aber bereits so sauber geputzt, dass ich fast nichts zu tun hatte.

Davor gab’s Martini-Cocktails zu reichlich Nüsschen aus der Landwehrstraße, zu den Muscheln Baguette und baskischen Weißwein Txakoli. Danach Schokolade.

§

Ewald Arenz, Der große Sommer ausgelesen – und zwar recht überraschend: Das E-Book aus der Stadtbibliothek war bei 82 Prozent plötzlich aus. Der Rest, so stellte sich heraus, bestand aus Werbung und Leseproben. Für meinen Leseprozess ist sowas verheerend: Wenn ich noch 20 Prozent Papier auf der rechten Seite des aufgeklappten Buchs sehe oder eben noch vor mir auf dem Lesegerät zu haben glaube, schätze ich die Handlung entsprechend ein: Da kommt noch was, eine Auflösung, eine Episode, vielleicht taucht eine Figur nochmal auf. Ich grolle dem Verlag.

Insgesamt fand ich den Roman eher mittel. Der große Sommer des Titels wird aus der Ich-Perspektive des jugendlichen Friedrich erzählt, der in der geschätzten ersten Hälfte der 1980er im Gymnasium sitzengeblieben ist (wohl in der 10. Klasse, denn in der 11. wäre es damals bereits um Leistungskurswahl gegangen). Deshalb fährt er nicht mit seiner Familie in den Sommerurlaub, sondern verbringt ein paar Wochen bei seinen Großeltern, um sich auf die Nachprüfung vorzubereiten.

Der Roman erzählt das in einer Collage aus ganz besonderen Einzelszenen, die sich aber in meinen Augen nicht recht zu einem Ganzen verbinden: Große Liebesgefühle, das Entdecken des Vorlebens der Großeltern (das in den 1980ern noch von Krieg und Nachkriegszeit geprägt ist), ein Erlebnis im Tigerkäfig des Zoos, außer Kontrolle geratener Schabernack mit einem Bagger. Auch nervte mich das (meiner Ansicht nach unnötige) regelmäßige foreshadowing: “Das war der Tag, an dem sich alles ändern würde” etc. Da traute Arenz seiner eigenen Erzählkunst nicht.

Aber ich mochte auch einiges: Die Schilderungen erinnerten mich sehr realistisch ans Jungsein, an die Zeit, in der ich Flügel bekam und ein eigenes Leben mit eigenen Plänen begann. Mich irgendwo mit Freundinnen und Freunden traf, alles daran spannend und neu war, nichts schonmal gemacht und gesehen mit anderen. Das konnte ein Treffen am eigentlich vertrauten Baggersee sein, aber halt ohne Eltern, selbst eine Verabredung zum Stadtfest am Nachmittag, aber eben ohne Eltern. Nichts daran war noch selbstverständlich.

Und auch hier mochte ich wie schon in seinem Alte Sorten, wie Arenz zwischenmenschliche Kommunikation beschreibt und schreibt. Anders als in Fernsehserien-Drehbüchern wird nämlich in der Realität fast nie etwas direkt ausgesprochen oder gefragt. Das meiste sind Annahmen, Vermutungen im eigenen Kopf – und auch das beschreibt Arenz gut im Kopf seines Protagonisten. (Ich habe ja aus der Evolutionsforschung gelernt, dass der ständige Energieaufwand, das Innenleben anderer Menschen zu entschlüsseln, kein Hindernis für Fortschritt ist, sondern sehr wahrscheinlich der Erfolgsfaktor der menschlichen Art.) In einem Roman kann man auch realistisch schildern, dass man Leuten eben meist nicht ansieht, was in ihnen vorgeht (im Film muss man Inneres auch äußerlich zeigen). Auf Unerwartetes reagiert kaum jemand groß und sichtbar.

Der dritte Pluspunkt: Das offene Ende. Es wird ein Spannungsbogen aufgebaut, indem hin und wieder der Ich-Erzähler in kursiv gesetzten Abschnitten und offensichtlich in einer Gegenwart Jahrzehnte nach der Haupthandlung auf dem Friedhof nach einem Grab sucht, das durchaus auch in der Haupthandlung auftaucht: Was genau hat es damit auf sich?

§

Sandra Bosetti sagt mal wieder kluge Sachen, diesmal zu den Demos gegen rechts:

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/ABhZmUAJeZI?si=EG_82mN7FBZNmJpH

“Die eigentliche Forderung einer Demo für die Demokratie ist also: Lasst uns vernünftig streiten.”

Journal Sonntag, 4. Februar 2024 – Beifang aus dem Internetz

Montag, 5. Februar 2024

Eher unruhige Nacht, unter anderem wegen lauter Menschen vorm Schlafzimmerfenster, das ich irgendwann genervt schloss, das Abgewöhnen der Ohropax wird noch Zeit brauchen (aber es ist wohl notwendig, der Haut meiner Gehörgänge geht es schon viel besser).

Ich stand zu dunklem Himmel und Regen auf, doch ein Blick auf den Regenradar zeigte mir, dass es bis zu meinem Isarlauf trocken werden würde. So war es dann auch. Ich nahm eine U-Bahn nach Thalkirchen, hatte sogar noch Zeit, den endlich fertigrenovierten Bahnsteig am Sendlinger Tor zu fotografieren.

Von Thalkirchen aus lief ich isaraufwärts. Es war mild, mit Weste über langärmligem, leichten Shirt, Schirmmütze, leichten Handschuhen war ich zur langen Laufhose richtig angezogen.

Unter der Großhesseloher Brücke stand ein Espressowagerl, das gut Geschäft machte.

Blick Richtung Pullach (und Alpen).

Eine überraschende Anemone, die mich sehr freute. Leider konnte ich sie nicht schärfer erwischen: Links geht ein steiler Abgrund hinunter zur Isar.

Urgewalt Schneemassen

Weiteres Naturerlebnis: Ich sah am Isarwerkkanal zwischen Schleusenwärterhäusl und Thalkirchner Brücke eine Wasseramsel tauchen. Erst nahm ich einen kleineren Vogel wahr, der über das Wasser auf meine Uferseite zuflog. Doch er landete nicht am Ufer, sondern stürzte kurz davor ins Wasser. Bei weißer Unterseite und braunem Rücken plus diesem Verhalten vermutete ich eine Wasseramsel, als sie denselben Flug in die Gegenrichtung wiederholte und wieder tauchte, war ich sicher.

Mein Körper machte die gut 95 Minuten Lauf gut mit, die Wege waren mit nur wenigen Pfützem leicht laufbar. Mit Semmeln fuhr ich U-Bahn zurück nach Hause. Frühstück um halb zwei: Apfel, zwei Semmeln.

Endlich mal wieder Papierablage. Die kleine Lade, in der ich Rechnungen, Amtsbriefe etc. sammle, hätte sogar noch ein bisschen Platz gehabt, dank Digitalisierung reicht es, wenn ich Ablage alle zwei Jahre mache.

Katharina Seisers Österreich express ausgelesen, und das Lesen der Texte war wie erhofft der Hauptspaß. Ich erkannte Katha nämlich sehr wieder, allein schon an den vielen schönen Wörtern, die ich zum Teil von seinerzeit aus ihrem Blog kenne (auf das auch referenziert wird). Es ist ein wundervoll persönliches Kochbuch, und weil das zur Person gehört, enthält es eine Fülle an ebenso leidenschaftlichen wie pragmatischen Tipps und Kniffen.

Zu den Powidl-Pofesen weist Katharina Seiser darauf hin, dass die in alten Kochbüchern auch mal “Parfesen” heißen.
“Hätte ich gern auch hier als Titel gehabt, erlaubt mir aber meine Lektorin nicht.” <3

Das Leseband liegt bei den Spinatpfannkuchen, die möchte ich als Erstes machen. Für die meisten anderen Einmerker braucht es erst die passende Saison der Zutaten.

Wieder ordentlich Miete abgewohnt und -geguckt.

Die nächste Einheit des diesjährigen 30-Tage-Yoga-Programms von Adriene hatte ich bereits als zehn Minuten reines Rumsitzen erkannt. Nach dem Lauf brauchte ich nicht unbedingt zusätzliche Bewegung und ließ mich darauf ein, verzichtete aber aufs Umziehen und setze mich im Strickkleid auf die Matte.

Als Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell auf meinen Wunsch wunderbar zartes Rindergulasch, dazu cremige Polenta. Nachtisch Schokolade; diesmal erinnerte mich Herr Kaltmamsell rechtzeitig daran, dass ich auch vor Überfressen aufhören könnte.

Früh ins Bett zum Lesen, ich hatte mir in der Stadtbücherei Ewald Arenz, Der große Sommer ausgeliehen.

§

Maximilian Buddenbohm hat an der Jahreshauptversammlung seiner Schrebergartensiedlung teilgenommen und weist zurecht darauf hin:

Demokratie fängt tatsächlich da an, wo man sie gerne belächelt, siehe auch Elternabende. Zwei Spiegelungen fallen mir auf, das Große im Kleinen: Zum einen ist die Demokratie auch hier anstrengend und erfordert Sitzfleisch, Geduld, das Aushalten anderer Meinungen, Kompromisse und die bemerkenswerten Leistungen von Menschen, die sich tief, tief ins Kleingedruckte wagen.

“Kleine Jahresfortschrittsmeldung”.

Das sehe ich auch so, deshalb mein Appell: Gehen Sie auf Betriebsversammlungen, Jahreshauptversammlungen der Organisationen, denen Sie angehören, auf Bürgerversammlungen, Info-Veranstaltungen zu Projekten in Ihrer Ortschaft oder Ihrem Stadtviertel, kurz, nehmen Sie an der Demokratie teil, Hingehen und Zuhören ist schon mehr als nichts.

Dort kann man nämlich Demokratie auch mal live und schnell erleben. Zum Beispiel erinnere ich mich an eine Bürgerversammlung((Ist in der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern als Pflicht enthalten: Artikel 18. “In jeder Gemeinde hat die erste Bürgermeisterin oder der erste Bürgermeister mindestens einmal jährlich, auf Verlangen des Gemeinderats auch öfter, eine Bürgerversammlung zur Erörterung gemeindlicher Angelegenheiten einzuberufen.”)) meines Stadtbezirks 2 Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt; jeder Bewohner, jede Bewohnerin des Bezirks können hier Anträge stellen, und wenn die Mehrheit der Anwesenden einen Antrag annimmt, muss sich der Stadtrat damit befassen. Einmal gingen fünf nicht mehr junge Männer nach vorne zur Antragsstellung, stellten sich breitbeining ums Mikrofon auf, einer verlas laut und entschlossen ihren Antrag (nach meiner Erinnerung, so viel Klischee ist leider, sprachen sie sich gegen eine bereits beschlossene Abschaffung von Parkplätzen in ihrer Wohnstraße aus), abgeschlossen von einer angedeuteten Drohung (irgendwas mit großem Unmut, der herrsche und der bei Ablehnung Folgen haben könnte). Als über diesen Antrag abgestimmt wurde, hoben alle im Saal bis auf die fünf Männer ruhig und kommentarlos ihr Stimmkärtchen bei “ablehnen”. So einfach war das. Und es fühlte sich sehr beruhigend an, wie schnell wir aus dem wahrscheinlich einschüchternd gemeinten Auftritt die Luft rausgelassen hatten.

§

Benjamin Hindrichs hat sich für Krautreporter angesehen, welche Pläne eine potenzielle Trump-Regierung für die nächste Regierungsperiode hat (als Abonnentin darf ich Ihnen diesen Artikel schenken):
“Der Gorilla im Raum: Trump ist nicht das größte Problem”.

Im Hintergrund arbeiten die Republikaner daran, die US-Demokratie massiv umzubauen. Das zeigt unter anderem ein 920 Seiten langes Dokument einer ultrakonservativen Denkfabrik, das detaillierte Maßnahmen für eine republikanische Präsidentschaft 2025 enthält. Es ist Teil eines größeren Projekts und würde es Trump – und theoretisch auch dessen Konkurrentin Nikki Haley – überhaupt erst ermöglichen, Gegner:innen zu verfolgen, die Medienfreiheit einzuschränken und das Militär im eigenen Land einzusetzen.

Ähnliches hatte ich schon vom USA-Korrespondenten der Süddeutschen, Christian Zaschke, gelesen, aber dieser Artikel steht halt hinter einer Bezahlschranke:
“Fürchtet euch”.

§

Mein Mastodon ist super, Folge 8 (wir sind ja noch nicht so lange zusammen unterwegs).

Wenn in der rbb-Berichterstattung über die Gegen-rechts-Demo in Berlin ein Schild auftaucht, von dem ich vorher über meine kleinen Internet-Freundinnen schon wusste.

§

Wie mit RickRolling “Never gonna give you up” das Leben von Rick Astley ein zweites Mal veränderte: “The Legendary Song That Became the Rick Roll “.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/oADU2PIzhD0?si=6x6_Uxp4_QNFNl6L