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Journal Donnerstag, 9. Oktober 2025 – Feinstregen-Gammel- und Haushaltstag

Freitag, 10. Oktober 2025

Nachdem ich am Mittwoch noch kaum fassen konnte, wie viel Urlaub vor mir lag (erst Mittwoch!), schlug dieses Gefühl beim gestrigen Weckerklingeln übergangslos in “Oh nein, schon Donnerstag!” um.

Pläne: kein Sport (na ja, ein bisschen Yoga), Brotbacken, Ernteanteil holen, Bügeln, irgendwann dazwischen vielleicht Museumsbesuch. Und wenn ich das Brotbacken richtig berechnet hatte, ein Mittagscappuccino bei Einkaufsründchen.

Fürs Brotbacken hatte ich am Vortag bereits die nötigen Schritte getan: Es sollte Schwäbisches Kartoffelbrot geben, und weil das nun wirklich zu meinen Standard-Rezepten gehört, hielt ich es in meinem Rezepte-Blog fest.

Erst durch meine Verwunderung übers späte Hellwerden bemerkte ich den düster bedeckten Himmel – die Wahl des Mittwochs als Wandertag stellte sich als genau richtig heraus.

Ich genoss es sehr, eigentlich nichts zu tun zu haben, im Vorbeigehen hier mal an einer Zimmerpflanze rumzupusseln, dort etwas wegzuräumen, woanders etwas umzurücken.

Während das Brot im Ofen war, turnte ich Yoga und betrieb späte Morgentoilette. Nachdem ich es rausholte, ging auch ich raus auf Besorgungs- und Besichtigungsrunde – Weg nicht nach kürzester Strecke, sondern nach Neugier geplant.

Draußen dann Regen, aber mit so feinen Tröpfchen, dass Herr Kaltmamsell und ich ihn zu “Gischt” erklären würden – und so feinen, dass der Regenradar sie nicht als Regengebiet erkannt hatte und bis auf Weiteres Regenfreiheit prognostierte. Mit meinem Kapuzenmantel war ich genau richtig gekleidet.

Für den Mittagscappuccino sah ich mir den zweiten Münchner Ableger des Berliner The Barn an. Ich erinnere mich gut, wie mich vor fast 15 Jahren eine Espresso-Connoisseurin in Berlin zum ersten Laden lotste (Auguststraße?), weit vor dem Boom der Speciality Coffee Cafés war er ein Geheimtipp. Daraus ist mittlerweile ein weltumspannendes Imperium geworden, vergangenes Jahr staunte ich über die Filiale in Palma de Mallorca.

Guter Cappuccino, das Wasser dazu in Pseudo-Milchflasche definitiv überkandidelt.

Mein Spaziergang führte mich durchs Glockenbachviertel, quer über den Alten Südfriedhof, über Goetheplatz und Mozartstraße zur Theresienwiese.

Nature is healing.

Weiteres Naturschauspiel an der Theresienwiese: Auch in München geht der Trend zum Mikrohund, und ich beobachtete, wie sich einem solchen, der gerade unangeleint Gassi geführt wurde, aus einem Krähen-Quartett eine Krähe näherte – in einer Geschwindigkeit, die überaus interessiert wirkte und auch einen Angriff einkalkulierte. Die Besitzerin schritt hektisch ein.
Wenn ein Tier, und das fiel mir in diesem Moment auf, nicht mal so groß ist wie eine gewöhnliche Münchner Ratte, birgt sein Aufenthalt im Freien also durchaus Risiken.

Lebensmitteleinkäufe im Vollcorner.

Bügeln, Kapitel 1 (ich erleichterte mir die Überwindung durch Aufteilen): Es wird wieder kalt, ich umbügle wieder immer mehr und größere Löcher in Herrn Kaltmamsells Unter-Shirts – aber noch überwiegt die Textilfläche die Auslassungen.

Frühstück um halb zwei: Apfel, Birne, einige Scheiben frisches Kartoffelbrot mit Käse/Butter.

Die Ernteanteil-Abholung übernahm ich, wenn ich schon Zeit hatte: Erster Grünkohl!

Bügeln, Kapitel 2 und Ende, ich nützte es zum Musikhören.

Weitere Tüchtigkeit: Aus dem Keller holte ich die Kiste mit Winterschuhen, tauschte diese gegen Sommerschuhe. Meine Kleidung hat immer noch gesamt Platz im Schrank – allerdings wird es darin spürbar enger. Ich nähere mich einem erneuten Kleidungskauf-Moratorium; vor über zehn Jahren verschaffte mir ein solches über mehrere Jahre endlich Luft im Schrank bis zur Erreichung des Ziels, Winter- oder Sommerkleidung nicht in der anderen Jahrezeit im Keller lagern zu müssen. Das möchte ich gerne beibehalten.

Zum Nachtmahl verarbeitete ich den Ernteanteil-Salat: Den Radicchio Castelfranco (hellgrün statt dunkellila, dafür lila gesprenkelt) gab es mit Balsamico-Dressing und Birne. Außerdem Käse aus England und vom Tegernsee mit frischem Kartoffelbrot. Nachtisch Schokolade.

Gemeinsame Abendunterhaltung eine Folge Mad Men, im Bett noch Lektüre von Tonio Schachinger, Nicht wie ihr – das mir sehr gut gefällt: Das Leben eines österreichischen Fußballprofis und Nationalspielers aus seiner eigenen Perspektive, viel schönes Wienerisch, viele Aspekte seines “Migrationshintergrunds”, darunter Gedanken über ein bekanntes Phänomen.

Journal Sonntag, 5. Oktober 2025 – Zurück im münchner Daheim

Montag, 6. Oktober 2025

Gut drei Stunden Schlaf bekam ich hin nach dem Heimkommen um sieben. Danach war ich für den Rest des Tages etwas benommen und schlecht konzentriert, litt aber nicht.

Das Wetter war kalt und greislich – gut für uns Oktoberfestopfer (letzter Tag). Doch auch ich habe mittlerweile ein Oktoberfestritual: Ich holte im U-Bahnhof Sendlinger Tor beim Rischart Riesenbreze zum Frühstück (die ist eigentlich Biergartenbesuchen vorbehalten). Eine halbe, weil mit Herrn Kaltmamsell geteilt, schmeckte nach Apfel und Körnersemmel besonders gut mit der salzigen englischen Butter, deren Rest ich mitgebracht hatte.

Danach war ich sehr müde, traute mich aber nicht Siesta zu machen, weil ich meinen Schlafrhythmus nicht völlig aus der Kurve kegeln wollte.

Internetlesen, Gepäck verräumen, während draußen Wind wehte und Regen prasselte, die Heizung war längst aufgedreht.

Im Briefkasten hatte die Bitte um Teilnahme an einer Umfrage zum benachbarten Nußbaumpark gelegen, Absender AKIM – das Allparteiliche Konfliktmanagement in München. Über den aufgedruckten QR-Code folgte ich ihr, allein schon um die Mühe würdigen, die am stärksten von den Missständen Betroffenen einzubeziehen. Aber ich weiß doch auch nicht, wie man sie lösen kann.

Vielleicht, ging mir letzthin auf, mache ich ja doch echtes Yoga, nämlich als ich mal wieder einen Selbsterfahrungstext einer Yoga-Fan las, die nach Jahren begriff, dass es dabei gar nicht um perfekte Posen und um Leistungssteigerung geht. Ähm, eben. Sich durch Bewegungsabläufe führen lassen, Anleitung zur Atmung dabei bekommen, immer wieder angestupst werden, dabei den eigenen Körper wahrzunehmen: All das bedeutet Yoga für mich. Und ich bin fast jedesmal eine andere am Ende der Einheit als ich zu Beginn war (was allerdings bei mir auf jede Sport-Einheit zutrifft). Darf ich das Angebot höherer Bewusstseinsebenen einfach dankend ablehnen und bei Freude an Bewegung bleiben? Die ja sehr wohl meinen Alltag beeinflusst durch aufmerksamere Körperhaltung und einige Techniken, bestimmte Verspannungen selbst am Schreibtisch zu bearbeiten.

Gestern freute ich mich besonders auf eine Runde Yoga: Endlich wieder auf einer richtigen Yoga-Matte mit Griffigkeit, der Reise-Ersatz hatte deutlich mehr Anstrengung beim Halten von Ausfallschritten und Co. erfordert.

Zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell den Hokaido-Kürbis aus Ernteanteil als Schnitze aus dem Ofen, ich richtete den mitgebrachten englischen Käse an:

Von oben im Uhrzeigersinn: Cotswolds Blue (bereits halbiert), Blacksticks Blue aus Lancashire, Cornish Yarg (in Brennesseln), Gorwydd Caerphilly.

Dazu ein netter französischer Rosé, der sich vor allem mit dem (überreifen, aber gar nicht scharfen) Cotswolds Blue verstand. Mein Liebling war aber der Caerphilly – den ich diesmal im Supermarkt gar nicht gesehen hatte, wo ich doch bislang glaubte, dass er ein Standard in UK ist. Nachtisch reichlich Schokolade.

Draußen leuchteten in der regnerischen, kalten Nacht nochmal die Lichter des Oktoberfests, ich hörte und roch es auch – stellte mir auch dieses Jahr vor, wie ich um 22:30 Uhr zur letzten Schließung der Festzelte mit Wunderkerze auf dem Balkon stand, freudeberauscht “NUUUUUL!” und “AUSIIIIIS!” brüllte. Was ich vielleicht irgendwann doch machen werde.

Abentunterhaltung der Beginn der dritten Staffel Mad Men, im Bett neue Lektüre: Tonio Schachinger, Nicht wie ihr, nahm mich mit nach Wien, und ich freute mich, wie viel ich nach dem Urlaub dort mit den Ortsangaben anfangen konnte.

Lichtaus zur üblichen Zeit, war auch nach der fast durchgemachten Nacht kein Problem.

Journal Freitag, 3. Oktober 2025 – Nochmal Undercliff Walk, jetzt aber mit Regen

Samstag, 4. Oktober 2025

Letzter Tag in Brighton – und der begann nach wohligem Ausschlafen mit einer unangenehmen Nachricht. Nachts hatten die Ferienwohnungsvermieter eine mahnende E-Mail geschickt: Nachbarn hätten sich bei ihnen beschwert über “shouting and banging noises” aus meiner Wohnung. Um die Absendezeit der Mail schlief ich bereits tief, zum ersten Mal mit Ohrstöpsel, weil mich mehrfach Hundebellen geweckt hatte. Ich beteuerte natürlich meine Unschuld, verwies auf meine Alleinbewohnerschaft und drückte mein Mitgefühl mit den Nachbarn aus, sorgte mich jetzt aber um meinen AirBnB-Ruf. Vielleicht waren die Bewohner über mir mit fast durchgehendem Kleinkinder- und Abenteuerspielplatzlärm (der mir nichts ausmacht) ja auch lediglich Feriengäste: Dann könnte ich die Beschwerde verstehen.

Zum Glück kam bald eine beschwichtigende Antwort von den Vermietern: Es habe sich offensichtlich um eine Verwechslung gehandelt, alles gut.

Was mir auch nichts ausmachte: Das war nun wirklich echt ehrlich ein regnerischer Morgen. Helles, trockenes Wetter gefällt mir zwar besser, doch mein geplanter zweiter Undercliff-Walk-Lauf würde durch Regentropfen erst vollständig – und die bisherigen zwei Wochen England ohne Regen hatten eher Unheimliches geabt.

Eher spät kam ich los – und war draußen überrascht über die milde Luft. Diesmal spazierte ich an einen Startpunkt näher am Undercliff Walk, also weiter östlich, um weiter auf dem Walk selbst joggen zu können. Das Laufen bereitete mir sehr große Freude: der salzige Wind, das Rauschen der Wellen. Wenn sich auch bald linke Wade und Oberschenkelrückseite meldeten: Ich war entschlossen, mir das Vergnügen nicht trüben zu lassen.

Bei dem gestrigen Wetter war deutlich weniger los auf dem Undercliff Walk, der Anteil grüßender und lächelnder Menschen dabei deutlich höher.

Endlich den vertrauten Spitzspatz gesichtet, der ich am Dienstag vermisst hatte (schau’s halt genau hin: Wenn ich gut Vögel fotografieren könnte, würd’ ich’s ja machen).

Die vertrauten Klos am Weg waren neu hergerichtet, aus dem hochformatigen Spiegel war ein querformatiger geworden.

Pläne fürs späte Frühstück/Mittagessen hatte ich bereits: große Lust auf Pizza. Vor zwei Jahren hatten wir in North Laines eine mehr als anständige bekommen, dorthin ging ich wieder. Ich habe ja selten richtig Lust auf Pizza, aber dann genieße ich sie sehr.

Pizza Norma mit Aubergine.

Auch hier muss der Service wie bei uns ständig Italienisch-Fragmente in die Konversation mit der Kundschaft einbauen, anders als in deutschen Pizzerien wird man allerdings gefragt, ob man Pommes dazu haben möchte, und die Leute bestellen “Dips” für ihren Pizzarand (hatte ich schon wieder vergessen).

Spaziergang in den Stadtteil Kemp Town, so weit raus wie noch nie. Und das lohnte sich auch diesmal (deswegen mache ich es ja auch in München gerne): Unter anderem entdeckte ich ein Cabaret-Theater.

Sussex Dairy, heute der Off License The Boozy Cow.

Haus of Cabaret (nächstes Mal bestimmt). Auch in dieser Gegend auffallend: Die große Zahl kleiner Cafés – so viel Kaffee-und-Kleingebäck-Bedarf kann doch kein Stadtviertel haben?

Zurück ging ich fast ab Marina obenrum die Marine Parade entlang: Ich wollte den Weg, den ich regelmäßig jogge, von oben sehen. Zum Wind kam jetzt ein wenig Regen, erst als winzige Tröpfchen in der Luft, dann als größere. Egal, es war weiterhin so mild, dass mir das nichts ausmachte.

Blick aufs Schwimmbad vom Donnerstag.

Einmal alles inklusive West Pier in der Ferne.

Nachmittag in der Ferienwohnung mit Lesen am Tisch im Bay Window, während es draußen immer wieder regnete. Gemütlich! Doch als die Abenddämmerung nicht mehr zu übersehen war, zürnte ich: NOAAAAAIN! Nicht aufhören, letzter Tag in Brighton! Eigentlich bin ich ja gewohnt, dass ich bereits ein, zwei Tage vor Rückreise mit dem Kopf zurück daheim bin, diesmal klammerte ich mich an jeden Anblick, jedes Lüftchen in der Ferne. Und so merkte ich: Fünf Tage Brighton reichen mir nicht, auch ohne Abstecher nach London und mit eigentlich keinem Programm.

Nach Yoga-Gymnastik zum Nachtmahl gründliches Aufräumessen: Letzte rote Paprika mit restlichem Hummus, am Vortag gekaufte Körnersemmel mit Butter, ein Becherchen Fertig-Trifle (erstaunlich gut, aber ich muss es dringend mal wieder selber machen – habe ja noch eine Woche Urlaub), Birne mit Joghurt-Rest. Nachtisch Schokolade, davon werde ich allerdings einige heimnehmen müssen. Ich bin ohnehin gespannt, wie sehr ich mit meiner Schätzung von freiem Kofferplatz durch ein Paar Wanderschuhe weniger und ein Paar Turnschuhe weniger daneben liege.

Schließlich fand ich an diesem letzten Abend in der Ferienwohnung heraus, wie sich die Heizung anschalten lässt: Der Knopf an der Wand mit 15 Zentimeter Durchmesser wird durch richtiges Rumdrücken (falsches hatte ich gleich bei Ankunft probiert) zu einem Display, dass man unter anderem von “off” auf “Auto” stellen kann. Und schon werden die Heizkörper warm. Ahem.

Im Bett Gaea Schoeters, Lisa Mensing (Übers.), Trophäe ausgelesen – verstörend, aber auf eine ungewöhnliche und gute Weise.

§

Am 2. Oktober war fünfter Jahrestag meines neuen Hüftgelenks. Auch diesmal fiel mir das sehr deutlich ein: Ich bin weiterhin so dankbar dafür, dass die moderne Medizin mir eine Rückkehr in ein (zumindest dort) schmerzfreies, aktives Leben ermöglichte, und dass ich in jeder Phase dafür so ein Glück mit bestmöglichem Verlauf hatte.

§

Im aktuellen SZ-Magazin schreibt Marvin Ku einleuchtend hierüber (€):

Seit 20 Jahren spaltet der Begriff »Migrationshintergrund« unsere Gesellschaft. Doch selbst seine Schöpferin ist sich nicht mehr sicher, was er bedeutet. Wann sind Menschen mit ausländischen Wurzeln deutsch genug?

Er erzählt am eigenen Beispiel:

Ich bin deutscher Staatsbürger und das Kind deutscher Staatsbürger. Ich wurde in Kassel geboren und wuchs in einer Kleinstadt auf, die bekannt ist für ihre Liebe zu Wurst. Auch ich esse gern Wurst. Ich bin in einen evangelischen Kindergarten und aufs Gymnasium gegangen. Ich habe an einer deutschen Universität studiert, schreibe für eine deutsche Zeitung, die in Deutschland als sogenanntes Leitmedium gilt, und ich schreibe das alles auf Deutsch, weil es meine Muttersprache ist. Die größte Migra­tion, die ich durchgemacht habe, war von Hessen nach Berlin-Friedrichshain. Aber das muss man alles nicht wissen, um mir einen Migrationshintergrund anzuheften.

(…)

Es gibt auch eine amtliche Definition des Statistischen Bundesamts: »Eine Person hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde.«

Mir sieht man ihn nicht an, meinem Namen schon.
Und mir fallen viele Beispiele von Deutschen ein, die aufgrund dieser Definition keinen Migrationshintergrund haben, aber in einer so komplett anderen Kultur und Sprache als der deutschen groß wurden, dass ihre deutsche Umwelt sie in Deutschland immer wieder lotsen muss.

Es passt nicht in die Story, dass die wirtschaftliche Lage dieser Eltern, und da sind sich Bildungsforscher einig, deutlich wichtiger ist als ein Migrationshintergrund, um Bildungserfolg zu analysieren. Die Wahrscheinlichkeit, ein Gymnasium zu besuchen, ist am niedrigsten bei einem Kind, dessen Eltern weniger als 2600 Euro netto im Monat verdienen, beide kein Abi­tur und keinen Migrationshintergrund haben. Am höchsten, wenn beide Eltern Abitur haben, mehr als 5500 Euro ver­dienen und einen Migrationshintergrund haben. Entscheidend ist nicht der Migra­tions­hintergrund, sondern das Geld.

Das Cover-Foto gefiel mir besonders gut.

Journal Montag, 29. September 2025 – Brighton durchschnürt

Dienstag, 30. September 2025

Gut und ausgeschlafen, mehr als siebeneinhalb Stunden brauche ich wohl nicht. Der erste Vogelruf, den ich beim Aufwachen hörte, war eine Krähe statt einer Möwe – alles wird anders!
Es tagte wolkenlos.

Wieder setzte ich mich warm angezogen zu meinem Morgenkaffee: Das von den Vermietern angekündigte Heizen morgens und abends war nicht eingetreten. Zumindest ist die Wohnung nicht so kalt wie einige der B&B-Zimmer vorher.

Ich saß mit Laptop an dem Tisch im Bay Window der Wohnung, sah immer wieder raus in den herrlichen Sonnentag. Mein Blick fiel zum Beispiel auf einen weißhaarigen, sonnengegerbten alten Mann in hellen Bermudas, blauem Pulli und Deckschuhen, der mit Einkäufen in der Hand die Straße hochging und so typisch küstenortig aussah, dass ich mich nun wirklich am Meer angekommen fühlte.

Blick aus der Ferienwohnung – u.a. auf die Baustelle, von der noch die Rede sein wird und die aus der gesamten Ecke des Häuserblocks besteht.

Mein gestriges Programm war Herumlaufen in Brighton für Einkäufe. Erstmal spazierte ich mit Liste zum großen Supermarkt Waitrose, sah mich dort auch gründlich um.

Ich habe solch ein Scheißglück mit dem Wetter!

Diese Einkäufe brachte ich in die Wohnung, dann nächste, größere Runde: Über Boots (Zahnpasta, Zahnbürste – das war so geplant), Ikea (für Geschirrtücher – waren aber gerade aus), Marks & Spencer (Geschirrtücher, schwarze Baumwollunterhosen – der spontane Fünferpackenkauf vor zehn Jahren hatte sich beeindruckend bewährt), Schaufenstergucken, Western-Road-Bummeln, Brotkauf, gründliches Mäandern durch die Gässchen zwischen Western Road und Strandpromenade.

I see dead shops: An vielen Stellen ergänzte mein Hirn Ansichten aus vergangenen Jahrzehnten, das zum Beispiel war das letzte große Antiquariat gewesen. (Für die Chronik: Aktuell werden geschlossene Läden im Zweifelsfall durch Coffee Shops ersetzt, “Speciality Coffee”.)

Brunswick Square.

Die Moschee ist schön renoviert.

Das chinesische Lieblingslokal (mit den lackierten Enten im Fenster), in dem ich vor vielen Jahren meine erste Peking-Ente aß, wurde aufgegeben.

Doch das Lokal, in dem ich Dim Sum kennenlernte, gibt es noch. Dahinter der verfallende West Pier.

Deutlich nach eins kam ich zurück in die Ferienwohnung und zum Frühstücken: Apfel, Tomatenbrote, Joghurt mit (seit Vortag eingeweichten) Trockenpflaumen.

Die Wäsche war am Sonntag so schlecht geschleudert aus der Waschmaschine gekommen (hatte ich nicht rechtzeitig gemerkt), dass sie sehr langsam trocknete. Ich nutzte jeden Sonnenstrahl in Wohnzimmer und Hinterhof (!), um besonders feuchte Stücke darin auszubreiten.

Gleich nochmal raus in die kurzärmlige Milde, jetzt ging ich zu North Laine mit seinen vielen kleinen Gässchen und immer noch großteils Inhaber-geführten Läden. Der mit offenen Süßigkeiten nach Gewicht war auch nach über 35 Jahren noch da, ich stellte mir eine große Tüte zusammen.

Jetzt machte ich es mir in der Ferienwohnung gemütlich mit Lesen. Tatsächlich ungemütlich allerdings: Die Baustelle nebenan. Manche Baustellengeräusche finde ich durchaus erträglich, lautes Wummern und Bohren weniger, am Nachmittag vibrierte die ganze Küchenzeile. Zum Glück wurde um fünf Feierabend gemacht.

SIE sehen hier wahrscheinlich nur einen Bettvorleger. Ich sah eine potentielle Yogamatte und trug den Teppich ins Wohnzimmer: Yoga ging darauf tatsächlich auch nicht schlechter als auf meiner Reise-Matte.

Nachtmahl: Ich kochte eine Packung Puy Linsen (hey, ich hantiere mit diesem Gasherd wie eine Alte! ist mir sogar sympathischer als Induktion, bei Gas habe ich einen direkteren Bezug zu Hitzequelle und Hitzemaß), schnippelte in einen Teil davon rote Paprika, Gurke, Tomate, Frühlingszwiebeln, machte mit reichlich Olivenöl daraus Salat.

Zum Nachtisch gab es eine große Portion aus der Tüte Süßigkeiten.

Das Wetter soll erstmal so bleiben, ich ging mit dem Plan einer Laufrunde den Undercliff Walk entlang ins Bett. Dort neue Lektüre: Gaea Schoeters, Lisa Mensing (Übers.), Trophäe – die sehr fremde Welt der Großwildjagd in Afrika, aus sofort fesselnder Perspektive.

§

Eine Blog-Empfehlung für Typografie-Nerds und -Fans wie mich (ich bringe es ja immer höchstens zum Fangirl): Thomas Pfeiffer hat einen Blick für die Form und Aussage von Buchstaben, seit ich ihn kenne (und das ist lang); an diesem Ort im Web sammelt er jetzt seine Entdeckungen und was er darüber herausfindet.
Das Typographische Fundstück.

§

Am Oktoberfest verstehe ich ja Vieles nicht. Dass es aber seit vielen Jahren eine Schwulen-Hochburg ist, liegt bei so viel geballtem Camp meiner Ansicht nach total nahe. Und so gibt es natürlich auch die Schwuhplattler, die Süddeutsche stellt sie vor – mit u.a. sehr schönen Fotos (€):
“Queeres Platteln”.

Zum weltweit größten Volksfest gehören die Münchner Schwuhplattler mittlerweile dazu wie das Teufelsrad, der Toboggan oder die Tracht. Sie sind auf dem Weg, ein Wiesn-Klassiker zu werden.

§

Fährt eigentlich noch jemand per Anhalter? Die späten Ausläufer dieser Form der Mobilität machte ich Ende der 1980er / Anfang 1990er als junge Frau noch mit (ganz selten, aber doch): Während meines Auslandsstudienjahrs in Südwales hätte ich sonst mangels Geld so gut wie nichts außer Swansea gesehen – und auch für die vier einheimischen Freundinnen, die ich dort gleich von Anfang an fand, war das die übliche Form, von A nach weiter entferntem B zu kommen.

Doch schon lange sind die meist jungen Menschen mit Pappschild in der Hand oder auch nur gerecktem Daumen an Autobahnauffahrten verschwunden. Umso interessierter las ich in der Süddeutschen den Artikel von Christin Lesker (€):
“Warum ich per Anhalter fahre”.

Journal Sonntag, 28. September 2025 – Ankunft in Brighton

Montag, 29. September 2025

Gut geschlafen, energisch fast so lang wie möglich (10:30 Uhr) mein Zimmer belegt. Mangels anderer Sitzgelegenheiten bloggte und las ich auf dem Bett.

Am Vorabend hatte ich bereits herausgefunden, dass ich nicht den Zug von Eastbourne nach Brighton nehmen würde, da vor Bauarbeiten auf der Strecke gewarnt wurde: Bei aller Neugier auf andere Kulturen – SEV auf Englisch muss ich nicht wissen (letztes Stück Lewes-Brighton). Doch der Doppeldeckerbus nimmt ja ohnehin die viel schönere Strecke entlang der Küste, die zudem nur einen Bruchteil des Zugtickets kostet: 3 Pfund fürs Tagesticket.

Dass ich eine Haltestelle der vier Buslinien nach Brighton erstmal finden musste, machte mir nach Abschied von der freundlichen jungen Gastgeberin nichts aus: Das Wetter war wieder hell und mild, ich hatte wirklich Zeit. Denn die Haltestelle an der Uferpromenade, an der ich zunächst wartete und an der laut Aushangfahrplan mindestens zwei Linien vorbeifahren mussten, blieb eisern leer. Rollkofferte ich halt zum Busbahnhof – und tatsächlich, dort erwischte ich sofort einen.

Auf den anderthalb Stunden Fahrt wurde der Bus immer voller: Ausflugsgruppen, alte Leute allein und in Gruppen, Wander*innen, Menschen mit Kindern und Kinderwagen – ich saß irgendwann sehr eingeklemmt zwischen meinem Koffer und einem Sitz, um nicht zwei zu besetzen und war froh, als ich in Brighton am Old Steine rauskam. Dort gibt es derzeit so viele Baustellen an Gebäuden, Wegen und Straßen, dass ich mich erstmal orientieren musste. Wobei “Baustellen” vielleicht nicht ganz korrekt ist: Einige Baufälligkeiten sahen lediglich gesichert und abgesperrt aus.

Zwar war Sonntag und der bot die Option auf Sunday Roast in einem Pub, doch mir war jetzt um kurz vor eins viel mehr nach einem reichlichen Frühstück. Also steuerte ich unter mittlerweile düsterem Himmel das Café The Boudica in der Western Road an.

Mediterranean breakfast und Cappuccino. Beides erfreute mich sehr.

Jetzt fielen die erste Regentropfen nach acht Tagen. Aber es waren nur wenige, das konnte ich gut im Café aussitzen.

Die Kanne Schwarztee, die ich nach dem Frühstück bestellte, war eindeutig zu viel Koffein, mir wurde zittrig und schwummrig. Doch jetzt war es endlich spät genug, dass ich (halt in dieser Verfassung) meinen schweren Koffer hoch zur Ferienwohnung schleifen konnte – in Brighton ist alles, was nicht direkt am Strand verläuft, hoch oder runter, aber erstmal hoch (außer der großen Western Road, Haupteinkaufstraße, die verläuft parallel zur Strandpromenade).

Die detaillierte Anleitung der Vermieter funktionierte, ich kam in eine genau richtig große Altbauwohnung im 1. Stock, die mit der Beschreibung bei AirBnB übereinstimmte (worauf ich mich nach den letzten Reinfällen nicht verlassen hatte).

Hinter der Brüstung links die Küchenzeile, rechts gegenüber vom Bay Window geht es ins Schlafzimmer und von dort einige Stufen runter ins Bad – typische Aufteilung dieser Häuser.

Was das Schlimmste sein soll, das mir in Brighton widerfährt: Die Vermieter waren meiner Bitte nach Waschmittel nicht nachgekommen, möglicherweise wohnen sie ja auch weit weg. Ich ging also erstmal in einen Sainsbury’s City (hier haben am Sonntag immer mehr Läden auf) und besorgte neben Abendessen und Schokolade die kleinstmögliche Packung Waschmittel.

Dank hiermit ausdrücklich der @dieliebenessy für den Tipp vergangenes Jahr mit den Packtaschen: Auch bei diesem zweiten Einsatz (nach Mallorca) für täglichen Unterkunftswechsel SO eine Erleichterung! (Hier in leerem Zustand, weil der Inhalt bereits in der Waschmaschine seine Runden drehte.) Ich verwende sie wie Schubladen eines Kleiderschranks: Eine für Unterhosen, eine für BHs, Socken, Oberteile, Hosen, Krams und Kleinzeug.

Da ich ihn fürs Abendessen brauchen würde, testete ich den Gasherd: Den eingebauten Zündfunken brachte ich nicht zum Zünden, da tat sich nichts. Es ist durchaus möglich, dass ich mich einfach nur ungeschickt anstellte, sogar wahrscheinlich. Aber brute force ist als Workaround meine Spezialität: Nochmal rausgegangen und beim News Agent ein Feuerzeug gekauft. Damit bekam auch ich das Gas zum Brennen.

Jetzt muss ich bis nächsten Samstag nirgendwo mehr hin, meine Pläne sind so vage wie schon lang nicht mehr: Lebensmitteleinkäufe, alle geliebten Straßen und Gassen durchspazieren, Laufen am Undercliff Walk, vielleicht geht sogar Schwimmen, Essen im Food for friends, im Weinladen nach englischen Weinen sehen.

Zum Nachtmahl machte ich mir wie einst als Studentin Fastfood: einen großen Kopf Brokkoli in Stücken gekocht, ordentlich Butter dran (Letzteres hätte ich allerdings als Studentin nie, sondern nur ein paar Löffel Sahne genommen, weil ich Kalorien zählte). Dann noch gekaufte kleine Bramley Apple Pies und Schokolade.

Nach dem Erstgebrauch der Küche spülte ich alles vorhandene Besteck gründlich, bis nichts mehr davon klebte, und setzte sowohl Küchenrolle (u.a. als Serviettenersatz) als auch Geschirrtuch (dieses Winzelding reicht mir niemals die Woche) auf die Einkaufsliste.

Spät (!) ins Bett zum Lesen, Die Anomalie von Hervé Le Tellier, Romy und Jürgen Ritte (Übers.) ausgelesen – war nicht so das Meine, vielleicht geht französische Literatur wirklich an mir vorbei (bis auf Krimis wie die von Fred Vargas, bei deren Lektüre das Genre überwiegt).

§

Was auch weiterhin bei der Diskussion über sogenannte KI vernachlässigt wird: Dahinter stehen Tausende von Menschen mit dem Beruf Data-Worker. Und oft menschenverachtenden Arbeitsbedingungen:
“Data-Worker und Drecksarbeit
Raus aus der Unsichtbarkeit”.

Die zitierte Joan Kinyua habe ich auf einem Panel der jüngsten re:publica gesehen.

Übrigens:

Meta hat sich in Reaktion auf die Klage darauf berufen, gar nicht selbst in Kenia zu operieren und mit dem Argument die Klage gegen sich angefochten. Das Netzwerk beauftrage lediglich Sama, für die Arbeitsbedingungen seien sie nicht verantwortlich.

Genau gegen solche Schachzüge hat die EU das Lieferkettengesetz eingeführt. Das Sie vermutlich nur vom Schimpfen gegen zusätzliche Bürokratie kennen. (Umsetzung wieder andere Sache.)

Journal Mittwoch, 17. September 2025 – Der Preis der Schnelligkeit

Donnerstag, 18. September 2025

Diesmal nach Aufwachen um vier nicht mehr richtig eingeschlafen, müde aufgestanden.

Erstes Lächeln des Tages (nach dem Anlächeln von Herrn Kaltmamsell zum Guten-Morgen-Kuss) gleich beim Verlassen des Hauses: Ein rotes, ballettös-schlankes Eichhörnchen schritt gerade über den Weg, stob dann vor einem ums Eck biegenden Handwerker auf die Brüstung zum Nachbargrundstück und diese entlang. Ich wiederhole: Sollte eine Eichhörnchen-Begegnung bei mir kein Lächeln mehr auslösen, bringen Sie mich bitte zu einer Ärztin oder einem Arzt.

Ausgesprochen frischer Weg in die Arbeit durch immer dichtere Oktoberfest-Symptome.

Dieser Teil “Tracht” hat es schon mal nicht auf die Theresienwiese geschafft, aufgegeben knapp 100 Meter vorm Ziel.

Im Büro erstmal über Nacht eingetroffene Dringlichkeiten erledigt, dann konnte ich geordnet weitermachen – und unter anderem einen Irrtum korrigieren, der mir erst in dieser Ruhephase bewusst geworden war. Es ist ja durchaus praktisch, schnell im Kopf zu sein. Doch so wie mir meine physische Schnelligkeit blaue Flecken einträgt (weil ich innerlich bereits woanders bin als mein Körper), verstolpere ich mich manchmal auch in intellektuellen Prozessen, weil
Aufgabenstellung – Geschwindigkeitsunschärfe – Ergebnis.
Und sich danach manchmal herausstellt, dass ich im Mittelteil über ein relevantes Detail hinweggeditscht war.

Der Himmel wurde wieder blau-weiß-bunt, auf dem Marsch zu meinem Mittagscappuccino im Westend bekam ich kühle, angenehme Luft zu schnaufen.

Mittagesse wurden Bananen, gelbe Kiwis, zwei Hände voll Nüsse.

Nachmittags erste Urlaubsübergabe: Ich habe ein gutes Jahr nach Umstrukturierung wieder so etwas wie eine Vertretung, dieser Urlaub ist der erste Härtetest.

Nach Feierabend ging ich in schönem, aber eher kühlem Wetter nach Hause, nur ein kurzer Abstecher in einen Obst- und Gemüseladen. An der Heimeranstraße sah ich vor mir eine Krähe laufen, deren Gang mich zum Lächeln brachte: Wie auf einem Laufsteg setzte sie die Füße voreinander, dadurch wackelte ihr Schwanz herzallerliebst.

Daheim Wäscheaufhängen, eine Runde Yoga-Gymnastik, dann begann ich für meinen Wanderurlaub zu packen: Donnerstag und Freitag habe ich nach Feierabend Pläne, und ich wollte wirklich nicht bei meiner ohnehin großen Nervosität unter Druck geraten. Ein paar Pack-Entscheidungen ließ ich aber noch offen.

Nachtmahl war bereits Herr Kaltmamsell am Kochen: Er wollte unbedingt das typisch Yorkshire Gericht tripe and onion ausprobieren, Kutteln in Sauce. Als Gemüse-Ergänzung hatte ich eine große Schüssel Blattsalat mit roter Paprika in Knoblauch-Vinaigrette angemacht.

Tripe and onion schmeckte wie erwartet nicht sehr intensiv, aber dennoch ungewöhnlich – gut! Und der Salat: Ich kann ja echt nicht viel richtig gut, genau genommen nichts – aber Salat kann ich wirklich. (Wie er mir am besten schmeckt.)

Früh ins Bett zum Lesen, neue Lektüre ein hoffentlich spannender Verschling-Roman (außerdem habe ich schon lange keine französische Belletristik gelesen sowie bislang eher negative Vorbehalte): Hervé Le Tellier, Romy und Jürgen Ritte (Übers.), Die Anomalie – ging gut los!

Erfreuliches: Ein Tröt erinnerte mich gestern an etwas.

Aber sowas von! eduroam ist ein WLAN-Netz von Bildungs- und Forschungsanstalten im weitesten Sinn in über 100 Nationen. Meinen Zugang habe ich über meinen Arbeitgeber bekommen, der ja ebenfalls mit Forschung zu tun hat. Und so bemerke ich zum Beispiel unterwegs und auf Reisen an meinem Handy, dass ich mich wahrscheinlich in der Nähe eines Uni-Gebäudes befinde, weil mein Handy über ein WLAN online geht. Diese große Verfügbarkeit von Internet-Zugang ist sehr, sehr super.

Journal Dienstag, 9. September 2025 – Erster Nebel

Mittwoch, 10. September 2025

Beim ersten Klogang kurz nach vier (!) sah ich verdutzt, dass das Draußen im dicken Nebel lag.

Nach Aufstehen die Kuriosität: Gebürtige Ingolstädterin knipst Nebel – als hätte ich in den 20 Jahren meines Lebens in diesem Nebelloch an der Donau nicht genug davon gesehen.

Unpassend zum Nebel fühlte sich die Milde auf dem Marsch in die Arbeit an.

Im Büro Vielfältiges, ich fühlte mich sehr unruhig. Mittagscappuccino nicht zu weit weg im Westend, es war deutlich frischer geworden. Am Vormittag zog der Himmel immer dunkler zu, nachmittags regnete es.

Zu Mittag gab es Banane, Roggenbrot aus eigener Produtkion, viel kleine reife Feigen.

Nachmittags mehr Emsigkeit, ich schloss den Arbeitstag wieder reichlich erledigt ab.

Heimweg unter düsterstem Himmel, doch die Regendrohung verschonte mich bis zu Hause.

Dort griff ich erstmal zu einer Vase:

Ich hatte mir einen mächtigen Blumenstrauß geschenkt, wollte Farbe und Schönheit in der Wohnung.

Yoga-Gymnastik bestand aus Ruhe, Schnaufen, Dehnen, war gestern in Ordnung.

Fürs Abendessen war ich zuständig: Ich machte Kaiserschmarrn zu dem wunderbaren Zwetschgen-Latwerge, das Herr Kaltmamsell aus Früchten von Elterns Baum gekocht hatte. Und Kaiserschmarrn heißt bei uns immer noch weder fluffig noch karamelisiert, das hier ist kein Dessert. Er gelang mir ausgesprochen gut. Und es passte noch Schokolade hinterher.

Nach einer Folge Mad Men neue Lektüre im Bett, diesmal als E-Book gekauft: Jens Notroff, Staub, Steine, Scherben, ein populärwissenschaftliches Fachbuch über Archäologie. Gleich in den Anfangskapiteln wird Indiana Jones zitiert: Der Autor ist offensichtlich glaubwürdig.

§

@croco wies mich auf ein hochinteressantes historisches Werk in der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg über Heimsport hin:
Haus-Gymnastik für Mädchen und Frauen: eine Anleitung zu körperlichen Übungen für Gesunde und Kranke des weiblichen Geschlechtes von 1890.

denn gerade Mädchen und Frauen, deren natürlicher Bewegungstrieb durch sogenannte Anstandsrücksichten, unvernünftige Kleidermoden, Vorurteile und mangelhafte Veranstaltungen in trauriger Weise eingeschränkt wird, bedürfen der Gymnastik zur Erhaltung ihrer Gesundheit in allerhöchstem Maße, weit mehr noch als Knaben und Männer, welchen jene Schranken nicht gezogen sind

Wie großartig wäre es, das in einer Online-Gruppe einmal ganz durchzuturnen! Im Vorwort heißt es zwar, man brauche auch “Reck und Schaukelringe” – dafür könnten wir ja gemeinsam eine Lösung suchen.
Ach was: Lasst uns die ganz große Influencerinnen-Welle starten! Mit eigener Sportkleidungslinie! Zielgruppen (neben Spinnerinnen wie uns): Trad-Wives, Homöopathie-Gläubige, Trump-Wählerinnen, Früher-war-alles-besser-Überzeugte – ein riesiger Markt!