Essen & Trinken

Journal Donnerstag, 13. November 2025 – Die Rückkehr der Capa

Freitag, 14. November 2025

Beim Aufstehen recht dominantes Gefühl von Unfitheit, ohne dass ich es genau festmachen konnte: Ja, belegte Bronchien und Stimmbänder, ja, leichtes Unwohlsein, ja, seit Tagen komische Rücken-/Rippenschmerzen, ja, müde – aber das reichte doch nicht für diese Grad von ÄCHZ.

Dafür war’s draußen nochmal schön.

Dieses Jahr hatte ich daran gedacht, meine kostbare Capa (die Casa Seseña in Madrid, wo meine wundervollen Eltern sie mir vor 22 Jahren kauften, gibt es immer noch) auf den Balkon zu hängen, wo sich innerhalb weniger Tage die Falten der drei Jahre liegender Lagerung ausgehängt hatten. Für die angekündigte Temperaturmischung mit kaltem Morgen und mildem Tag sollte die Capa ideal sein, außerdem trug ich gestern nur eine Tasche in die Arbeit, die sich darunter gut verstauen ließ (Rucksack ist leider inkompatibel).1

Spaziergang in die Arbeit in eigentlich schönem Wetter, aber mit bleischweren Beinen.

Arbeitsvormittag mit Verschiedenem, u.a. Schulung (Auffrischung von Bekanntem, doch ich lernte Details, die sich seit der vorherigen Schulung zum Thema geändert hatten).

Mittagscappuccino in der Cafeteria, danach ging ich auf den Westend-Markt am Georg-Freundorfer-Platz: Bodensee-Obst, Käse. Die Capa konnte ich offenlassen, sie wehte dramatisch im milden Wind.

Zu Mittag gab es einen Apfel (aus Vorwochenkauf) und die letzte, riesige Crowdfarming-Mango mit Joghurt – ich bestellte gleich eine neue Kiste Mangos/Avocados.

Meinen Heimweg legte ich über meine Sparda-Bank-Filiale, die donnerstags länger geöffnet ist: Auch wenn Handy-Zahlung per Apple Pay laut Website mit meinem Konto dort kompatibel ist, wird meine Karte als “nicht für Apple Pay berechtigt” abgelehnt. Und da der frühere Handy-Zahl-Dienstleister meiner Bank ein Sargnagel ist (ich bitte Sie: Werbeschaltung sogar während des Bezahlvorgangs?!), wollte ich dringend wechseln. Die Lösung: Apple Pay funktioniert nur mit der Kreditkarte meiner Bank. Da ich wirklich mürbe geärgert von der Alternative war, beantragte ich also diese Kreditkarte und zahle 26,90 Euro pro Jahr dafür und für hoffentlich bequemeres Handy-Zahlen.

Zu Hause Häuslichkeiten, Brotzeitvorbereitung, Yoga. Als Nachtmahl hatte ich mir eine konkrete Verarbeitung von Teilen des gestern geholten Ernteanteils gewünscht: Kartoffelbrei mit gebratenem Radicchio. Das gab es, zusätzlich hatte Herr Kaltmamsell ein Madeira-Sößchen gekocht.

Großartig!

§

Auf arte den zweiten Teil über die Nachkriegszeit des Spanischen Bürgerkriegs gesehen, die ja in Spanien selbst keineswegs aufgearbeitet ist.

Die Schilderungen des Schulunterrichts unter katholischer Ägide kenne ich genau so aus den Erzählungen meines Vaters, der in den 1940ern und 1950ern in Madrid zur Schule ging. Hier hatte die unkommentierte Gegenüberstellung der Aussagen von Franco-Anhänger*innen und Widerständler*innen durchaus eine Funktion. Doch ich hätte gerne Quellenangaben für Zahlen und Aussagen gehabt – gerade wenn sie der Franco-Propaganda widersprachen. Und gegen die Behauptung der Franquistin, Tausende geraubte Kinder von Republikanerinnen habe es nicht gegeben, denn es sei ja nie jemand vor Gericht gestellt worden, hätte man nur den konkreten Fall des Arztes Eduardo Vela von 2018 anführen müssen; das kann man doch nicht einfach so stehenlassen.

  1. Beim Stöbern auf der Website entdeckte ich, dass es sogar ein Strand-Modell gibt! Bitte sagen Sie mir, dass Surfer*innen total darauf abfahren. []

Journal Mittwoch, 12. November 2025 – Arbeitsalltag-Verbuntung durch Hot-Pot-Abend

Donnerstag, 13. November 2025

Geweckt worden zu Halsweh – die Erkältung würde doch nicht ernst machen wollen!

Es wurde Morgen zu wolkenlosem Himmel, auf dem Weg in die Arbeit bewunderte ich die Spitzen von Häusern, Kirchen, Pappeln mit Morgensonnenvergoldung.

Der Arbeitstag war für meine Verhältnisse kurz getaktet, ich habe ja sonst als Assistenz wenige Termine.

Dooferweise war mir immer wieder komisch kalt, z.B. hatte ich plötzlich im ausreichend geheizten Büro eiskalte Füße in meinen Turnschuhen. Zusammen mit meinem Zustand beim Aufwachen vergrößerte das meine Sorge.

These einer Lain: Wenn selbst das spezielle Helpdesk-Team für eine Software nur Work-arounds als Lösung anbieten kann, ist die Software sehr wahrscheinlich richtig schlecht.

Raus in die Sonne auf einen Mittagscappuccino, die milde Luft roch herrlich (wenn auch unangemessen für einen 12. November).

Erhalt der Zivilisation vorerst gesichert: Hier wurde noch in der Sonne vorm Café von Hand auf Papier geschrieben. Ausführlich.

Emsigkeiten und ein wenig Aufregung vor dem Mittagessen, dann: Apfel, Hüttenkäse, Avocado.

Weiterhin Sonnenschein, aber es wurde novemberlich früh dunkel.

Nach-Hause-Marsch auf direktestem Weg, denn ich war verabredet. Daheim noch schnell Brotzeit für den nächsten Tag geschnippelt, dann spazierte ich mit Herrn Kaltmamsell in die Tumblingerstraße: Bruder und Schwägerin hatten Urlaub und waren angereist für ein Hot-Pot-Abendessen im Choi.

Ich war zuletzt und das einzige Mal vor sechs Jahren hier gewesen, die Spielregeln hatten sich aber nur geringfügig geändert: Weiterhin bestellt man pro Person eine Sorte Brühe (wir versuchten uns an einer möglichst großen Vielfalt mit Chili-, Miso-, Pilzbrühe und Pho) und drei Zutaten, die man alls 15 Minuten nachbestellen kann. Seinerzeit wurde für alle Bestellungen ein Tablet auf den Tisch gelegt, jetzt läuft das über das eigene Handy, der Praktischheit halber über eines pro Tisch. Damit bestellt man auch Getränke. Außerdem gibt es am Eingang des Lokals eine Station für Sößchen zum Selbstbedienen.

Wir probierten möglichst viel aus, alles schmeckte, mir vor allem die Soja-Zutaten und Nudeln, vor allem aber die Brühen selbst. Alle wurde mehr als reichlich satt, und wir hatten eine schöne Gelegenheit zum Treffen und Reden: Mein Bruder hatte es angeregt, um mir über die vielen Arbeitswochen bis Weihnachtsferien hinweg zu helfen. Das klappte hervorragend.

Durch frühen Start wurde der Abend auch nicht zu lang: Mit Herrn Kaltmamsell begleitete ich die beiden zur nächsten U-Bahn, war danach zur üblichen Zeit im Bett.

Gesundheitszustand weiterhin wacklig, aber! Meine Zähne waren bei der abendlichen Reinigung fast zurück auf Normalzustand der Empfindlichkeit.

Journal Sonntag, 9. November 2025 – Regentag mit kleinem Bloggertreffen

Montag, 10. November 2025

Gute Nacht, ausgeschlafen, zu nassen Straßen und düsterem Himmel aufgestanden.

Die leichten Symptome einer aufziehenden Erkältung waren geblieben, ich spürte sie vor allem in der Luftröhre. Sonst fühlte ich mich aber fit.

Gemütlicher Morgen ohne Sportpläne: Herrn Kaltmamsell und ich waren zum Frühstücken verabredet, alter Blog-Adel beehrte die Stadt.

Ich hatte im Café Puck reserviert, dorthin sppazierten wir sogar im Trockenen, außerdem war es spürbar wärmer geworden. Wir entdeckten, dass der Stachus weiter umgebaut wird, ich bin schon sehr gespannt aufs Ergebnis, das nach einer neuen Lösung für den Fußgänger- und Radverkehr aussieht.

Vor dem Café warteten @giardino und seine Möwe bereits – wie schön, endlich auch sie kennenzulernen. Wir gingen hinein und freuten uns aneinander. Gespräche unter anderem über Eltern und die sich wandelnde Beziehung zu ihnen über die Jahrzehnte des Erwachsenseins, ich bekam indirekt eine besonders schöne Idee für ein Weihnachtsgeschenk.
Außerdem Freude über Begegnung mit der Bedienung von immer, ich bin jedesmal bezaubert, dass sie sich an mich erinnert.

Auch zurück spazierte ich mit Herrn Kaltmamsell, allerdings über die Ludwigsstraße statt über Stachus und Sonnenstraße. Wir sahen am Salvatorplatz vorbei, auf dem am 9. Dezember endlich nach vielen Komplikationen das Denkmal “Straßen Namen Leuchten” von Albert Coers für die Familie Mann eingeweiht wird.

Weiterspaziergang nach Hause.

Kardinal-Faulhaber-Straße, eine ganz besondere Bubble.

Gegen halb zwei bekam dann auch ich Frühstückshunger und aß Reste: Suppengemüse, Brot, Nudeln mit Rosenkohl, Gewürzkuchen.

Entspanner Nachmittag mit Auflesen von Zeitung und Internet, dann Romanlesen – Vicki Baums Hotel Shanghai ist erheblich dicker als erwartet (Print-Ausgabe 736 Seiten). Dazwischen säuberte ich endlich mal den Kronleuchter im Bad: Er brauchte es schon lange, und jetzt ist nicht nur die Beleuchtung im Bad wieder heller, sondern ich hatte auch das Gefühl, an diesem Wochenende etwas Nützliches getan zu haben.

Die Yoga-Einheit des Tages strapazierte die Sturz-lädierten linken Rippen nicht mehr so sehr, ich spürte sie lediglich.

Kulmination der wochenendlichen Schweinekopfverarbeitung von Herrn Kaltmamsell zum Abendessen:

Alles-Nichtknochige des Kopfs zu einem Stück gegart, in Scheiben paniert und gebraten, dazu eine Kräuter-Vinaigrette und Krautsalat.

In seinem Blog hat Herr Kaltmamsell die Verarbeitung mit vielen Fotos dokumentiert.

Nachtisch Schokolade.

§

Langes Feature inklusive Interview mit Anthony Hopkins im Guardian:
“‘I knew I needed help. I knew it was over'”.

Das Interview erwähnt, dass Hopkins aus dem walisischen Port Talbot kommt. In dem will man wirklich nicht leben (außer eine Fee ist irgendwann in den vergangenen 35 Jahren Schönheit spendend darüber hinweggeflogen): Im September 1991 fuhr ich zu meinem Studienjahr im südwalisischen Swansea (ebenfalls keinen Besuch wert). Ich saß im Zug, draußen war Nacht, und im Abgleich von Uhrzeit und Fahrplan wusste ich, dass ich in den nächsten Minuten ankommen würde. Doch was ich vor den Zugfenstern erahnte, ließ mich fast die Fassung verlieren und auf lange, nicht durchgesagte Verspätung hoffen: Im Regen glänzten unter vereinzelten Scheinwerfern verfallende Stahlhüttenanlagen, Müllberge, Schutthalden, löchrige Landstraßen, dazwischen nicht mal Wiesen, sondern nackte Erde, dahinter das Meer. Ich hatte Glück: Das war nicht mein Zielort Swansea, sondern zehn Kilometer und damit nur wenige Minuten davor Port Talbot.

§

Ich guck ja nicht viel Serien, aber Eleanor Morton pitcht genau die britischen Krimiserien, die in meinen Augen so laufen.

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https://youtube.com/shorts/Qvli_1uZ64w?si=mHxr455WimFl3GyP

Journal Samstag, 8. November 2025 – Novembernebel, kognitive Dissonanz bei Urlaubsreisen

Sonntag, 9. November 2025

Etwas unruhige Nacht mit zu häufigem Aufwachen, doch ich konnte ja ausschlafen.

Morgens war Absprache der Küchennutzung nötig, vor allem des Backofens: Herr Kaltmamsell verarbeitete einen ganzen Schweinekopf, ich wollte Kuchen backen – was ich ohnehin von Freitagabend auf Samstagmorgen verschoben hatte, als mir einfiel, dass der Backofen ja fürs Freitagabendessen benötigt wurde. Mein Plan war nämlich, die jahreszeitlich adäquate Wohnungsbeduftung durch Gewürzkuchen zu produzieren.

Links die Milchkaffeetasse, in der ich die Schokolade geschmolzen hatte: Darin würde ich mir am Sonntagmorgen den Milchkaffee aufgießen.

Das Wetter war neblig, kalt und unwirtlich, doch es regnete nicht – das war für einen Isarlauf schon mal einladender als am Wochenende zuvor.

Das erste Mal in voller Winterlaufausstattung; die Lufttemperatur schaffte es gestern nicht über 4 Grad.

Ich fuhr mit der U-Bahn nach Thalkirchen und lief von dort an der Isar nach Süden.

Das Lauferlebnis war lediglich ok, ich fühlte mich schonmal fitter. Und dann stürzte ich auch noch nach vielen Jahren wieder auf dem letzten Stück: Stolpern, Erkenntnis “oh, ich falle”, Abrollen aber erst nach kurzem Bremsen mit den Händen möglich. Zwar war ich nicht böse gefallen, spürte aber doch später die linken unteren Rippen und den rechten Ellbogen.

Frühstück um halb zwei: Birne, reichlich Gewürzkuchen.

Ich sorgte mich ein wenig um meinen Körper, denn beim Frühstück und anschließendem Zeitunglesen wollte mir einfach nicht warm werden, auch nicht bei zwei hochgedrehten Heizkörpern, in dicken Socken über der Strumpfhose, Strickjacke über Wollkleid über Thermorolli – ich hatte mir doch hoffentlich nicht einen der zahlreichen Erkältungsinfekte in meiner Umgebung eingefangen, zum Beispiel den im eigenen Haushalt? Also erhöhte ich auf eine große Tasse Ingwertee. Der reichte dann bis in die Füße, vertrieb das Kränklichkeitsgefühl aber nicht komplett.

Nachmittag mit Zeitunglesen, dazwischen kurze Siesta.

Erste Schritte an einem Krautsalat aus Ernteanteil-Spitzkohl fürs Sonntagabendessen – für das Herr Kaltmamsell den ganzen Tag über mit seinem Schweinskopf in der Küche zugange war.

Die gestrige Yoga-Einheit war schmerzhaft: Gestern war ausgerechnet eine Runde Übungen für die seitlichen Bauchmuskeln dran, die linken davon reagierten nach dem Sturz beim Laufen ausgesprochen beleidigt auf die Belastung.

Zum Nachtmahl verarbeitete Herr Kaltmamsell den Rosenkohl aus Ernteanteil zu einem Pastagericht mit Zitrone (echte Sahne, echter Frischkäse statt der Ersatz-Produkte im Rezept, keine Pistazien).

Schmeckte ganz ausgezeichnet. Zum Nachtisch gab es Vanille-Eis mit den Armagnac-Zwetschgen, die Herr Kaltmamsell mit einem Teil der Ernte aus meiner Eltern Garten angesetzt hatte, wunderbar. Dann Schokolade.

§

Sonja Salzburger schreibt in der Süddeutschen über kognitive Dissonanz am Beispiel Reisen (€):
“Ego statt öko: Hauptsache, weg, egal wie”.

Die Tourismusindustrie hat eigentlich ein besonders großes Interesse, dass der Klimawandel eingedämmt wird. Ihre Geschäftsgrundlage beruht in weiten Teilen auf einer intakten Natur und einer möglichst sicheren Umgebung. Gleichzeitig aber heizt die Branche die globale Erwärmung an. Wissenschaftler der australischen University of Queensland haben ausgerechnet, dass der globale Tourismus pro Jahr mittlerweile mehr als 5,2 Milliarden Tonnen CO₂ verursacht, das entspricht 8,8 Prozent des globalen Treibhausgasausstoßes. Besonders beunruhigend: Die Emissionen des Reisesektors legten seit 2009 um durchschnittlich 3,5 Prozent jährlich zu – eine Wachstumsrate, die doppelt so hoch ist wie die der weltweiten Emissionen insgesamt.

(…)

Aber 18 Prozent aller Befragten gaben an, mittlerweile das Risiko möglicher Naturkatastrophen wie Waldbrände, Überschwemmungen oder andere Wetterextreme bei der Urlaubsplanung zu berücksichtigen, heißt es in der Mitteilung. Verschmutze Strände? Schwitzen bei 40 Grad Plus im Schatten? Vom Hotelzimmerfenster auf verbrannte Bäume blicken? Bloß nicht. Man versucht nicht, den Klimawandel zu bekämpfen, sondern will einfach möglichst wenig davon mitbekommen. Der Trend zum nachhaltigen Reisen ist tot, bevor er überhaupt begonnen hat.

§

Von wegen Kosten des Klimaschutzes.
“Wetterextreme in Industrieländern
Naturkatastrophen kosten immer mehr Wohlstand”.

Seit 1980 haben sich die Kosten für Unwetterschäden in den großen Industrienationen vervielfacht. Besonders deutlich ist der Anstieg in den USA und Deutschland, berichtet der Rückversicherer Munich Re. Positiv sei der Trend in China.

(…)

Deutschland zählt mit einem Anstieg um etwa das Fünffache zu den am schwersten getroffenen Nationen, schreiben die Geowissenschaftler des Versicherers. Die von Unwettern und Fluten verursachten Gesamtschäden in Deutschland von 1980 bis 2024 beziffert das Unternehmen auf 210 Milliarden Dollar (aktuell etwa 182 Milliarden Euro), gleichauf mit Indien auf Rang drei.

(Aber gefühlt ist es ja die Klimaschutzpolitik, die nervt, denn Naturkatastrophen hat es schon immer gegeben und Windkraftwerke sind hässlich.)

Journal Freitag, 7. November 2025 – Kalter Nebel

Samstag, 8. November 2025

Beim Weckerklingeln war die Nacht draußen noch klar, beim Verlassen des Hauses neblig. Und kalt: Ich trug meine dicke Winterjacke, Mütze und Handschuhe.

Wie es halt so ist nach ungeplanter Abwesenheit: Meine erste Arbeitsstunde bestand in leicht panischem Hinterherlesen, -telefonieren, -schreiben, -aufräumen. Aus dem -lesen wurde ein Sofort-Job, der mich bis zum Nachmittag belegte. (Und zwischen gereizt und traurig darüber machte, wie schlampig der Journalismus sein kann, der auch in Leitmedien betrieben wird – Hauptsache Aufmerksamkeit und Traffic.)

Doch parallel vereinbarte ich eine Abendessensverabredung für die nächste Woche, das munterte mich auf und wird mich leichter durch die Arbeitstage bringen.

Mittagscappuccino in der hauseigenen Cafetería, ich erzwang mir aber auch einen Marsch um den Block, brauchte dringend Luft und Bewegung. (In mir rumort etwas Existenzielles, derzeit hoffe ich, das es mich in Richtung Konstruktivem bringt, denn auch ein Komplett-Crash fühlt sich wie eine möglicher Ausgang an.)

Spätes Mittagessen, und auch nur, weil es mir bereits schwummrig wurde, Appetit hatte ich keinen, hätte lieber den Job von oben abgeschlossen. Es gab eine Avocado (doch noch nicht ganz essreif, half nichts, füllte ja den Bauch), Brot.

Nachmittags wurde es draußen sogar ein wenig heller, ich erahnte blauen Himmel.

Nachricht von Herrn Kaltmamsell: “Schweinekopf im Haus” – Sie werden übers Wochenende noch Details der Verarbeitung bekommen. (Er meinte wirklich einen Schweinekopf, das ist kein Code oder eine Metapher.)

Nicht zu später Feierabend, auf dem Heimweg Lebensmitteleinkäufe fürs Wochenende im Vollcorner.

Daheim Freitagabend-Routine mit einer Yoga-Einheit. Herr Kaltmamsell hatte das Nachtmahl, aus Ernteanteil Sellerie-Lasagne, bereits vorbereitet. Weil er von einer Verabredung spät heimkommen würde, schob ich sie rechtzeitig in den Ofen. Als er eintraf, gab es Drinks.

Die Wahl war durch die saisonale Einkaufsituation bestimmt: Hätte ich beim Vollcorner bereits Meyerzitronen bekommen, hätte es Whiskey Sour gegeben, gab es aber nicht, also schüttelte ich einen Green Monkey. Sonderkniff: Ich verwendete Kakao-Gin und streute gehackte Kakaobohnen (kamen mit dem Gin) drüber – hervorragend. Dazu ein paar Salznüsschen.

Auch das Sellerie-Gratin schmeckte sehr gut, ich freue mich schon auf die Sellerie-Saison mit diesem Gericht, Sellerieschnitzel, Waldorf-Salat. Als Wein hatte ich dazu einen spritzigen Riesling Terra rossa aus Rheinhessen ausgesucht, passte gut. Nachtisch Schokolade.

Früh ins Bett zum Lesen, ich war sehr müde. Zähneputzen davor wird langsam weniger schmerzhaft.

Journal Mittwoch, 5. November 2025 – Kaugummi-Erinnerungen

Donnerstag, 6. November 2025

Etwas zerhackte Nacht, doch bei Weckerklingeln war ich munter.

Nochmal aufgestanden zu sternenklarem Himmel, der blau und nahezu wolkenlos tagte.

Auf dem Weg in die Arbeit kurzer Stopp in einem Kiosk, um Kaugummi zu besorgen (EIN EURO NEUNZIG FÜR EIN KLEINES PACKERL KAUGUMMI?!): Meine Recherchen zu “salziger Geschmack im Mund” (selbstverständlich habe ich recherchiert) ergaben neben mangelnder Zahnhygiene (nein) als mögliche Ursache Flüssigkeitsmangel im Mund, und da ich wirklich, wirklich viel trinke, ging ich dem Tipp nach, durch Kaugummikauen die Speichelbildung anzuregen. (Meine Recherchen zu überempfindlichen Zähnen ergaben lediglich die erwarteten Tipps sanftes Zähneputzen, Fluoridierung, Saures vermeiden.)

Emsiger Vormittag, ich lernte bei einem Briefing, das ich gab, mindestens so viel wie die Gebriefte.

Erkenntnis während der vormittäglichen Arbeit: Bei meinem Gefuchtel “WAS MEINT IHR, WENN IHR ‘KI’ SAGT?” habe ich fast vergessen, dass weiterhin ebenso vage “Digitalisierung” rumfliegt, und meist ist nicht mal klar: Irgendwas mit Computern? Irgendwas mit Internet?
*weint*

Mittagscappucino im Westend inklusive Marsch durch die Sonne, herrlitsch.

Zu Mittag gab es dann eine Birne (wunderbar nachgereift) sowie eingeweichtes Muesli mit Joghurt. Außerdem kaute ich über den Tag drei Kaugummis, das erst Mal seit Jahrzehnten. Ich konnte mich gar nicht mehr daran erinnern, kratzte an Assoziationsfetzen zusammen:
– Die Wrigley’s Kaugummstreifen in Silberpapier (samt zugehöriger Werbung mit flotten jungen Menschen, die überdimensionierte Kaugummi-Packungen im Freien herumtrugen) mit unterschiedlichem Minzgeschmack der weißen und der grünen Packung. Mit denen man aber keine Blasen machen konnte.
– Die Kaugummi-Kugeln aus dem Automaten, gern uralt und knallhart – blasentauglich.
– Die Revolution der Hubba Bubba-Kaugummis: völlig andere Textur, völlig anderer Geschmack, sensationelle Blasen.
– Erwachsene und Feuilleton-Artikel, die sich über das Kaugummikauen als schlechtes Benehmen echauffierten (daran merkt man, dass ich nur 22 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs geboren wurde).
– Dass Kaugummi auf Spanisch chicle heißt (im Urlaub lag die Süßigkeitenschwelle niedriger).
– Wie ich nie recht wusste, wann ein Kaugummi fertiggekaut war.
– Dass ich durch Kaugummikauen Hunger bekam, obwohl die Brigitte-Diät das Gegenteil behauptete und Kaugummi gegen Hunger empfahl (heute argwöhne ich, dass dort in der Diät-Redaktion Leute saßen, die ihre Tricks aus den Nachkriegs-Hungerwintern zweitverwerteten).
– Dass mich seit Jahrzehnten nicht nach Kaugummi verlangt hatte.

Für den Abend war ich mit Herrn Kaltmamsell zu edlem Ausgehen verabredet, und zwar in der Brasserie Colette. Fast direkter Heimweg, ich holte lediglich eine Bestellung (Nicky-Hausanzug) in einer Tchibo-Filiale ab. Zum wiederholten Mal musste ich beim Suchen im Hinterkammerl helfen, erst hieß es, es sei nichts für mich eingetroffen.

Daheim noch hastige Häuslichkeiten, dann spazierte ich mit Herrn Kaltmamsell in die Klenzestraße. Wieder aßen wir ganz ausgezeichnet, wieder wurden wir bezaubernd umsorgt – und wieder von Personal, das uns neu war: Ich habe hier eigenartigerweise noch niemandem im Service zweimal angetroffen. Wir bestellten wie geplant beide das große saisonale Menü Tim Raue inklusive Weinbegleitung (auf die ich mich besonders freute).

Als ersten Gang gab es Schneekrabbe mit herrlicher Majo drin, hübschen Chips drauf und einer Maronen-Brühe drumrum, die überraschend gut passte. Begleitet wurde der Gang von einem Glas Pouilly-Fumé León Domaine Jonathan Didier Pabiot, der wieder ganz anders schmeckte als meine bisherigen – ich bekomme französische Weine einfach nicht zu greifen. Passte hervorragend zur Schneekrabbe.

Als nächstes stand Kalbsbries auf der Karte und auf unserem Tisch, mit Lorbeer-Majonese und Johannisbeer-Chutney. Zum Frittierten passte besonders gut der Riesling aus dem Elsass Domaine Ostertag “Les Jardins”.

Das Éclair mit Trüffel und Entenleber wollte ein wenig zu viel mit darin auch noch Camembert, Rettich und Pilzen. Der Chardonnay Montagny konnte aber gut gegenhalten.

Sehr schön dann wieder der Sauerbraten aus Wagyu mit Roter Bete. Er wurde begleitet von meinem Wein-Liebling des Abends: Châteauneuf du Pape La Bastide Saint Dominique – mein erster bewusster Châteauneuf du Pape, und ich mochte die Aromenvielfalt und Würze so sehr, dass mir auch die fruchtige Note gefiel, bei der ich sonst abwinke.

Der Nachtisch war ein Knaller: Tarte mit Pinienkernen unter Quitteneis, umgeben von Milchschaum, Quittenstücken, Balsamico-Kügelchen, Kräuteröl – vor allem das Eis begeisterte mich. Dazu gab es überraschenderweise einen französischen und roten Süßwein Banyuls, den ich sehr mochte.

Beim abendlichen Zähneputzen am fünften Abend in Folge zur Fluoridierung Elmex Gelee verwendet (sonst seit Jahrzehnten einmal die Woche) – bislang ohne Wirkung. Das lasse ich jetzt lieber wieder, zuviel Fluor ist ja auch nix.

§

Aus einem Interview wusste ich, dass Tom Hanks in New York routinemäßig Öffis nutzt, hier ein unaufdringliches Foto davon.

§

TANZ! Ilia Malinin setzt weiter die Standards im Eiskunstlauf. (Der Kommentator hält sich gar nicht erst mit Facherklärungen auf, sondern spuckt lediglich vereinzelt Superlative aus.)

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https://youtu.be/hsdRrqHOuWM?si=LGmOWMsdRaJrTsxt

Journal Samstag, 1. November 2025 – Abschluss der Wandersaison in neuen Stiefeln von Starnberg über Andechs nach Herrsching

Sonntag, 2. November 2025

Nach guter Nacht von heller werdendem Himmel geweckt, das war besonders schön.

Die drei Zehen junger Knoblauch vom Abendessen brachten sich mit einem Geschmack in Erinnerung, der auf tödlichen Atem hinwies.

Herbstlicher Küchenblick.

Reichlich Zeit für Wäschewaschen und Bloggen vor Aufbruch zur Wanderung. Die Anreise nach Starnberg (ich wollte von dort über Andechs nach Herrsching am Ammersee gehen), soviel hatte ich bereits recherchiert, würde durch Bauarbeiten kompliziert, aber wann sollen sie das machen, wenn nicht an einem Feiertagswochenende.

Nach dem Umsteigen in Pasing hatte ich einen bequemen Sitz, mit genügend Lesestoff bekümmerte mich die verspätete Abfahrt nicht.

In Starnberg hatte ich einen Cappuccino am netten italienischen Kiosk rechts geplant, doch bei Ankunft war mir überhaupt nicht danach. Schade. Steuerte ich also gleich die Masinger Schlucht an.

Neben Abschluss der Wandersaison (und Vergnügen) war ja Zweck der längeren Strecke, die neue Wanderschuhe in den Praxiseinsatz zu bringen. Das war dann seltsam: Schon beim Reinschlüpfen fühlten sich die Stiefel zu klein an, die linke kleine Zehe drückte, bis ins erste Viertel meiner Route mehrmaliges Ausziehen, Sockenrichten, Anziehen, Umschnüren, weil sich immer irgendwas nicht richtig anfühlte – dabei war ich doch schon einen Tag lang in den Stiefeln herumgelaufen. Ich kam zu dem Schluss, dass ich gestern einfach keine Wanderfüße hatte. Und als ich abends schmerzende Stellen untersuchte, nahm ich mir fürs nächste Mal eine andere Verteilung der Schnürfestigkeiten vor (z.B. Schaft lockerer).

Dazu litt ich unter Schwindel – ich hatte die drei mächtigen Zehen Knoblauch vom Vorabend im Verdacht, große Mengen Knoblauch senken meinen Blutdruck massiv. Doch die abwechslungsreiche Strecke bot so viele schöne Ansichten, nach dem Maisinger See auch nur wenig gestört von Mountainbiker*innen, dass ich die Wanderung genießen konnte.

Es blieb sonnig und so mild, dass ich über Mittag eine Stunde lang nur in T-Shirt unterwegs war. Erst auf dem letzten Drittel zog der Himmel zu, am Ammersee wurde es schwül.

Landmarke an dem Wegstück in Starnberg, auf die ich mich immer freue (und auf den Zustand gespannt bin).

Werden und Vergehen – mit Überraschung bei Letzterem.

Masinger Schlucht.

Maisinger See.

Hinter Aschering Richtung Andechs.

Mittagspause nach knapp drei Stunden: Es gab Äpfel und Roggenvollkornbrot vom Bäcker Wimmer.

Kloster Andechs wie erwartet am Feiertag gut besucht (aber kein Vergleich zu einem Feiertag im Sommer). Von dort stocherte ich in verschiedene Wege: Ich wollte nicht über die kürzeste Strecke durchs Kiental nach Herrsching, sondern noch eine schöne Stunde am Seeufer entlangwandern. Die gewohnte Route fand ich nicht (ich war so überheblich gewesen, keinen GPS-Track runterzuladen – das würde ich doch wohl sehen), kam aber auf einem anderen schönen Weg ans Seeufer.

Und bekam bei einem vergeblichen Versuch einen neuen Blick auf den Turm der Klosterkirche.

Am Ammersee wurde mit Alpenblick gechillt.

In Herrsching dito, aber mit einem Aperitif in der Hand, angeboten von einigen urigen Strandbars.

Am Bahnhof Herrsching hatte der Bewegungs-Tracker meines Handys 22 Kilometer in sechs Stunden gemessen. Und ich hatte gut daran getan, früh aufzubrechen: Um halb fünf wurde es bereits grenzwertig dämmrig zum Wandern.

Die Rückfahrt ebenfalls mit Umsteigen in Pasing und Verzögerungen. Auf dem Weg vom Bahnhof nach Hause wurde ich angetröpfelt.

Zum Abendessen kochte ich mir Pasta e lenticchie (Linsen!) aus der Lameng, der Ernteanteil lieferte dafür ein paar Karotten und eine halbe Zwiebel.

Während das garte, entkernte ich vier Granatäpfel: Erst hatte Crowdfarming von meinem adoptierten Granatapfelbaum gemeldet, die Ernte davon sei dieses Jahr zu schlecht, ein anderer Landwirt übernehme die Lieferung (sowas passiert in echter Landwirtschaft, und im Gegensatz zu einem Supermarkt bin ich flexibel). Dann war mein Versuch gescheitert, die Lieferung zu terminieren: Hinter dem Link stand die Information, es gebe dieses Jahr gar nichts, ich bekäme den bereits bezahlten Betrag gutgeschrieben. Doch vor zehn Tagen wurde ich nochmal aufgefordert, meine Granatapfellieferung festzulegen – und jetzt gab es nur noch einen Termin für beide 2,5-Kilo-Kisten. Die kamen am Freitag, und nun muss ich fünf Kilo Granatäpfel wegbekommen. Da ich gleichzeitig erstmals sehr viel Crowdfarming-Werbung auf instagram sehe, vermute ich eine grundlegende Änderung im Hintergrund, die ziemlich viel durcheinanderbringt – und das Wohlwollen selbst überzeugter Kundinnen wie mir ganz schön belastet. (Die ich weiterhin bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf Crowdfarming als Quelle hinweise, erst kürzlich jemanden, die Mangos liebt, aber Bedenken wegen der langen Transportwege äußerte. Und die genausowenig wie ich seinerzeit wusste, dass Mangos auch in Europa angebaut werden, gerade Saison haben, und unter anderem wegen billiger Konkurrenz aus Südamerika nicht in unseren Supermärkten auftauchen.)

Sehr gutes Abendessen, ich kann’s doch noch. So gut, dass ich mich nur durch dringliche Ermahnung (du willst doch noch Granatapfel und Schokolade, und dann geht’s dir nicht mehr gut!) von einem dritten Teller voll abhalten konnte. Der Rest war als Sonntagabendessen geplant, darauf freute ich mich schon.

Früh ins Bett zum Lesen.

§

Vielleicht nur interessant für Menschen, die so positiv phasziniert sind von Hazel Brugger wie ich (umschrieb sie ihr Fangirltum): In seiner Show “Missverstehen Sie mich richtig” spricht Gregor Gysi mit ihr auf der Bühne.

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https://www.youtube.com/watch?v=cLjpUvSb3hE