Essen & Trinken

Journal Dienstag, 26. März 2024 – Larissa Kikol, Signed

Mittwoch, 27. März 2024

Besser geschlafen, aber zu früh aufgewacht.

Weil es zudem weder etwas zu bloggen noch zu räumen gab, kam ich sehr früh in die Arbeit.

Leider ist wieder Frierwoche im Büro, ich arbeitete im Wolljanker. Nach einigen Besprechungen ging ich raus ins Westend auf meinen Mittagscappuccino.

Später Mittagessen am Schreibtisch: Mandarine, Apfel, Sojajoghurt mit Mango.

Arbeitsnachmittag auch mit Unerfreulichem, ich hielt mich an Symptombekämpfung. Nach Feierabend ging es raus in schöne Luft, aber eher kühl.

Herr Kaltmamsell verbrachte den Abend aushäusig, ich musste schon wieder selbst für mein Nachtmahl sorgen – hatte aber schon Montagabend dafür eingekauft. Erst Wäscheaufhängen, Yoga-Gymnastik (eher verärgernd: ich mag es nicht, vom half moon überrascht zu werden und erst gesagt zu bekommen, dass es dorthin geht, wenn ich bereits ein Bein heben soll), dann briet ich Schalotte, Knoblauch, Champignons mit Thymian, löschte mit Noilly Prat ab, das ergab mit Crème fraîche und Fussiloni ein Nudelgericht – sehr schmackhaft.

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Larissa Kikol, Signed. Unterwegs mit der 1UP-Crew und Moses&TapsTM

Larissa Kikol hat ein Buch über Graffiti geschrieben, den weiterhin illegalen Teil der Streetart. Die Terminologie entnehme ich indirekt, es gibt für die vielen Unterarten von Streetart keine offizielle Terminologie mit allgemein anerkannten Definitionen – das gehört aus meiner Perspektive sogar genau so, wer sollte bitte über die Definitionen bestimmen? The elders of streetart? Ich gucke mir auch legale und offizielle Streetart gerne an, z.B. Murals, die sorgfältig und mit reichlich Zeit entstanden. Aber allein der Zeitdruck und die logistischen Rahmenbedingungen von Graffiti machen halt doch einen Unterschied.

Kikol ist promovierte Kunstwissenschaftlerin, doch das ist weit entlegener Hintergrund ihres Buchs: Im Vordergrund stehen ihre Recherche und die Graffiti-Künstler*innen. Sie schreibt in einem Tonfall, den ich von besonders lesenwerten Blogs kenne und mag. Dazu gehört auch, dass sie sich als Beteiligte sichtbar macht. Und es interessiert mich wirklich, wenn sie sich am Tag einer Aktion mit einer schlecht heilenden Verletzung am Arm rumplagt. Was sie sich als Brotzeit für Aktionen einsteckt. Überhaupt beschreibt sie viele Mahlzeiten detailliert, das mochte ich, Essen und Trinken sind ihr offensichtlich wichtig.

Thema ist auch das Schreiben des Buchs selbst:

Der Lektor hat Unrecht, Kikol hat Recht: Das gnadenlose Zitieren scheinbar langweiliger Dialoge bei Graffiti-Aktionen holte mich in die Schilderung erst richtig rein.

Kikol gibt auch die Teile ihrer Interviews wieder, in denen sie zurückgefragt wird, welche Art Buch das eigentlich werden soll. Sie antwortet, sie sei sich noch nicht sicher. Am Ende des Buchs entscheidet sie sich: „Es sind so viele Kurzgeschichten, eher eine Art Reisebericht.“

Eine persönlich Art von Buch ist es geworden, z.B. taucht zwischen liebevollen Betrachtungen über ihren Herkunftsort Bergisch Gladbach Akademisches über Geheimsprachen auf. Kikol wird als Journalistin sichtbar, als Forscherin, als Berlinerin, als überaus neugierige und wohlwollende Menschenfreundin. Sie schreibt viel über konkrete Begegnungen, nicht nur über die mit Graffiti-Künstler*innen oder Menschen aus der Kunst-Szene.

Das Ergebnis ist eine offene und durch die Geschichten sehr transparente Materialsammlung, keine akademische These. (Es gibt aber saubere Endnoten mit den zitierten Quellen.)

Larissa Kikol beschreibt die vielen, vielen Facetten der Grafitti-Szene – die eben genau keine ist. Die Künstler*innen haben ganz unterschiedliche Beweggründe für ihre Arbeit, von rein ästhetischen über künstlerische bis politische oder gar aktivistische. Und anderen macht es einfach denselben Spaß, mit dem Leute ins Basketballtraining gehen. Manche sind nur in ihrer Wohnumgebung aktiv. Typischer aber ist es, dass sie reisen, teilweise sogar weit. (Dass ich die “Yellow Fists” vor einigen Jahren und bis heute in mehreren Städten sah, ist also kein Zufall: Sie sind alle von Kripoe.)

Eine zentrale und bemerkenswerte Figur ist der Graffiti-Künstler Moses: Besonders in Erinnerung blieb mir, dass er mal eine S-Bahn detailgetreu umlackierte

in einem Rotton, der sich fast nur um eine Nuance von dem Originalrotton unterschied. Dann wartete er ab, wann es jemandem auffiel.

Ein Roman ist das nicht. Aber auch kein klassischer Journalismus. Ich fremdle ja sehr mit den Verbot des “Ich” mit der traditionellen Forderung, Berichterstatter*innen müssten hinter dem Gegenstand ihrer Bericht verschwinden. Das kommt meiner Ansicht nach einer Lüge nahe: Jeder Bericht ist gefärbt durch Wahrnehmung und Hintergrund der Rechercheure. Je ausführlicher diese Recherche, desto relevanter werden meiner Überzeugung nach der Prozess und die Personen dahinter. Zwar tun das manche Journalist*innen seit Jahren, doch ich lese bis heute launiges Kolumnen-Geläster ihrer Kolleg*innen, es gehe denen in erster Linie um Selbstdarstellung.

Egal, es ist halt, was es ist. In Signed hat der Prozess der Recherche denselben Stellenwert wie die Ergebnisse. Und so lernte ich eine Menge, unter anderem über die komplexe Logisitik, die hinter dem illegalen Umlackieren von Bahn- und S-Bahn-Waggons steht, hinter dem Bemalen von Häuserfassadenrändern und Brandmauern. Und über die Internationalität des Sprühens, über die zentrale Rolle der Dokumentation (und mit wie viel Schabernack die teilweise sichergestellt wird), über die engen Verbindungen zur Galeristenszene, auch über die verschiedenen Rollen während einer Aktion.

Das Nachwort enthält einen Schlüsselsatz: „Eine Sache, die mir wichtig war, war, nicht mehr zu schreiben, als ich erlebt hatte.“

Falls das bislang noch nicht klar wurde: Dicke Empfehlung. Und ich gucke mir Tags in München künftig viel systematischer an.

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Beachtenswerter Appell in der taz von Katrin Gottschalk:
“Übersehene Feministinnen”.

Die Omas gegen rechts sind derzeit die größte Frauenbewegung auf der Straße. Zeit wird es, sie auch in die politischen Diskussionsrunden einzuladen

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Einskunstlauf hatte ich schon lang nicht mehr geguckt. Und stellte jetzt fest, dass sich da eine Menge getan hat. Schaun Sie sich mal die atemberaubende Goldmedaillen-Kür von Ilia Malinin in Montreal an.
Was mich besonders fasziniert: Malinin wirkt durchgehend, als hätte er überhaupt keine Körperspannung – was unwahrscheinlich ist. Aber er scheint etwas sehr viel Komplexeres einzusetzen als Kraft.

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Apropos Sport: Wenn Ihr Fitnesstudio was taugt, bietet es auch Training für den Sommerurlaub an.

Journal Sonntag, 24. März 2024 – Schnee, Graupel und Stockfischabenteuer

Montag, 25. März 2024

Wunderbar und ausreichend geschlafen. Interessant geträumt, unter anderem vom spanischen Verlagswesen, das viel besser als das deutsche funktionierte und zum Beispiel für die vielen Krimi-liebenden Fabrikarbeiter immer wieder Gesamtausgaben der beliebtesten Reihen herausgab. Von keinem Detail daran habe ich irgendwelche Fachkenntnis, ich bin stolz auf mein Fantasiezentrum, das daraus etwas bis zur Erzählbarkeit Kohärentes baute.

Die Energie nutzte ich erst mal, um mich online für Organspende zu registrieren. Einen ausgefüllten Organspende-Ausweis trage ich in meiner Geldbörse bei mir, seit ich denken kann, allerdings immer in der Sorge, ob der im Ernstfall auch schnell genug gefunden wird. Die Absicherung einer Registrierung ist mir sehr sympathisch.

Beim ersten Aufruf der Website zum Start hatte der Vorgang arg kompliziert ausgesehen, doch an diesem Sonntagmorgen erinnerte ich mich daran, dass ich sehr wohl eine Online-Ausweisfunktion habe, wo ich meine PIN nachgucken kann, dass ich bereits für das mühsame Erkämpfen der Bayern-ID die Ausweis-App installiert hatte.

Da mein Personalausweis eingelesen werden musste, begann ich den Registrier-Prozess auf meinem Smartphone. Für ein Durchspielen auf dem PC hätte man ein Lesegerät benötigt: Das ist nach meiner Erinnerung das erste Mal, dass ein Amtsvorgang eigentlich nur auf Smartphone ausgelegt ist – eigentlich schlau, ist deutlich weiter verbreitet als persönliche Rechner. Nach einfachen, verständlichen Anweisungen las ich meinen Personalausweis durch Legen hinters Smartphone ein, verifizierte ihn mit der PIN. Nach nur einer Fehlermeldungsrunde wurde ich um Eingabe meiner Krankenversicherungsnummer gebeten und um Hinterlegung meiner E-Mail-Adresse. Durch Anklicken in einer Auswahl hätte ich die Organspende auch nur eingeschränkt erlauben können, die Entscheidung jemand anderem übertragen oder völlig untersagen.

Das war’s, ich bin als Organspenderin in Deutschland registriert. Allerdings muss ich jetzt noch bis Sommer lebendig durchhalten, um wirklich nützlich zu sein: Der Zeitplan der Einführung nennt auf der Website 1.7.2024 für “Abruffähigkeit Entnahmekrankenhäuser”.

Weil das endlich mal wieder ein rundes Technikthema war, schrieb ich nach Jahren Pause im Techniktagebuch darüber.

Bloggen, Internetlesen, Fertigmachen für eine Schwimmrunde im Olympiabad. Dass es um neun bereits windig regnete, nahm mir die Entscheidung ab, ob ich nicht doch radeln wollte. Und da waren auch schon Schnee und Graupel.

Ich holte also nochmal die dicke Winterjacke raus und setzte mich damit in eine U-Bahn zum Olympiapark.

Gutes Schwimmen, die Bahnen waren nicht voller als an Samstagen. Mit Rücksicht auf meine zickige linke Schulter ließ ich es langsam angehen und erhöhte erst nach einigen Bahnen den Druck. Ich schwamm problemlos, manchmal sogar mit Sonnenschein, spürte zwar die akute Stelle im Kreuz, doch ohne Schmerz. So hatte ich Muße, über meine aktuelle Lektüre, Larissa Kikols Signed nachzudenken und warum sie mir so gut gefällt.

Auf meinem Rückweg zum U-Bahnhof setzte wieder Regen ein. Daheim buk ich erst mal die Erdnuss-Cookies für die Arbeit, etwas nach zwei gab es zum Frühstück Birne, dann einige Scheiben selbst gebackenes Schokoladenbrot aus der Gefriere mit Butter und Zwetschgenmus.

Internetlesen, Buchlesen, kleine Siesta, mehr Buchlesen.

Mehr Schnee und Graupel.

Herr Kaltmamsell würde spät von seinem Deutschlehrer*innen-Ausflug heimkommen, ich kochte dennoch Nachtmahl – wir würden es halt getrennt essen. Jetzt kam der seit Tagen gewässerte Stockfisch zum Einsatz: Meine Eltern hatten bei einer regelmäßig nach Portugal fliegenden Nachbarin Bacalao bestellt, und sie war mit einem ganzen salzgetrockneten Fisch zurückgekommen. Davon hatte ich am Sonntag zuvor ein großes Stück bekommen. Jetzt kochte ich dieses weich, während der Fisch abkühlte, turnte ich eine Runde Yoga-Gymnastik. Dann löste ich das Fischfleisch von den Gräten: Ein Teil wurde mit unter anderem Kartoffeln und Lauch aus Ernteanteil baskischer Fischeintopf für den Abend, den anderen Teil würde ich nach völligem Abkühlen einfrieren.

Wurde gut! (Ein bisschen zu salzig – waren vier Tage Wässern mit mehrfachem Wassertausch nicht genug?) Nachtisch Schokolade.

Herr Kaltmamsell bekam spät auch noch zwei Teller Stockfisch-Eintopf und erzählte dazu bereits ein wenig von seinem Ausflug. Auf arte lief La La Land, gefiel mir jetzt besser als damals im Kino, ich komm einfach nicht drauf, wo er hakt.

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Für die wahrscheinliche Altersstruktur der Lesenden hier zielgruppenperfekt:
“Wohin mit den Schätzen? Wenn Sammler nicht mehr können”.

Schaffen Sammelnde zu Lebzeiten keine Lösung für ihre Schätze, wandert vieles auf den Müll oder zurück auf den Sammelmarkt. Ein frühzeitiges Loslassen falle den meisten Sammelnden schwer. “Deshalb sterben 90 bis 95 Prozent der Sammlungen auch mit dem Sammler.”

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Meldung aus der Vorreiter-Nation Österreich:
“Mama geht tanzen
Ein Club, drei Stunden, 2000 Frauen: Eine neue Partyserie speziell für Mütter feiert in Österreich einen Riesenerfolg. Trinken unter Zeitdruck und Stau am Männerklo”

via @sauer_lauwarm

Das klingt richtig gut!

Viele sind in Freundinnengruppen gekommen. Junge Mamas, die sich aus der Babyspielgruppe kennen. Mütter, die über die Kindergarten-Whatsapp-Gruppe von der Party erfahren haben. Ich entdecke aber auch einige Frauen über 60. Sie sehen nicht aus wie Mamas, die kleine Kinder zu Hause haben. Später erfahre ich von der Veranstalterin, dass etwa 25 bis 30 Prozent der Frauen keine Mütter sind. Sie sind heute nicht hier, weil sie einen Abend ohne Kinder genießen wollen. Sie sind hier, weil sie endlich mal wieder in einen Club gehen wollen. Zu einer vernünftigen Uhrzeit. Weil sie ohne Männer feiern wollen, ohne ständig angetanzt und angemacht zu werden. Ohne ihr Trinkglas im Auge behalten zu müssen.

Revival of the Tanztee Samstag- und Sonntagnachmittag?
(Wahrscheinlich zu nah an der Pfarrjugend-Disco.)

Journal Freitag, 22. März 2024 – Start ins Strohsingle-Wochenende mit Blütenpracht

Samstag, 23. März 2024

Guter Nachtschlaf, aber beim Weckerklingeln freute ich mich sehr aufs Ausschlafen am Wochenende. Der Tag wurde sonnig, verhangen nur durch leichten Wolkenschleier, und warm.

Traubenhyazinten neben dem Verkehrsmuseum am Bavariapark.

Im Büro lustiger Double Bind der Schmerzen: Im Sitzen tat mir irgendwann der Po weh (also im Grunde die Sitzbeinhöcker, die sich hin und wieder auch beim Joggen melden) inklusive Iliosakragelenk (die Mobilisierungsübungen dafür gehören fast zu jeder Einheit meiner Yoga-Gymnastik – ich möchte nicht wissen, wie es mir ohne Yoga ginge), im Stehen hielt ich es wegen der aktuellen linken Kreuzschmerzen nur wenige Minuten aus. Auf der Arbeitsebene vermittelte ich unter anderem das kleine Einmaleins der Veranstaltungsorganisation.

Das Wetter lockte sehr nach draußen, ich ging auf einen Mittagscappuccino ins Café Colombo.

Zurück am Schreibtisch ein paar Querschüsse, mein Mittagessen (Mandeln, Bananen) aß ich spät.

Mir steht ein Stroh-Single-Wochenende bevor, Herr Kaltmamsell ist auf Deutschlehrer*innen-Ausflug. Mein Plan war unter anderem eine samstägliche Wanderung am Starnberger See, allerdings sah ich immer banger auf die Wettervorhersage, die für Samstag Sturm und Regen prognostizierte. Doch auch so freute ich mich arg auf mehr als 48 Stunden allein.

Überraschend intensiver Arbeitsnachmittag, doch ich machte mich ran, denn ich wollte noch etwas von dem wunderschönen Wetter haben.

Das schaffte ich dann auch, statt wie sonst in zackigem Marschtempo schlenderte ich erst zum Vollcorner, um unter anderem Zutaten für mein Abendessen zu kaufen, dann mit viel Gucken und Schnuppern nach Hause.

Magnolie in der Lessingstraße.

Am Beethovenplatz wurden die blühenden Zierkirschen gewürdigt.

Magnolien in der Nußbaumstraße.

Ärger über das framing der Boulevardpresse: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte entschieden, dass die Stadt München zu wenig tut, um den EU-Grenzwert für Stickstoffdioxid einzuhalten, unsere Luft hier ist einfach zu schlecht. Dieselmotoren mit hohem Schadstoffausstoß dürfen jetzt voraussichtlich bald nicht mehr in die Stadt fahren.

Eigentlich sollte das Fahrverbot bereits im Oktober 2023 auf Dieselfahrzeuge der Norm Euro 5 ausgedehnt werden. So sah es ein Kompromiss vor, den die Stadt München mit DUH und VCD nach einer früheren Klage ausgehandelt hatte. Im vergangenen Herbst entschied sich der Stadtrat dann aber anders und beschloss, es erst einmal bei der ersten Stufe des Verbots zu belassen – obwohl die Grenzwerte nach wie vor nicht an allen Messstellen eingehalten wurden.

(Quelle)

Und wie macht die Boulevardpresse ihre Schlagzeilen? “Schlappe der Stadt vor Gericht”, “Diesel-Drama”, “Neue Fahrberbote”.

Ich sehe hier dasselbe Muster, mit dem die Klimakatastrophe populistisch behandelt wird: Als Problem geschildert werden nicht die lebensbedrohlichen Auswirkungen des Klimawandels, sondern mögliche Einschränkungen durch Gegenmaßnahmen. Das halte ich für verantwortungslos.

Zu Hause erst mal Fenster und Balkontüren geöffnet, Wäsche aus der programmierten Maschine aufgehängt, eine Runde Yoga-Gymnastik geturnt (zum ersten Mal dieses Jahr noch bei Tageslicht), Wasser des wässernden Stockfischs erneuert. Dann kochte ich Fusseloni, rührte reichlich Joghurtsauce, schnippelte Gurke, rote Paprika, Kirschtomaten, Ruccola und vermischte das (kein Nudelsalat!). Ich aß alles auf. Und schob Schokolade hinterher. Ja, war zu viel, aber ich habe jeden Bissen genossen.

Nichts davon könnte ich oder würde ich nicht auch mit anwesendem Herrn Kaltmamsell tun, doch hin und wieder genieße ich diese andere Art des Entspanntseins, die ich nur allein erreiche.

Und dann ging ich NOCH früher ins Bett zum Lesen! Larissa Kikols Signed über ihre Recherche zu und Begegnungen mit illegalen Graffiti-Künstler*innen ist in einem Blog-Tonfall geschrieben, der mir sehr gut gefällt, und liest sich angenehm süffig.

Journal Sonntag, 17. März 2024 – Elterntag mit Wildpark

Montag, 18. März 2024

Ich schlief bei meinen Eltern gut, nicht lang genug. Plan war, Herrn Kaltmamsell morgens heimzuschicken, damit er arbeiten konnte, ich würde den Vormittag mit meinen Eltern verbringen. So machten wir das dann auch.

Nach gemütlichem Kaffeetrinken und Ratsch sowie Update zum Gesundheitszustand (nicht völlig beruhigend) machten wir einen Ausflug zum Ingolstädter Naherholungsgebiet Nr. 1: Baggersee. Dass er nicht mal mehr im Sommer wirklich genutzt wird, wusste ich (hier eine Momentaufnahme aus meiner Kindheit in den 1970ern), statt Baggersee machen die Leute eher Kurzurlaub am Gardasee oder Mittelmeer. Ich glich Erinnerungen an Badezeiten am Baggersee mit denen meiner Eltern ab.

Manchmal war es sogar sonnig, ansonsten eher April. Doch frieren mussten wir nicht. Ich freute mich sehr über die blühenden Büsche, die grünenden Bäume – und über den Abstecher ins Wildgehege.

Kooperation Biber-Schnee.

Auf der Tonspur hier bitte Bienensummen vorstellen. Dahinter badeten im See gerade zwei Herren.

Wir bogen zum Wildgehege ab.

Hirsche

Wisente

Wildschweine – die Trias meiner Kindheitsspaziergänge in dieser Gegend.

Nach nicht mal fünf Kilometern ist man rum um den Baggersee. Oder lässt sie bleiben.

Zu meiner Kindheit ging es hier ins Fischerheim, heute heißt das Ausflugslokal Seehaus.

Ingolstadt ist dann doch eher übersichtlich, vor allem für Leute, die seit vielen Jahrzehnten hier wohnen: Wir trafen unterwegs zweimal Freunde meiner Eltern.

Auf dem Heimweg hielten wir noch kurz an der Antoniusschwaige.

Hier kann man sich zum Eierkauf gleich bei den diese legenden Hennen bedanken.

Meine Mutter hatte Mittagessen vorgekocht: Es gab Pollo en pepitoria, eine Variante unseres Familienrezepts (geröstete Pinienkerne statt Haselnüssen) – ganz ausgezeichnet.

Jetzt nahm auch ich einen Zug zurück nach München, problemlose Heimreise. Zu Hause machte ich mich umgehend an die Zubereitung des Abendessens, für das ausnahmsweise ich zuständig war: Der Ernteanteil hatte reichlich Topinambur enthalten, ich erinnerte mich an ein Rezept aus Ottolenghis Jerusalem: Hähnchen (kann man ja nun wirklich zweimal am Tag) mit Topinambur und frischem Estragon. Die Zutaten sollten mindestens zwei Stunden marinieren, also musste ich mich ranhalten.

Dann hatte ich noch Zeit für Häuslichkeiten und eine Runde Yoga-Gymnastik.

Das Topinambur-Estragon-Hähnchen gelang mir sehr gut und schmeckte wunderbar: Eines der Ottolenghi-Rezepte mit einer Halbmeter langen Zutatenliste – die völlig berechtigt ist. Und ganz anders als das Mittagessen.
Nachtisch reichlich Süßigkeiten.

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Les Ballets Trockadero de Monte Carlo gibt es sein 50 Jahren, vielleicht haben sie Videoclips der Herren in Tutus, die die russische Ballett-Tradition recht untraditionell hochhalten, schon mal gesehen. Auf arte eine Doku von 2020, aus der ich unter anderem erfuhr, dass die New Yorker Kompagnie eine der vielen Folgen des Stonewall-Aufstands ist, als sich Schwule, Lesben und andere LGBTQ-Menschen die ständigen Razzien der Polizei und andere Schikanen nicht mehr gefallen ließen und sich wehrten. Aber auch, welche Schneise auch hier die schreckliche AIDS-Pandemie schlug.
Noch bis 7. Juni in der arte-Mediathek:
“Ballerina Boys”.

via joel.lu

Journal Freitag, 15. März 2024 – Ein ganzer Urlaub an einem Abend im Dantler

Samstag, 16. März 2024

Die Nacht unterbrochen von Draußenlärm, ich schloss das Fenster zur eigentlich willkommenen Nachtluft schon um halb zwei. Weckerklingeln wieder nach gefühlt zu wenig Schlaf.

Der Morgen war etwas gemächlicher als sonst, ich hatte um acht erstmal einen Termin bei der Zahnärztin in Schwabing. Die U-Bahn brachte mich zur Münchner Freiheit, für den restlichen Fußweg war ich in milder Luft mit leichter Jacke richtig angezogen.

Frau Dr. dent. musste nur eine Füllung ersetzen, ich hatte Zeit für ein wenig Plaudern mit der Ärztin. (Wie ungewohnt und erleichternd es ist, wenn sich mal jemand über die vielen Verbesserungen im Münchner Straßenverkehr der jüngsten Jahre freut und nicht erst die verbliebenen Missstände nennt!)

U-Bahn mit Umsteigen am Odeonsplatz, Pandemiemaßnahmenspuren.
Ins Büro kam ich nur eine gute Stunde später als sonst.

Für Mittagscappuccino marschierte ich ins Westenend und stellte mich in der kleinen Schlange an. Als ich dran war, stellte Herr Barista mir bereits wortlos meinen Cappuccino hin, ich so: “Echt?” Jetzt muss sich erweisen, ob ich so viel Gekanntwerden aushalte.

Mittagessen: Apfel, Kimchi, Granatapfelkerne mit Joghurt und Mohn – diese Kombination ergab später interessante Rülpserchen. (Andererseits: Kimchi macht in jeder Kombination interessante Rülpserchen.)

Ruhiges Arbeiten, ein wenig überschattet von Familiensorgen, die sich erst nach Feierabend lösten. Draußen wurde das Wetter aprilig, gegen Arbeitsende gab es mehrere Regenduscher. Obwohl sich am Himmel weiterhin schwarze Wolken türmten, beschloss ich, dem Regenradar zu glauben, nach dem das Regengebiet nördlich von München verbeizog. Was ungefähr so vernünftig war, wie einem Navi mit dem Auto auf Feldwege Richtung Klippen zu folgen. Zur Strafe rannte ich nach Wochenend-Einkäufen im Vollcorner in prasselndem Regen von Unterstand zu Unterstand (kam an dem an der Wirtschaft Bad ins Plaudern mit einer Frau in ähnlich buntem Beinkleid wie ich, wir komplimentierten einander).

Abends war ich mit Herrn Kaltmamsell zum ganz feinen Essen verabredet, wir freuten uns seit Wochen auf unseren Tisch im Dantler. Es ist immer ein Erlebnis (und das lange Warten auf einen buchbaren Tisch wert), wohin sich die ambitionierte Gastronomie um Jochen Kreppel und Maximilan Süber entwickelt hat. Wir verbrachten einen wunderbaren Abend, die werden hier tatsächlich immer besser <3

Zum Festhalten: Das Menü dieses Abends.

Da ich die Weinbegleitung durchhalten wollte, nahm ich einen Aperitif ohne Alkohol: Eine beerige Limonade mit festem Beerenschaum, hervorragend. Und genoss schon mal das frische, kuchige Brot des Hauses mit Zitronenbutter.

Frühlingskräuterschaumsüppchen mit Erbsen, Pistazienkrokant, Crostini – wunderbar aromatisch und erbsig. Dazu ein ungewöhnlicher Chardonnay, nämlich ein unholzig wuchtiger Ehrenhausen Ewald Zeytick Südsteiermark 2021.

Der Stand der Möhre: Die gibt’s immer, und Jochen erzählte später, dass man daran die Entwicklung am besten nachvollziehen kann. Gestern also: Bundmöhrchen gegrillt mit Salzzitrone, Nussbutter, Macadamiacrunch – ich nahm mir vor, die nächsten Ernteanteilmöhren gezielt mit Haselnussmus zu kombinieren, denn das funktioniert super. Dazu die weiße Cuvée Giesinger Berg, die Jochen zusammen mit Claus Preisinger entwickelt hat (die ich über die Wir2liebenWein bereits probiert hatte, über die sich, wie ich auf Nachfrage erfuhr, das Projekt auch ergeben hatte) – und die sich mit der Karotte hervorragend verstand.

Seeforelle vom Gutshof Polting gehackt und roh mariniert mit Radi, Ingwer, Gurke, Wasabikürbiskernen, Saiblingskaviar – mein Lieblingsgang des Abends mit seiner wunderbaren Frische. Der Riesling Saar van Volxem Mosel 2014 (wie mir erklärt wurde, aus sieben Lagen gemischt) passte perfekt und schmeckte mir auch unabhängig davon sehr gut.

Das Wandbild, an dem ich auf dem Weg zum Klo vorbeikam, verrät die Vorliebe Jochens.

Es ging weiter mit Forelle kross in Mandelbutter mit Kohlrabi, Puffbohne, Fette Henne, Zitrussud – vor allem mit dem Sud verstand sich allerbestens der Wein dazu: Weißburgunder K3 (weil aus drei Lagen) Ewald Zeytick Südsteiermark 2021. Und die nächste Fette Henne, der ich beim Wandern begegne, wird nun definitiv mitgenommen und zubereitet.

Der Fleischgang: Flache Schulter vom Rind geschmort mit Schwarzwurzel und gerösteten Knöpfle, superzartes Schmorfleisch, wie ich es liebe, die Schwarzwurzel machte mir nichtmal was aus. Wein dazu: Rote Cuvée Hausmarke Moric Burgenland 2022 (laut Erklärung aus verschiedenen Jahrgängen abgestimmt), sehr fein.

Wir entschieden uns für einen süßen Abschluss, dennoch stellte Jochen uns zum Probieren drei ganz wunderbare Käse auf den Tisch mit Crostini und ein wenig super Wasabihonig, schenkte zum Probieren dazu einen Giesinger Berg Naturwein Rosé ein – der mit dem Blauschimmelkäse Walzer tanzte und einen fast betörenden Rosenduft verströmte, Hammer. (Foto vergessen.)

Als Dessert-Einstieg ein Maracuja-Stamperl mit Brause-Krümeln.

Und dann der Beweis, wie edel Kokos schmecken kann: Ananas in Vanillesud, Kokosnusseiscreme, Kokosgranola. Statt dem Dessertwein auf der Karte trat Herr Sommelier heran und schenkte mir eine ganz helle Spätlese ein, die passe noch besser – und er hatte sowas von recht. Wieder mal nahm ich mir vor, gezielt nicht trockene Weine zu trinken: Die kommen im Idealfall in Geschmacksregionen, die trockene nicht erreichen können.

Wirklich gutes Essen, so liebevoll und sorgfältig zubereitet, serviert, kombiniert macht mich immer noch glücklich. Ich wünsche dem Dantler noch ganz lange Freude daran – von der ich wiederum profitieren kann.

Warten auf die U-Bahn nach Hause mit Betrachtung der Taube, die offensichtlich auf dem Bahnsteig Silberhornstraße wohnte (städtisches Wildlife immer Beachtung wert). Der Abend hatte auch der Partnerschaft mit Herrn Kaltmamsell gut getan, wir waren ins Reden gekommen, ich hatte mehr Details seiner dritten Woche am neuen Arbeitsplatz erfahren.

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Jajaja, die Studie wurde von Vattenfall in Auftrag gegeben. Aber ich liebe schon die Überschrift:
“Studie zeigt: Vögel können Rotorblättern von Windrädern ausweichen”.

Immer wieder wird als Argument gegen den Bau von Windkraftanlagen die Gefahr, dass Vögel mit den Rotorblättern von Windkraftanlagen kollidieren, angeführt. Eine neue Studie des Energiebetreibers Vattenfall zeigt, dass Seevögel vor der britischen Küste den Rotorblättern von Windkraftanlagen besser ausweichen können als bisher angenommen.

Forscher:innen haben das Verhalten der Vögel in der Bucht von Aberdeen in der Nordsee an der schottischen Ostküste über einen Zeitraum von zwei Jahren mithilfe von Radaranlagen und Kameras beobachtet.

Während der Studie wurde kein einziger Zusammenstoß zwischen einem Vogel und einem Rotorblatt registriert.

Ich bin der Studie und ihren Belegen sehr dankbar. Bislang fiel mir nur beim Wandern auf, wie keine toten Vögel ich rings um Windräder sah. Aber das war ja anekdotisch.

Dass Greifvögel nicht durch Windräder gefährdet werden, weiß man das schon seit zwei Jahren.
“Neue Windenergie-Studien: Entwarnung für Rotmilane?”

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Leider habe ich mich vom Techniktagebuch weiter entfernt als gewünscht, ich schaffe die Mitarbeit nicht mehr – was lediglich bedeutet, dass mir andere Dinge offensichtlich wichtiger sind. Hier zumindest zum Nachlesen:
“10 Jahre Techniktagebuch”.

Journal Dienstag, 12. März 2024 – Ackern für freien Tag

Mittwoch, 13. März 2024

Trotz gutem Nachtschlaf in tiefe Müdigkeit geweckt worden. Was mich aufmunterte: Ich hatte am Montag Gleitzeitausgleich für Mittwoch eingereicht und würde einen freien Tag haben – den ich ja mit Schlaf verbringen konnte! (as if)

Der Morgenhimmel auf dem Weg in die Arbeit war noch erfreulich hell, dann wurde das Wetter immer grauer.

Anstrengender Vormittag, aber mit Lösungen. Mittags lief ich raus, um in einer vertrauenswürdig aussehenden kleinen Metzgerei in der Gollierstraße Blut- und Leberwürste fürs Abendessen zu kaufen. An einer Tafel wurde auch frische Surhax((Norddeutsch: Eisbein)) angeboten, die hätte ich gern dazugenommen, doch sie stellte sich als warme Brotzeit heraus. Ein paar Schritte weiter ging ich schräg gegenüber auf einen Cappuccino.

Mittagessen war eine gelbe Kiwi (diesmal wieder geschält) und Blaukrautsalat vom Vorabend.

Viel Arbeit am Nachmittag, überraschend mühsam, weil ich so müde war. Außerdem hätte ich viel lieber das Schauspiel vor meinem Bürofenster verfolgt: Auf einer sehr neu aussehenden Hebebühne (“MingaLift”, gnihihi) standen zwei Männer in nigenagelneuer Berufskleidung/Sicherung und checkten die kürzlich montierten Außen-Jalousien.

Aber es half nichts: Ich hatte ja den Mittwoch frei genommen und konnte nichts dorthin schieben, also musste ich durchackern, um alles fertig zu bekommen (schlimme Erinnerungen an Zeiten, in denen fast jeder Arbeitstag so aussah).

Später Heimweg durch unangenehme Kälte, es tröpfelte leicht.

Zu Hause Yoga-Gymnastik: Ich geriet an die Folge, in der Adriene irritierenderweise bei einer langen Sequenz die zweite Seite vergisst. Video angehalten, andere Seite eigenständig geturnt, Video wieder gestartet.

Nachtmahl auf der Basis des Ernteanteil-Sauerkrauts:

Blut- und Lebernwurst schmeckten ok, die Blutwurst enthielt erfreulicherweise Speckwürfelchen. Und ich überlegte, ob man heutzutage als Migra die Integriertheit in die deutsche Leitkultur wohl eher mit Veganismus beweist oder mit Sauerkraut, Blut- und Leberwurst?

Nachtisch Schokolade, früh ins Bett zum Lesen.

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Jahreszeitliches:
“Als Muslime zu Ramadan im Kölner Dom beteten”.

Im Jahr 1965 feierten türkische Gastarbeiter das Ende des Ramadan im Kölner Dom – mit kirchlichem Segen. Über einen Akt religiöser Toleranz vor fast 60 Jahren

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dasnuf hat sich interessante und ernsthafte Gedanken über den Ursprung eines Klischees gemacht, von dem ganze Generationen von Comedians leben:
“Meckernde Frauen”.

Journal Montag, 11. März 2024 – Naomi Alderman, The Future

Dienstag, 12. März 2024

Guter Schlaf, einmal unterbrochen durch eine laut und wirr rufende Männerstimme vorm Schlafzimmerfenster.

Der Morgen sonnig und knackig kalt.

Die Magnolien ganz kurz vorm Platzen.

Emsiger Vormittag, die Sonne und der blaue Himmel vorm Fenster machten sich dennoch hervorragend. Mittagscappuccino bei Nachbars.

Zu Mittag gab es dann Hüttenkäse, außerdem Granatapfelkerne mit Joghurt und Mohn. Und ein wenig Nachlesen der Oscarnacht, auch dieses Jahr war mir die Anstrengung des Live-Guckens zu groß im Verhältnis zu den wenigen selbst gesehenen Filmen. Ich freute mich über die Oscars für Poor Things: Hauptdarstellerin Emma Stone, Bestes Szenenbild, Beste Kostüme, Beste Maske – fehlte nur der Oscar für bestes adaptiertes Drehbuch. Allerdings kann ich den Gewinner in dieser Kategorie, American Fiction, nicht beurteilen, weil halt nicht gesehen.

Der Nachmittag wurde ein wenig stressig, weil Dinge kompliziert waren und ich sie nicht allein lösen durfte, sondern abstimmen musste. (Ich erkenne inzwischen SO klar, dass ich keine Team-Playerin bin.) Außerdem ein seltsamer Abschied.

Auf dem Heimweg (immer noch recht frisch, ich war dankbar um Mütze und Handschuhe) ein paar Supermarkt-Einkäufe.

Kaiser-Ludwig-Platz

Zu Hause eine Runde Yoga-Gymnastik, tat sehr gut. Als Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell das Ernteanteil-Blaukraut auf meinen Wunsch zu Rohkostsalat mit Feta verarbeitet (doppelt so viel Blaukraut, doppelt so viel Feta). Ich hatte mich den ganzen Tag schon darauf gefreut, schmeckte auch wundervoll. Nachtisch Schokolade.

Im Bett die nächste Lektüre, wieder eine vorzeitig verfügbare Vormerkung in der Münchner Stadtbibliothek: Wolf Haas, Eigentum.

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“Katja Diehl: ‘Wir zahlen für die Autos der Anderen. Ist das gerecht?'”

Wir müssen dieses Narrativ von „wir müssen alle mitnehmen“ hinterfragen. Mein Eindruck ist: Wir tun so, als wenn der jetzige Zustand der Garten Eden ist, in dem es allen gut geht. Und dann kommen diese Leute und wollen uns die Autos wegnehmen. Das stimmt aber einfach nicht.

(…)

Menschen in Armut spielen immer dann eine Rolle, wenn die Benzinpreise steigen oder ähnliches. Ansonsten kümmert man sich aber nie um sie. Dann hätten wir ja zum Beispiel die Gehälter in der Pflege deutlich erhöht. Warum verdienen Menschen in der Pflege so viel weniger als Menschen, die ein Auto herstellen? Es geht dabei nicht darum, die Armut in Deutschland zu beenden. Wir kümmern uns darum, die Autoabhängigkeit aufrecht zu erhalten.

In den Kommentaren habe ich für Sie schonmal vorgearbeitet.

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Naomi Alderman, The Future.

Der Roman spielt in einer nahen Zukunft, in der die Klimakatastrophe deutlich weiter fortgeschritten ist, und dort zum einen in der Welt der Online-Milliardäre (Amazon, Apple/Microsoft und Facebook/Twitter sind recht klar hinter den drei Techno-Unternehmen mit Weltmacht zu erkennen), zum anderen in der Welt der Prepper, die sich auf ein Überleben der Apokalypse vorbereiten. Die beiden zentralen Figuren sind Martha Einkorn – die engste Mitarbeiterin eines dieser Online-Milliardäre, die als Jugendliche der Weltuntergangs-Sekte entkam, in der sie aufgewachsen war – und Lai Zhen, eine junge Survivaltechnik-Influencerin und -Journalistin, die die Zerstörung ihrer Heimatstadt Hongkong überlebte.

Das Genre ist speculative fiction, das what if lautet:
1. Was, wenn der direkte und indirekte Einfluss von Online-Plattformen auf menschliches Verhalten durch subversive Kräfte konstruktiv und zum Guten genutzt würde?
2. Was, wenn Künstliche Intelligenz durch Zugriff auf wirklich alle Echtzeit-Daten hinter diesen Online-Plattformen zur wichtigsten Lebensrettungstechnik würde?

Das 2. wird am Ende mit einer Pointe beantwortet, die mich besonders amüsierte.

Die Handlung wird nicht chronologisch erzählt: Sie fängt gleich mal mit dem Weltuntergang an und blendet von dort in verschiedene Zeiten zurück. Die Wirkung dieser Nicht-Linearität fand ich anfangs etwas verwirrend, doch damit werden Effekte erzielt, die anders nicht zu erreichen wären.

Die Erzählinstanz ist offensichtlich in der Online- und Computerwelt daheim: Zum einen erinnern viele Passagen, vor allem die mit Action, an Ego-Shooter-Perspektiven. Zum anderen, und das gefiel mir gut, spielen Online-Foren eine große Rolle, aus einem wird immer wieder in eigenen Kapiteln zitiert. Die Schilderung menschlicher Interaktionen in solchen Online-Foren deckt sich mit meinen Erfahrungen: Sie werden mit Respekt abgebildet und ernst genommen. Unter anderem wird realistisch erzählt, wie aus der Mischung aus fachlichem und zwischenmenschlichem Austausch richtig große Dinge entstehen können. Und an einer Stelle sorgen sich Forumsmitglieder um eines, dem es nicht gut zu gehen scheint, jemand kümmert sich und sieht nach – auch das habe ich mehrfach erlebt. Für mich war das der erste Roman, in dem ich diese Realität literarisch verarbeitet las.

Das Ergebnis gefiel mir insgesamt sehr gut, unter anderem weil die Handlung viele spannende Technikeinsätze schlüssig durchspielt. Die Grundidee trägt meiner Ansicht nach allerdings nicht so gut durch einen ganzen Roman wie die von Aldermans Meisterwerk The Power. Und er enthielt mir ein paar besinnliche Belehrungen zu viel.

Ich rate dazu, keine Besprechungen des Romans vor der Lektüre zu lesen: Der Plot enthält einige Überraschungen und Wendungen, die man sich dadurch verderben würde.
Danach empfehle ich die Besprechung von Ian Wang in der New York Times:
“In ‘The Future,’ Earth Barrels Toward Fiery Destruction”.

Außerdem die von Stephanie Merritt im Guardian:
“The Future by Naomi Alderman review – survival of the fittest”.

Und die von Ilana Masad in der Los Angeles Times:
“In ‘The Future,’ as in the present, it’s billionaires vs. cult leaders vs. influencers”.

Hier außerdem ein Feature über Naomi Alderman:
“Novelist Naomi Alderman: ‘When I’m feeling distressed I go very intellectual. Which is a defence’”.
(Das Zitat in der Überschrift? It me.)


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