Essen & Trinken

Journal Freitag, 24. Januar 2025 – Der Arbeitswoche entkommen

Samstag, 25. Januar 2025

Gut geschlafen, Sekunden vor Weckerklingeln aufgewacht.

Nächtlicher erhöhter Blick über eine Straßenkreuzung gesäumt von kahlen Bäumen auf ein modernes, mehrstöckiges Gebäude mit erhellten Fenstern, in der obersten Reihe zwei davon grell grün

Der Blick rüber in die Klinik verriet: Gestern kam ein Baby in grünem Licht zur Welt (klein Shrek?).

Düsterer Weg in die Arbeit. Die Luft fühlte sich gar nicht frostig an, doch ein winziges Rutschen machte mich darauf aufmerksam, dass der Boden glatt war – dann sah ich auch das Glitzern im Licht der Straßenlaternen.

Nachgeholte Geschichte vom Arbeitsweg am Dienstag (beim abendlichen Bloggen vergessen):
Der mit voller Power aus beiden Lungenflügeln singende Tenor, der die Theresienwiese längs querte. Da wusste jemand um die interessante Akkustik dieses Geländes! Doch was in meinen Ohren von Ferne wie eine Opernarie klang, glich beim Näherkommen (ich kreuzte die Theresienwiese im rechten Winkel zu seinem Pfad) immer mehr dem Gesang in Rock- oder Pop-Hymnen, weiter allerdings nicht identifizierbar. Als ich mich von den Tönen wieder entfernte, vermutete ich, dass er zu Musik aus Kopfhörern sang. Bis zuletzt sicher war ich aber: Ein Tenor.

Zurück zu gestern: Freundliches Wetter, in einer ganzen Menge zackiger Arbeit freute ich mich sehr auf einen Mittagscappuccino im Westend.

Die runden, sonnenbeschienenen Backsteinmauern einer Kirche vor blauem Himmel mit Wolken, darüber ein niedriger runder Kirchturm

St. Rupert

Auf einem tiefen, dunklen Holz-Fensterbrett eine Tasse Cappuccion, vor dem Schaufesnter eine schmale Altstadtstraße, über den Häusern blauer Himmel mit weißen Ackerfurchenwölkchen

Die Luft passte zum hübschen Himmel, mild und duftig

Mittagessen Äpfelausschnitte (ich entdeckte, dass zwei weitere Exemplare meines Markt-Einkaufs am Donnerstag eindeutige Spuren eines harten Falls hatten, insgesamt also über die Hälfte der zwei Kilo), Hüttenkäse.

Der Arbeitsnachmittag etwas ruhiger, dennoch kam ich nicht ganz so früh in den Feierabend wie geplant. Draußen war es aber immer noch richtig hell, ich genoss den Heimweg durch die allmähliche Dämmerung über ein paar Einkaufsstationen (Edeka, Aldi, Vollcorner, Balkanbäckerei).

Zu Hause Maniküre, Yoga-Gymnastik (eine Rumpf-Einheit), dann stieß ich mit Herrn Kaltmamsell auf das Wochenende an:

Blick von oben in ein Glas auf einer Holzfläche, darin klar Flüssigkeit, halb gescmolzene Eiswürfel, Orangenstückchen

Gin Tonic, genau das Richtige.

Als Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell Miesmuscheln besorgt und geputzt, ich garte sie mit Knoblauch, Tomate, Petersilie.

Schräge Aufsicht auf einen gedeckten Tisch mit zwei weißen Tischsets, darauf tiefe Teller voll Miesmuscheln, und zwei gefüllte Weiweingläser, ein eckiger Korb mit Stücken Weißbrot, in der Mitte eine leere Glasschüssel

Die kleinsten Miesmuscheln, die ich je auf dem Teller hatte (rechts außerhalb des Bilds der Topf mit noch zweimal so vielen wie auf unseren Tellern), sie scheinen von Jahr zu Jahr kleiner zu werden. Das Essen fühlte sich ein wenig wie das von Pistazien an, wir hielten uns erst gar nicht mit Besteck auf.

Dazu ein österreichischer Fidesser Platter Sauvignon Blanc, eigens dazu besorgt, weil wir keinen Weißwein im Bestand hatten, den ich mir zu den Muscheln vorstellen konnte. Allerdings erwies sich auch dieser als nicht wirklich passend mit seiner dominanten Würze (ich hatte auf die Säure gehofft, die ich als typisch für österreichische Sauvignons abgespeichert hatte) – schmeckte aber sehr interessant.

Nachtisch Schokolade. Im Fernsehen ließen wir Suicide Squad laufen – ich hatte völlig vergessen, wie hochkarätig der besetzt war.

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Erster “Logoff”-Newsletter – den ich zunächst nicht als solchen erkannte, denn weder die Absendeadresse noch der Betreff enthielten diesen Begriff. Diese Marotte hat seit einiger Zeit auch der Guardian bei den Mails und Newslettern, die ich dort abonniert habe: Weder Absendeadresse noch Betreff enthalten auch nur das Wort “Guardian” (sondern Name Autor*in und Schlagzeile) – die ersten Mails nach diesem System hatte ich prompt als vermeintlichen Spam gelöscht. Lassen Sie das!

Dieser erste “Was Trump gestern angerichtet hat”-Newsletter konzentrierte sich darauf, dass das US-amerikanische Justizministerium das Monitoring von diskriminierenden Handlungen der Polizei beendet hat und damit den zentralen Teil der Polizeireform, die 2020 von den Black-Lives-Matter-Protesten ausgelöst wurde.

Das ist wichtig – nicht die erwartbare Freakshow, die Trump mit seinem Bildschirm-Auftritt auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos lieferte und die die meisten Medien dominierte.

Der Newsletter beleuchtete den Schwenk des Justizministeriums unter den Aspekten “Is this normal?” (Antwort in diesem Fall sogar: Ein bisschen. Auch das ermüdete mich ja in der Trump-Berichterstattung vor acht Jahren: Es wurde kaum differenziert, was bei einem Regierungswechsel üblich ist und was reine Willkür. Dass das die Unkenntnis der Berichterstattenden entlarvte, schien sie nicht zu stören.), “Why does it matter?” und “What’s next?” – das gefällt mir schon mal.

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R-Wert, Inzidenz – erinnern Sie sich an diese Begriffe, die eine lange, schlimme Zeit Alltag waren? Der Deutschlandfunk spricht eine knappe Stunde lang mit dem Virologen Christian Drosten über die Corona-Pandemie, die vor fünf Jahren begann. Unter anderem rekapituliert er, wie das Virus funktionierte, erinnert sich an die (bis heute missverstandene) Wechselwirkung Wissenschaft, Wissenschaftskommunikation, Politik, Medien.
“Virologe Christian Drosten: ‘Die Realität war nicht zu verhandeln'”.

Journal Mittwoch, 22. Januar 2025 – Eigentlich nichts zu erzählen

Donnerstag, 23. Januar 2025

Der Wecker riss mich aus tiefem Traum, ich wechselte nur unwillig ins Wachsein und einen weiteren Arbeitstag. Der zumindest hell und freundlich dämmerte.

Es blieb hell und freundlich, wenn auch nicht richtig sonnig. Dass es nach Winter roch, verifizierte ich beim Spaziergang zur Nachbar-Cafeteria für Mittagscappuccino mit Kollegin.

Mittagessen Apfel, Mango (mittel) mit Sojajoghurt.

Geschäftiger Nachmittag, aber das Draußen blieb erfreulich hell. Aussicht auf Turbulenzen in der restlichen Arbeitswoche.

Nach Feierabend direkter Weg nach Hause, es gab nichts einzukaufen. Daheim Yoga-Gymnastik, Brotzeitvorbereitung.

Eine Glasschüssel mit Glasnudeln, Garnelen, Korianderblättern, roten Chilistückchen

Herr Kaltmamsell servierte als Nachtmahl Glasnudelsalat mit Garnelen und Soja-Hack, sehr gutes Abendessen. Nachtisch Hutzelbrot und Schokolade. Im Gegensatz zu mir hatte Herr Kaltmamsell einiges aus der Arbeit zu erzählen.

Früh ins Bett zum Lesen.

Der blöde rechte Zeigefinger ist immer noch nicht verheilt. Die Haut an seiner Spitze war vor über einer Woche aufgeplatzt, wie ein Schnitt – das habe ich an Daumen und Zeigefinger inzwischen regelmäßig alle ein, zwei Jahre. Dann tut das höllisch weh und behindert die Nutzung des Fingers massiv (Handschreiben, Tastatur-Tippen, Scrollradeln, Zahnseideln – letzteres am schlimmsten). Und die Wunde heilt extrem langsam, das bin ich Schnellheilerin überhaupt nicht gewohnt. Aber ich bin ja auch nicht gewohnt, dass eine Wunde ohne äußere Einwirkung einfach auftaucht wie dieser Schlitz in der Fingerspitze.

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Was mit “Beugen Sie sich nicht der Macht” gemeint ist, führte Bischöfin Mariann Edgar Budde bei der Inauguration am Montag vor: Sie bat Donald Trump ins Gesicht um Gnade für unterdrückte Menschen.

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https://youtu.be/5-Z_UAkE-Ss?si=KIHMUHq4BbsNWIEJ&t=20

Trump möchte jetzt dafür eine Entschuldigung, doch man muss es doch zumindest versuchen. Und an einem weiteren Gebot festhalten: Nein, sein Verhalten ist in keiner Weise in Ordnung, in meinem Wertesystem ist und bleibt es verwerflich. (Ich erinnere mich mit geradezu Amüsement daran, wie die Süddeutsche vor acht Jahren zunächst versuchte, über Trumps Verhalten neutral und mit Respekt vor dem Amt des US-Präsidenten zu schreiben, als sei nichts daran unerhört. Das tut sie zum Glück nicht mehr.)

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Es braucht mehr Cary Grant in der Welt. Hier können Sie Michael Caine über ihn hören, und einen Zusammenschnitt schönster Aufnahmen sehen (endlich mal mit welchen aus Arsenic and Old Lace).

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://www.youtube.com/watch?v=PDBY0A4JnTs

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Und die Welt braucht mehr Judy Garland, diese Jahrtausend-Begabung mit dem so unglücklichen, kurzen Leben.

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https://www.youtube.com/watch?v=zFVxX3RtyhQ

Ich empfehle auch die Hintergrunderläuterungen unterm Video. (Muss mal wieder Tal der Puppen lesen.)

Journal Dienstag, 21. Januar 2025 – Dienstagsalltag und Nachrichtenwelten

Mittwoch, 22. Januar 2025

Gute Nacht, in einer leichteren Schlafphase löste ich ein Arbeitsproblem (zumindest zum Teil), aufgewacht mit dem Gedanken “two down, three to go!” (Arbeitsmorgen gemeint).

Nebelreste über der Theresienwiese, die Raureif hinterließen und das Weiß der verbliebenen Schneeflecken verstärkten. Über den Vormittag wurde es sonnig.

Mittagscappuccino in der Nachbar-Cafeteria (beim eigenen Arbeitgeber derzeit wieder Gerüchte um Neustart der eigenen Cafeteria in wenigen Wochen), anschließend Einkaufs-Abstecher im Lidl.

Zu Mittag gab es es Apfel, Avocado, Muesli mit Joghurt.

Nachmittag mit Besprechungen und Wegarbeiten, draußen weiter sonnig. Ich ließ es nicht zu spät werden, denn ich wollte noch zu Öffnungszeit ins Kräuterparadies an der Blumenstraße, Kräuterteevorräte fürs Büro auffüllen.

Eine handgeschriebene Tafel auf einem nächtlichen Gehsteig neben den beleuchteten Schaufenstern einer Weinhandlung: "Dry January? 10 % auf alle trockenen Weine"

Unterwegs Dry January auf Glockenbachviertelart.

Im Kräuterparadies war ich rechtzeitig, um einen mir bereits bekannten Tee zu kaufen und mich zu einem neuen beraten zu lassen. Etwas mit Kamille im Mittelpunkt (wie gewünscht) konnte man mir dort zwar auf die Schnelle kurz vor Ladenschluss nicht geben/mischen – doch wir einigten uns auf einen kräftigen Gewürztee, zu dem ich eine Portion Kamille mitnahm, um sie selbst unterzumischen.

Daheim Eltern-Telefonat mit interessanten Berichten und Plänen. Dann Abendessenzubereitung: Ein Glas Apfelmus musste weg, also machte ich Kaiserschmarrn, bezwingende Logik.

Eine Pfanne auf einem dunklen Heizfeld, in der Pfanne ein gebräunter Pfannkuchen mit Holzspatel

Aufsicht auf eine große, weiße Servierplatte mit einem Haufen Kaiserschmarrn

Geriet hervorragend. Nur noch wenig Schokolade hinterher.

Durch Butterschmalz-und-Vanillezucker duftende Wohnung früh ins Bett zum Lesen, Nils Minkmar, Montaignes Katze nahm mich mit in ein lang vergangenes Frankreich mit vielen, aber nicht aufdringlichen historischen Details.

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Ich spüre starke Sehnsucht nach einer Nachrichtenwelt, in der ich alle 24 Stunden eine Zusammenfassung bekomme: Was Donald Trump heute angerichtet hat. Statt 24 Stunden lang Bröckchen, Aufreger, apokalyptische Spekulationen, pessimistische Prognosen. Ich habe mich von den ersten vier Jahren US-Präsident-Trump-Berichterstattung noch nicht erholt.

§

Durchaus interessant finde ich Allgemeineres zu autoritären Systemen wie diese Liste von Carole Cadwalladr im Guardian:
“How to survive the broligarchy: 20 lessons for the post-truth world”.

via Buddenbohm & Söhne

Mich sprachen die Ratschläge an, ständig blitzten Erinnerungen an das Nazi-Regime auf und an Menschen, die eben nicht mitgelaufen sind und die, wären sie sehr viel mehr gewesen, das Grauen verhindert hätten. Unter anderem:

6 Do not kiss the ring. Do not bend to power. Power will come to you, anyway. Don’t make it easy. Not everyone can stand and fight. But nobody needs to bend the knee until there’s an actual memo to that effect. WAIT FOR THE MEMO.

7 Know who you are. This list is a homage to Yale historian, Timothy Snyder. His On Tyranny, published in 2017, is the essential guide to the age of authoritarianism. His first command, “Do not obey in advance”, is what has been ringing, like tinnitus, in my ears ever since the Washington Post refused to endorse Kamala Harris. In some weird celestial stroke of luck, he calls me as I’m writing this and I ask for his updated advice: “Know what you stand for and what you think is good.”

Meine Übersetzung:

6 Küssen Sie den Ring nicht. Beugen Sie sich nicht der Macht. Die Macht rückt Ihnen so oder so auf die Pelle, machen Sie es ihr nicht zu einfach. Nicht alle können die Stellung halten und kämpfen. Aber niemand muss das Knie beugen, bevor es die konkrete Anweisung dafür gibt. WARTEN SIE AUF DIE ANWEISUNG.

7 Machen Sie sich klar, wer Sie sind. Diese Liste ist eine Hommage an Timothy Snyder, den Historiker an der Universität Yale. Sein Werk Über Tyrannei, im Jahr 2017 veröffentlicht, ist der wichtigste Leitfaden für das Zeitalter des Autoritarismus. Sein erstes Gebot, “Gehorchen Sie nicht vorauseilend”, klingelt in meinen Ohren wie ein Tinnitus, seit die Washington Post Kamala Harris ihre Unterstützung versagte. Es ist ein glücklicher, aber schräger Zufall, dass er mich ausgerechnet anruft, als ich diesen Artikel schreibe. Ich bitte ihn um eine Aktualisierung seines Gebots: “Machen Sie sich klar, wofür Sie stehen und was Sie für richtig halten.”

Journal Montag, 20. Januar 2025 – Abgehakter Montag

Dienstag, 21. Januar 2025

Deutlich zu früh aufgewacht, Angstkarussel gefahren inklusive Bauch-Samba. Müde aufgestanden.

Aber der Weg in die Arbeit war unter klar-frostigem Himmel schön.

Bis zu meinem Mittagscappuccino hatte ich einiges weggearbeitet, es zog mich raus in die Sonne und ins Westend: Gute Entscheidung, es roch herrlich, eine Ahnung von Faschingsmilde.

Zurück im Büro nochmal ordentlich was weggepackt, als Mittagessen gab es eine kleine Avocado und reichlich Rote-Bete-Salat: Das Holzige biss sich überraschend angenehm knusprig.

Nicht weiter erwähnenswerter Arbeitsnachmittag, der Himmel bedeckte sich mit dekorativen Federwolken. Auf dem Heimweg im Vollcorner Lebensmitteleinkäufe.

Vor dem Wohnhaus begegnete mir das Internet und brachte Tulpen!

Auf einem dunklen Holztischchen eine Glasvase mit gelb-roten Tulpen

Quietschend frisch und wunderschön. Herr Kaltmamsell bekam vom selben Internet US-amerikanische Süßigkeiten. (Ein weiterer Beweis, dass mein Internet das beste von allen ist.)

Yoga-Gymnastik gestern überraschend anstrengend, das war mir grad recht.

Zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell das Trum Ernteanteil-Sellerie als panierte Schnitzel, dazu gabs nochmal Endiviensalat, diesmal mit Himbeeressig-Dressing.

Aufsicht auf einen Glasteller, darauf zwei Sellerieschnitzel, Majo und Ketchup, grüner Salat

Großartig, definitiv eines meiner Lieblingsgerichte. Nachtisch Schokolade.

Im Bett Marie Luise Kaschnitz, Das dicke Kind und andere Erzählungen ausgelesen. Mir gefielen die Geschichten gut, auch wenn sie sich ein wenig altmodisch lasen (aus den frühen 1950ern) und nach Deutschunterricht rochen – was deutschsprachige Geschichten in einer bestimmten Länge und nach dem Zweiten Weltkrieg geschrieben aber möglicherweise automatisch tun: Jede hat einen originellen Twist, eine ist fast märchenhaft nicht-realistisch erzählt (“Pax”), eine nimmt fast die Postmoderne vorweg (“Du, mein Held” – hier mochte ich auch das Setting in der kriegszerstörten Trümmerstadt), die Titelgeschichte “Das dicke Kind” ist der verstörte Blick, den man manchmal auf sein früheres Selbst wirft, diesen fremden Menschen, der zufällig denselben Namen trägt wie man selbst.

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Getarnte China-Shops sind wohl wirklich gerade ein großes Thema – das leider ein bisschen zu spät bei mir angekommen ist. Die deutsche Verbraucherzentrale bietet einen Fakeshop-Check an:
Fakeshopfinder.

Zu Wagner Mode München hätte ich dieses gefunden:


Journal Sonntag, 19. Januar 2025 – Guter Standardsonntag

Montag, 20. Januar 2025

Zu früh aufgewacht. Beim Versuch wieder einzuschlafen bearbeitete mein Hirn ängstlich Arbeitsthemen, mit durchaus produktiven Ergebnissen, dann fiel mir ein, dass mir das nicht als Arbeitszeit bezahlt wird und ich stand lieber auf.

Das Draußen hielt sich an die Wettervorhersage, es tagte zu klarem Himmel und Frost.

Erhöhter Blick in einen sonnigen Park mit kahlen Bäumen, auf dem Boden ein wenig Schnee, im Vordergrund eine Straße mit parkenden Autos

Nach gemütlichem Morgen machte ich mich fertig für einen Isarlauf, gestern war nördlicher Englischer Garten geplant.

Angeschnitten ein moderner Kirchenbau, davor ein breiter Gehweg, an dessen vorderer Rand ein Flughafen-Gepäckwagen mit oranger Vorderwand mit Schrift zug "Genussfahrer"

Fett Respekt für den kleinen Gepäckwagen, der es vom Flughafen Erding bis an den Sendlinger-Tor-Platz geschafft hat! (Kinderbuch in the making?)

In der Tram zum Tivoli stellte ich fest, dass ich den Wechsel zur Sonnenbrille vergessen hatte. Besonders clever plante ich meine Strecke um, so dass ich auf den Abschnitten direkt am spiegelnden Wasser die Sonne im Rücken haben würde. Womit Cleverle sich verschätzt hatte: Im Gegensatz zur schneefreien Innenstadt waren die Wege fast durchgehend von festgetretenem Schnee bedeckt, dadurch nicht nur glatt (Schnaufen nicht vergessen), sondern auch Schnee-blendend.

Blick von Brücke auf sonnige Flussauen mit kahlen Bäumen, weißeisigen Wegen, darauf Spaziergänger*innen

Weg rechts neben Fluss im Gegenlicht, gesäumt von kahlen Bäumen, auf dem Weg festgetretener weißer Schnee

Schmaler, sonniger Pfad zwischen kahlen Bäumen, links scheint ein Fluss durch

Statt fast zehn Minuten auf die Tram nach Hause zu warten, lief ich die Tramgleise entlang bis zum nächsten Bäcker Wimmer – und stieg dann zwei Stationen weiter bereits mit Semmeltüte ein.

Frühstück kurz nach zwei: Zwei Körnersemmeln mit je einer halben Avocado (den Umpf! finde ich durchaus vergleichbar mit Leberkassemmel), die vorerst allerletzten Orangen – wieder so knallsüß, dass ich danach ein paar Schluck Wasser brauchte, zum Verdünnen.

Verhandlungen mit dem chinesischen Kleidungsversender Wagner Moden München: Ich habe 65 Euro für diesen Fetzen in Kindergröße gezahlt (bei einem auffallend niedrigen Preis wäre ich ja misstrauisch geworden), davon möchte ich so viel wie möglich wiederhaben.

Ein Stündchen Bügeln mit Musik. In diesem Haushalt existieren T-Shirts, bei denen ich mittlerweile etwas mühsam um Löcher herumbügle.

Aus zwei Roten Beten aus Ernteanteil machte ich mir Salat für Brotzeit am Montag – und lernte bei dieser Gelegenheit, dass es auch richtig holzige Rote Bete gibt.

Über den Nachmittag viermal die Wasserschale auf dem Balkonsims aufgefüllt, weil sie immer wieder von Meisen leergebadet war.

Fürs Abendessen durfte ich sorgen: Ich machte Schwäbischen Salzkuchen (war mir als Ersatz für Zwiebelkuchen angeboten worden, den ich leider wegen der Zwiebelsüße nicht besonders mag). Während Gehen des Hefeteigs Yoga-Gymnastik. Allerdings mündete das Gesamtwerk in eine völlig neue Art von Sauerei, denn der Rand meiner 30-cm-Form war zu niedrig.

Blick in einen beleuchteten Backofen: Auf einem Blech eine große, runde Backform mit niedrigem Rand, gebräunter Teigrand, helle Füllung, die an zwei Stellen auf das Backblech ausgelaufen ist

Schmeckte aber wirklich gut, überraschend leicht und fluffig. Dazu Endiviensalat mit Tahini-Dressing. Nachtisch Schokolade und Fruchtgummi.

Journal Samstag, 18. Januar 2025 – A real pain, Wäscheständer als innenarchitektonische Herausforderung

Sonntag, 19. Januar 2025

Gut geschlafen, auch genug.

Das Wetter machte mit Grau bis Dunkelgrau weiter, das nahm mir die Lust auf Radeln zum Schwimmen. Also fuhr ich mit U-Bahn ins Olympiabad, schwamm dort zwischen vielen Geräteschwimmer*innen meine 3.000 Meter, zwar mit guter Kondition und nur wenig Kreuzzwicken, aber bei so viel Verkehr unentspannt. Auf dem Rückweg stieg ich an der Münchner Freiheit aus, kaufte Espressobohnen-Nachschub und Frühstücksemmeln.

Zu Hause Wäscheaufhängen, zum Frühstück kurz nach zwei gab es Semmeln mit Butter und Marmelade, Orangen (bald sind wir durch diese zehn Kilo durch).

Für Nachmittag war Sonne angekündigt, ab drei wurde es tatsächlich heller. Das freute mich, weil ich mit Herrn Kaltmamsell eine Kino-Verabredung hatte: Wir gingen zu Fuß in schönem Winterwetter zu den Museum Lichtspielen.

Blick einen Fluss eintlang im Abendlicht; im Hintergrund ein Schornstein, in dessen Wolke sich rasagold das letzte Sonnenlich fängt

Blick von der Reichenbachbrücke nach Süden.

Ausgesucht hatte ich A real pain von und mit Jesse Eisenberg. Das waren gut genutzte 90 (!) Minuten: Ein schöner, kleiner Film über zwei US-amerikanische Cousins, die zusammen nach Polen reisen, um in einer begleiteten Heritage Tour die Schauplätze der Vergangengeit ihrer jüdischen Großmutter kennenzulernen. Richtig gutes Drehbuch (da hätte man viel falsch machen können), hervorragende Darsteller (ich mochte besonders Will Sharpe als nordenglischen Tour Guide), kann ich mir auch auf einer Theaterbühne vorstellen.

Das Thema Schmerz und Nervigkeit, mit dem der englische Filmtitel wortspielt, war nachvollziehbar gezeigt, mir gefiel die unverkünstelte Bildsprache, die dennoch visuelle Besonderheiten des heutigen Polens unterstreicht (durchaus aus der Perspektive einer Touristin, mir waren auf meiner Polenreise vor 19 Jahren ähnliche Ansichten aufgefallen, siehe blitzblank geschniegelte geometrische Wohnblockästhetik). Der Nachspann (ich lese Bücher bis zum letzten Buchstaben, ich gucke Filme bis zum letzten Buchstaben oder Bild) verriet, dass viel von der Finanzierung des Films aus Polen gekommen war.

Nach Hause nahmen wir eine Tram vom Isartor (die Ludwigsbrücke wir langsam abgerüstet, aber die Tramgleise sind noch nicht wieder nutzbar). Daheim wartete der schon vor Kinobesuch geputzte Ernteanteil-Rosenkohl, ich verwandelte ihn in Rosenkohl-Zitronen-Pasta. Ein schlichtere Variante als die mit Sahne und Frischkäse, die Herr Kaltmamsell bereits mehrfach serviert hatte, schmeckte aber auch gut. Dazu ein kräftiger italienischer Weißwein (Pecorino), danach reichlich Schokolade.

§

Wenn man nur lange genug wartet, werden alle Fragen beantwortet. Vor 18 Jahren bloggte ich über das ästhetische Problem Wäscheständer:
“Die härteste Nuss des Wohnstylings”.

Und vergangenen Freitag ging sie das Süddeutsche Magazin als Titelthema an:

Aufsicht auf SZ-Magazin auf Tischplatte, darauf Titelfoto eines schwarzen figürlichen Metallgestells in einem Wohnzimmer, an dem ein paar Wäschestücke hängen

“We will trock you”.

Na ja: Meiner Ansicht nach erfüllt kein einziger Designer-Vorschlag die Anforderung, eine Maschine Wäsche trocknen zu lassen und gleichzeitig gut auszusehen, nur entweder oder. Ich warte weiter.

Journal Freitag, 17. Januar 2025 – Die schwarze Cordhose, Tante Martl von Ursula März

Samstag, 18. Januar 2025

Gut geschlafen, das ist zu einer angenehmen Gewohnheit geworden. In weniger tiefen Schlafphasen freute ich mich aufs Freitagsfleisch, stellte mir große Stücke gebratenes Rind vor, kam auf die Idee, morgens dazu Knoblauchbutter zu kneten (damit sie bis abends fest wurde), legte fest, welche beiden Rotweine ich Herrn Kaltmamsell zur Auswahl anbieten würde.

Auf dem Marsch in die Arbeit Knacken und Knirschen unter den Schuhen, ein frostiger Morgen. Noch dazu neblig und bedeckt, ich marschierte im Stockdunklen.

Im Büro geordnetes Wegarbeiten, dazwischen allerdings ein paar Schrecken wegen Fehlern (meinen) und Missverständnissen.

Der Tag hielt sich dann gar nicht erst mit Hellwerden auf, es blieb neblig düster, bis es gegen vier wieder ganz dunkel wurde. Dennoch Marsch ins Westend für Mittagscappuccino, ich genoss die Bewegung.

Innen auf einem hölzernen Fesnterbrett vor einem Ladenfenster eine Tasse Cappuccino, vor dem Fenster unscharf eine städtische Altbau-Wohnstraße mit geparkten Autos, es radelt gerade jemand vorüber

Beim Kaffeetrinken das Gespräch hinter mir: Zwei Leute diskutierten Mathematisches, es fielen die Wörter “Unendlichkeit”, “Operationen” und “Konsistenz”. Cooler Laden.

Am Schreibtisch gab es zu Mittag Orangen und Hüttenkäse.

Geschäftiger Nachmittag, wieso arbeiteten so viele Leute Freitagnachmittag? (Kernzeit endet freitags um 12 Uhr.)

Fast pünktlicher Feierabend, auf dem Heimweg umfassende Wochenend-Einkäufe im Vollcorner.

Zu Hause empfing mich das Paket mit der online gekauften schwarzen Cordhose – zwei Wochen nach Bestellung, denn es hatte sich herausgestellt, dass es sich um eine Lieferung aus China handelte. Gemerkt hatte ich das erst an der ersten Versandankündigung: Das Tracking führte mich zu einem chinesischen Versandunternehmen. Das hätte ich auf jeden Fall vermieden, doch man hatte mir mit den Shop-Namen “Wagner Mode München” und dem Hinweis, die Ware werde mit DHL geliefert, erfolgreich vorgegaukelt, es handle sich um einen inländischen Absender. Hier auch für Sie zum Merken: “Wagner Mode München” ist ein Anbieter in China.

Und dann passte die Hose nicht, vor allem war sie 10 Zentimeter zu kurz. Ich werde mich also in den Spaß der Rücksendung stürzen, für die ich erstmal per E-Mail Anweisungen anfordern musste.

Aber JETZT ging das Wochenende los: Eine Runde Yoga-Gymnastik, dann das Freitagabend-Line-up.

Eine vollgestellte Küchen-Arbeitsfläche, im Vordergrund zwei Tumbler mit Negronis, dahinter Flaschen Gin, Campari, Vermouth, Rotwei, ganz hinten zwei gefüllte Rotweingläser, rechts eine Küchenmaschine

Aperitiv Negroni, zum Essen einen apulischen Primitivo.

Blick auf die schwarze Fläche eines Induktionsherds, darauf im Vordergrund auf weißem Wachspapier ein großes, marmoriertes Rinderkotelett, dahinter eine große gusseiserne Pfanne mit zwei Henkeln und roter Außenfläche

Kuh-Kotelett, erster Test der neuen gusseisernen Pfanne, die ich Herrn Kaltmamsell als Ersatz für die durch Sturz kaputte geschenkt hatte.

Aufsicht auf gedeckten Tisch, im Zentrum die gusseiserne Pfanne mit jetzt diúnkel gebratenem Rinderkotelett, rechts daneben ein Glasteller mit Streifen hellem und dunklem gebackenem Gemüse

Hervorragend inklusive Karotten und Petersilienwurzeln aus Ernteanteil zur Beilage. Nachtisch reichlich Schokolade.

Früh ins Bett zum Lesen, ich beendete Tante Martl von Ursula März, bis zuletzt sehr angetan.

Zwar verstehe ich weiterhin nicht, warum das Buch als “Roman” verkauft wird und würde Verlag wie Autorin gerne nach den Gründen fragen: Ursula März ist erfolgreiche Journalistin und Feuilletonistin, und sie kann gut schreiben, da darf die Geschichte ihrer Tante doch einfach ein gut erzählter Sachtext sein. Denn der Inhalt ist die wirklich gut erzählte Lebensgeschichte einer merk-würdigen Person, Ursula März’ Tante. Noch im Krieg geboren als letzte von drei Töchtern, und natürlich wird auch die Geschichte der Zeit, der Gegend (Pfalz, Franken), der anderen Familienmitglieder miterzählt. März transportiert die Widersprüche in der Persönlichkeit ihrer Tante hervorragend: Einerseits die eigenständigste der drei Töchter mit eigenem Lebensunterhalt als Lehrerin, eigenem Auto, Reisen als Rentnerin. Andererseits ihr Leben lang ans Elternhaus gebunden, Pflegerin der alten Eltern, bei jeder Gelegenheit zu Haushaltshilfe der Schwesten abgerufen – was sie zwar immer mürrisch und wehklagend, aber dann doch erfüllte. Immer wieder betont März, wie wenig sie viele dieser Widersprüche nachvollziehen konnte, doch sie liebt ihre Tante dann halt doch so tief, dass sie sich damit zurechtfindet.

Ein Zeitzeugnis, allein schon durch die wunderbare Wiedergabe von Tante Martls Mundart, kein Roman, das natürlich wie Eigentum von Wolf Haas in der Erzählstimme auch ein Licht auf die Erzählerin wirft. Empfehlung.