Essen & Trinken

Journal Dienstag, 7. Oktober 2025 – Grauer Himmel und bunte Auen an der Isar

Mittwoch, 8. Oktober 2025

Gut geschlafen, doch die Aufwachzahl pro Nacht pendelt sich in den letzten Wochen bei drei ein (jahrzehntelang war das einmal pro Nacht zum Pieseln – ich trinke halt wirklich viel).

Der Tag startete dunkelgrau düster, doch es waren mehr Regenpausen als Regenfälle angesagt: Ich plante einen Isarlauf.

Davor aber buk ich seit Jahrzehnten mal wieder Biskuit: Ich wollte Trifle machen, hatte am Montag auf die Schnelle keinen fertigen Obstkuchenboden gefunden (ist auch wirklich nicht die Saison dafür) und berechnet, dass Selbermachen weniger Aufwand bedeutete als weitere Suche. Zudem konnte ich ihn so passend dünn backen.

Zum Laufen hatte ich mir die Strecke Thalkirchen nach Süden ausgesucht, eine U-Bahn brachte mich hin. Schönes Laufen auf leichten Füßen (die angenehm federnden Schuhen schätzte ich nach den beiden Läufen mit dem Vorläufermodell umso mehr), die Isarauen bunteten überraschend energisch gegen das Grau des Himmels an. Es waren sehr wenige Menschen unterwegs, mit fast allen tauschte ich Gruß oder Lächeln.

Das Freibad Maria Einsiedel auf dem Weg in den Winterschlaf.

Isarwerkkanal

Pullach

Hinterbrühler See

Erst während der letzten 15 Minuten signalisierte mein Körper (LWS-Muskeln, Hüftbeuger) mit schmerzhafter Anspannung, dass jetzt aber mal genug war.

Zurück daheim kümmerte ich mich erstmal ums Trifle (hier mein Standardrezept, diesmal hatte ich Erdbeer-Jelly aus England und verwendete dazu Erdbeer-Kompott): Biskuitböden ausstechen (ich bildete mir Einzelportionen ein), Kompott verteilen, Jelly drübergießen.

Biskuit ist die Teigart, die ich am wenigsten gern esse – ich war etwas ratlos, was ich mit diesem Rest machen sollte. Schließlich schnitt ich ihn in Streifen zum Trocknen: für Tiramisu?

Nach dem Duschen kochte ich gleich weiter: Ich wünschte mir zum Frühstück kurz nach eins Porridge. Hineingeschnippelt die letzten getrockneten Wanderfeigen, dazu Joghurt und Hagebuttenmarmelade – immer wieder erstaunlich, wie sehr in dieser Form ein Tässchen Haferflocken sättigen kann.

Einkaufsrunde in mehrere Drogerien; jetzt war der Tag so hell geworden, dass ich einmal sogar kurz meinen Schatten sah. Aus den 9 Grad am Montagnachmittag (Thermometer am Juwelier Fridrich in der Sendlinger Straße) waren 15 Grad geworden (Marien-Apotheke).

Gammel-Nachmittag mit Mieteabwohnen, Zeitunglesen und Internetlesen, unterbrochen von Handgriffen am Trifle. Ich war nicht sicher gewesen, ob ein ganzer Tag reichen würde (Wackelpudding und Pudding müssen ja nacheinander fest werden), aber es klappte: Abends würde es Trifle geben.

Eine Runde Yoga, ein paar Häuslichkeiten, Vorbereitung des Mittwochs: Ich plante einen Wandertag.

Zum Nachtmahl kümmerte sich Herr Kaltmamsell um Ernteanteil-Wirsing und -Kartoffeln: Ich hatte um ein Curry gebeten, er servierte ein ganz hervorragendes von der saucenfreien Sorte, gewürzt mit Koriander und Kreuzkümmel unter Beteiligung frischer Chilis, angerösteter Zwiebeln und Knoblauchs.

Und mir war das Trifle gelungen, die Idee mit dem Erdbeerkompott hatte ich aus dem Fertig-Trifle aus der Kühltheke von Waitrose.

Ein wenig Schokolade passte noch hinterher, Abendunterhaltung eine Folge Mad Men.

Journal Montag, 6. Oktober 2025 – Beginn einer neuen Wanderschuh-Ära

Dienstag, 7. Oktober 2025

Vor Wecker aufgewacht, Wecker trotz Urlaub, weil ich Herrn Kaltmamsell vor der Arbeit Milchkaffee servieren wollte.

Das Wetter war wie angekündigt weiterhin greislich. Also hatte ich für diesen Urlaubstag Schwimmen geplant, Basisziel war nämlich wegen Putzmann-Einsatz Abwesenheit aus der Wohnung. Von England aus hatte ich noch auf einen Wandertag gehofft (jetzt wo ich so schön drin bin), doch die Wettervorhersage machte das schon seit einer Weile sehr unwahrscheinlich. Diese dritte Urlaubswoche ist ohnehin angenehm unverplant: außer irgendwann Wandern, irgendwann Joggen, Brotbacken, Museumsbesuch (offen sind unter anderem Ägyptisches Museum, Pinakothek der Moderne, Sudetendeutsches Museum), Trifle-Machen hat das Planungszentrum meines Hirns nichts produziert.

Früher als an einem freien Tag ideal machte ich mich aufbruchfertig: Herr Kaltmamsell hatte von der Möglichkeit gesprochen, dass der vertraute Herr Putz früher als sonst auftauchen könnte. Den Aufbruch selbst zögerte ich dann raus mit Räumen (u.a. Sauerteig-Auffrischen für potenzielles Brotbacken), bis sicher war, dass er doch nicht früher kam. Außerden nutzte ich die Zeit für nicht-private, nicht-berufliche Korrespondenz (u.a. Umsetzung des Kammerspiel-Abos auf digital – ein verheerender Prozess, Lehrbuchbeispiel für So Nicht).

Ende des Draußenschwimmens, ich nahm eine U-Bahn ins Olympiabad.

Angenehmes Zurückkommen, gutes Schwimmen, ich genoss auf meinen 3.000 Metern das warme Wasser ganz besonders (fand es sogar ein Grädlein zu warm?).

Zum späten Frühstück wollte ich ein Café ausprobieren, das seit Jahren auf meiner Liste steht: das Café Rosi an der Ludwigsbrücke. Ich ließ mich von Tram und S-Bahn in die Nähe fahren und spazierte unterm Regenschirm hin. Es stellte sich als rustikaler heraus, als ich erwartet hatte, aber durchaus einladend:

Ich bestellte das Rührei-Crossaint, das nicht nur mit Rührei gefüllt war, sondern auch mit Käse überbacken: Gut und angenehm sättigend. Dazu las ich die Süddeutsche des Tages.

Nächster Programmpunkt: Neue Wanderschuhe, nach der Beerdigung meiner 30 Jahre alten in England ein sensibles und emotionales Projekt. Doch ich wurde aufs Schönste aufgefangen.

Dass der Globetrotter-Laden am Isartor im Untergeschoss eine riesige Auswahl an Wanderschuhen anbietet, wusste ich bereits; ich hoffte, dass ich dort auch das aktuelle Nachfolgemodell (Trekker LL) der verendeten von Lowa anprobieren können würde. Es war wenig los, doch weil hier wirklich eingehend beraten wurde, wartete ich – entspannt und gerne, weil ich ebenso eingehende Beratung erwartete. Die bekam ich dann auch: Herr Wanderschuh hörte sich meine Wünsche und meinen Abschiedsschmerz an und bat mich dann kurz zu warten, er schaue mal, was er da habe (die Vorgabe Leder kommentierte er ausführlich: ja, viel haltbarer, braucht aber Pflege, und die Leute wollen einfach lieber Goretex).

Er verschwand einige Minuten im Lager: Stellte sich heraus, dass all die Wände mit Dutzenden Metern Regalen voller Schuhe keineswegs das gesamte Angebot zeigen. Und so probierte ich nacheinander drei Paar, die er mir brachte und die verschiedene Aspekte meiner Wünsche abdeckten, lief mit ihnen ausführlich herum (während Herr Wanderschuh weitersuchte oder einen anderen Kunden beriet), unter anderem auf dem nachgebauten Wander- und Bergoberflächen-Parcour im weitläufigen Kellergeschoß (des Hauses, in dem einst Rieger-Pelze angesiedelt war, deren Radiowerbung ich bis heute im Ohr habe).

Bis ich sicher war: Das sind sie, in denen kann ich mich daheim fühlen. Das war ein sehr, sehr schönes Offline-Einkaufserlebnis.

Ich darf die Stiefel sogar zwei Wochen testtragen (nur drinnen natürlich), und sollte sich dann doch ergeben, dass sie irgendwo drücken, darf ich sie zurückbringen. Am Abend lief ich damit in der Wohnung herum, alles tutti. Am ersten Arbeitstag nächste Woche werde ich sie noch im Büro tragen, und Herumlaufen ist ja Teil meines Jobs – aber es würde mich sehr wundern, wenn ich dabei Druckstellen entdeckte.

Vom Hersteller Hanwag hatte ich noch nie gehört – vielleicht ein gutes Zeichen, dass sie ihr Geld in die Produkte statt ins Marketing stecken? Er bietet auch Neubesohlung an, das war mir wichtig. (Nachdem ich von dieser zwölfmaligen las, fühlte ich mich sofort wie eine Verschwenderin, weil meine alten mir nicht mal eine zweite wert waren.)
Leder-Wanderschuhe sind fast ein Familienmitglied, und ich setze darauf, dass das die letzten meines Lebens sind.

Nach dieser Aufregung (beim Zahlen konnte ich schier nicht den Anweisungen der Angestellten folgen) ging ich im leichten Regen heim, zog aber nach Abladen und Ausräumen nochmal los im wechselnd leichten Regen auf Lebensmittelkäufe.

Kurze Yoga-Einheit für Rumpf-Kraft, dann unterstützte ich Herrn Kaltmamsell bei der Nachtmahlzubereitung: Er hatte am Vortag Rinderbrühe gekocht, zu denen machte ich Griesnockerl – die wir beide lieben, für die es allerdings nie eine Gelegenheit gibt, und wenn, vergessen wir sie. Nicht gestern!

Wenn ich sie häufiger machte, bekäme ich wahrscheinlich irgendwann auch das Formen hin. Schmeckten aber hervorragend. Außerdem gab es das feine Rindfleisch mit Meerrettichsauce und (Ernteanteil-)Kartoffeln. Nachtisch Schokolade.

Journal Sonntag, 5. Oktober 2025 – Zurück im münchner Daheim

Montag, 6. Oktober 2025

Gut drei Stunden Schlaf bekam ich hin nach dem Heimkommen um sieben. Danach war ich für den Rest des Tages etwas benommen und schlecht konzentriert, litt aber nicht.

Das Wetter war kalt und greislich – gut für uns Oktoberfestopfer (letzter Tag). Doch auch ich habe mittlerweile ein Oktoberfestritual: Ich holte im U-Bahnhof Sendlinger Tor beim Rischart Riesenbreze zum Frühstück (die ist eigentlich Biergartenbesuchen vorbehalten). Eine halbe, weil mit Herrn Kaltmamsell geteilt, schmeckte nach Apfel und Körnersemmel besonders gut mit der salzigen englischen Butter, deren Rest ich mitgebracht hatte.

Danach war ich sehr müde, traute mich aber nicht Siesta zu machen, weil ich meinen Schlafrhythmus nicht völlig aus der Kurve kegeln wollte.

Internetlesen, Gepäck verräumen, während draußen Wind wehte und Regen prasselte, die Heizung war längst aufgedreht.

Im Briefkasten hatte die Bitte um Teilnahme an einer Umfrage zum benachbarten Nußbaumpark gelegen, Absender AKIM – das Allparteiliche Konfliktmanagement in München. Über den aufgedruckten QR-Code folgte ich ihr, allein schon um die Mühe würdigen, die am stärksten von den Missständen Betroffenen einzubeziehen. Aber ich weiß doch auch nicht, wie man sie lösen kann.

Vielleicht, ging mir letzthin auf, mache ich ja doch echtes Yoga, nämlich als ich mal wieder einen Selbsterfahrungstext einer Yoga-Fan las, die nach Jahren begriff, dass es dabei gar nicht um perfekte Posen und um Leistungssteigerung geht. Ähm, eben. Sich durch Bewegungsabläufe führen lassen, Anleitung zur Atmung dabei bekommen, immer wieder angestupst werden, dabei den eigenen Körper wahrzunehmen: All das bedeutet Yoga für mich. Und ich bin fast jedesmal eine andere am Ende der Einheit als ich zu Beginn war (was allerdings bei mir auf jede Sport-Einheit zutrifft). Darf ich das Angebot höherer Bewusstseinsebenen einfach dankend ablehnen und bei Freude an Bewegung bleiben? Die ja sehr wohl meinen Alltag beeinflusst durch aufmerksamere Körperhaltung und einige Techniken, bestimmte Verspannungen selbst am Schreibtisch zu bearbeiten.

Gestern freute ich mich besonders auf eine Runde Yoga: Endlich wieder auf einer richtigen Yoga-Matte mit Griffigkeit, der Reise-Ersatz hatte deutlich mehr Anstrengung beim Halten von Ausfallschritten und Co. erfordert.

Zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell den Hokaido-Kürbis aus Ernteanteil als Schnitze aus dem Ofen, ich richtete den mitgebrachten englischen Käse an:

Von oben im Uhrzeigersinn: Cotswolds Blue (bereits halbiert), Blacksticks Blue aus Lancashire, Cornish Yarg (in Brennesseln), Gorwydd Caerphilly.

Dazu ein netter französischer Rosé, der sich vor allem mit dem (überreifen, aber gar nicht scharfen) Cotswolds Blue verstand. Mein Liebling war aber der Caerphilly – den ich diesmal im Supermarkt gar nicht gesehen hatte, wo ich doch bislang glaubte, dass er ein Standard in UK ist. Nachtisch reichlich Schokolade.

Draußen leuchteten in der regnerischen, kalten Nacht nochmal die Lichter des Oktoberfests, ich hörte und roch es auch – stellte mir auch dieses Jahr vor, wie ich um 22:30 Uhr zur letzten Schließung der Festzelte mit Wunderkerze auf dem Balkon stand, freudeberauscht “NUUUUUL!” und “AUSIIIIIS!” brüllte. Was ich vielleicht irgendwann doch machen werde.

Abentunterhaltung der Beginn der dritten Staffel Mad Men, im Bett neue Lektüre: Tonio Schachinger, Nicht wie ihr, nahm mich mit nach Wien, und ich freute mich, wie viel ich nach dem Urlaub dort mit den Ortsangaben anfangen konnte.

Lichtaus zur üblichen Zeit, war auch nach der fast durchgemachten Nacht kein Problem.

Journal Freitag, 3. Oktober 2025 – Nochmal Undercliff Walk, jetzt aber mit Regen

Samstag, 4. Oktober 2025

Letzter Tag in Brighton – und der begann nach wohligem Ausschlafen mit einer unangenehmen Nachricht. Nachts hatten die Ferienwohnungsvermieter eine mahnende E-Mail geschickt: Nachbarn hätten sich bei ihnen beschwert über “shouting and banging noises” aus meiner Wohnung. Um die Absendezeit der Mail schlief ich bereits tief, zum ersten Mal mit Ohrstöpsel, weil mich mehrfach Hundebellen geweckt hatte. Ich beteuerte natürlich meine Unschuld, verwies auf meine Alleinbewohnerschaft und drückte mein Mitgefühl mit den Nachbarn aus, sorgte mich jetzt aber um meinen AirBnB-Ruf. Vielleicht waren die Bewohner über mir mit fast durchgehendem Kleinkinder- und Abenteuerspielplatzlärm (der mir nichts ausmacht) ja auch lediglich Feriengäste: Dann könnte ich die Beschwerde verstehen.

Zum Glück kam bald eine beschwichtigende Antwort von den Vermietern: Es habe sich offensichtlich um eine Verwechslung gehandelt, alles gut.

Was mir auch nichts ausmachte: Das war nun wirklich echt ehrlich ein regnerischer Morgen. Helles, trockenes Wetter gefällt mir zwar besser, doch mein geplanter zweiter Undercliff-Walk-Lauf würde durch Regentropfen erst vollständig – und die bisherigen zwei Wochen England ohne Regen hatten eher Unheimliches geabt.

Eher spät kam ich los – und war draußen überrascht über die milde Luft. Diesmal spazierte ich an einen Startpunkt näher am Undercliff Walk, also weiter östlich, um weiter auf dem Walk selbst joggen zu können. Das Laufen bereitete mir sehr große Freude: der salzige Wind, das Rauschen der Wellen. Wenn sich auch bald linke Wade und Oberschenkelrückseite meldeten: Ich war entschlossen, mir das Vergnügen nicht trüben zu lassen.

Bei dem gestrigen Wetter war deutlich weniger los auf dem Undercliff Walk, der Anteil grüßender und lächelnder Menschen dabei deutlich höher.

Endlich den vertrauten Spitzspatz gesichtet, der ich am Dienstag vermisst hatte (schau’s halt genau hin: Wenn ich gut Vögel fotografieren könnte, würd’ ich’s ja machen).

Die vertrauten Klos am Weg waren neu hergerichtet, aus dem hochformatigen Spiegel war ein querformatiger geworden.

Pläne fürs späte Frühstück/Mittagessen hatte ich bereits: große Lust auf Pizza. Vor zwei Jahren hatten wir in North Laines eine mehr als anständige bekommen, dorthin ging ich wieder. Ich habe ja selten richtig Lust auf Pizza, aber dann genieße ich sie sehr.

Pizza Norma mit Aubergine.

Auch hier muss der Service wie bei uns ständig Italienisch-Fragmente in die Konversation mit der Kundschaft einbauen, anders als in deutschen Pizzerien wird man allerdings gefragt, ob man Pommes dazu haben möchte, und die Leute bestellen “Dips” für ihren Pizzarand (hatte ich schon wieder vergessen).

Spaziergang in den Stadtteil Kemp Town, so weit raus wie noch nie. Und das lohnte sich auch diesmal (deswegen mache ich es ja auch in München gerne): Unter anderem entdeckte ich ein Cabaret-Theater.

Sussex Dairy, heute der Off License The Boozy Cow.

Haus of Cabaret (nächstes Mal bestimmt). Auch in dieser Gegend auffallend: Die große Zahl kleiner Cafés – so viel Kaffee-und-Kleingebäck-Bedarf kann doch kein Stadtviertel haben?

Zurück ging ich fast ab Marina obenrum die Marine Parade entlang: Ich wollte den Weg, den ich regelmäßig jogge, von oben sehen. Zum Wind kam jetzt ein wenig Regen, erst als winzige Tröpfchen in der Luft, dann als größere. Egal, es war weiterhin so mild, dass mir das nichts ausmachte.

Blick aufs Schwimmbad vom Donnerstag.

Einmal alles inklusive West Pier in der Ferne.

Nachmittag in der Ferienwohnung mit Lesen am Tisch im Bay Window, während es draußen immer wieder regnete. Gemütlich! Doch als die Abenddämmerung nicht mehr zu übersehen war, zürnte ich: NOAAAAAIN! Nicht aufhören, letzter Tag in Brighton! Eigentlich bin ich ja gewohnt, dass ich bereits ein, zwei Tage vor Rückreise mit dem Kopf zurück daheim bin, diesmal klammerte ich mich an jeden Anblick, jedes Lüftchen in der Ferne. Und so merkte ich: Fünf Tage Brighton reichen mir nicht, auch ohne Abstecher nach London und mit eigentlich keinem Programm.

Nach Yoga-Gymnastik zum Nachtmahl gründliches Aufräumessen: Letzte rote Paprika mit restlichem Hummus, am Vortag gekaufte Körnersemmel mit Butter, ein Becherchen Fertig-Trifle (erstaunlich gut, aber ich muss es dringend mal wieder selber machen – habe ja noch eine Woche Urlaub), Birne mit Joghurt-Rest. Nachtisch Schokolade, davon werde ich allerdings einige heimnehmen müssen. Ich bin ohnehin gespannt, wie sehr ich mit meiner Schätzung von freiem Kofferplatz durch ein Paar Wanderschuhe weniger und ein Paar Turnschuhe weniger daneben liege.

Schließlich fand ich an diesem letzten Abend in der Ferienwohnung heraus, wie sich die Heizung anschalten lässt: Der Knopf an der Wand mit 15 Zentimeter Durchmesser wird durch richtiges Rumdrücken (falsches hatte ich gleich bei Ankunft probiert) zu einem Display, dass man unter anderem von “off” auf “Auto” stellen kann. Und schon werden die Heizkörper warm. Ahem.

Im Bett Gaea Schoeters, Lisa Mensing (Übers.), Trophäe ausgelesen – verstörend, aber auf eine ungewöhnliche und gute Weise.

§

Am 2. Oktober war fünfter Jahrestag meines neuen Hüftgelenks. Auch diesmal fiel mir das sehr deutlich ein: Ich bin weiterhin so dankbar dafür, dass die moderne Medizin mir eine Rückkehr in ein (zumindest dort) schmerzfreies, aktives Leben ermöglichte, und dass ich in jeder Phase dafür so ein Glück mit bestmöglichem Verlauf hatte.

§

Im aktuellen SZ-Magazin schreibt Marvin Ku einleuchtend hierüber (€):

Seit 20 Jahren spaltet der Begriff »Migrationshintergrund« unsere Gesellschaft. Doch selbst seine Schöpferin ist sich nicht mehr sicher, was er bedeutet. Wann sind Menschen mit ausländischen Wurzeln deutsch genug?

Er erzählt am eigenen Beispiel:

Ich bin deutscher Staatsbürger und das Kind deutscher Staatsbürger. Ich wurde in Kassel geboren und wuchs in einer Kleinstadt auf, die bekannt ist für ihre Liebe zu Wurst. Auch ich esse gern Wurst. Ich bin in einen evangelischen Kindergarten und aufs Gymnasium gegangen. Ich habe an einer deutschen Universität studiert, schreibe für eine deutsche Zeitung, die in Deutschland als sogenanntes Leitmedium gilt, und ich schreibe das alles auf Deutsch, weil es meine Muttersprache ist. Die größte Migra­tion, die ich durchgemacht habe, war von Hessen nach Berlin-Friedrichshain. Aber das muss man alles nicht wissen, um mir einen Migrationshintergrund anzuheften.

(…)

Es gibt auch eine amtliche Definition des Statistischen Bundesamts: »Eine Person hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde.«

Mir sieht man ihn nicht an, meinem Namen schon.
Und mir fallen viele Beispiele von Deutschen ein, die aufgrund dieser Definition keinen Migrationshintergrund haben, aber in einer so komplett anderen Kultur und Sprache als der deutschen groß wurden, dass ihre deutsche Umwelt sie in Deutschland immer wieder lotsen muss.

Es passt nicht in die Story, dass die wirtschaftliche Lage dieser Eltern, und da sind sich Bildungsforscher einig, deutlich wichtiger ist als ein Migrationshintergrund, um Bildungserfolg zu analysieren. Die Wahrscheinlichkeit, ein Gymnasium zu besuchen, ist am niedrigsten bei einem Kind, dessen Eltern weniger als 2600 Euro netto im Monat verdienen, beide kein Abi­tur und keinen Migrationshintergrund haben. Am höchsten, wenn beide Eltern Abitur haben, mehr als 5500 Euro ver­dienen und einen Migrationshintergrund haben. Entscheidend ist nicht der Migra­tions­hintergrund, sondern das Geld.

Das Cover-Foto gefiel mir besonders gut.

Journal Donnerstag, 2. Oktober 2025 – Abenteuer in den Brighton Sea Lanes

Freitag, 3. Oktober 2025

Wieder gut geschlafen – das ist für mich weiterhin so wenig selbstverständlich, dass ich es festhalte. Es tagte wieder hell und freundlich – also ging ich doch nochmal das mit dem Schwimmen in den Sea Lanes an. Ich war 2014 in Tel Aviv im Januar draußen Schwimmen (allerdings noch mit Natur-Neopren), da würde ich das doch wohl in Brighton im Oktober schaffen!

Vorher aber gemütliches Bloggen, Internetlesen über Milchkaffee, Wasser, Schwarztee – ich wollte der Lufttemperatur etwas Vorsprung zum Warmwerden geben.

Selbst wurde ich warm beim halbstündigen Marsch raus zum Schwimmbad (auf der Website Fotos). Die Formalitäten waren dann einfach: Ich fand den Eingang leicht, einer Neu-Schwimmerin vor mir wurde eh alles erklärt, ich musste nur noch 11,45 Pfund zahlen (exakt so viel hatte am Vortag die Kino-Karte gekostet). Für einen Spind hätte ich ein Vorhängeschloss gebraucht (habe ein übriges daheim, beim nächsten Brighton-Urlaub mitnehmen), die Angestellte riet mir, mein Zeug einfach beim Pool in einem der offenen Fächer abzulegen.

Umkleiden und Duschen waren nicht nach Gender getrennt, aber in Einzelkabinen.

Nachher-Fotos:

Die wenig beschwommenen Bahnen (je 1-2 Schwimmer*innen), hier im Uhrzeigersinn (in Deutschland andersrum), sortiert nach Slow, Medium und Fast (“maximum 1 minute per length”), ein großes Schild erklärte freundlich ein paar Benimmregeln (z.B.: nicht zu lange am Rand rumstehen). Ich nahm die mittelschnelle Bahn und wurde nur einmal überholt.

Und fragte mich sofort beim Gleiten ins Wasser, ob ich mehr als vier Bahnen durchstehen würde, weil SCHEISSKALT! 19,4 Grad waren auf einer Tafel angeschrieben gewesen, aber ich konnte mir nichts darunter vorstellen – auch wenn ich nachgeschlagen hatte, dass Münchner Sportschwimmbecken auf 27 Grad Wassertemperatur geheizt sind.

Ich biss mich dann zu meinem Erstaunen durch 1.500 Meter, zum Schluss sogar in Sonnenschein. Mein Körper war von Anfang an so kalt, dass ich es nicht mehr als Frieren bezeichnen würde, ich schwamm einfach flott, und bei 1.500 Metern wollte ich nicht mehr. Die heiße Dusche tat gut, wärmte mich aber nicht durch. Trocknen und Eincremen ganz mechanisch, immer noch völlig steifes Haaretrocknen (Föhne wurden gestellt).

Auf den Spaziergang zurück Richtung Brighton merkte ich, dass mein Körper völlig überfordert war: “Was war das bitte gerade?!” Mir schwindelte, die Jeans fühlte sich eine Nummer zu groß an, ich gähnte in einem fort, Fersen (?) und Fingerspitzen blieben fast eine Stunde lang taub, im Hirn Splitterbombengefühl.

Ich hätte auch ein anderes Schwimm-(Bade-)becken haben können (Brighton Beach House).

Darauf einen Mittagscappuccino mit sehr englischer Aussicht (Leute bei Mittagessen vor Pub).

Apropos Körper: Ich bin begeistert von dem Blasenpflaster, das ich auf die große und scheinbar blöd platzierte Blase vom Joggen am Dienstag geklebt hatte. Der Schmerz war sofort weg, beim Gehen spürte ich dort nichts, und beim Schwimmen hielt sie perfekt. Es lebe der Fortschritt!

Frühstück um zwei: Vollkornsemmel mit viel Butter, Mango mit Joghurt.

Den Nachmittag verbrachte ich auf dem Sofa, las Zeitung, holte mir hin und wieder frisches Wasser, ging hin und wieder aufs Klo und merkte: Mir geht’s gut! So soll das doch im Urlaub.

Abendessen hatte ich schon mittags im Restaurant beschlossen, und um mir selbst spätere Unentschlossenheiten zu ersparen, gleich mal einen Tisch reserviert. In diesem Lokal war ich mit Herrn Kaltmamsell immer wieder in seinen verschiedenen Inkarnationen gewesen, aß jedesmal sehr gut. Nachfrage ergab als Konstante die Besitzer (bei denen ich zum Beispiel den spanischen Gewürztraminer von Enate kennenlernte), also ging ich diesmal wieder hin, obwohl mich das derzeitige Konzept, “Authentic Spanish Food and Drink”, sonst eher abschreckt (weil: und dann servieren sie nicht mal Brot zu allem, was die Basis der Authentizität wäre).

Spaziergang dorthin in wunderbarer Luft; ich ließ mich an der Bar platzieren.

Ich startete mit dem signature dish, den ich von meinem vorherigen Besuch dort in bester Erinnerung hatte: Goat’s cheese curros, also Churros mit Ziegenfrischkäse im Teig, darüber Trüffelhonig und geriebener Manchego – hervorragend. Dazu ließ ich mir einen Spangroni rühren, der den Negroni mit spanischen Zutaten und Grapefruit variiert (gut!).

Links gegrillter Oktopus mit Fenchel, viel Kartoffel und Zitrusfrüchten – die nicht wirklich zum Rauch-Aroma des Tintenfischs passten. Rechts Rote und Gelbe Bete mit gerösteten Haselnüssen und Chorizo-Öl – eine Hammer-Kombi, das baue ich nach. Beide Teller schwammen in köstlichen Sößchen, doch das Brot zum Auftunken musste ich als Extra-“Tapa” bestellen (sag ich doch). Als Wein hatte ich ein Glas Mencía aus der mir unbekannten Weingegend Monterrei bestellt: Passte überhaupt nicht, ein Fehlgriff.

Als Nachtisch Schokoladen-Ganache auf einem Orangenkeks: Eine etwas eigenartige Zusammenstellung, die ich nicht mit Besteck essen konnte und statt dessen Finger nahm.

Auf dem Heimweg genoss ich nochmal die milde Nacht, laut Wetter-App bei 17 Grad.

In der Ferienwohnung schaltete ich endlich mal den Fernseher an, hüpfte durch ettliche Reality- und Quiz-Shows – und war sehr amüsiert, als dies auftauchte:

In England läuft IMMER irgendwo Sound of Music, sag ich doch.

§

Was ich auch schon lange behaupte: Körper macht Gefühle. Dieser Artikel in der Süddeutschen dreht sich vordergründig um das Wahrnehmen von körperlichen Signalen; am interessantesten finde ich aber die Belege dafür, dass es physische Vorgänge sind, die Gefühle auslösen – was ich nur halb scherzhaft als “Somatopsychik” bezeichne (€):
“Interozeption
Wie man in sich hineinhorcht …”

Die Bedeutung der inneren Signale [wurde] in den vergangenen Jahrhunderten kräftig ignoriert. „Das Gehirn wurde als Kommandozentrale wahrgenommen und der Körper nur als ausführendes Organ“, sagt Johannes Michalak, der an der Universität Witten/Herdecke unter anderem zur Interozeption forscht. Angestoßen hat das Konzept der französische Gelehrte René Descartes, als er vor rund 400 Jahren den Leib-Seele-Dualismus ausrief. Aber das Gehirn verarbeitet nur Informationen, es generiert sie nicht. Daran ist der Körper ganz wesentlich beteiligt.

Auf die Idee, dass der Körper sogar eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Emotionen spielt, kamen der US-Amerikaner William James und der Däne Carl Lange sogar schon vor rund 150 Jahren. Die nach ihnen benannte James-Lange-Theorie besagt, dass der Körper wichtige Anstöße für Gefühle liefert. Demnach schlägt das Herz nicht schneller, weil man Angst hat. Vielmehr hat man Angst, weil das Herz schnell schlägt. Das Gehirn nimmt wahr, dass im Körper etwas los ist, und zieht daraus seine Schlüsse.

Die Theorie wurde über die Jahre vielfach kritisiert und auch durch Experimente stark infrage gestellt. Doch mittlerweile zeigen Daten, dass es die Entstehung von Gefühlen aus dem Körper durchaus geben könnte, wie Philip Tovote erzählt, der am Universitätsklinikum Würzburg zu den neurobiologischen Mechanismen der Interozeption forscht. So bauten Forschende aus Stanford vor zwei Jahren spezielle Gene in die Herzzellen von Mäusen ein, die sich durch Rotlicht aktivieren ließen und den Herzschlag der Tiere beschleunigten. „Sobald die Herzen der Mäuse schneller schlugen, zeigten diese verstärktes Angstverhalten“, sagt Tovote.

So ordne ich zum Beispiel meine Ängste beim nächtlichen Wachliegen ein: Da passiert irgendwas mit Stoffwechsel und Herzschlag, das mein Gesamtsystem als “Angst” einordnet.

Journal Dienstag, 30. September 2025 – Brighton mit Undercliff Walk und Food for friends

Mittwoch, 1. Oktober 2025

Wieder gut geschlafen, wieder zu einem herrlich sonnigen Tag aufgestanden.

Am Vortag hatte ich den Feierabend der 50 Meter entfernten Baustelle um fünf mitbekommen, jetzt lernte ich den Beginn des Betriebs: acht Uhr. Zum Glück, auch das lernte ich, bedeutete Betrieb keineswegs nur Wummerlärm; nach einigem Startwummern mit wackelnden Wänden blieb es ruhig.

Tagesplan 1: Laufrunde den Undercliff Walk entlang. Da ich diesmal recht weit weg von der Strandpromenade wohne, musste ich erstmal entscheiden, an welchen Punkt ich zum Starten spazierte.

In der Wohnung war mir so kalt gewesen, dass ich zum Laufen fast eine Jacke mitgenommen hätte. Doch draußen merkte ich in der Sonne sofort, dass kurze Ärmel richtig waren – unterwegs wünschte ich mir sogar kurze Hosen (Ende September in England!). Zudem halten hier die Bäume noch recht konsequent am Grün fest – wer hätte gedacht, dass ich ausgerechnet in England Herbst-Aufschub bekommen würde?

Übrigens werden hier (Brighton und davor auf dem South Downs Way) beim Joggen ähnlich viele Laufwesten getragen wie in München – ich hätte die Leute, die nach schlichter Morgenjoggingrunde aussahen, gerne gefragt, was sie darin um Himmels Willen alles transportierten (Wohnungs-/Autoschlüssel passt ja in kleine Hosentasche). Aber die Läufer*innen und Wandersleute der vergangenen neun Tage waren hier stoffliger als in München und auf Wanderungen in Bayern: Mein Gruß oder Lächeln wurde in der Hälfte aller Fälle nicht erwidert.

Das Royal Albion sieht schlimm aus: In dem 200 Jahre alten Gebäude hatte es kurz nach unserem jüngsten Brighton-Urlaub vor zwei Jahren gebrannt, noch ist offen, ob überhaupt etwas erhalten werden kann.

Fühlte sich ein bisschen wie Heimkommen an.

Kurz vor Rottingdean.

Das hier kannte ich noch nicht (kurz vor Marina) – ich erinnerte mich aber vage an Renovierungsarbeiten vor zwei Jahren. So ist das halt jedesmal: Mindestens eine Ecke ist kaputt, mindestens eine andere wird gerade hergerichtet, weitere sind schick und frisch erneuert.

Ich kam an der Schwimmmöglichkeit Sea Lanes vorbei (welch bezaubernder Name, der hier nicht nur Schwimmbahnen bezeichnet, sondern sich an The Lanes anlehnt, die winzigen ältesten Gässchen von Brighton), für die ich Badeanzug, Bademütze und Schwimmbrille dabei habe. Ab jetzt war ich SO aufgeregt, ob das am nächsten Tag klappen würde (Wetter, Überwindung wegen Fremdelns etc.). Auf der zugehörigen Website hatte ich schon einiges herausgefunden, unter anderem eine Wassertemperatur, die mit 19 Grad ein paar Grad unter der liegt, die mich nach spätestens 1.500 Metern zum Frieren bringt.

Was mich in Reflexionen brachte: FOMO (fear of missing out, also Angst, etwas zu verpassen) kenne ich ja nicht. Meine Motivation ist oft fear of regret, also Angst, dass ich mich später darüber ärgere, etwas nicht gemacht zu haben. Oder überhaupt die Befürchtung, mich rückblickend zu ärgern. Das führt zum Beispiel zu sorgfältiger Planung von fast allem, denn ich möchte mich nicht ärgern, weil ich etwas vergessen oder übersehen habe.

So frage ich mich auch nie, was ich eigentlich gerade will (woher soll ich das wissen?!). Statt dessen versuche ich mir vorzustellen, die Erinnerung woran, die Rückschau worüber mir Freude bereiten wird. Ich behaupte mal, dass ich damit vielleicht nicht die Mehrheit, aber sicher nicht allein bin.

Die Renovierung des Madeira Drive ist offensichtlich im Gang; bei den letzten beiden Brighton-Besuchen hatte ich die Kampagnen mitbekommen, dafür Spendengelder einzusammeln.

Die Bewegung, die Luft, das Licht, die Anblicke hatten mich richtig euphorisiert. Doch ich lief mit den alten Laufschuhen (ich hatte sie statt der neuen mitgenommen, um sie in der Ferne wegzuwerfen) – und schon hatte ich im letzten Drittel wieder die Fußschmerzen, die ich dank der neuen Schuhe mit Ultra-Hightech-Federung hinter mir gelassen hatte. Ich humpelte den Rest des Tages – und fand abends beim Ausziehen heraus, dass sich zwischen linkem Fußballen und Zehen direkt unter der Prinzessinnenzehe eine große Blase gebildet hatte, ganz sicher wieder ohne drückendes Hindernis, wieder einfach als Sonderpolster (erzählt mir nichts von “ungewohnter Druck” – Joggen und Gehen sollten meine Füße wirklich gewohnt sein und sich nicht so anstellen).

In der jetzt sonnenwarmen Wohnung trank ich viel Wasser, ging dann unter die Dusche. Um die Ecke gab’s einen Mittagscappuccino, der auch in diesem kleinen Speciality Café (mit Regalen voll para-medizinischen Heilmitteln) als Milchkaffee ausgeschenkt wurde (das Angebot, ihn durch “mushrooms” zu ergänzen, lehnte ich ab) (what?).

Tagesplan 2: Spätes Mittagessen im Brightoner Lieblingsrestaurant Food for Friends. Kurz vor zwei, so mein Kalkül, würde ich auch ohne Reservierung problemlos Tisch und Essen bekommen. Ich lag richtig und wurde am schönsten und sichtbarsten Tisch in der Spitze des Gebäudes platziert (mein Scherz, ob ich auch hübsch genug dafür sei, starb elendiglich).

Dann gab es wieder köstliches Essen, das wie immer zur Verwunderung führte, warum ich diese hervorragenden, liebevollen Teller, halt ohne Fleisch oder Fisch, nur hier bekomme. Sehen Sie sich einfach mal die Speisekarte an – das kann doch nicht so schwer sein?

Zur Vorspeise Crispy Tofu: “Tamari marinated tofu with a chilli and ginger sauce”. Ganz wundervoll, ich mag guten Tofu wirklich. (Weiß aber, wie grässlich schlechter ist.)

Hauptgericht gefüllt Champignons: “Oven-roasted Portobello mushroom filled with sautéed spinach, served with broccolini, fine beans, and a golden potato gratinate. Finished with a creamy garlic sauce, crispy capers and sun-dried tomato for a rich, savoury finish”. Hervorragend.

Spaziergang zurück übers Kino Odeon, ich wollte nach dem Programm sehen.

Oder auch nicht, das Gebäude wird einmal komplett durchrenoviert.

Also (nicht ungern) Nachmittag mit Lesen am Fenster und auf dem Sofa, eine Runde Yoga-Gymnastik.

Zum Nachtmahl gab es Apfel, restlichen Linsensalat, Brot mit Butter, eingeweichte Trockenpflaumen, sehr reichlich Schokolade/Süßigkeiten. Das war insgesamt zu viel.

§

Aufwändige und lesenswerte Recherche von Reiner Wandler für die taz über die diesjährigen Waldbrände in Nordspanien: Warum Viehhaltung Brände verhindern kann, welche Rolle die Landflucht in Spanien spielt – und zum Beispiel war mir neu, wie viel Land in Galicien Almende ist, also Gemeinschaftsbesitz.
“Aufgestanden aus der Asche”.

§

Ich werd’s ja nicht gucken, weil a) TV-Serie, b) Bezahlkanal, freue mich aber dennoch sehr über den Anblick von Emma Thompsons wunderschönem Faltengesicht. (Vielleicht, vielleicht, vielleicht kapiert die Filmindustrie, dass solche Gesichter spannender sind, als die Landschaft aus ewig glattgespritzten/-operierten? Wirklich junge Gesichter wachsen ja nach für die entsprechenden Rollen.)

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/0unUwpCfRg0?si=Fy6Q825bJh7wGKlC

Emma Thompson scheint sich ohnehin gerade auf Action-Rollen zu stürzen: Was ich sicher auch nicht sehen werde, aber in diesem Fall, weil ich solche Filme nicht vertrage:

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/klGRM4Qs-gk?si=PpWtzb3j50CRcxXB

§

Die britische Kultur stirbt aus.
Na gut: Die Esskultur.
Na guter: Die süßen puddings, was hier nicht etwa das Dr.-Oetker-Packerl ist, das mit Milch und Zucker aufgekocht wird, sondern etwas in Dampf und heißem Wasser Gegartes. Auch hier tut der Guardian seine Pflicht, der Sache auf den Grund zu gehen: Tim Dowling berichtet nicht nur, sondern kocht sie.
“Steam, stodge – and so much suet: I made 10 endangered British puddings. Are any actually worth saving?”

Falls Sie deutsche Vorurteile gegenüber britischer Küche bestätigt haben wollen: Bitteschön.

Journal Montag, 29. September 2025 – Brighton durchschnürt

Dienstag, 30. September 2025

Gut und ausgeschlafen, mehr als siebeneinhalb Stunden brauche ich wohl nicht. Der erste Vogelruf, den ich beim Aufwachen hörte, war eine Krähe statt einer Möwe – alles wird anders!
Es tagte wolkenlos.

Wieder setzte ich mich warm angezogen zu meinem Morgenkaffee: Das von den Vermietern angekündigte Heizen morgens und abends war nicht eingetreten. Zumindest ist die Wohnung nicht so kalt wie einige der B&B-Zimmer vorher.

Ich saß mit Laptop an dem Tisch im Bay Window der Wohnung, sah immer wieder raus in den herrlichen Sonnentag. Mein Blick fiel zum Beispiel auf einen weißhaarigen, sonnengegerbten alten Mann in hellen Bermudas, blauem Pulli und Deckschuhen, der mit Einkäufen in der Hand die Straße hochging und so typisch küstenortig aussah, dass ich mich nun wirklich am Meer angekommen fühlte.

Blick aus der Ferienwohnung – u.a. auf die Baustelle, von der noch die Rede sein wird und die aus der gesamten Ecke des Häuserblocks besteht.

Mein gestriges Programm war Herumlaufen in Brighton für Einkäufe. Erstmal spazierte ich mit Liste zum großen Supermarkt Waitrose, sah mich dort auch gründlich um.

Ich habe solch ein Scheißglück mit dem Wetter!

Diese Einkäufe brachte ich in die Wohnung, dann nächste, größere Runde: Über Boots (Zahnpasta, Zahnbürste – das war so geplant), Ikea (für Geschirrtücher – waren aber gerade aus), Marks & Spencer (Geschirrtücher, schwarze Baumwollunterhosen – der spontane Fünferpackenkauf vor zehn Jahren hatte sich beeindruckend bewährt), Schaufenstergucken, Western-Road-Bummeln, Brotkauf, gründliches Mäandern durch die Gässchen zwischen Western Road und Strandpromenade.

I see dead shops: An vielen Stellen ergänzte mein Hirn Ansichten aus vergangenen Jahrzehnten, das zum Beispiel war das letzte große Antiquariat gewesen. (Für die Chronik: Aktuell werden geschlossene Läden im Zweifelsfall durch Coffee Shops ersetzt, “Speciality Coffee”.)

Brunswick Square.

Die Moschee ist schön renoviert.

Das chinesische Lieblingslokal (mit den lackierten Enten im Fenster), in dem ich vor vielen Jahren meine erste Peking-Ente aß, wurde aufgegeben.

Doch das Lokal, in dem ich Dim Sum kennenlernte, gibt es noch. Dahinter der verfallende West Pier.

Deutlich nach eins kam ich zurück in die Ferienwohnung und zum Frühstücken: Apfel, Tomatenbrote, Joghurt mit (seit Vortag eingeweichten) Trockenpflaumen.

Die Wäsche war am Sonntag so schlecht geschleudert aus der Waschmaschine gekommen (hatte ich nicht rechtzeitig gemerkt), dass sie sehr langsam trocknete. Ich nutzte jeden Sonnenstrahl in Wohnzimmer und Hinterhof (!), um besonders feuchte Stücke darin auszubreiten.

Gleich nochmal raus in die kurzärmlige Milde, jetzt ging ich zu North Laine mit seinen vielen kleinen Gässchen und immer noch großteils Inhaber-geführten Läden. Der mit offenen Süßigkeiten nach Gewicht war auch nach über 35 Jahren noch da, ich stellte mir eine große Tüte zusammen.

Jetzt machte ich es mir in der Ferienwohnung gemütlich mit Lesen. Tatsächlich ungemütlich allerdings: Die Baustelle nebenan. Manche Baustellengeräusche finde ich durchaus erträglich, lautes Wummern und Bohren weniger, am Nachmittag vibrierte die ganze Küchenzeile. Zum Glück wurde um fünf Feierabend gemacht.

SIE sehen hier wahrscheinlich nur einen Bettvorleger. Ich sah eine potentielle Yogamatte und trug den Teppich ins Wohnzimmer: Yoga ging darauf tatsächlich auch nicht schlechter als auf meiner Reise-Matte.

Nachtmahl: Ich kochte eine Packung Puy Linsen (hey, ich hantiere mit diesem Gasherd wie eine Alte! ist mir sogar sympathischer als Induktion, bei Gas habe ich einen direkteren Bezug zu Hitzequelle und Hitzemaß), schnippelte in einen Teil davon rote Paprika, Gurke, Tomate, Frühlingszwiebeln, machte mit reichlich Olivenöl daraus Salat.

Zum Nachtisch gab es eine große Portion aus der Tüte Süßigkeiten.

Das Wetter soll erstmal so bleiben, ich ging mit dem Plan einer Laufrunde den Undercliff Walk entlang ins Bett. Dort neue Lektüre: Gaea Schoeters, Lisa Mensing (Übers.), Trophäe – die sehr fremde Welt der Großwildjagd in Afrika, aus sofort fesselnder Perspektive.

§

Eine Blog-Empfehlung für Typografie-Nerds und -Fans wie mich (ich bringe es ja immer höchstens zum Fangirl): Thomas Pfeiffer hat einen Blick für die Form und Aussage von Buchstaben, seit ich ihn kenne (und das ist lang); an diesem Ort im Web sammelt er jetzt seine Entdeckungen und was er darüber herausfindet.
Das Typographische Fundstück.

§

Am Oktoberfest verstehe ich ja Vieles nicht. Dass es aber seit vielen Jahren eine Schwulen-Hochburg ist, liegt bei so viel geballtem Camp meiner Ansicht nach total nahe. Und so gibt es natürlich auch die Schwuhplattler, die Süddeutsche stellt sie vor – mit u.a. sehr schönen Fotos (€):
“Queeres Platteln”.

Zum weltweit größten Volksfest gehören die Münchner Schwuhplattler mittlerweile dazu wie das Teufelsrad, der Toboggan oder die Tracht. Sie sind auf dem Weg, ein Wiesn-Klassiker zu werden.

§

Fährt eigentlich noch jemand per Anhalter? Die späten Ausläufer dieser Form der Mobilität machte ich Ende der 1980er / Anfang 1990er als junge Frau noch mit (ganz selten, aber doch): Während meines Auslandsstudienjahrs in Südwales hätte ich sonst mangels Geld so gut wie nichts außer Swansea gesehen – und auch für die vier einheimischen Freundinnen, die ich dort gleich von Anfang an fand, war das die übliche Form, von A nach weiter entferntem B zu kommen.

Doch schon lange sind die meist jungen Menschen mit Pappschild in der Hand oder auch nur gerecktem Daumen an Autobahnauffahrten verschwunden. Umso interessierter las ich in der Süddeutschen den Artikel von Christin Lesker (€):
“Warum ich per Anhalter fahre”.