Essen & Trinken

Journal Montag, 15. Juli 2024 – Der Preis von Premiumschneiderei

Dienstag, 16. Juli 2024

Auf den nächtlichen beiden Klogängen konnte ich kaum laufen vor Fußschmerzen. Mir fiel ein, dass meine zweiwöchige Wanderung auf Mallorca in gut zwei Monaten startet – bis dahin sollte sich das bitteschön halbwegs eingerenkt haben.

Freude über den Balkonkaffee, bei aller Frische konnte ich den Tag auf dem Balkon starten. Freude auch über den herrlichen Sommermorgen, Freude am Sommerkleidchen – und doch fühlte ich mich gereizt und missgelaunt: Die Fußbeschwerden mit Aussicht auf Wanderurlaub verhagelten mir die Stimmung.

Edles Hoftor aus Eisenstangen, im oberen Teil liegt eine zusammengerollte Zeitung

Meine Tageszeitung fand ich wieder im Hoftor. Ich hoffe, dass das nur an einer Urlaubsvertretung liegt, denn wenn das so bleibt, muss ich leider reklamieren.

Auf dem Weg in die Arbeit genoss ich die Morgenfrische plus Sonnenschein – besser mal intensiv, denn laut Vorhersage sollen bald Gewitter dem Spaß ein Ende machen. Oder wie es ein Meteorolge nannte: Ein stabiles Hoch ist weiterhin nicht in Sicht. Was halt Draußenplanungen unmöglich macht.

Emsiger Vormittag, der fast ausschließlich aus Unvorhergesehenem bestand. Mittagscappuccino bei Nachbars. Mittagessen bestand aus einem Stück Gurke, Fenchel-Salat (Ernteanteil, mit u.a. Crema gialla al limone von La Selva – die unangenehm schleimig war und so wenig limone enthielt, dass sich der klein geschnittene Fenchel über Nacht braun verfärbt hatte), Aprikosen. Das war möglicherweise zu viel: Fresskoma.

Nächste überraschende Körperlichkeit: Muskelkater vom Wandern, und zwar im hinteren Oberschenkel. Nicht schlimm, aber deutlich. Bin ich komplett außer Form?

Aber! Gestern war er endlich da: Der Tag, an dem ich die Kühle meines Büros rühmte, denn draußen wurde es heiß.

Nicht zu später Feierabend, denn gestern plante ich, mein neues Abendkleid zum Kürzen zu bringen: Mittlerweile habe ich Schuhe dazu (nicht die ursprünglich bestellten, denn die gab es dann doch nicht in meiner Größe), ich bestellte hellgoldene Riemchensandaletten eines anderen Anbieters (die ich noch einlaufen werde müssen, und selbst dann wird gemütlich was anderes sein). In der schön kühlen Wohnung wechselte ich Arbeitsrucksack gegen die Tasche mit Kleid und Schuhen, spazierte damit zum Ludwig Beck: Das Kürzen dieses besonderen Materials (elastisch und beschichtet) wollte ich lieber nicht einer Änderungsschneiderei ums Eck anvertrauen.

Die Schneiderin war ohnehin gerade in der Abendkleidungsabteilung und steckte Kleidung einer anderen Kundin ab. Dann kümmerte sie sich um mein Kleid und machte einen durch und durch kompetenten und vertrauenswürdigen Eindruck. Nur: Nicht Änderungsschneiderei ums Eck, so stellte sich heraus, bedeutet auch etwa dreimal so hohen Preis.

Auf dem Heimweg in der Hitze kaufte ich am Standl noch meine letzten Erdbeeren der Saison, jetzt kann ich damit abschließen.

Tisch mit einer Schüssel klein geschnittener Erdbeeren, dahinter ein Stapel leerer Erdbeer-Schachteln aus unterschiedlichen Materialien

Herr Kaltmamsell war sogar erst nach mir aus der Arbeit gekommen. Er kochte Abendessen auf Basis Ernteanteil-Mangold mit Pilzen, schwarzen Bohnen und Nudeln. Nur dass wir beim Servieren feststellten, dass er den Mangold vergessen hatte – so durch war er. Die Sommerferien werden echt Zeit. Zum Nachtisch gab es Erdbeeren. Und Käsekuchen und ein bisschen Schokolade. (Nur bisschen zu viel.)

Früh ins Bett zum Lesen. Draußen war es noch zu warm für offene Fenster.

Journal Sonntag, 14. Juli 2024 – Tegernseer Höhenweg mit vielen, vielen anderen

Montag, 15. Juli 2024

Gut und lang geschlafen, nach Aufwachen kurz vor sechs nochmal so tief, dass ich kaum rauskam aus dem Schlaf. Der Morgen startete kühl, zu kühl für Balkonkaffee.

Haarige Dinge: Nach diesem und dem vorherigen Haarschnitt (aus derselben Hand) gab es praktisch keine Übergangsphase zwischen frisch geschnitten und brauche dringend einen neuen Haarschnitt. Auch diesmal schien meine Haarpracht (ernst gemeint, ich habe sehr dichtes und dickes Haar, finde ich gut – möglicherweise bin ich die einzige Frau, die nicht mit ihrem angeborenen Haupthaar hadert, auch nicht mit der Farbe; nein, auch damit geht nicht jeder erdenkliche Schnitt, jede Frisur, aber ich habe schon eine besonders große Auswahl) von einem Tag auf den anderen zu explodieren, ich hatte wieder Bärenfell-Gefühle, das Trockenföhnen dauerte schlagartig doppelt so lang. Doch der nächste Haarschnitt ist auf kurz vor der Jahrhunderthochzeit terminiert, ich werde noch drei Wochen aushalten müssen.

Plan für gestern war eine Wanderung mit Herrn Kaltmamsell, ausnahmsweise am deutlich bevölkerteren Sonntag statt am Samstag, weil er am Vortag durch eine Einladung verhindert war. Ich hatte den Tegernseer Höhenweg ausgesucht, inklusive einem Zusatzstück am Anfang von Gmund aus. Das Wetter war als sonnig und nicht zu heiß angekündigt. Um halb zehn machten wir uns auf den Weg zum Bahnhof, da brauchte ich noch ein Hemd überm ärmellosen Shirt.

Ein Mann und eine Frau in Wanerkleidung fotografieren sich im Spiegel in einer Wohnung

Der Zug Richtung Tegernsee (ein Dreierzug mit zweimal Teilung dorthin) war 15 Minuten vor Abfahrt bereits gut besetzt.

Unter einem Schild "München Hbf" steht draußen ein roter Zug, der mit Graffiti besprüht ist

Stehen mussten die Passagier*innen aber erst ab dem Halt am Harras.

Alpenlandschaft mit See und Bäumen, im Vordergrund Wiese

Hallo Tegernsee (See)!

Schmuckes altes Fachwerk-Bahnhofsgebäude, davor ein Schild "Gmund" darauf zu gehen viele Menschen

Hallo Gmund! Die vielen Leute wollten zum Glück nicht alle auf dem Tegernseer Höhenweg nach Tegernsee (Ort). Aber deutlich mehr davon, als mir lieb war. Ich merkte, dass ich viel weniger oft zum schlichten Rumschauen stehenblieb, als ich ohne Wander*innen vor und hinter mir getan hätte.

Blick zurück nach Gmund.

Der Sonnenschein hielt nur anderthalb Stunden, dann kamen dichte und dunkle Wolken über die Alpenkette. Doch das Wetter ersparte uns Gewitter und Regen.

Weg in einem Wald, hinter dem man Sonnenschein sieht

Blick auf einen sommerlichen See vor Bergkulisse

Blick auf See vor Berg

Diesen Aussichtspunkt hatte ich als Brotzeitort angepeilt, doch wir waren eine Stunde früher dort als nach der Wegbeschreibung berechnet – zu früh für Brotzeithunger, wir gingen weiter. Nach zweieinhalb Stunden Wanderung, jetzt bereits deutlich im Tegernseer Höhenweg Süd, den wir schon kannten, setzten wir uns auf eine Bank im Wald. Ich brotzeitete ein Glas mitgebrachten Quark mit Joghurt und Nektarinen.

Abschüssiger Wanderweg mit einer tiefen Furche, ein Wanderer von hinten

See-Ufer, daran ein Bootshaus, dahinter alte schöne Gebäude

Zurück in Tegernsee (Ort). Nach den Angaben der Beschreibungen hatte ich sechs Stunden für die Route veranschlagt, doch wir waren bereits nach weniger als fünf Stunden für die gemessenen 16 Kilometer mit einer Pause zurück am Bahnhof. Wo mit uns viele, viele Menschen in den Zug zurück nach München stiegen, wir bekamen keinen Sitzplatz mehr. Der mir sehr recht gewesen wäre, denn meine Beine waren nach recht zackigem Auf und Ab müde (wahrscheinlich schneller als sonst gegangen, weil keine Gelassenheit) – wir fühlten uns überhaupt alle beide erstaunlich erledigt für die eher übersichtliche Wanderung. Die Luft auf dem Weg nach München war im Zug durch die vielen Menschen stickig, doch es herrschte gute Stimmung. Ich las auf dem Handy Vicki Baums Memoiren weiter (um mich herum auffallend viele Buchleser*innen).

Wie geplant stiegen wir schon an der Donnersbergerbrücke aus und nahmen eine Tram zum Hirschgarten fürs Abendbrot – und hinkten beide auf den letzten Metern zum Biergarten heftig: Herr Kaltmamsell laboriert immer noch an seiner Ferse (auch wenn er betont, dass sie besser wird), mir machte gestern nach der Ruhehaltung auf der Rückfahrt besonders meine Plantarfasziitis rechts zu schaffen.

Zu meiner großen Freude war der Steckerlfischstand Fischer Vroni in Betrieb, und bei Ankunft waren gerade Makrelen fertig gegart: Ich kaufte eine. Herr Kaltmamsell besorgte Radlermaßen und Breze, für sich einen Schweizer Wurstsalat.

Durch einen Zaun in ein Tiergehege fotografiert, darin sieht man einige Hirsche

Biergartentisch mit gegrillter Makrele, Wurstsalat, Riesenbreze, zwei Maß Radler, neben Tisch Zaun, durch den man einen Hirschen erahnt

Eine wunderbar saftige Makrele, gute Breze, gutes Radler. Und ich genoss das Biergartentreiben um mich herum, im Hirschgarten finde ich es besonders vielfältig und heimelig.

Mit einer Tram fuhren wir nach Hause, einige Passagier*innen in Fußballtrikots mit spanischer Flagge erinnerten mich daran, dass gestern das Finale der Männerfußball-EM ausgetragen wurde.

Daheim Räumen, Vorbereitung des Arbeitstags, Käsekuchen und Schokolade zum Nachtisch. Ich ließ im Fernsehen den zweiten Downton-Abbey-Kinofilm laufen, zumindest die erste halbe Stunde sah recht langweilig aus.

Journal Samstag, 13. Juli 2024 – Fernseh- und Käsekuchensamstag

Sonntag, 14. Juli 2024

Nach guter Nacht früh aufgewacht – das war mir recht, denn ich hatte Backpläne: Käsekuchen Buddenbohm (mit frischen Aprikosen statt Dosen-Mandarinen). Den Mürbteig bereitete ich aus einer Laune heraus nach englischer Methode zu: rub the fat into the flour, in diesem Fall die Butter mit den Finger in alle trockenen Zutaten gerieben, dann schnell mit dem Ei verknetet.

Käsekuchen in Springform auf Kochfläche, er ist sehr aufgegangen, die Oberfläche gerissen

Frisch aus dem Ofen.

Gleich nach Blumengießen und Milchkaffee machte ich mich daran, wie erinnert geht der Kuchen recht flugs. Während der Handgriffe hingen meine Gedanken dem letzten Traum der Nacht nach, der besonders intensiv gewesen war: Ich war in die erste PR-Agentur zurückgekehrt, in der ich 1998 nach Aufgeben meiner akademischen Träume den Schritt in die freie Wirtschaft gemacht hatte (und die es schon längst nicht mehr gibt), in München Haidhausen. Dort trafen auch einige Kolleginnen von damals ein; die Geschäftsführerin hatte ihren Vornamen gewechselt, mit den anderen sah ich mich in den Räumen von damals um.

Wach musste ich sehr konzentriert nachdenken, um mich an den Grundriss und die Räumlichkeiten der Altbauwohnung zu erinnern, die diese Agentur damals als Büro nutzte – eigentlich der zwei Wohungen, denn neben den repräsentativen Räumen im 1. Stock gab es auch deutlich schlichtere Büros im Erdgeschoß, zu denen man am Hinterzimmer einer Bäckerei vorbei gelangte. Jetzt, wo ich das schreibe, habe ich die Agentur wieder in vielen Einzelheiten vor Augen, schließlich habe ich zwei Jahre lang dort gearbeitet (und Agenturjahre zählen ja wie Hundejahre mal sieben).

Die Zeitung war gestern gar nicht da – oder, wie Herr Kaltmamsell zurecht einwarf, ich hatte sie diesmal einfach nicht gefunden. Beim Reklamieren auf der Website gab es wieder die Option, diese Ausgabe statt dessen digital zu lesen – und diesmal klappte das! (Vorherige solche Angebote nicht.)

Der gestrige Sportplan sah Schwimmen vor. Die Luft war langärmlig kühl, doch beim Rausradeln zum Dantebad bekam ich sogar ein bisschen Sonne. Auch auf den ersten 1.000 Metern meiner Schwimmerei mit nur wenig Gesellschaft auf der Bahn schien manchmal die Sonne, dann aber wurde der Himmel dunkel bewölkt. Auf den dritten 1.000 Metern fröstelte ich sogar. Nichts, was sich nicht mit einer anschließenden heißen Dusche beheben ließ. Ansonsten machte mein Körper gut mit.

Auch beim Heimradeln blieb ich trocken. Ich stellte fest, dass die eine oder andere Baustelle auf diesem Weg vorankommt, mancher Radweg wieder befahrbar ist.

Frühstück schon um halb zwei: Ein Teller Gemüse-Kugel (jüdischer Auflauf), die Herr Kaltmamsell am Vorabend aus Ernteanteil-Karotte, -Zucchini sowie Kartoffel und Zwiebel gemacht hatte, außerdem zwei große Stücke Käsekuchen.

Ganzer Käsekuchen, von dem ein großes Stück fehlt

Wäscheaufhängen, kleine Einkaufsrunde, Zeitunglesen am Bildschirm. Herr Kaltmamsell war zu einer Geburtstagsfeier gefahren, ich verwendete den restlichen düsteren, kühlen Nachmittag für alle fünf Folgen der Doku über Angela Merkel aus der ARD-Mediathek.
“Angela Merkel – Schicksalsjahre eine Kanzlerin”.
(Saublöder Titel.)

Ich bin weiterhin von ihr fasziniert, weil sie einfach ein Einzelfall war: Dass so jemand auf diese Weise aufstieg und in Deutschland an die höchste politische Machtposition kam, war nur zu diesem Moment und in dieser Konstellation möglich. Deswegen erzählt jede Doku über Angela Merkel ganz besondere Zeitgeschichte – auch unabhängig von der Einschätzung ihres Lebenswerks als Kanzlerin.

Als ich Hunger bekam, garte ich Ernteanteil-Lauch und -Karotten zu einem Buttergemüse, dann gab’s nochmal zwei große Stücke Käsekuchen.

Ich ging früh ins Bett, las noch eine Weile

§

Auch in der Süddeutschen eine große, vor Ort recherchierte Geschichte über das Leben der Einheimischen auf einer Urlaubsinsel, hier ist es Teneriffa (€).
“Insel der Erschöpften”.

Autor Patrick Illinger geht auch darauf ein, wie sehr die Wirtschaft der kanarischen Inseln auf den Tourismus angewiesen ist.

§

Es gibt eine Website, die sich mit Hunden an Bord von Schiffen beschäftigt:
bordhunde.com

1. Internet ist toll.
2. So ungefähr, liebe Kinder, sahen anfangs die meisten Websites aus, also in den 1990ern. (Mit Besucherzähler!) (Wenig später sahen die meisten dann aus wie dieses Blog.)

Journal Freitag, 12. Juli 2024 – Wochenabschluss mit wechselndem Wetter und florentiner Brotzeit

Samstag, 13. Juli 2024

Nach recht gutem Schlaf kurz vor Weckerklingeln müde aufgewacht. Nachts hatte ich Regen mitbekommen, umso mehr freute ich mich über einen hellen, trockenen Morgen, dessen Temperatur mir Balkonkaffee ermöglichte.

Blick über die Brüstung eines Balkons mit Pflanzen, im Vordergrund auf einem Tisch Kaffeetasse und Wasserglas, im Hintergrund blauer Himmel, Bäume

Derzeit ist es wieder allmorgendlich spannend, wo ich meine Süddeutsche finden werde. Neben dem regulären Briefkasten hatte ich bereits: Vorm Aufzug im Wohungsgeschoß, vorm Briefkasten auf dem Boden, vor der Haustür auf dem Boden. Heute neu: Zwischen den Gitterstäben des Hoftors, der Feuchtigkeit des Papiers nach lag sie da schon eine ganze Weile.

Ruhiger Arbeitstag. Mittagscappuccino im Westend, ich geriet unterwegs in leichten Regen.

Blick aus Caféfenster, im Vordergrund auf Holz ein Tässchen Cappuccino, draußen Straße, auf der gegenüberligenden Seite geht eine Frau mit Regenschirm vorbei

Mittagessen Quark mit Joghurt, reichlich Nektarinen, die sehr unterschiedlich reif und gut schmeckten.

Nachmittag mit Kreislaufgewackel und Schwindel, pünktlicher Feierabend, ich ging über Lebensmitteleinkäufe beim Vollcorner heim, jetzt wieder in Sonne.

Random Erinnerung: In dem pubertären Alter, in dem Altersgenoss*innen mit Schminke, Frisur und Kleidung provozierten, las ich in einem Artikel über Graphologie, dass nach links geneigte Schrift von Arroganz und Egozentrik zeugten. Und trainierte mir das gezielt an.
(Bis heute in meinem Schriftbild sichtbar.)

Daheim packte ich nur kurz aus, zum frühen Abendessen war ich verabredet: Mit einer Florenz-erfahrenen Freundin im aktuellen Lokal im Müller’schen Volksbad, der Rustikeria. Dort wurde eine florentiner Brotzeit-Spezialität angeboten, die die Freundin kannte und schätzte: Schiaccata, besonders köstlich belegte Bocadillos.

Vor knallblauem Himmel zwei Kirchtürme, davor Bäume

Hin spazierte ich durch Hochsommer, an der Isar herrschte reges Leben.

Außengastronomie vor einem alten Gebäude mit der Aufschrift "Karl Müllersch...", Torbögen

Eigentlich war für Freitagnachmittag Temperatursturz und Regen angekündigt, doch wir konnten im schönen Außenbereich sitzen. Die weiterhin anhaltende Baustelle Ludwigsbrück ignorierten wir, fragten uns aber schon, ob sie ähnlich wie die Baustelle Sendlinger Tor bald 500. Jahrestag feiert.

Auf einem Tisch zwei Bretter mit belegten Brotfladen, dazwischen zwei Gläser Rotwein, ein Schälchen schwarze Oliven

Die belegten Brote (ich hatte eine Variante mit gekochtem Schinken, Thunfischpüree, Ruccola) schmeckten sehr gut, auf den Rotwein (Sangiovese) hatte ich mich schon den ganzen Tag gefreut. Zum Nachtisch aßen wir Tiramisu (gegenüber) und Panna cotta mit Waldfrüchten (im Glas, nicht gestürzt), waren auch damit sehr zufrieden. Die Tischreservierung war eigentlich auf zwei Stunden beschränkt, doch da sich nun wirklich ein Unwetter zusammenbraute, durften wir sitzen bleiben, so lang wir wollten oder es möglich war. Ich bestellte noch einen Hugo.

Das Wetter hielt, bis wir beide in unseren jeweiligen Transportmitteln nach Hause saßen.

In einer Straßenbahn , draußen dunkel, im Fenster spiegelt sich eine Frau, die das fotografiert

Plausch mit Herrn Kaltmamsell, während es draußen blitzte und donnerte, schließlich setzte Regen ein.

Im Bett weiter in Vicki Baum, Es war alles ganz anders. Erinnerungen gelesen – mit großem Vergnügen und Genuss: Auch in solch einem Standard-Genre wie Memoiren schafft Vicki Baum mit leichter Hand Originelles – zum Beispiel indem sie mit Ansage über ihren (doofen, lächerlichen, verachteten) Vater schreibt, tatsächlich aber der Hintergrund, vor dem sie ihn schildert, die eigentlich Geschichte ist, nämlich ihre eigene Lebenssituation zu bestimmten Zeiten. Wie bei Menschen im Hotel wundert mich nicht, dass das Werk (veröffentlicht 1962) bis heute aufgelegt wird.

Journal Donnerstag, 11. Juli 2024 – Byzantinische Penrose-Treppen

Freitag, 12. Juli 2024

Besonders guter Schlaf, eventuell nur nicht genug. Das Wetter ist derzeit eine Überraschungstüte, gestern stand ich zu unvorhergesehenem Regen auf.

Doch mein Marsch in die Arbeit fiel genau in die halbe Stunde mit blauem Himmel und Nach-Regen-Frische vor der nächsten Schwül-Welle – super. Unterwegs fiel mir eine Frau auf, die mit ihrem Handy die oberen Hälfte eines schlichten Gebäudes auf der gegenüberliegenden Straßenseite fotografierte. Ich folgte ihrem Blick: Da saß ein Falke überm Fenster!

Emsiger Vormittag mit eher Unvorhergesehenem. Mittags ging ich auf einen externen Cappuccino, lief gleich weiter für Käsekauf zum Markt auf dem Georg-Freundorfer-Platz – doch der Käsestand war nicht da! Ich hoffe, dass die Betreibenden nur im Urlaub sind. Käse bekam ich dann in einem Obst-/Gemüse-Feinkostladen auf dem Rückweg.

Mittagessen war Pumpernickel mit Butter, viele Pfirsiche.

Nachmittags wurde es interessant und lustig – wenn auch nicht lustig gemeint. Die byzantinischen Schleifen und Muster mancher Abrechnungsprozesse winden sich so weit entfernt von jeder Verhältnismäßigkeit, dass ich hiermit nie wieder über die Penrose-Treppe von Change-Management-Beratungsagenturen witzeln werde. Effizienz und Nutzen sind sehr wahrscheinlich schlicht überschätzt, Hauptsache die Leute sind weg von der Straße und haben genug zu tun. Notfalls halt Erfundenes.

Zu spät durfte es nicht werden, da ich gestern Ernteanteil-Abholdienst hatte, Herr Kaltmamsell war beruflich verhindert. Es war gerade mal wieder sonnig, dazu schwülheiß. Ernteanteil abgeholt (unser Verteilerpunkt bei einem Coworking-Space im 1. Stock eines schraddligen Nachkriegsbaus ist ein ganz kleiner mit nur acht Kisten), daheim ausgepackt, zum Teil gewaschen.

Die Wohnung war kühl genug für eine wirklich wohltuende Runde Gymnastik, die genau richtig anstrengte, damit ich mich sportlich fühlte.

Als Nachtmahl machte ich einen Salat aus Ernteanteil: Lollo rosso, Gurke, Lauchzwiebel (zugekauft, musste weg), eine gehackte Karotte mit Joghurtdressing. Dann gab’s noch Käse, zum Nachtisch Schokolade.

Im Bett startete ich neue Lektüre: Vicki Baum, Es war alles ganz anders. Erinnerungen. Schon die ersten Seiten (Bildschirme) bewiesen wieder, wie gut sie schreiben konnte.

§

Eine Mauerseglerretterin erklärt in einem Mastodon-Thread Hintergründe ihrer Einsätze.

§

Rücksichtsvolles Reisen bezog sich ja bislang vor allem auf CO2-freundliche An- und Abreise. Jetzt kommt für mich zusätzlich das schlechte Gewissen hinzu, wenn ich am Zielort durch meinen Tourismus die Alltagsstruktur der Einheimischen zerstöre. Ausgerechnet dieses Jahr habe ich auf Mallorca gebucht. Reiner Wandler hat für die taz aufgeschrieben, was ich und die anderen Massentourist*innen dort angerichtet haben:
“Massentourismus auf Mallorca:
Vertreibung aus dem Urlaubsparadies”.

Mallorca hat 308.000 Hotelplätze und 104.000 Plätze in Ferienvermietungen. Hinzu kommen die Ferienvermietungen, die ohne Lizenz abgewickelt werden. Wie viele Wohnungen dadurch dem örtlichen Wohnungsmarkt zusätzlich entzogen werden, weiß niemand so genau. Dazu kommen die Ausländer – meist aus Mittel- und Nordeuropa –, die sich eine Ferienwohnung kaufen. Diese steht dann bis auf ein paar Monate im Jahr leer. Ein Drittel aller 2023 auf den Balearen verkauften Wohnungen gingen an ausländische Kunden.

(Zudem taucht in dem Artikel das komplett irrsinnige System des spanischen Wegs zu einem Beamtenposten auf, die oposiciones.)

§

Auf insta zeigt unsere Gärtnerei des Kartoffelkombinats, wie’s den Tomaten geht!

Journal Dienstag, 9. Juli 2024 – Lerchenlauf in Teilzeit-Sommer

Mittwoch, 10. Juli 2024

Eine gute Nacht, der sehr frühe Wecker holte mich aus tiefem Schlaf. Doch ich wollte ja dringend vor der Arbeit Laufen gehen: Diese Woche war sehr wahrscheinlich kein weiterer Sommerwettermorgen drin, und im August würde es wahrscheinlich vor der Arbeit schon wieder zu dunkel sein.

Draußen roch es herrlich, die Sonne strahlte von wolkenlosem Himmel, über den Isarauen hing immer wieder leichter Morgendunst. Ich roch die nächste Welle Lindenblüten, aus der Süddeutschen weiß ich inzwischen, dass es in München unterschiedliche Sorten gibt, die nacheinander blühen, alle dieses Jahre besonders intensiv. Das ist selbst mir dieses Jahr ein bissl zu arg, meinetwegen dürfte es jetzt auch mal wieder anders riechen.

Das Laufen war erstmal beschwerlich, weil meine Füße besonders stark schmerzten (links sehr unangenehm Mittelballen und Zeigezehe, rechts weniger schlimm die Ferse); es brauchte eine Weile, bis das weggelaufen war – dann genoss ich das Traben (zahlte aber mit bösen Schmerzen beim Gehen den ganzen Tag über – Orthopädietermin in Kürze, aber ohne große Hoffnung).

Blick durch eine alte gemauerte Brücke auf Fluss und Flussauen, im Hintergrund Kirchtürme

Flusslandschaft von den Auen aus, mit Steinen, Bäumen

Holzsteg mit Reling zwischen Bäumen, in der Morgensonne

Blick über hölzerne Ballustrade auf einen schäumenden Fluss mit Gischt

Grabsteine auf altem Friedhof in Morgensonne mit Schatten der Fotografierenden

Daheim schwitzte ich aus, während ich die Wohnung hitzefest machte. Duschen und Fertigmachen, Fußmarsch in die Arbeit, wieder traf ich 40 Minuten später als sonst ein (was wirklich kein Problem ist).

Emsiger Vormittag, aber ich konnte auf einen Mittagscappuccino raus.

Cappuccino auf Bank vor Fenster, daneben nacktes Bein in braunem Wildlederschuh
Fast garnicht gestellt.

Hier war ich schon lang nicht mehr gewesen – und wusst nach dem ersten Nippen auch wieder warum: Für meinen Geschmack ist der Cappuccino zu stark. Aber allein wegen des Spaziergangs durch Sommerdüfte und immer noch lediglich -wärme hatte sich der Ausflug gelohnt.

Mittagessen später am Schreibtisch: Rote-Bete-Rest vom Vorabend, Mango mit Sojajoghurt.

Nachmittag mit verschiedenem Interessanten, aber auch Anstrengenden. Es wurde eher spät.

Schöne Überraschung gleich hinter der Arbeit: Eine Eidechse lief mir über den Weg. Es war mittlerweile auch heiß genug dafür.

Kurzer Einkauf für den Abend. Daheim in der gut gekühlten Wohnung machte ich erstmal den Nachtisch nach einem Rezept, das gerade auf dem Weg in ein Kochbuch ist, auf das ich mich sehr freue: Pfirsich-Rosmarin-Crumble.

Das eigentliche Nachtmahl machte Herr Kaltmamsell mit dem Ernteanteil-Spitzkohl: Okonomiyaki.

Na gut, auf den neuen Bast-Sets sehen die Glasteller wirklich gruslig aus.

Serviert mit dem im Rezept empfohlenen Buttermilcheis (aber nicht in Einzelportionschälchen zubereitet). Sehr guter Nachtisch. Während wir aßen, verabschiedete sich der Sommer nach lediglich etwas mehr als einem Tag wieder: Der Himmel zog mit Gewitterwolken zu, die Wettervorhersage machte keine Hoffnung. Ich nutzte die letzte Trockenphase für Lesen auf dem Balkon. Im Bett las ich weiter Fang Fang, Michael Kahn-Ackermann (Übers.), Glänzende Aussicht – ein sehr seltsamer Roman: sprachlich immer wieder ungelenk (die Übersetzung?), viele Erzähltechniken lesen sich gewollt originell, ohne wirkich motiviert zu sein.

Journal Sonntag, 7. Juli 2024 – Vergnügter Isarregenlauf und Ausdauerbügeln

Montag, 8. Juli 2024

Diesmal mittelguter Schlaf, aber davon genug. Ich zog den Rollladen zu dunklem Himmel und kühler Luft hoch, der Regen hatte aufgehört – vorläufig, bereits für den Vormittag war mehr Regen angekündigt.

Er setzte genau dann ein, als ich nach Bloggen und Milchkaffee kurz nach zehn das Haus für eine Laufrunde an der Isar verließ. War mir egal, ich hatte mich ausgerüstet.

Selfie einer Frau mit beiger Schirmmütze und Brille in einer modernen U-Bahn

U-Bahn nach Thalkirchen, dort regnete es sanft – so blieb das auch die ganze Laufrunde von 100 Minuten hindurch. Doch ich zog die Kapuze der Jacke über meine Schirmmütze und lief vergnügt bis Pullach und zurück: Mein Körper machte gestern ganz besonders gut mit, und der Regen war nicht so stark, dass er mich vom Rumgucken abhielt. Beeinträchtigt war ich lediglich auditiv: Die Kapuze über der Kappe raschelte so laut, dass ich sonst fast nichts hörte.

Für das schlechte Wetter waren überraschend viele weitere Läuferinnen und Läufer unterwegs; den meisten schien der Regen ebenfalls nichts auszumachen, die sahen keineswegs unglücklich drein.

Rechts kleine Hütte mit Graffiti, links Wehranlage mit Bäumen

Teich mit Wehranlage im Hintergrund, auf dem Wasser im Vordergrund erwachsene und junge Schwäne

Blick von oben auf einen verästelten Fluss, dazwischen Pfade, umgeben von Bäumen

Dunstiger Blick ins Tal, im Vordergrund eine nasse Sitzbank, umgeben von Bäumen, im Hintergrund Hügel

Feuchte Linse -> David-Hamilton-Filter.

Blick von der Bank aus ins regnerisch-neblige Isartal

Hydrant in hoch gewachsener Wiese vor Bäumen und regendunklem Himmel

Beim Kreuzen dieser hohen Wiese mit nackten Waden lernte ich: Auch nass stechen Brennnesseln, ich hatte noch lange etwas davon.

U-Bahn zurück nach Hause, dort ausgiebige Körperpflege (die durchgeweichte Haut meiner nassen Füße nutzte ich gleich mal für Fußpflege – nächste Woche soll es ein bis zwei Tage mit Sandalenwetter geben, dafür habe ich jetzt schöne Füße).

Frühstück kurz nach eins (wie so normale Leute am Sonntag): letzter Rest Rindfleisch von Freitagabend – köstlich, Joghurt und Quark mit Nektarinen.

Wer viele Wochen nicht bügelt, muss das lange nachholen und steht zweieinhalb Stunden am Bügelbrett. Machte mir fast nichts aus, weil das Wetter eh schlecht war und ich offene Tabs weghören konnte, nämlich zwei verpasste Sessions von der re:publica.

Zum einen Carolin Emcke, “Queer Leben – Eine Intervention” (wie ich mich freue, dass sie sich auf der re:publica daheim zu fühlen scheint – ich erinnere mich noch gut an ihren ersten Auftritt, an ihre Aufregung, und dann ging gleich mal technisch was schief, und sie seufzte, genau deshalb sei sie bislang nie gekommen; dabei geht doch auf der re:publica um ganz Anderes):

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/bMCoIE6mAao?si=6ACGEqlOV7gBj_Q3

Keine leichte Kost – aber Emcke macht es weder sich noch uns einfach. Und das ist gut so.
Ich lernte den Begriff “utopischer Vorgriff”: Wenn man so lebt, als sei die Gesellschaft schon dort, wo man sie hinhaben will. Das mache ich von Kindheit an gegen Frauen-Stereotypen.

Dann hörte ich zur Verarbeitung ein wenig Musik. Zweiter Vortrag, den ich mir wegen unbedingt eingemerkt hatte: Esra Karakaya, “Ich weiß nicht, wie du es siehst – aber zukunftsfähig ist das nicht”.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/4-n7TbLvLeE?si=r_ugRTyc3Y68_ywq

Esra schilderte eine bessere Zukunft der Medien in Deutschland.

Es blieb noch genug Zeit für eine Runde Gymnastik mit Gabi Fastner – die sich länger hinzog als geplant, weil unterwegs das Internet ausfiel. Ich musste erstmal eine Ersatzlösung finden, bis ich weiterturnen konnte. Es wurde der Handy-Bildschirm, mit dem ich die Einheit beendete. (Unkomfortabel.)

Herr Kaltmamsell servierte als Nachtmahl Ernteanteil-Zucchini-Spaghetti, sehr gut. Nachtisch 1 war die restliche misslungene Panna cotta.

Auf weißen Teller ein gestürzter weißer Pudding in drei Schichten, drumrum Erdbeersauce

Und ein Stück hervorragender Kirschkuchen, den Herrn Kaltmamsell von einem gestrigen Ausflug zu seinen Eltern mitgebracht hatte.

Das schönste am Tag aber war das Ergebnis des zweiten Durchgangs der Parlamentswahlen in Frankreich: Es wird keine rechtsextreme Regierung geben, statt dessen liegt die links-grüne Volksfront vorn – es ging dann wohl doch in erster Linie um Veränderung. Und die Wähler*innen sind vielleicht doch zur Besinnung gekommen, dass Rechtsextremismus die vielen Probleme im Land nicht lösen würde.