Essen & Trinken

Journal Donnerstag, 29. Februar 2024 – Hauptsächlich Arbeit, aber auch Beifang aus dem Internetz

Freitag, 1. März 2024

Gut geschlafen, hätte aber mehr als die knapp acht Stunden sein dürfen.

Auch dieser Tag zeigte sich erstmal mit kaltem Hochnebel. Im Büro ging es gleich mal volle Pulle los. Nicht nur die reichliche Arbeit diese Woche führte dazu, dass ich mich durch und durch nach Freitag fühlte (was allein schon der Anblick von Kolleginnen auf dem Flur korrigierte, die freitags nie da sind): Diese und nächste Woche bin ich zusätzlich dran mit einem durchwechselnden Angst-Job, zum Glück war noch nichts Stressiges.

Und dann ist wieder mal Frier-Woche im Büro: Auch mit Thermo-Rolli brauchte ich am Schreibtisch meinen Woll-Janker, um bis in die eisigen Finger warm zu werden.

Irgendwann konnte ich mich endlich in einen hochkonzentrierten Job vertiefen. Nach einem Absatz schubste ich mich dennoch nach draußen (musste zum Weiterarbeiten eh etwas recherchieren): Mittagscappuccino bei Nachbars, Käse-Einkauf auf dem Markt.

Später Mittagessen am Schreibtisch (ich brauchte eine Orangenpause): Apfel, Birne (auch zwei Wochen nach Kauf nicht nachgereift, geschmacksneutrales Knurpseln), Pumpernickel mit Butter. Bald darauf wurde es zu meiner großen Freude endlich hell draußen, ich sah blauen Himmel und Sonne.

Nach spätem Feierabend stellte ich allerdings fest, dass die Tageshelle nicht gewärmt hatte, ich war weiterhin froh um Mütze und Handschuhe. Auf dem Heimweg besorgte ich beim Süpermarket Verdi schon mal Artischocken fürs Freitagabendessen. Über der Ecke Goethestraße/Pettenkoferstraße sah ich einen Falken fliegen (immer ein Highlight).

Zu Hause Yoga-Gymnastik, Fingernägelschneiden (gnarf), Brotzeitvorbereitung. Ernteanteilsalat liegt noch in weiter Ferne, zum Nachtmahl briet Herr Kaltmamsell Rösti, dazu gab’s sein selbst gemachtes Kimchi, diesmal aus Weißkraut (SO! SUPER!) und viel Käse. Nachtisch Schokolade.

Früh ins Bett zum Lesen. Gegen Ende wird Landgericht von Ursula Krechel leider holprig.

§

Danke, İlker Çatak, für den Protest, weil Sie mit Ihrem Namen als Oscar-Nominierter nicht als Vertreter Deutschlands akzeptiert werden.
“‘Ich habe vor Wut geweint'”.

Als wir letztes Jahr beim Deutschen Filmpreis mit “Das Lehrerzimmer” abgeräumt haben, hat sich die Laudatorin Iris Berben auf der Bühne bei meinem Namen versprochen. Gut, kann passieren, muss man nicht überdramatisieren – aber es geht auch anders. Nach der Oscar-Nominierung habe ich von der amerikanischen Filmakademie eine Mail bekommen, in der sie mich gebeten haben, ihnen eine Audiodatei zu schicken, wie man meinen Namen ausspricht, damit sie es richtig machen können. Diese Feinfühligkeit würde ich mir für unser Land auch wünschen.

Wie gut ich sein bisheriges Sich-halt-nicht-anstellen nachvollziehen kann – das er jetzt als schädlich erkannt hat. Erst kürzlich fühlte ich mich wieder zickig, weil ich bei jemandem, mit dem ich seit Jahren beruflich zu tun habe, dann doch mal darauf beharrte, dass er meinen Vornamen korrekt ausspricht.

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“Terrible news for pedants as Merriam-Webster relaxes the rules of English”.

It’s fine to end a sentence with a preposition, according to a shock ruling from the American dictionary publisher. But is it OK to recklessly split infinitives?

Ganz, ganz entzückende Hinweise. Ich habe mich damit abgefunden, dass deutschsprachige Grammatik- und Rechtschreib-Hausmeister (m/w/d) nie diesen leichten, humorvollen Ton treffen werden. Dafür können wir echt lange Wörter.
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzschulung.

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Rausschmeißermusik.

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https://youtu.be/lI4fy4XrfvY?si=HXE0FgUNuR85SCMD

via @hannaengelmeier

Journal Mittwoch, 28. Feburar 2024 – Arbeit in der Alten Kongresshalle

Donnerstag, 29. Februar 2024

Guter Nachtschlaf, hätte ich gern noch länger als bis Weckerklingeln genossen.

Marsch in die Arbeit wieder unter kaltem Hochnebel, trübe Aussichten.

Aber: Die Mangolienknospen sprießen sich warm.

Voller Vormittag im Büro. Als ich endlich rauskam für einen Mittagscappuccino bei Nachbars, war ich zu spät dran: Es standen bereits die Schlangen der postprandialen Espressotrinker*innen an, ich kehrte uncoffeiniert um.

Mittagessen Pumpernickel mit Butter (mmmmhh, endlich wieder), Orangen.

Am Nachmittag war ich im Einsatz bei einer Veranstaltung: Ich schrieb in einer Podiumsdiskussion als Protokollantin mit. Das brachte mich zurück in die Alte Kongresshalle, schöne Erinnerungen ans Rosenfest.

Die Diskussion war hochinteressant, ich lernte eine Menge.

Durch den weiterhin unangenehm kalten Nebel marschierte ich zurück ins Büro, dort hatte ich noch zu tun. Nach spätem Feierabend ging ich über Einkäufe nach Hause.

Für Yoga war ich zu erledigt und hatte keine Lust. Als Abendessen waren Mohnnudeln geplant: Ich hatte im österreichischen Standard von der “Suche nach den perfekten Mohnnudeln” gelesen, und wir hatte noch Ernteanteil-Kartoffeln. Wie den Autor Tobias Müller überraschte mich an der Versuchsreihe am meisten, dass die verwendete Kartoffelsorte nahezu egal ist. Andererseits erinnerte ich mich, dass ich am Anfang meiner Koch-Eigenständigkeit für Kartoffelgerichte immer die nächstbesten genommen hatte – und entsinne mich keiner Fehlschläge.

Zum Glück hatte Herr Kaltmamsell auch gestern Abend genug Energie für eine Stunde in der Küche: Mir fehlte sie komplett, ich war bereit, auf Pellkartoffeln mit Käse und Butter umzuschwenken. Doch so (und ich wuzelte ein wenig mit) kam dieses auf den Tisch:

Mohn streuten wir auf meinen Wunsch noch eine zusätzliche Hand voll nach. Schmeckte sehr gut, doch auch die Variante aus Nicole Stichs Sweets (sehr andere Mengenverhältnisse) habe ich gut in Erinnerung. Danach nur noch ein bisschen Schokolade.

Dramatische Tulpen (sprangen mir im Supermarkt in die Arme).

§

Julius Betschka fasst im Tagesspiegel zusammen, was mich immer fassungloser macht:
“Verfall allgemeiner politischer Sitten: Die Grünen stehen am Pranger der Nation – Schluss damit!”

Man muss sich das vorstellen: Eine Partei, die in fast 75 Jahren Bundesrepublik ganze neun Jahre als Juniorpartner Teil der Bundesregierung war, soll für den Abstieg eines ganzen Landes verantwortlich sein.

Ein grüner Bundeswirtschaftsminister soll in nur zwei Jahren, in denen er vor allem nie gekannte Krisen gemanagt hat, die deutsche Wirtschaft zugrunde gerichtet haben.

(…)

Dahinter steckt mehr: Die Grünen fungieren zurzeit als Blitzableiter für eine allgemeine Politik- und Parteienverachtung. Der irrationale Grünen-Hass ist teils systemfeindlich grundiert. Im Grünen-Politiker kondensieren sich der weit verbreitete deutsche Groll auf die Hauptstadt genauso wie Veränderungsmüdigkeit und Rebellion gegen das demokratische System.

Was selbstverständlich weiterhin sein muss: Kritik an konkreten Vorschlägen und Maßnahmen der Grünen, sowohl auf Partei- als auch auf Regierungspolitiksebene (ich hätte da eine MENGE). Aber darum geht es offensichtlich nicht.

Journal Samstag, 24. Februar 2024 – Das Geheimnis der Schwimmbrillenabdrücke

Sonntag, 25. Februar 2024

Tief, gut und lang geschlafen, wie wunderbar.

Ich wachte zu erblauendem Himmel auf. Nach Verschieben der Backpläne lag ein deutlich müßigeres Wochenende vor mir.

Vogelfreundliche Wohnzimmerfenster

Nach gemütlichem Bloggen mit Milchkaffee, Wasser, Tee machte ich mich fertig für eine Schwimmrunde. Der Temperaturcheck auf dem Balkon ergab größere Kälte, also griff ich fürs Hinradeln wieder zu Winterjacke, -mütze, -handschuhe.

Das Schwimmbecken war wieder sehr voll, doch wie am vorherigen Samstag arrangierte man sich auf meiner Bahn, und nach kurzer Zeit wurden die Schwimmer*innen auch weniger. Meine 3.000 Meter schwammen sich gut weg. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich mich immer wieder verzählte – ich guckte am ungefähren Ende auf die Uhr, ob das stimmen konnte.

Testblick in den Spiegel, denn: Instagram zeigte mir jüngst aufwändige Werbung für ein „Pre- and Post Swim Eye Gel“, das Schwimmbrillenabdrücke beseitigen soll: „Genug von hartnäckigen Brillenabdrücken, die Ihren Look nach dem Schwimmen ruinieren?“
1. Danke fürs Siezen.
2. Ich habe die Größe der Zielgruppe offensichtlich stark unterschätzt.
Man muss doch die Brille Wettkampf-streng tragen, um bleibende Abdrücke zu erzeugen? Bei mir hinterlassen Socken an Waden viel länger Spuren als Schwimmbrille im Gesicht nach anderthalb Stunden.

Gestern fand ich eine mögliche Erklärung: Der Abdruck verschwindet bei mir einfach in den Falten. Und ich habe eine sehr kleine Schwimmbrille, beim Aufsetzen reiße ich die Augen immer weit auf, damit die Haut um die Augen den Rand fest umschließt.

Jetzt war es wärmer geworden, ich schloss meine Jacke nicht ganz. Auf dem Heimweg holte ich Espressobohnen bei delMocca in der Clemensstraße, genoss das Radeln.

Zum Frühstück kurz vor zwei gab’s Apfel, Birne, Orange, eine Scheibe Maisbrot mit Butter (gut), eine mit Olivenöl und Salz (zu meiner Überraschung nicht so gut).

Zeitungslektüre, bis es Zeit für eine Kaffeeverabredung in der Nähe war: Eine alte Blogbekanntschaft ist in der Stadt, wir trafen uns im Café Lozzi. Dort heitere Gespräche unter anderem über den Anfang des Mitmachwebs und die Zeiten, als selbst in Öffentlich Rechtlichen Medien abenteuerlustige Menschen wilde Dinge im Internet ausprobierten – war ja sonst kaum jemand dort, man konnte praktisch nichts kaputt machen (ich war durch ihre Geschichten ein wenig an meine eigene Zeit im Privatradio 1987/88 erinnert, ähnliche Gegebenheiten).

Eine kurze Einkaufsrunde – herrlicherweise unter selbst um halb sechs noch hellem Himmel. Das Glockenbachviertel wimmelte vor jungen Menschen (also: wirklich jung, um die 20), ich wurde an lebenden Beispielen über aktuelle Mode informiert – wie auch vorher schon im Café Lozzi. Das fand ich ausgesprochen spannend, ich muss mich wohl öfter Samstagnachmittag hier herumtreiben.

Daheim eine Runde Yoga-Gymnastik, bevor ich Herrn Kaltmamsell einen Aperitiv einschenkte: Der Bloggerinnen-Besuch hatte mir etwas aus eigener Produktion mitgebracht.

Little Crab Walnuss-aromatisierter Riesling – schmeckte hervorragend, und der Schnitz Amalfizitrone machte sich sehr gut dazu.

Als Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell Pav bhaji aus der Gerfriere mit Spiegelei und Balkan-Maisbrot, wunderbar. Dazu den restlichen Pittnauer Rosé, Nachtisch Schokolade.

Journal Freitag, 23. Februar 2024 – Zahnthemen, die Balkan-Bäckerei auf der Schwanthalerhöhe

Samstag, 24. Februar 2024

Früherer Wecker, weil ich gleich um halb acht den jährlichen Zahnreinigungstermin vereinbart hatte.

Also nahm ich eine U-Bahn zur Münchner Freiheit. Spazierte zur Praxis der Zahnärztin.

Angenehm ist diese Prozedur ja nie, doch ich freue mich immer auf das Wiedersehen mit der Zahnreinigerin. Wieder glichen wir unsere aktuellen Lauferlebnisse an der Isar ab. Und sie sprach über den Sturm und das Gewitter in der Nacht zuvor: Ich hatte nichts mitbekommen, musste also wirklich tief geschlafen haben

Nachdem Frau Zahnreinigung letztes Jahr an der Regelmäßigkeit meines Zahnseideneinsatzes gezweifelt hatte (ich bin immer noch tief gekränkt in meinem Streberinnentum), wies sie mir diesmal nach, dass ich an einigen Stellen konsequent falsch zahnseidle und schon Kerben ins Zahnfleisch gefräst habe. Wir übten an diesen Stellen mit Spiegel – und ich fürchte, darin liegt auch der Trick: Ich meide den Badezimmerspiegel beim abendlichen Zahnseideln, weil ich ihn verspritzen würde. Werde ich also künftig in Kauf nehmen, um mich nicht (Achtung:) ins eigene Fleisch zu schneiden.

Bei der anschließenden Kontrolle missfiel Frau Dr. med. dent. eine “uralte” Füllung (Videobeweis per Zahnfernsehen), ich trat also erst nach einer weiteren Terminvereinbarung zurück auf die Straße.

U-Bahn ins Büro – wo mich erstaunte, dass auch bei Arbeitsbeginn über eine Stunde später als sonst nichts los war auf den Fluren, Freitag halt. Los war allerdings einiges in meinem Postfach, ich schaltete Tempo zu. Das Dringendste hatte ich bis Mittag durch, ich marschierte auf einen Cappuccino ins Westend – unter einheitlich grauem Himmel und in kühler Luft.

Mittagessen später am Schreibtisch: Apfel, Hüttenkäse, Orangen.

Durch Telefonate Dinge herausgefunden, das fühlte sich sehr tüchtig an. Nicht lachen: Hauptaufwand an Energie und Zeit kostete das vorherige Nachdenken, wen ich anrufe und wie ich die Fragen formuliere.

Freitäglich pünktlicher Feierabend. Vor den Wochenendeinkäufen im Vollcorner ging ich in eine Bäckerei, die mir eine kulinarisch anspruchsvolle Bulgarin empfohlen hatte: Die Bäckerei Konditorei Adriatik auf der Schwanthalerhöhe stellt laut ihr authentisches und gutes Balkan-Backwerk her, sie hatte mir anhand von Fotos auch konkrete Produkte empfohlen.

Käsebreze und -finger rechts gehörten zum empfohlenen, und dann hatte ich in einem Regal an der Wand dieses runde Brot gesehen und danach gefragt: ein Maisbrot, das fand ich spannend.

Um die Theresienwiese war der Himmel zum Sonnenuntergang ganz eigentümlich gefärbt, ein Streifen leuchtete am Horizon intensiv blau.

Und über der Schwanthalerhöhe brannte er.

Daheim informierte mich Herr Kaltmamsell, dass er das Backwochenende aus Vernunftgründen um eine Woche verschoben hatte: Statt zum allerersten Arbeitstag an neuer Stelle würde er erst am Montag drauf Berge von Kuchen für die neuen Kolleg*innen mitbringen. Also bereitete ich nicht Cookie-Teig vor, sondern turnte statt dessen eine Runde Yoga-Gymnastik.

Dann wurde Wochenende gefeiert. Zu den Drinks (Rosita) aßen wir das Balkan-Hefegebäck mit Käse: Sehr gut und anders, saftiger und feinporiger Teig.

Zum Abendessen gab es den kleinen Ernteanteil-Chinakohl aus der Pfanne mit Sojahack, dazu das Maisbrot.

Es erinnerte an amerikanisches Cornbread, also wahrscheinlich mit Backpulver gelockert, schmeckte aber deutlich weniger süß und war fester. Uns fielen gleich mal weitere Einsatzmöglichkeiten ein. Im Glas Rosé Pittnauer Dogma, ganz wunderbar. Nachtisch Schokolade.

§

Ich fühle mich gesehen: “I’m over fifty”.
Unbedingt auch die Kommentare lesen.

Das mit der manchmal überraschenden Unsicherheit beim Treppenruntergehen habe ich also nicht allein? ABER HOSENANZIEHEN IM STEHEN KLAPPT NOCH SUPER!
(I’m over fifty and and of course this young pretty woman in my neighbourhood with long blond hair parted in the middle is really nice what do you mean she is actually five different ones?)

Interessant auch die (wenigen) Kommentare unter dem Post, die humorfrei behaupten, mit $Methode (Sport, Ernährung, Einstellung blablabla) müsse das alles gar nicht sein. Ebenso humorfrei: Schnuckis, Altern ist ein physikalischer Vorgang, irgendwann erwischt es jede*n, auch bei noch so gesundheitsförderlichem Lebensstil. (Ausnahme: Brandner Kasper)1

Apropos: Eine Nebenwirkung des Theaterabends mit Schauspiel aus allernächster Nähe war das Abgucken eines Schminktricks an der Hauptdarstellerin – so entwickelt man also schwarzen Lidstrich weiter, wenn die Lider im Alter erschlaffen. Habe ich gleich mal umgesetzt, funktioniert super.

§

Auch alt: Im Techniktagebuch schildert Kathrin Passig
“Um 1985
Computerkurs im Jugendzentrum”.

§

Wenige Wochen vor der Oscar-Verleihung ein weiteres Interview mit der nominierten Ausnahme-Schauspielerin Sandra Hüller, hier in der New York Times. Hüller beschreibt, welche Auswirkungen die Nominierung schon jetzt auf ihr Leben und ihre Arbeit hat – auf ihre klarsichtige, uneitle Art:
“A Top Oscar Nominee, Uneasy in the Spotlight”.

  1. Sie melden sich, wenn ich die Schrift hier im Blog wieder mal größer stellen sollte? []

Journal Sonntag, 18. Februar 2024 – Der Frühling ist voll ausgebrochen

Montag, 19. Februar 2024

Schlaf bei geschlossenem Fenster, weil draußen durchgehend laute Menschen lärmten. Ich wachte nach der Abendeinladung deutlich zu früh auf, aber nur wenig verkatert, selbst das eher vom zwischenmenschlichen Austausch (Partykater) und dem wenigen Schlaf.

Draußen wurde es sonnig, für meinen Isarlauf stattete ich mich mit Sonnenbrille und Schirmmütze aus, ließ die Handschuhe daheim. Ich fuhr eine U-Bahn-Station weit zur Fraunhoferstraße, lief von dort an die Isar und flussabwärts, bei herrlichem Wetter zwischen viel Spaziervolk und Radelnden.

Unterwegs begegnete ich der vollen Ladung Frühfrühling in Blütenform: Schneeglöckchen, Winterlinge, Krokanten, in der Großstadt inklusive diese begeistert fotografierender Menschen.

An der Emmeramsbrück bog ich Richtung Aumeister ab, doch auch hier gesperrte Wege, ich lief einmal im Kreis, um auf meine Wunschlaufdauer von 100 Minuten zu kommen. Der letzte Teil zurück zur Tram-Haltestelle Tivoli wurde überraschend beschwerlich, doch nichts tat ernsthaft weh.

Müller’sches Volksbad mit Kabelsteg im Hintergrund.

St. Lukas, im Vordergrund entwurzelte Bäume. An der Muffathalle sah ich Streetart, die ich noch nicht kannte.

Mauersteg, im Hintergrund die Maximiliansbrücke.

Beim Warten auf die Tram dehnte ich gründlich. Ich stieg an der Müllerstraße aus, spazierte über Semmelholen beim Wimmer heim.

Zum Frühstück gab’s kurz nach zwei eine zweite Runde Milchkaffee, eine Birne, zwei Körnersemmeln. Mit einer kleinen Siesta holte ich Nachtschlaf nach, las dann Wochenend-Süddeutsche und Buch.

Brotzeit für Montag gekocht: Aus den Ernteanteil-Karotten wurde mal wieder Karottensalat mit Koriander. Ich turnte noch eine Runde Yoga-Gymnastik.

Zum Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell auf meinen Wunsch etwas ganz Besonderes gemacht: Kalbsbrust mit Makkaroni-Maronen-Füllung aus dem Buch von Petra Hammerstein, Zart und saftig. Ich mag gefüllte Kalbsbrust, halte aber die klassische Semmelknödelmasse nicht für die ideale Füllung.

Schmeckte wirklich gut, vor allem das Fleisch. Die Füllung war recht fest, durch die Kastanien aber ungemein aromatisch. (Aber natürlich viel zu viel, Füllung ist immer zu viel.) Nachtisch Schokolade.

Der Guardian-Wochenend-Newsletter thematisiert comfort food. Beim Nachdenken über meines solches stolperte ich: Was soll comfort food eigentlich sein? Im Guardian-Newsletter wird es mit “the type of food they would typically eat at home in their pyjamas” beschrieben. Das SZ-Magazin versucht sich an der Übersetzung “Trostessen”:

lassen uns in unsere Kindheit oder an den letzten Urlaubsort reisen – und einfach mal die Gegenwart vergessen

Das verwirrt mich eigentlich noch mehr, denn Speisen, die mich an meine Kindheit erinnern oder an einen Urlaub sind keine, die mich die Gegenwart vergessen lassen. Aber vielleicht ist mein Grundproblem, dass mich Essen nicht tröstet: Wenn es mir schlecht geht oder wenn ich Schmerzen habe oder beides, verschwindet mein Appetit. Manchmal geht es mir nach ein wenig Alkohol besser, aber das ist ja offensichtlich nicht gemeint. Wahrscheinlich kenne ich also gar kein comfort food. Es gibt einfach Nahrungsmittel und Gerichte, die ich besonders gern esse, die mir Vergnügen und Behagen bereiten – das sind allerdings so viele, dass eine Liste sinnlos wäre.

Andererseits half schon oft gegen schlechte Laune ein liebevoll zubereitetes und wohlschmeckendes Abendessen, das Herr Kaltmamsell zauberte. Und um auf die Guardian-Definition zurückzukommen: Im sitze oft im Pyjama, also in Schlumpfklamotten am Abendbrottisch, wenn ich davor Yoga geturnt habe und keine Lust auf eine Rückkehr in meine Bürokleidung hatte.

Weil auch das ein wiederkehrendes Food-Thema ist: Nein, ich esse auch nichts besonders Seltsames, einzeln oder in eigenwilliger Kombination. Am ehesten ist meine Vorliebe für lauwarmes Wasser eigen, von dem ich am Tag ca. anderthalb Liter trinke (ansonsten viel Tee, ob schwarz, Kräuter- oder Früchte); nur im heißesten Hochsommer bevorzuge ich mein Leitungswasser kalt.

Journal Samstag, 17. Februar 2024 – Brotbacken und lukullischer Freundesabend

Sonntag, 18. Februar 2024

Nächtliche Kopfschmerzen – ich hatte den Wein im Verdacht, trotz bloß halber Flasche und dreimal so viel Wasser dazu.

So wachte ich unausgeschlafen auf. Positiv: Ich startete die Umsetzung meiner Brotbackpläne zeitig, es sollte Buttermilch-Mischbrot geben (in jedem Durchgang entferne ich mich weiter vom Originalrezept, mal sehen, wann ich so zufrieden bin, dass es als eigenes Rezept unter meinen landet).

Das Brot gelang hervorragend (Anschnitt nach Abkühlen).

Das Draußen war düster, aber weiter mild, es regnete. Die Kopfschmerzen ließen sich auch nicht durch Ibu vertreiben, ich fühlte mich müde. Doch ich hatte mich auf eine Schwimmrunde gefreut, also machte ich mich dafür fertig und in ging in Nieselregen zur U-Bahn.

Unterwegs machte ich einer Gruppe Hispanohablantes Platz, gedankenlos mit spanischer Erklärung, dass sie so zusammen sitzen konnten, woraufhin sie sie komplett verstummten. (Verzeihung, so war’s nicht gemeint. Aber in München ist Spanisch fast genauso wenig Fremdsprache wie Englisch.)

Im Gebäude der Olympiaschwimmhalle sah ich vor der Bezahlschranke (hihi) hinunter aufs Becken – mit sinkender Laune: Es war so voll, wie ich es noch nie gesehen hatte, zwei Bahnen durch Rudelschwimmer besetzt, ganz kurz überlegte ich umzukehren. Doch das hätte meine Laune weiter verschlechtert, ich ließ es darauf ankommen.

Im Olympiapark selbst fand gestern ein Volkslauf statt, die Teilnehmenden nutzten die Schwimmbadumkleiden, ich musste einen leeren Spind erst suchen.

Doch von da an ging es aufwärts: Die am wenigsten genutzte Bahn, in die ich mich herabgelassen hatte, leerte sich bald, ich fühlte mich gar nicht mehr müde, das Kopfweh war weg. Gutes Schwimmen, nach 3.000 Metern hätte ich locker noch weiter können (wollte es aber nicht übertreiben, und es war eh schon spät).

Am südlichen Beckenende, also Richtung Sprungbecken, nahm ich bei jeder Wende deutlich den Geruch von Dauerwellen-Chemikalie wahr (ich bin so alt, dass ich die noch aus eigenem Riechen kenne), Wasserstoffperoxid? Vermutlich einfach zur Reinigung verwendet, doch der Geruch schubste den Gedankengang an, dass die Blumenkohlfrisur auf Basis von Dauerwelle auf den Häuptern alter Frauen wie seinerzeit dem meiner polnischen und meiner spanischen Oma wohl ausgestorben ist. Und durch den praktischen Kurzhaarschnitt ersetzt wurde. Auch dass damit der Phänotyp alter Damen ausgehfein mit Kleid, Pumps, Handtasche durch beige Funktionskleidung mit Klettverschlussschuhen abgelöst wurde, ein Generationenwechsel an der Spitze der Bevölkerungspyramide. Ich bin schon gespannt auf den nächsten Styling-Wechsel – zu dem dann ich gehören werde.

Den Rückweg begann ich mit der Tram, unterbrach ihn für Espressobohnenkauf in der Maxvorstadt – und musste dann wieder zurück zur Tram gehen, denn an der U2 wird derzeit gebaut. Das Wetter war mittlerweile deutlich heller und freundlicher geworden.

Frühstück kurz nach zwei bestand daheim aus zwei mächtigen Scheiben frischem Brot, die eine mit Gänseschmalz (von dem werden wir noch eine Weile haben), die andere mit Butter und bulgarischem Akazienhonig. Außerdem einer großen Hand voll libanesischer Pistazien.

Gemächlicher Nachmittag mit Zeitungslektüre und einer Runde Yoga-Gymnastik, bevor ich mich fein machte für die Abendeinladung mit Herrn Kaltmamsell bei Freunden. Dafür nahmen wir eine U-Bahn in Richtung Südwesten. Blöderweise startete mein Kreislauf kurz davor seine Superschwindel-Schweißausbruch-Frier-Nummer (seit den Glutattacken der Wechseljahre weiß ich sicher, dass das keine ist), ich nahm ein kleines Handtuch mit, um unterwegs wenigstens Gesicht, Hals und Haar halbwegs zu trocknen.

Wir verbrachten einen ausgesprochen lukullischen Abend mit Champagner-Cocktail, wunderbarer Suppe (dazu ein überraschend passender fränkischer Orange Silvaner Kerstin Laufer), einer mächtigen fränkischen Bauernente (von der ich mir mit der Erklärung “der Gast bekommt das beste Stück” gleich mal einen Schenkel schnappte), begleitet von Klöß, Blaukraut, Selleriesalat (unbedingt nachbauen), im Glas einen wunderbaren spanischen Roquers de Porrera aus dem Priorat.

Und dann gab es noch als besonders köstlichen Nachtisch eine Zitronentarte (aus dem goldenen Plachutta, merken), dazu Süßwein. Das Ganze in dem wunderschönen und schweren Familienkristall eines der Gastgeber. Und begleitet von Neuigkeiten-Austausch, Aufholen von aktuellem Ort im Leben.

Darüber war es überraschend spät geworden: Erst nach Mitternacht saßen Herr Kaltmamsell und ich am U-Bahnsteig für die Heimfahrt.

§

Cornelia Kolden fasst für die ARD Brüssel Hintergründe der europäischen Bauernproteste zusammen:
“Woher kommt die Wut auf Brüssel?”

Spoiler: Die aktuelle Bundesregierung ist nicht die Ursache der Missstände. Nicht mal die Grünen.

Journal Freitag, 16. Februar 2024 – Abendessen und Theater im Blauen Haus

Samstag, 17. Februar 2024

Es war nachts so mild, dass ich das Schlafzimmerfenster ganz weit geöffnet hatte; erst beim Klogang um vier schloss ich es gegen aufbrandenden Vogellärm.

Ich verabschiedete mich von Herrn Kaltmamsell bis Samstag: Wir würden beide den Abend aushäusig verbringen, aber einzeln, und er würde schon nachmittags abreisen.

Verzauberte Anblicke auf dem Weg in die Arbeit.

Ruhige Arbeit in der Arbeit. Ein paar Saatkrähen vor dem Bürofenster, die sehe ich diesem Winter sehr selten.

Mittagscappuccino in der Cafeteria der Nachbarfirma, auf dem Weg die erste Ahnung von Frühlingsluft in der Nase. Mittagessen eine Wiederholung vom Vortag: Apfel, eingeweichtes Muesli mit Joghurt.

Nach pünktlichem Feierabend spazierte ich in milder Luft über Einkäufe im Süpermarket Verdi nach Hause. Ich klatschte kurz mit Herrn Kaltmamsell ab, der gerade die Wohnung verließ.

Vor der Abendverabredung war noch Zeit für eine Einheit Yoga-Gymnastik, auch die interessant genug für eine Wiederholung: Ab Tag 9 ist das diesjährige 30-Tage-Programm von Adriene, Flow, anregend genug.

Treffpunkt fürs Nachtmahl mit Freundin war das Blaue Haus hinter den Kammerspielen, Wirtshaus und Theaterkantine. Obwohl es mir schon immer ein Begriff war, hatte ich noch nie dort gegessen und freute mich auf den Abend.

Als Vorspeise (es gibt hier nur Tageskarte) aß mein Gegenüber einen Salat und war sehr angetan, ich hatte einen Auberginen-Ziegenkäse-Flan mit Salat, der gut war, aus dem ich aber weder Aubergine noch Ziegenkäse so richtig rausschmeckte. Eine große Freude war der Wein dazu: Côtes du Rhône Visan “Madrigal”, Domaine Coste Chaude – wunderbar elegant.

Hauptspeise gegenüber Kalbslende, ich wählte die gebackene Blutwurst mit Kartoffel-Feldsalat, schmeckte ganz hervorragend. Gespräche über Beruf und Familie, über Literatur und Konferenzbetrieb.

Abgelenkt wurde wir immer wieder interessiert vom Theaterbetrieb: Offensichtlich wurde im Haupthaus der Kammerspiele Wer immer hofft, stirbt singend gespielt, das ich vor einem Jahr gesehen hatte. Ein Erzählmittel der Inszenierung ist eine Live-Kamera, die die Schauspielenden hinter die Bühne und bis ins Blaue Haus begleitet, die Bilder werden auf die Bühne projiziert – und jetzt sah ich diese Live-Aufnahmen von der anderen Seite. Sie begannen jeweils mit dem Einschalten der Filmbeleuchtung, kurz darauf wurde es vorübergehend schauspiellaut, wir sahen die Schauspieler*innen von hinten. Dieses Schließen des Inszenierungs-Kreises fühlte sich ausgesprochen befriedigend an.

Zu mittelspäter Nacht machten wir uns (beide überraschend angetrunken von der geteilten Flasche Wein) auf den Heimweg. Es war immer noch sehr mild, Marienplatz und Fußgängerzone lebendig vor Menschen.

§

Die US-amerikanische Schriftstellerin Rebecca Solnit((Genau: Das ist die Frau, die mansplaining definierte.)) schreibt über die Veränderung San Franciscos:
“In the Shadow of Silicon Valley”.

Mir war nicht klar, dass autonome Pkw dort bereits seit einiger Weile lustig am Straßenverkehr teilnehmen.

I’ve become somewhat used to driverless cars in the years they’ve been training on the city’s streets, first with back-up human drivers, and then without. They are here despite opposition from city officials, including the fire chief, and San Francisco recently sued the California state bureau that gave companies licence to use the streets as their laboratory. Firefighters have reported driverless cars attempting to park on firehoses; last June one such car prevented emergency vehicles from reaching victims of a shooting; the vehicles are apparently unequipped to assess these situations and respond by stopping. Direct communication isn’t an option: the only way to get a driverless car to do anything is to contact the company in charge of it.

Hervorhebung von mir, denn das ist gruslig.

Solnit geht es aber vor allem darum, wie technische Entwicklung menschliche Interaktion reduziert – und das, wo zwischenmenschlicher Austausch immer die Haupttriebkraft von Fortschritt war. (Sehen Sie, das akzeptiere ich als bewiesen, obwohl ich genau diese Reduktion ganz persönlich begrüße. Mir ist bewusst, dass ich die kleine Minderheit bin, die sich freut, wenn die Büroflure leer sind; alle anderen klagen, dann hätten sie ja auch nicht reinzukommen brauchen, wenn sonst niemand da sei.) Rebecca Solnit vergleicht das San Francisco ihrer Jugend mit dem heutigen Stand – einem Paradoxon:

The luxury shuttle buses that Facebook, Google and Apple launched for their employees around 2012, by easing the congested commute, encouraged large numbers of them to move to San Francisco, which has now been fully annexed by the Valley. The desire of tech workers to live in this dense, diverse place while their products create its opposite is an ongoing conundrum. Many tech workers think of themselves as edgy, as outsiders, as countercultural, even as they’re part of immense corporations that dominate culture, politics and the economy.


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