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Journal Pfingstmontag, 29. Mai 2023 – Echt Freibad

Dienstag, 30. Mai 2023

Über den zusätzlichen freien Tag wegen Pfingsten1 war ich sehr froh, feierte ihn mit ordentlich Ausschlafen.

Den Rollladen meines Schlafzimmers zog ich zu blauem Himmel und wundervollem Licht hoch, angekündigt war ein weiterer Sonnentag mit 23 Grad Höchsttemperatur – der Jahreszeit perfekt angemessen.

Nach Bloggen, Morgenkaffee und einer großen Tasse Tee war es mir noch zu früh (also zu kalt) für meine geplante Schwimmrunde im Dantebad. Also bat ich Herrn Kaltmamsell erst mal, mit mir den Balkon wohnfertig zu machen (den er bereits vor Wochen grundgereinigt hatte, vergangene Woche nochmal nachgeputzt).

Die rechte Hakenlilie sah mir zu kümmerlich aus, abends stutzte ich sie für einen Neuanfang.

Dann aber ließ ich mir von Herrn Kaltmamsell den Rücken sonnencremen und radelte mit Jäckchen los ins Dantebad. Ich nahm die längere, aber schönere Route über Nymphenburger Straße und Villenkolonie Gern.

Die beiden Sportbahnen waren gut beschwommen, doch die doppelte Breite machte Überholen leicht, alle arrangierten sich problemlos. Ich schwamm mit Genuss und ohne Frösteln 3.200 Meter (einzige Beeinträchtigung war der widerliche Geruch nach altem Pommes-Fett, der immer wieder von der gleichnamigen Bude übers Wasser zog). Mir fiel ein dass ich in der Nacht zuvor geträumt hatte, ich beherrschte die Rollwende. Fühlte sich toll an, vielleicht klemme ich mich doch nochmal dahinter.

Nach Duschen und Ganzkörper-Sonnencremen sowie Wechsel in einen trockenen Bikini breitete ich mich auf der Liegewiese aus. Es war warm genug für ein Sonnenbad, dabei hörte ich das neue Album von Peter Fox, Love Songs – das erste Durchhören gefiel mir schon mal.

Das Dantebad füllte sich nach und nach so richtig freibadlich, mir reichte eine Stunde in der Sonne und ich radelte heim.

Frühstück um drei: Apfel und selbstgebackenes Walnussbrot mit Butter und Orangenmarmelade.

Nachmittag auf dem Balkon mit Zeitung- und Internetlesen. Abends statt Yoga-Gymnastik Kreislaufkapriolen mit Schwindel, Schweißausbruch, Frieren: Ich legte mich hin bis zum Abendessen. Herr Kaltmamsell hatte einen Eintopf aus Ernteanteil-Kartoffeln, Kichererbsen, bayerischem Quinoa und Gemüsebrühe gemacht.

Optisch nicht zu retten (ein Sträußerl krause Petersilie vielleicht?), schmeckte aber gut, und es war noch kühl genug dafür. Für Nachtisch gingen wir mit vorgekühlten Schälchen zum Nachbarschafts-Eisdieler und holten uns je drei Kugeln MIT SAHNE!

Im Bett las ich Francis Kirps, Die Mutationen, eine Geschichtensammlung des luxemburger Autors, die uns Joël aus Luxemburg schon vor einer Weile geschickt hatte – mit Autorenwidmung!

§

Eine Doku in der ZDF-Reihe planet-e:
“Kampf ums Klima
Fakten und Fiktionen”.

Schöner Rahmen der Doku: Ausschnitte aus ZDF-Sendungen mit Hoimar von Ditfurth über Klimawandel aus dem Jahr 1978.

  1. Ja, ich weiß, was da ursprünglich gefeiert wurde, meine katholische Erziehung hat Bildungsspuren hinterlassen. []

Journal Sonntag, 28. Mai 2023 – Heimkehr aus Nierstein, Martin Arz, Street Art München

Montag, 29. Mai 2023

Nachts weniger Kampf mit dem dicken, riesigen Hotel-Kopfkissen, doch beim Aufwachen fühlte sich meine Wirbelsäule an mehreren Stellen gebrochen an.

Draußen herrlichster Frühsommer, ich hörte vorm Hotelbalkon Entengeschnatter (für meine Ohren ein angenehmes, friedliches Geräusch, wie ich schon am Vortag im Garten von Frau Mutti anhand ihrer Asylenten lernte) und wie schon am Vorabend deutliche Falkenrufe.

Gemütliches Bloggen, gestern begleitete ich Herrn Kaltmamsell zum Frühstück und genoss zwei Cappuccinos (für Vollautomat ausgesprochen gut – vielleicht eine Frage der Automaten-Einstellung).

Flüssige Rückfahrt mit zweimal Umsteigen, die beide problemlos klappten. Wenig Aussicht aufs sonnige Maien-Draußen, durch das der ICE brauste, denn der Fensterplatz war wieder mal einer mit Mittelstrebenwand.

Bei Heimkehr musste ich nach drei dann doch mal was essen: Partyreste, also Tomätchen und Pumpernickel, gestern mit dick Butter. Dann Geschäftigkeiten in der Wohnung, Zeitunglesen auf dem Balkon (!), eine Runde Yoga-Gymnastik.

Wenn das Wetter schon endlich schön ist, wollte ich zum Nachtmahl in einen Biergarten – zumal ja sogar noch die Kastanien blühen! Das Wetter stellte sich auf unserem Spaziergang zum Flaucher sogar als traumhaft heraus: Nur so warm, dass es in der Sonne angenehm war, eine leichte Brise.

Ich aß eine halbe Schweinshaxe (auf das halbe Hendl, das mir lieber gewesen wäre, hätte ich 40 Minuten warten müssen, denn es war noch nicht gar), trank dazu ein alkoholfreies Weißbier. (Die Halbe Bier oder Radler im Biergarten mittlerweile bei 5,20 Euro – ich wünsche mir sehr, dass die Preiserhöhung in die Gehälter des Personals fließt.)

Auch der Heimweg war wunderbar – allerdings bereits recht frisch, ein Jäckchen wäre angenehm gewesen.

Westermühlbach.

Alter Südfriedhof.

Daheim noch eine Runde Schokolade. Dazu Fernsehen: Auf 3sat lief Wie angle ich mir einen Millionär. Ich sah den Film zum ersten Mal synchronisiert – und als im eleganten Restaurant auf einer Tür die Beschriftung “Powder Room” auftaucht, übersetzt der Untertitel tapfer: “Pulverraum”.

Mich im letzten Abendlicht auf den Balkon gestellt, bis ich Fledermäuse sah (dauerte nicht lang).

§

Auf der Rückreise las ich Martin Arz, Street Art München. Ich scherze ja gerne, dass in München selbst Graffiti sauber und hübsch ist – ich ahnte ja nicht, dass es sich um eine Folge von Vorreitertum handelt:

Kaum noch jemand schien sich daran zu erinnern, dass die deutsche Graffiti-Szene einst größtenteils von München ausging und über Jahrzehnte wichtige Impulse bekam.

(…)

Die Münchner Szene feierte einige Premieren: Der Güterwagon, den Ray 1984 bemalte, gilt als erster seiner Art in Deutschland, Don M. Zaza besprühte den ersten Intercity der DB und Cheech H verewigte in Herrsching erstmals ein Graffito auf einer deutschen S-Bahn.
Im März 1985 dann gestalteten sieben blutjunge Burschen eine S-Bahn der Linie S4, die im Bahnhof Geltendorf für die Nacht abgestellt war. Der sogenannte Geltendorf Train galt als der erste Wholetrain – ein von vorne bis hinten besprühter Zug, in diesem Fall bis zur Fensterhöhe – in Europa.

Und München gehörte demnach früh zu den wenigen Städten, die Streetart offiziell förderten. Seit 1996 sind die Flächen unter der Brudermühlbrücke legalisiert, 1999 eröffnete der Kreisjugendring München-Stadt die Färberei unter der Leitung von Astrid Weindl, seitdem eine Anlaufstelle für Graffiti und Streetart in München. Mittlerweile vergibt das Kulturreferat Geld für Streetart-Projekte.

Zudem wurden diese schon früh dokumentiert:

Nicht zuletzt wegen des Geltendorf Trains gründete die Bahnpolizei die Sonderkommission Graffiti. Der Bahnpolizist Hans Schluttenhofer, beruflich Graffiti-Jäger, privat passionierter Graffiti-Liebhaber, war der Münchner Szene immer dicht auf den Fersen. “Schlutti” erstellte ein umfassendes Archiv mit Tausenden Fotos aus der Münchern Frühzeit.

An dieser Stelle musste ich schon lachen.

Martin Arz sortiert seine Foto-Beispiele mal thematisch, mal nach Projekten, mal nach Örtlichkeit. So zeigt er auch typisch Münchner und typische bayerische Motive – aber mein Liebling darunter ist nicht dabei:

Brudermühlbrücke 2008 (so systematisiert Arz seine Fotos, ergänzt um den Hinweis, dass die Jahreszahl die Aufnahme datiert, nicht die Entstehung) – doch auch wenn ich durch das Buch jetzt einige Namen mir vertrauten Streetart-Stilen zuordnen kann (z.B. Flin und Beastystylez), kann ich nicht sagen, von wem das ist.

Mehr ist in der Munich-Abteilung von streetartcities.com gesammelt.

§

Der Solinger Glumm hat seine persönlichen Erinnerungen an den Brandanschlag in Solingen aufgeschrieben, der sich am 29. Mai zum 30. Mal jährt – aus denen hauptsächlich Ratlosigkeit spricht, auch Hilflosigkeit, auch gegenüber der persönlichen Farbe der Erinnerungen.
“30 Jahre Solinger Brandanschlag: ‘Unser Türkenhaus brennt'”.

Selbst war ich damals in Wales im Urlaub – und erfuhr von all dem erst nachträglich (Internet war damals noch keine Nachrichtenquelle).

§

Einem Hinweis auf einen Artikel in der taz gefolgt – und gleich wieder vergessen, vom wem er kam: Vielen Dank ins Blaue!
“Armut in Deutschland:
Ein Erdbeben, und niemand schaut hin”.

Ein Fünftel aller Menschen in Deutschland ist von Armut bedroht. Mindestens. Doch selbst die Betroffenen, die am lautesten sind, werden kaum gehört.

Mich schmerzt immer wieder, wie wenig diejenigen Menschen, die in unserer Gesellschaft in Wohlstand leben, sich Leben in Armut vorstellen können oder auch nur mögen. Ein Leben, in dem es nur einmal im Monat für den Cappuccino im Café reicht, nie einfach so nebenher, in dem solche Kurzausflüge mit Hotelübernachtung, wie ich ihn gerade nach Nierstein hatte, komplett unerreichbar sind. In dem Pfennigfuchsereien wie Museumsbesuche an Eintritts-freien Tagen oder Vorratseinkäufe bei Lebensmittel-Sonderangeboten kein Sport sind, sondern bittere Notwendigkeit. Nur zum Beispiel.

Mich schmerzt noch viel mehr eine implizite Grundhaltung vieler Menschen ohne Geldsorgen, dass Armut meist Folge eines Fehlverhaltens sei, eigene Schuld, weil “wenn ich arm wäre, wäre ich nicht lange arm”.

Was ich selbst gegen diesen Missstand tue? Da es sich um ein strukturellen Problem handelt: Zumindest vor Wahlen die Wahlprogramme der Parteien daraufhin abklopfen, ob sie zur Lösung des Problems beitragen oder es verschärfen, siehe “Every billionaire is a policy failure” (übersetzt: Jeder Milliardär bedeutet ein politisches Versagen.)

Journal Samstag, 27. Mai 2023 – Nierstein: Laufstrecken aus aller Welt, kaputter Wanderweg, Gartyparty

Sonntag, 28. Mai 2023

Mittelgute Nacht, weil ich kein passendes Kopfkissen hatte: Eines war riesig und dick, widerstand jedem Versuch des Zusammenpressens – es knickte meinen Seitenschläferinnenhals in einem schmerzhaften Winkel ab. Das andere war nur 30×30 Zentimeter groß und dünn – bei jedem Umdrehen lag ich ohne Kissen unter dem Kopf da. Ich wechselte in der Nacht mehrmals.

Nach dem Bloggen mit ordentlich Wassertrinken ging Herr Kaltmamsell zum Frühstück und ich auf eine Laufrunde. Am Vorabend waren wir an einem Wander-Wegweiser “Nie2” vorbeigekommen, Recherche hatte eine 10-Kilometer-Rundwanderung ergeben, die sehr schön aussah und die ich joggen wollte.

Gleich der erste Abschnitt verlief wunderschön einen Weinberg hoch und eröffnete Blicke über Nierstein und den Rhein.

Im Folgenden lief ich ein paar Extrarunden wegen vermeintlichem oder tatsächlichem Verlaufen – die Wanderung war nicht ideal ausgeschildert.

Ein Weinstock-Kindergarten!

Illustration, warum einige Weine hier “vom Rotliegenden” heißen.

Die Robinien blühen! Ich sah den ganzen Weg über Unmengen Dohlen, Saatkrähen, Schwalben, Tauben und Greifvögel in der Luft, von denen ich nur Falken und Milane identifizieren konnte, helle mächtige Mäusebussarde lediglich vermutete. Vor mir flüchteten zwei mutmaßliche Fasane in einen Wingert, die ich auch zu hören glaubte. Und einmal schreckte ich ein Kaninchen auf, dass sich vom Weg ins Gebüsch schlug. Allerdings fiel mir auf, wie wenig hier summte und flog, ich sah nur zwei Schmetterlinge.

Und dann hörte der Wanderweg einfach auf. Als ich auf der Hälfte der Route an eine Gabelung ohne Wegweiser kam, war mir klar, dass ich zuvor falsch abgebogen sein musste und kehrte um. Doch der letzte Wegweiser war nicht völlig klar. Ich lud die GPS-Karte der Wanderroute auf mein Smartphone und probierte alle Wege ab Wegweiser aus: Keiner war der auf der Karte. Wenn ich den Pfeil auf dem Wegweiser ganz ernst nahm, hätte ich hier links durchgehen müssen.

Hinter einer befestigten Erdaufschüttung mochte mal ein Weg gewesen sein, jetzt sicher nicht mehr. Nicht schlimm, ich lief einfach denselben Weg zurück.

Es war herrlich.

Nach Duschen und Anziehen ging ich mit Herrn Kaltmamsell auf einen Morgen-Cappuccino zu einem Café am Marktplatz. Dann besorgten wir in einem Supermarkt restlichen Proviant für den Tag und machten uns auf zum Treffen: Zur Gartyparty, organisiert von Frau Mutti, die auch Location und Getränke spendierte.

Zwischen Gesprächen mit neuen und alten Bekanntschaften und in herrlichstem Sonnenschein aß ich Tomaten (ich hatte wieder zu denen mit grün-roter Schale gegriffen, die mir in Spanien so gut geschmeckt hatten – Volltreffer), Paprikaschoten, Pumpernickel. Gegen acht verabschiedeten wir uns, jetzt wurde es langsam kühler.

Später Tagesschau hinterhergeguckt: Acht von 15 Minuten über deutschen Männerbundesliga-Fußball. Das halte ich für sehr falsch: Menschen, die sich für dieses Thema interessieren, haben sicher genügend andere, auch öffentlich-rechtliche Quellen dafür.

Im Bett las ich Granta 136, Best of Young British Novelists 5 aus. Diesmal war ich bei Weitem nicht so angetan und bereichert wie vor zehn Jahren. Ich las hauptsächlich leise Geschichten, bekam wenige neue Einblicke, sei es erzähltechnisch, sprachlich oder inhaltlich. Daraus hervorstechend in meinen Augen; Tom Creeve, “The Room-Service Waiter”, die Geschichte eines älteren Manns in Paris, der einst einem jetzt berühmten Maler Modell gestanden hat. Außerdem Anna Marcalfe, “Circles”, ein entstehendes Paar, das sich über eine Online-Plattform findet. Ich begrüßte auch einige Ansätze nicht-realistischen Erzählens. Auffallend und bemerkenswert: Das wiederkehrende Thema Armut.

Journal Freitag, 26. Mai 2023 – Fahrt zum Rheinhessischen Wein

Samstag, 27. Mai 2023

Aufgestanden zu BLAUEM! Himmel. Das war wirklich schön. Letzte Absprachen mit Herrn Kaltmamsell zu unserem Pfingst-Ausflug ins Rheinhessische, wir verabredeten uns kurz nach Mittag am Bahngleis.

Auf meinem Marsch in die Arbeit war die Luft noch recht kühl, völlig in Ordnung für einen Maienmorgen. Ich sah, dass der Holler um die Theresienwiese zu blühen beginnt.

Im Büro hohe Schlagzahl, die Entscheidung vom Vortag zog weitere Bewegungen nach sich.

Mittags huschte ich schnell raus auf einen Cappuccino beim nahe gelegenen Quiche-Lokal – doch das hatte gestern geschlossen. Mangels Zeit für weitere Wege wurde es also doch wieder ein Hallenbad-Cappuccino aus dem Büro-Automaten. (Sie erinnern sich vielleicht, was mein größter Schmerz während der ersten Corona-Schließungen vor drei Jahren war? Dass die Cafeteria zu hatte und ich keinen guten Cappuccino bekam?)

Feierabend kurz nach freitäglicher Kernzeit, U-Bahn zum Münchner Hauptbahnhof. Mit einem voll besetzten ICE ging es bis nach Mannheim. Herr Kaltmamsell hatte mir zu meinem Apfel als Mittagessen eine Bento-Box zusammengestellt: der Rest Mairübchen-Curry vom Vorabend, frisch gebratener Pakchoi aus Ernteanteil, dazu Reis – köstlich.

Draußen vorm Zug herrliche Mai-Farben.

Schon hinter Stuttgart (ICE verspätet, Anschluss nach Paris verpasst, knallvoll) sagte die Zugscheffin heiter und unverwüstlich durch: „Wir wünschen Ihnen die bestmögliche Reise, die wir Ihnen anbieten können.“ Wir waren gelassen, hatten ja Zeit.

In Mannheim schafften wir sogar unsere S-Bahn an den Zielort Nierstein – die dann einige zusätzliche Zeit erst mal herumstand.

Angekommen checkten wir gemütlich im Hotel ein (direkt gegenüber dem Weingut St. Antony, mit dem ich in einem früheren Leben beruflich zu tun hatte), packten kurz aus, sahen uns dann in Nierstein um.

Gemüseeinkäufe für Samstag auf dem Wochenmarkt – der mir mit seiner heiteren Atmosphäre wie die minimalste Version des Freiburger Markt erschien: Im Zentrum der Weinstand, an dem sich fröhliche getroffen wurde, von allem sonst genau je ein Stand (minus Käse- und Wurststand, vielleicht ja nur diesmal). Wir gingen gleich weiter spazieren und fanden Nierstein ganz entzückend.

Herr Kaltmamsell dachte lange nach, woran ihn dieser Anblick erinnerte, landete bei Cornrows.

Vom Kirchhof der Kilianskirche hatten wir einen herrlichen Blick auf den Rhein.

Durch die alten Gässchen mit vielen Weingütern spazierten wir zurück ins Hotel, brachen aber bald zum Abendessen auf: Ich hatte einen Gutsausschank ausgesucht, der eine Winzer-Vesper anbot – das sah nach dem örtlichen Pendant zum bayerischen Brotzeitbrettl aus.

War es dann auch, obwohl die Kellnerin unsere Bestellung nicht verstand und wir ihr den Posten in der Karte zeigen mussten: Das habe noch nie jemand bestellt. Schmeckte aber sehr gut.

Dazu tranken wir uns durch einige Weine der Winzerei Staiger: Von Gewürztraminer, Rotem Riesling, Grauburgunder und Sauvignon Blanc fand ich den Grauen Burgunder am interessantesten.

Um die Martinskirche flogen Falken, Dohlen, Mauersegler. Festgestellt: Hier sind die Kastanien schon mit Blühen durch, der Holler tut es mit aller Pracht.

Auf Süßes zum Nachtisch hatte ich auch noch Lust und lotste uns zu einem Eisladen am Rhein: Ich hatte die Sorten Salzkaramell und Joghurt.

Unerklärliche Anführungszeichen haben offensichtlich eine sehr lange Tradition.

§

Der Trailer zum Barbie-Film sieht wirklich gut aus. (Und gibt mir Ideen für das Kostümfest, zu dem ich im Juli eingeladen bin.)

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https://youtu.be/oRzCR5YKWUk

Journal Dienstag, 23. Mai 2023 – Launemacher Haarschnitt

Mittwoch, 24. Mai 2023

Wecker eine halbe Stunde später gestellt, beim nächtlichen Klogang ließ ich den Rollladen gegen die Morgenhelle ganz herab, und schon bekam ich eine halbe Stunde mehr Schlaf! Beim Hochziehen des Rollladens war es draußen wie angekündigt hellgrau trübe, aber noch mild.

Die zusätzliche Zeit hatte ich wegen eines Impftermins (zweite Dosis FSME, vulgo Zeckenimpfung) um 8:10 Uhr in der Allgemeinarztpraxis ums Eck. Trotz perfekter Zeitplanung traf ich dort etwas außer Atem ein: Auf halbem Weg hatte ich festgestellt, dass die eigens bereitgelegten Unterlagen (Impfpass und Versicherungskarte) noch auf dem Schränkchen in der Diele lagen und musste umkehren.

An der Tür der Praxis hatte ein Schild Maskentragen erbeten, doch drin hielt sich nur das Personal daran. Das Impfen selbst ging zackig.

Strammer Fußmarsch in die Arbeit, dabei stellte ich mir die Temperatur kurz unter 20 Grad für unseren Wanderurlaub in England vor und war einverstanden (keine Jacke überm Kleid nötig).

Über die nächsten Stunden erinnerte sich der Himmel an sein Programm für den Mai dieses Jahres und wurde immer dunkler. Arbeit gestern gut taktbar.

Zu Mittag gab’s einen Apfel, eine Scheibe selbstgebackenes Roggenschrotbrot aus der Gefriere mit Tomätchen, eine Banane. Doch meine Laune wollte einfach nicht besser werden.

Nachmittags Geschäftigkeit. Die nächsten Tage werden beruflich spannend, allerdings außerhalb vom Büro und mit mir nur von der Seitenlinie aus.

Die Feierabend-Zeit war auf meinen seit Wochen ersehnten Abendtermin abgestimmt: Haareschneiden in der Innenstadt.

Und siehe da: Ein wirklich guter Haarschnitt kann meine Laune verbessern! (Ich habe dem Herrn sogar “Styling” mit Wachs erlaubt.)

Herr Kaltmamsell erfüllte mir zum Abendessen einen lange gehegten Wunsch: Pasta e fagioli (Rezept aus Rachel Roddy, An A-Z of Pasta – schade, dass das nicht ins Deutsche übersetzt wurde).

Zum Glück schmeckte es Herrn Kaltmamsell genauso gut wie mir, das wird es wieder geben. Nachtisch Schokolade.

Recherchen und Planung fürs Pfingstwochenende: Herr Kaltmamsell und ich fahren am Freitag ins Rheinhessische zu einem geselligen Treffen; da es mit Selbstversorgung stattfindet, ist Logistik erforderlich.

§

Erdbebensicherer Häuserbau ist in vielen Gegenden der Welt ein großes Ingenieurswissenschaftsthema. Vieles davon wird in kleinem Maßstab getestet, vieles durch Berechnungen simuliert – aber einiges muss halt auch ausprobiert werden, und die Ingenieur*innen können ja nicht aufs nächste Erdbeben warten. Also erzeugen sie selbst ein künstliches, wie @dtfdpr herausgefunden hat.

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https://youtu.be/Sj3iI9jZCX8

(Merken, weil immer wieder Thema in Gesprächen mit Herrn Kaltmamsell: Die Bewegungen eines Schiffs heißen auf Englisch roll, pitch und yaw.)

§

Tom Scocca regt sich schon 2012 auf Slate zurecht über die Rezeptlügen zu Zubereitungs- und Kochzeiten auf, in diese Fall ganz konkret über die Angaben, wie lange es dauert Zwiebeln zu karamelisieren. Er regt sch ausführlich auf, fundiert und mit viel Recherchen und Küchenexperimenten.
“Layers of Deceit”.

In truth, the best time to caramelize onions is yesterday.

Journal Montag, 22. Mai 2023 – Der eine Frühlingstag der Woche

Dienstag, 23. Mai 2023

Kurze Nacht, weil ich sehr früh aufwachte – wird halt gereicht haben.

Es war der einzige sonnige Frühlingstag der Woche angekündigt, und das zog nach so langem Nicht-Frühling nach sich: Die sehr schwierige Entscheidung für etwas von meiner vielen und vielfältigen Frühlingskleidung. Meine Wahl fiel auf ein kurzärmliges Etuikleid, doch all die anderen Kleider und Röcke, die ich hängenlassen musste, schmerzten mich.

Theresienwiese mit Klima-Camp.

In der Arbeit viel Arbeit mit hoher Taktzahl, darunter aber zum Glück wenige hektische Querschüsse.

Ich nahm mir die Zeit, auf einen Mittags-Cappuccino raus ins Westend zu spazieren, die Sonne des einen Frühlingstags zu genießen und Frühlingsdüfte zu atmen.

Mittagessen zurück am Schreibtisch: Heimische Lager-Äpfelchen und selbst gebackenes Walnussbrot.

Nachmittags gab es nochmal richtig viel Arbeit, Vieles unter Hochdruck, alles mit unerfreulichem Hintergrund und unerfreulichen Aussichten.

Bei spätem Arbeitsende befand ich mich in einem Grad der Erschöpfung, der Aufstehen und Heimweg nicht mal attraktiv macht. Ich schlappte natürlich trotzdem los, brachte aber keine Freude für die Wärme, die Sonne und das bunte Draußenleben auf. Einkäufe im Vollcorner.

Zu Hause Einkäufe ausgepackt, Waschmaschine gefüllt, Yoga-Gymnastik absolviert (die diesmal leider nicht gegen die Grundgenervtheit über Lebenmüssen half). Zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell Ratatouille aus Ernteanteil (kurz vor den ersten erntbaren richtigen Gemüsen wird’s mager in der Kiste, das füllt Eingekochtes auf) mit cremiger Polenta – sehr gut.

Nachtisch Süßigkeiten.

Journal Sonntag, 21. Mai 2023 – 30. Rosentag mit Picknick an der Isar

Montag, 22. Mai 2023

30 Jahre ist der Anlass des Rosentags nun her (seine Geschichte, meine Geschichte). Was sich nicht geändert hat: Feste Partnerschaften, Zweisamkeit, Ehe gar – sind wirklich nichts für mich komische Eigenbrötlerin. Es gibt genau einen Menschen, der die Ausnahme ist.

Nach guter Nacht (weil ich schon bald den Schnarcher im Zimmer gebeten hatte, in sein Bett umzuziehen) begann der Tag mit Brotbacken.

Der Teigling frisch aus dem Kühlschrank: Das sah nach gefährlicher Übergare aus. Zum ersten Mal testete ich mit Fingerprobe: Die war eigentlich ok. Doch beim Stürzen auf den Holz-Schieber fiel der Teigling zusammen – jetzt sah ich wieder schwarz.

Im Ofen ging der Laib dann wieder auf. Was für eine Aufregung.

Das Ergebnis später im Anschnitt: Nicht die große Porung, die es haben soll, aber ein gutes Brot. Das nächste Mal also zwei Laibe – und notfalls in einer Nachtschicht gebacken.

Jetzt holte ich aber erstmal im Blumenladen die dreißig bestellten Rosen ab.

Eine Pracht!

Ich hatte draußen festgestellt, dass es trotz lediglich Ahnung von Sonnenschein warm war. Für meinen Isarlauf blieb ich also in kurzen Ärmeln. Mit dem Rad fuhr ich wieder an den Friedensengel, unter anderem zum Location-Check fürs Rosentags-Picknick.

Die designierte Picknick-Wiese. Hier zwischen Max-Joseph-Brücke und Kennedy-Brücke war der Bewuchs an einer Stelle kurz genug, der ohnehin nur mittel frequentierte Weg lag weit genug weg. (Die kleine Linde, die wie ein paar weitere für die gestorbenen mächtigen Eschen gepflanzt wurde, würde noch nicht viel Schatten spenden können, aber ich habe doch ein großes Herz für Anfängerinnen, die noch üben müssen.)

Ich lief recht gut, gegen Ende kam die Sonne deutlicher heraus und ließ mich bald einen Schluck Wasser vermissen. Ich hörte ein Krötenkonzert vom Teich auf Höhe Sankt Emmeram, freute mich am Licht.

Lediglich der letzte Abschnitt war mir leider verdorben: Mich plagte völlig überraschend und überraschend schmerzhaftes Seitenstechen.

Zurück daheim trank ich reichlich Wasser, duschte, cremte mich mit Sonnenmilch ein – und packte alles fürs Picknick zusammen. Mittlerweile hatten die Temperaturen die angekündigten 25 Grad erreicht, ich trug Sandalen.

Zusammen mit Herrn Kaltmamsell radelte ich bepackt in mittlerweile Radler*innenmassen zurück zur Picknickwiese.

Herr Kaltmamsell: “Natur piekst!”

Auf dem Tablett (ich hatte für stabilere Ablage unser Holz-Tablett mitgenommen und mit der Tischdecke abgedeckt) Köstlichkeiten vom Dallmayr:
Unter Aspik Entenlebermousse, Räucherlachsmousse, gefüllte Eier.
In Schälchen Steinpilze in Olivenöl, Garnele/Tomate/Joghurt, Sonnenweizen/Schafskäse/Chicoree, Nordseekrabben/Gurke/Dill, Süßkartoffel/Orange/Cashew.
Dazu einen Vermentino aus der Toskana und Walnussbrot (sehr gut, unbedingt nochmal).

Nachtisch: Bayerisch Creme mit Himbeeren für ihn, Mangomousse mit Mandelstückchen (Hammer!) für mich.

Ich ließ mir über die neuesten Recherchen von Herrn Kaltmamsell erzählen, lernte viel über Sumerologie, ergative Sprachen und agglutinierende Wortbildung. Wir sahen Mauersegler, hörten bettelnde Meisenkinder, Buntspechte.

Irgendwann war alles restlos weggegessen und -getrunken (ich hatte für mich eine Sportflasche Wasser eingeschmuggelt), wir packten und radelten heim. An einer roten Ampel schloss Herr Kaltmamsell seine Ausführungen des Nachmittags ab: “Was ich jetzt noch bräuchte, ist eine Liste von sumerischen Plural-Affixen.” Und das ist ein Grund, warum er diese Ausnahme von oben ist.

Daheim nüchterte ich über Zeitungslektüre auf dem Balkon (!) (!!) langsam aus – zum Glück ohne Nachwirkungen, Tagesalkohol vertrage ich ja nicht immer gut.

Zur Tagesschau gab es sogar noch Abendessen: Die Erbsen-Minz-Suppe vom Dallmayr, die ich ursprünglich als warme Vorspeise aus der Thermoskanne geplant hatte – doch dann waren mir die Umstände zu groß gewesen. Dazu Walnussbrot, danach Schokolade.

Abendunterhaltung: Der Münchner Tatort “Game Over”, der im E-Sport spielte und ein wirklich gutes Drehbuch hatte, mit manchen Kamera-Einstellungen wie in Ego-Shootern, ohne dass die alten Kommissare damit hadern mussten, was dieses E-Sports-Zeug bitte ist – der zudem zum Teil bei uns ums Eck im südlichen Bahnhofsviertel spielte (Geografie-treu1, also ohne Sprung zwischen den Stadtvierteln, wenn in der Handlung angeblich nur um eine Ecke gegangen oder gefahren wird). Wieder mal eine auffallend gute Darstellerin in einer Nebenrolle: Lea van Acken.

Noch kurzes Räumen für den Putzmann-Einsatz am Montag, dann Abschied vom herrlich langen Wochenende.

  1. Den Begriff habe ich gerade erfunden, gibt es in der Filmkunde sowas? []

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