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Journal Dienstag, 25. Februar 2025 – Ein Feuerwerk der Belanglosigkeiten

Mittwoch, 26. Februar 2025

Leicht unruhige Nacht.

Marsch in die Arbeit wieder in milder Luft, diesmal aber unter bedecktem Himmel.

Emsiges Abarbeiten von Dingen, bevor mich Besprechungen belegten (darunter eine, in der aus Gründen das Ergebnis der Bundestagswahl aus einer bestimmten Fachsicht eingeordnet wurde – das tat in seiner geballten Sachlichkeit ohne Prognosen, Bewertung oder Spekulation ungeheuer gut).

Spät schoss ich auf einen Mittagscappuccino ins Westend, jetzt zeigte sich sogar die Sonne. Wegen Arbeitsdrucks schoss ich auch zurück. Verspätetes Mittagessen: Sellerielinsen vom Vorabend, Orangen.

Auf Mastodon heiterer Austausch unter Wahlhelfenden zu Wahlabläufen in Berlin, Hamburg, Erlangen, München. Interessant natürlich die Unterschiede, so werden in Hamburg und Erlangen die Wahlbenachrichtigungen einbehalten und zum Gegenrechnen gezählt (in München geben wir die den Leuten wieder mit: Sie sind im Wählerverzeichnis abgehakt, wer abgehakt ist, darf nicht mehr wählen). Unterschiede natürlich nur in der Organisation des Ablaufs, Gesetzesbasis ist ja überall gleich.

Als ich nach Feierabend das Bürohaus verließ, sah ich nassen Boden – den Regen hatte ich nicht mitbekommen. Diesmal ein größerer Einkaufsumweg: Ich nahm eine U-Bahn zum Ostbahnhof, um bei Mittemeer Spanisches zu besorgen.

Fotoautomat vor rot gefliester Wand

Im Ostbahnhof-Durchgang unter den Gleisen Stopp mit quietschenden Sohlen: Ein Fotoautomat! Endlich hatte ich die Gelegenheit, mein Fotoprojekt weiterzuführen (seit fast 20 Jahren Fotoautomataufnahmen – geplant monatlich, tatsächlich alle paar Monate, Ziel ist Alterungsdokumentation mit festen Parametern). Das hier war eine neue Technik-Generation mit Bezahlmöglichkeit ohne Bargeld (der Kampf mit dem Einlesen meiner Mastercard setzte die Tradition der Probleme mit Münzen fort, ich schaffte es letztendlich mit Handybezahlung), vier verschiedenen Aufnahmen (die alten Automaten hatten zwar vier Aufnahmen erstellt, doch ich musste mich für eine davon entscheiden, die viermal gedruckt wurde) und für 5 Euro statt vorher 3,50 Euro – was ich als erste Preiserhöhung in 20 Jahren wirklich in Ordnung finde.

Vier verschiedene Automatenfotos einer Frau mit kurzen weißen Haaren und Brille

Hurra!

Bei Mittemeer bekam ich nicht nur die geplanten Lebensmittel, sondern auch das Peperoncino-Öl, das ich in den vergangenen Wochen vergeblich gesucht hatte.

Daheim nahm ich mir noch die Zeit für Häuslichkeiten und Yoga-Gymnastik, dann servierte Herr Kaltmamsell Kartoffeln und Petersilienwurzeln aus Ernteanteil mit Schälerbsen und Räuchertofu (Alnatura-Eigenmarke – nicht gut, weil muffig) als Eintopf – gutes Abendessen! Nachtisch Schokoladen-haltige Süßigkeiten.

Nicht nur nachts müffle ich, derzeit habe ich wieder eine (wahrscheinlich hormonell bedingte) Stinkphase: Selbst mit allerstärkstem Deo und in allerfrischestem Oberteil bemerke ich innerhalb von Minuten stechenden Schweißgeruch. Wenn Sie als unangenehm empfinden, mit einer anderen schweißelnden Person die Atemluft zu teilen (tue ich zum Beispiel) – dann stellen Sie sich mal vor, wie es ist, selbst die Quelle zu sein. Nicht schön. Ich werde ganze Stapel Oberteile 24 Stunden in Wäschedesinfektion einweichen müssen.

Journal Sonntag, 23. Februar 2025 – Zum ersten Mal briefwahlgeholfen

Montag, 24. Februar 2025

Eine Ursache des Speed-Müffelns meines Bettzeugs ist wahrscheinlich, dass ich derzeit viel schlafschwitze (als lebenslange Schlafschwitzerin kenne ich den Unterschied zum quälenden Wechseljahr-Schwitzen), selbst unter der neu entdeckten Schurwoll-Decke.

Früh aufgewacht. Seltsames Gefühl, an einem Wahlsonntag nicht kurz vor sieben das Haus zu verlassen zum Aufbauen im Wahllokal: Mein Dienst bei der Briefwahlhilfe begann erst um 14:45 Uhr. Deshalb hatte ich das Durcharbeiten der Schulungsunterlagen auch auf Sonntag verschoben.

Und ich hatte Zeit für einen Isarlauf, trat ihn allerdings früher als sonst an: Tram zum Tivoli, Lauf nach Norden isarabwärts.

Der Himmel trüb, die Luft eher mild, aber nicht erschreckend mild. Mein Körper spielte gut mit – bis auf die letzten 15 Minuten von 100, jetzt schmerzten Hüfte, linkes hinteres Bein.

Blick über eine Absperrung auf einen Bach, der über Steine in einen Fluss läuft, über dem Fluss auf Betonpfeiler eine Brücke

Fluss mit großen Steinen, am gegenüberliegenden Ufer kahle Bäume und ein Kirchturm

Tram zurück ans Sendlinger Tor, von dort spazierte ich weiter ins Wahllokal. Die Abläufe sind mittlerweile wohl wirklich über Schulungen standardisiert – ich hatte als Schriftführerin die alten Hasen zu fürchten gelernt, die als Vorsitzende ihre “Tricks, wie’s schneller geht” durchsetzten und damit alles durcheinander brachten.

Nach dem Duschen war Zeit für die Wahlhilfe-Unterlagen, ich fühlte mich als Schriftführerin halbwegs sicher, sogar dreiviertelwegs. Als Frühstück gab es ein mächtiges Käsebrot aus selbstgebackenem und zwei Orangen.

Frau mit weißen kurzen Haaren und Brille fotografiert sich im Dielenspiegel, trägt schwarzen Mantel, Jeans, blau-braune Lederschnürschuhe, eine halbrunde Tasche quer über den Körper aus hellem Leder und blauem Kunststoff

Ready for Briefwahlhelfen. Passender Anlass für den ersten Einsatz meiner neuen Tasche (von Zirkeltraining, aus alten Turnhallenmaterialien, ich wollte unbedingt ein Modell mit Turnmatte neben Bockspringleder, Circular Economy or what?). Ich nahm eine U-Bahn zum Georg-Brauchle-Ring, mein Einsatzort war das Berufsschulzentrum an der Riesstraße – und der von vielen, vielen anderen Wahlhelfenden auch, die weitläufige Anlage (Haus 1 bis 5) wurde emsig genutzt.

Ausschnitt aus einem Schulzimmer, im Vordergrund auf einem Tisch ein aufgeklappter Laptopn in einer Halterung, im Hinergrund weitere Tische und Stühle, an der gegenüberliegenden Wand eine Reihe Computerbildschirme

Mein Einsatzplatz als Schriftführerin.

Und dann tat ich, wofür ich geschult worden war, genoss die “Tischbetreuung” (IT- und sonstiger Service direkt vor Ort), lernte sieben Frauen verschiedenen Alters kennen, kam insgesamt mit allem gut zurecht. Kurz nach sieben gab es wie angekündigt die Nachlieferung an Briefwahlbriefen, auch für diese Handgriffe gab es eine Anleitung. (Einige Erlebnisse und erzählwürdige Anekdoten, vor allem menschlich, die hier halt nichts zu suchen haben. Aber auch deshalb empfehle ich Wahlhelfen von Herzen.)

Blick aus Fenster auf einen Basketballplatz in Abenddämmerung, dessen Boden hügelig ist, im Hintergrund Bürogebäude

Pause kurz vor sechs (Start Öffnung der Stimmzettel, davor hatte wir die Wahlbriefe auf Gültigkeit geprüft, die geschlossenen Stimmzettel-Umschläge der gültigen Wahlbriefe in die versiegelte Wahlurne geworfen), Gelegenheit für einen Blick nach draußen – hat man Basketballplätze jetzt so?

Wir kamen flott und professionell durch, 20:15 Uhr verabschiedeten wir uns bereits voneinander. Und nach ein wenig Warten auf die nächste U-Bahn kam ich noch vor neun nach Hause – wo Herr Kaltmamsell, gestern im Briefwahlhilfe-Einsatz an der Münchner Messe, schon seit einigen Minuten wartete, auch sein Team war gut durchgekommen.

Ich hatte ein wenig Brotzeit eingepackt gehabt, doch wie erwartet brachte ich in der Anspannung keinen Appetit auf. Jetzt aber hatte ich Hunger und aß einen Teller Orangenschwein vom Vorabend, dann noch Schokolade.

Von den Wahlergebnissen hielt ich mich gezielt erstmal fern, die würden mich am nächsten Morgen noch früh genug erwischen. Aufgekratzt ins Bett.

Journal Samstag, 22. Februar 2025 – Das Wochenende der Orange

Sonntag, 23. Februar 2025

Früh aufgewacht – Beschluss, das für meine Morgenpläne zu nutzen.

Nämlich:
1. Bettwäschewaschen inklusive Matratzenschoner, mittlerweile müffelte mein Bett bereits wenige Tage nach Frischüberziehen. Ich bin Bettmüfflerin, das liegt bei uns in der Familie, väterlicherseits. Ein weiteres Hindernis auf dem Weg zur glaubwürdigen Diva.
2. Brotbacken – und zwar ein so altes Rezept, dass es noch aus meiner allerersten Brotbackphase in den 1980ern stammte (die endete, als mein Vater vorsichtig fragte, wann es mal wieder richtiges Brot gebe): Ein Kartoffelbrot mit Roggenschrot. Aus Erfahrung weiß ich heute, dass grober Roggenschrot über Nacht kalt gewässert (oder in Sauerteig) wie im Rezept angegeben nicht weich genug wird; ich hatte ihn Freitagmorgen mit kochenden Wasser übergossen und so zwölf Stunden stehen lassen. Weitere Änderung auf Basis meiner Erfahrung: Hefezugabe deutlich reduziert, Verlängerung Stock- und Stückgare.

Auf einem runden Kuchengitter, das auf einer schwarzen Kochfläche steht: ein runder Laib Brot

Ging schön auf. (Meine Brote sehen alle gleich aus, ich muss den Schluss mal bei Stückgare oben lassen und einschneiden oder so.)

Schwimmpläne: Bis kurz vorher war ich unschlüssig, ob mir der Sonnenschein für eine (winterteure) Schwimmrunde im Dantebad reichte. Letztendlich entschied ich mich für drinnen und Olympiabad, genoss die milde Luft beim Hinradeln.

Blick durch eine offene Tür auf die gepflasterte Ebene über der Schwimmhalle, darin zwei Menschen an Stehtischen

Es war so mild, dass die Außentür zum Café über der Schwimmhalle offenstand.

Guter Schwumm, praktisch keine Geräteschwimmer*innen auf meiner Bahn, der Körper signalisierte allerdings, dass die Oberkörper-betonte Yoga-Einheit vom Vorabend (eagle arms zum Saufuttern) nicht die ideale Vorbereitung auf 3.000 Meter Kraul war.

Beim Eincremen und Anziehen hörte ich aus Nebenkabinen Gespräche auf Japanisch (zwei Männerstimmen) und Türkisch (zwei junge Frauenstimmen), freute mich an diesem München, hätte allerdings zu gerne verstanden, worum es ging – sicher ganz alltägliche Dinge, aber ebenso sicher aus einem anderen Alltag als meinem.

Mildes Heimradeln, an einer der vielen roten Ampeln an der Schleißheimer Straße nahm ich sogar das Stirnband ab.

Nahaufnahme aungeschnittener Laib Brot

Frühstück kurz vor zwei war restlicher Waldorfsalat vom Vorabend und Brot (Butter, Marmelade) – es schmeckte ok, der Roggenschrot innen war weich genug, aber halt an der Oberfläche wieder hart gebacken. Ich notierte auf dem historischen Rezept, dass es keinen weiteren Versuch wert ist, dazu habe ich zu viele erprobte und bessere Alternativen.

Nachmittag mit Lesen im meist sonnigen Wohnzimmer, darunter die Wochenend-Süddeutsche. Unter anderem wird ein Mann portraitiert, der seit 30 Jahren wahlhilft: “Ehrenamtliche Wahlhelfer gibt es kaum noch, die meisten sind im öffentlichen Dienst und bekommen die Arbeitsstunden gutgeschrieben.” Kaum noch? Stecke ich wieder in einer Wahrnehmungs-verzerrenden Blase, in meinem Sichtfeld werden es nämlich immer mehr? Und bei den jüngsten Einsätzen als Wahlhilfe bestanden die Teams immer zu mindestens der Hälfte aus Ehrenamtlichen.

Eintrag meiner Blogposts 2024 bei der VG Wort abgeschlossen.

Die schön mürben Ernteanteil-Äpfel verarbeitete ich zu Nachtisch, nämlich Apple Cumble mit gemahlenen Mandeln in den Streuseln. Während des Backens turnte ich Yoga-Gymnastik.

An diesem Wochenende sollten möglichste viele Orangen aufgebraucht werden, wir müssen sie täglich prüfen und entdecken immer welche mit Matschstellen. In den Drinks am Freitagabend waren sechs Stück verschwunden, die gestrigen Drinks Green Monkey beseitigten eine weitere, und für das Abendessen hatte ich Herrn Kaltmamsell schon im Januar ein Rezept aus dem SZ-Magazin angereicht: Ragout vom Schwein mit Orangen.

Aufsicht auf große tiefe Pfanne mit Sauce, darin Fleischstücke, halbe Orangenscheiben,Estragonbündel

Schmeckte wirklich gut! Keine Beilagen, im Glas den Kochwein, den Herr Kaltmamsell verwendet hatte (er hatte halb Brühe, halb Wein verwendet), ein italienischer Chardonnay, überraschend frisch. Nachtisch Apple Crumble.

Noch früher ins Bett zum Lesen.

§

Dank an @charmingLiisa für den Hinweis auf diesen Text der immer anregenden Mely Kiyak:
“Freiheit aus dem Tante-Emma-Laden”.

Dabei wäre gegen eine vertiefte politische Auseinander­setzung mit Migration, Flucht, Asyl überhaupt nichts einzuwenden, im Gegenteil, ist sie doch seit Jahrzehnten überfällig.

Meine Rede seit langem.

Wenn fremde Staaten in Deutschland das Gerücht verbreiten, dass eine vermeintlich ungezügelte Migration die Deutschen bedroht, dann wirkt diese Desinformation auf die demokratische Stabilität ähnlich verheerend wie eine Streubombe. Diktaturen und autokratische Führer haben das schon lange begriffen, sie sind Spezialisten darin, die Sicherheits­architektur ausländischer Staaten mit dem sehr simplen Mittel der Rhetorik zu lenken, indem sie in den sozialen Netzwerken Volkszorn simulieren – bis tatsächlich welcher entsteht. Man kann den Faschisten alles Mögliche vorwerfen, aber ganz sicher nicht, dass sie die menschliche Psychologie nicht begriffen hätten.

Gleichzeitig schreibt sie auch viele Ideen, auf die ich nie gekommen wäre, die ich aber sehr spannend finde, zum Beispiel eine digitale Wehrpflicht.

§

Ashifa Kassam hat sich für den Guardian die spanische Wirtschaftsentwicklung und Politik angesehen und identifiziert als Ursache für derzeit steigendes Bruttoinlandprodukt und niedrigste Arbeitslosenquote seit 2008 – TUSCH! – Offenheit für Einwanderung.
“How Spain’s radically different approach to migration helped its economy soar”.

Other factors are also at play. Spain’s abundance of wind and solar renewables has helped to keep energy relatively cheap while EU Covid recovery funds bolstered the economy and the socialist-led government ran a deficit to fund initiatives such as raising pensions and public sector hiring.

(…)

After years of watching the far right’s hardline views on migration become mainstream, analysts were swift to highlight how Spain was different. “One remarkable facet of Spain’s recent performance has been the role of immigration,” economists at JPMorgan noted in a recent research report. “2022 saw the highest net migration in 10 years, at close to three-quarters of a million individuals.”

§

“Deutschland verbraucht 17 % weniger Wasser nach AKW-Abschaltung”.
Inklusive schöner (und halt anstrengender) Aufschlüsselung, wie man sowas berechnet.

Journal Freitag, 21. Februar 2025 – Wahlvorbereitungen, Frühlingsvorbereitungen

Samstag, 22. Februar 2025

Um fünf aufgewacht, beim Wiedereinschlafversuch immer tiefer in Angst abgetaucht, um halb sechs die Reißleine gezogen und aufgestanden.

Per E-Mail kam eine Info vom Wahlamt: An dem Tisch, an dem ich am Sonntag Briefwahl auszähle, kommen nach 18 Uhr auch noch am Sonntag eingeworfene Briefwahlunterlagen an und werden ausgezählt. Ich bekam eine extra Ablaufliste, die das einbezog.

Ja, Sie können Ihre Briefwahlunterlagen noch selbst bis Sonntag, 18 Uhr einwerfen. In München sind das folgende Briefkästen:
– Rathaus, Marienplatz 8, 80331 München – nahe Fischbrunnen
– Kreisverwaltungsreferat, Ruppertstraße 19, 80337 München – neben der Treppe zum Haupteingang A
– Kreisverwaltungsreferat, Ruppertstraße 11, 80337 München – Eingang Standesamt

Nein, Sie können Ihre Briefwahlunterlagen NICHT in einem Wahllokal abgeben. Aber Sie können am Wahlsonntag mit Ihrem Wahlschein (UNBEDINGT mitbringen, denn im Wählerverzeichnis ist eingetragen, dass Sie Briefwahl beantragt haben) in jedem Wahlraum in Ihrem Wahlkreis wählen, wenn Sie ein gültiges Ausweisdokument (Reisepass, Personalausweis) vorweisen.

Ende staatsbügerlicher Block.

Milder Marsch in die Arbeit: Der Boden frostfrei, die Luft wachstumsfördernd feucht, erste Verheißung von Winterabschied.

Strukturierter Büro-Vormittag, draußen Sonnenschein durch leichten Wolkenschleier, milde Luft, die regelmäßiges Fensterkippen erlaubte.

Auf meinen Mittagscappuccino ins Westend spazierte ich mit offenem Mantel.

Glasfront eines kleinen Cafés, sonnenbeschienen, rechts sitzen Menschen davor, ein mensch mit dunkler Schürze kommt gerade heraus, auf dem Boden vor dem Café eine handgeschriebene Tafel "Wir öffnen für die Wahl Sonntag 9-14 Uhr"

Eine schöne Idee, zum Wählen zu ermuntern. Auch schön finde ich, dass sich immer mehr Menschen in meinem Blickfeld als Wahlhelferinnen melden.

Blick durch Scheibe auf sonnige Altstadtstraße, im Glas spiegelt sich jemand mit weißem Haar und Brille, die sich mit Handy fotografiert

Geisterselfie.

Zu Mittag gab es Orangen und Hüttenkäse.

Freitagspünktlicher Feierabend, ich freute mich auf Besorgungen unterm Stachus (Tee) und an der Sonnenstraße (Alnatura).

Im Vordergrund gelbe BLumen auf Wiese, dahinter eine breite Außentreppe, kahle Bäume, ganz hinten sieht man das oberste Stockwerk und Dack eines Klinker-Altbaus

An der Schwanthalerhöhe endlich Winterlinge satt.

Daheim weitere Erledigungen: Ernteanteil-Kartöffelchen geschält und gekocht für ein Kartoffelbrot, während sie durchgepresst abkühlten, turnte ich Yoga. Kartoffeln mit eingeweichtem Roggenschrot und Sauerteig vermischt fürs Durchsäuern über Nacht. Endiviensalat (zugekauft) fürs Abendessen gewaschen, Orangen (Crowdfarming) ausgepresst für endlich Tequila Sunrise.

Auf einer Küchenarbeitsfläche eine Orange, zwei Longdrinkgläser mit orangem Inhalt, Eiswürfel, Strohhalmen, angeschnitten eine Flasche Grenadine und eine Flasche Tequila

Den linken hatte ich zu schwungvoll aufgegossen, da riste keine Sun. Jetzt aber endlich mit Herrn Kaltmamsell aufs Wochenende angestoßen.

Als Nachtmahl briet uns Herr Kaltmamsell ein Entrecôte vom Herrmannsdorfer, dazu gab’s Endiviensalat und Waldorfsalat aus Ernteanteil-Sellerie und -Apfel. Im Glas ein Côtes du Rhône aus der doppelten Lieferung: Ich hatte mich mit dem Händler darauf geeinigt, dass die einfachste Lösung Behalten war, bekam die zweite Kiste zum Sonderpreis und habe jetzt sehr viel Côtes du Rhône. Schmeckte gut!

Tischgespräch eine von meiner Seite rechte hilflose Diskussion über die Wahlentscheidung am Sonntag, ich kam mit strukturierter Überlegung und Reflexion meiner Prioritäten zu einem Ergebnis.

Herr Kaltmamsell hatte gestern seine Eltern in Augsburg besucht und zum Nachtisch nach vielen Jahren ohne meinen liebsten Vanillekrapfen mitgebracht, nämlich den vom Bäcker Wolf.

Angebissener Vanillekrapfen, von einer Hand gehalten

Immer noch sehr gut, aber ich fürchte, ich bin aus Krapfen rausgewachsen: Er bereitete mir einfach als Krapfen kein rechtes Vergnügen. Dann noch eine Runde Schokolade. Früh ins Bett zum Lesen, früh das Licht gelöscht.

Journal Dienstag, 18. Februar 2025 – Paula Fürstenberg, Weltalltage

Mittwoch, 19. Februar 2025

Paula Fürstenbergs Roman Weltalltage von 2024 besteht aus sehr viel Form – die aber bedeutungstragender Teil des Inhalts ist.

Das wird schon beim Blick auf das Inhaltsverzeichnis klar.

Zunächst wusste ich nicht, ob ich das angestrengt und aufgesetzt finden sollte oder lustig. Doch es stellte sich bald heraus, dass diese Struktur und diese Ebenen Handlung sind: Sie transportieren den Prozess des Erzählens, des Haderns, des Recherchierens.

Im Roman geht es um die Freundschaft der Erzählerin mit Max seit Schultagen. In der Erzählgegenwart wohnen sie zusammen in Berlin, geben einander Halt in ihren Leben nach dem Studium, das sie nicht wirklich auf die Reihe bekommen. Es geht um das Aufwachsen der beiden in Ostdeutschland und als einzige Kinder alleinerziehender Mütter. Ein zentrales Thema ist Krankheit – und die Sicht darauf, literarisch, gesellschaftlich: Die Erzählerin verarbeitet, was sie darüber gelesen hat, gleicht es ab mit ihrem eigenen Krankheitserleben – selbstbewusst und fesselnd. Und in den Gesprächen werden die interessantesten Fragen über Depressionen verhandelt, die ich je gelesen habe (u.a. Ist Depression eine Naturkatastrophe oder ein Verkehrsunfall?). Dazwischen auch Sach-Passagen, zum Beispiel eine Auflistung von Frauenfiguren durch die Geschichte, die sich massiv und teils gewalttätig gegen Ungerechtigkeiten auflehnten (“Krawall-Barbies”).

Teil der Erzählsituation ist die Behauptung von Autofiktion: Die Ich- (eingentlich Du-)Erzählerin (auch das wird thematisiert) schreibt als ihren ersten Roman diese Geschichte ihrer Freundschaft mit Max. Das Schreiben selbst ist wichtiger Teil der Handlung, auch das Sprechen über das Schreiben, die schwankende Einwilligung von Max, dass er und sein echtes Leben verwertet werden. Ich fand das handwerklich ganz ausgezeichnet gemacht, auf mich wirkte das deutlich weniger verkopft, als es hätte ausgehen können. Statt dessen las sich diese Erzählweise fast zwingend für den Inhalt. Ob es sich nun wirklich um das Leben der Autorin handelt oder nicht, fand ich diesmal tatsächlich irrelevant. Ich mochte das Buch sehr.

Zudem: Ein Roman mit Literaturverzeichnis <3

§

Gestern sehr müde vom Handyklingeln unterm Kissen geweckt worden, ich hätte gern weitergeschlafen.

Weg in die Arbeit unter überraschend düsterem Himmel, eigentlich war uns durchgehend freier Himmel versprochen worden.

Im Büro mehrfacher Überfall aus dem E-Mail-Postfach: Es dauerte bis zur Zeit meines Mittagscappuccinos, bis ich geradeaus schauen und strukturiert arbeiten konnte.

Jetzt schien die Sonne tatsächlich vom wolkenlosen Himmel, ich marschierte ins Westend.

Auf Holzboden ein mittelgroßer Hund mit hellem Fell, der einen hellen Pullover mit kleinem Norwegermuster trägt; ihm gegenüber hat sich ein Mensch in die Hocke gesetzt und hält seinen Hals

Auch in diesem Stadtviertel sind die Hunde mittlerweile eleganter gekleidet als ich.

Wohnstraße mit kahlen Bäumen und Sonne, am Ende der Turm einer Backsteinkirche

Herrliches Licht auf dem Rückweg.

Mittagessen später: Orangen, Muesli in Joghurt.

Arbeitsnachmittag geordnet, ich konnte immer wieder raus ins wundervolle Wetter schauen.

So sehr ich auch gehofft hatte, dass die Welt inzwischen weiter ist: In meinem Arbeitsalltag ist Microsoft Copilot mit seiner Vorlautheit ohne wirklich brauchbare Vorschläge einfach eine Neuauflage von Karl Klammer (ich kenne jemanden aus dem Team, das seine Texte seinerzeit ins Deutsche übersetzte).

Auf dem Heimweg Einkäufe: Süßigkeitennachschub, Drogeriemarkt, Lebensmittel im Vollcorner. Zu Hause Yoga-Gymnastik: Eine Dehn-Einheit, war gestern ok.

Herr Kaltmamsell hatte aus der zweiten Hälfte Ernteanteil-Lauch ein Bohnengericht mit roter eingelegter Paprika gemacht (nicht zum ersten Mal), besonders köstlich. Nachtisch Schokolade.

Früh ins Bett zum Lesen.

Journal Montag, 17. Februar 2025 – Jahrezeitlich angemessene Kälte

Dienstag, 18. Februar 2025

Um vier von Schneeräumfahrzeuglärm geweckt worden. Der Zentimeter, der noch gefallen war, machte das nicht wirklich nötig – aber ich nehme an, das sind Fremdfirmen, die immer von der Stadt bezahlt werden, sobald sie ihr Ausrücken rechtfertigen können. Was wohl bei jedem sichtbaren Schnee irgendwo im Stadtgebiet zutrifft.

Beim Aufstehen schien der abnehmende Mond durchs Wohnzimmerfenster, für die nächsten Tage war klarer Himmel angekündigt.

Weite, schneebedeckte Fläche, darauf am Ende ein Säulengebäude mit Frauenfigur im Morgen-Rosa

Knackige Kälte, ich musste mit erhöhtem Schritttempo gegen die eine Kleidungsschicht zu wenig arbeiten.

Zu meinen Jobs gehörte gestern auch Korrekturlesen, darin: “Fakultät für Maschinenwesen” – und ich freute mich erstmal, dass zu Androiden geforscht wird.
Große Enttäuschung, als ich verstand.
Auf Mastodon wies jemand auf “Mensch-Maschine” von Kraftwerk hin – ich legte gleich mal das Album auf (jajaja, klickte auf die Datei bei Youtube) und blieb eine Weile hängen. Musik von Kraftwerk, eine sehr alte und tiefe Liebe.

Termine verhinderten Mittagscappuccino – ich bemühte nach Monaten mal wieder den grässlichen Büro-Automaten. Und bedauerte, dass ich den wolkenlosen Sonnenschein nur von drinnen sehen konnte. Und ich vermisste den Marsch durch frische Luft. ABER! Draußen deutliche Minusgrade, im Büro genau richtig warm. Nach den beiden durchschnatterten Wintern in der Arbeit weiß ich das bewusst zu schätzen.

Mittagessen war Karottensalat und der letzte Kanten selbstgebackenes Brot.

Etwas wirrer Arbeitsnachmittag, aber Herr Kaltmamsell meldete, dass die Kiste Orangen nun doch eingetroffen sei.

Nach dem Hinweg ging ich auch den Heimweg in deutlichem Tageslicht, das war schön. Zu Hause Orangen gecheckt: Keine einzige hatte matschige Stellen – hurra!

Yoga-Gymnastik überraschend anstrengend, Brotzeitvorbereitung um das Thema Orangen.

Als Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell die Hälfte des reichlichen Ernteanteil-Lauchs als Quiche.

Gedeckter Tisch mit grünen Sets, im Vordergrund ein Glasteller mit ein Stück Lauch-Quiche, dahinter die weiße Quiche-Form mit dem Rest der Quiche

Wieder ein Festessen mitten unter der Woche. Allerdings waren wir uns einig, dass der Deckel geschmolzener Käse ausnahmsweise keine gute Idee war, dass “mit Käse überbacken” nicht alles verbessert: Der Panzer erschwerte ein Zerteilen der Quiche-Stücke auf dem Teller.
Nachtisch Orange und Schokolade.

Früh ins Bett zum Lesen.

§

“Weniger Fehler, mehr Seiten: 11 Jahre Techniktagebuch”.

Die PDF-Ausgabe mit allen 8817 Beiträgen hat in diesem Jahr 16.178 Seiten. Eine EPUB-Gesamtausgabe (549 MB) gibt es auch, und auf manchen Geräten wird man sie vielleicht sogar öffnen und lesen können. Wer das zu unhandlich findet, kann die Best-of-Version lesen (211 Seiten PDF, 18 MB EPUB).

Journal Sonntag, 16. Februar 2025 – SCHNEE! an der Isar

Montag, 17. Februar 2025

Wenn auch in Etappen, so doch lang geschlafen. Und nur aufgehört, als ich befürchtete, dass dösendes Liegenbleiben mir nicht mehr gut tun würde.

Gegen neun erste Schneeflocken in der Luft, die schnell zu ernsthaftem Schneefall wurden, das Draußen färbte sich weiß.

Isarlauf plante ich nochmal um Thalkirchen: Ab Montag wird die U-Bahn-Strecke U3 dorthin überarbeitet, bis Mitte März mit Bus-Ersatz bedient; ich nutzte den vorerst letzten U-Bahn-Tag. (Diese Bauarbeiten waren so oft als Durchsage in allen relevanten U-Bahn-Linien sowie U-Bahnhöfen angekündigt worden, dass sie wirklich nur an seltenen Gelegenheitsfahrenden vorbeigehen konnten.)

Als ich den Rechner zuklappte, um mich für die Laufrunde fertig zu machen, hatte ich eine superverrückte Idee: Ich könnte spazieren statt zu joggen! Und so noch mehr vom schönen Schnee mitbekommen. Statt Laufkleidung zog ich also Strumpfhose, Jeans, dicke Socken, Winterjacke an.

Spiegelselfie einer Frau in enger Jeans, Wanderstiefeln, dunkelbrauner Winter-Funktionsjacke mit hochgestülpter Kapuze

Auf den Wegen von Thalkirchen nach Süden waren überraschend wenige Menschen unterwegs, ich hatte angenommen, dass sich ganz München angesichts des Schneefalls in Winterstiefel, Mütze, Schal, Handschuhe und an die Isar stürzen würde. Und sie haben alle etwas verpasst, der Spaziergang war herrlich. Auf dem Hinweg Thalkirchen-Pullach schneite es fast durchgehend leicht, auf dem Rückweg konnte ich die Kapuze runterklappen – bis auf die letzten zehn Minuten, als es erneut schneite.

Temperatur lediglich um die null Grad, beim strammen Gehen hatte ich es schön warm.

In grünem Wasser spiegeln sich eine schneebedeckte Hütte, an der bunte Kajaks hängen

Auf einer schneebedeckten Fläche eine Steinskulptur mit Schneespuren: Eine Mann mit nacktem Oberkörper, der nach unten blickt, seine Beine sind nicht ausgestaltet, sondern roher Fels

Brunnen: aus einem stehenden Holzstamm kommt ein Rohr mit Wasser, es fließt in einen Holztrog, alles ist verschneit

Gewässer mit verschneiten Ufern, im Vordergrund Schwäne, Stockenten, Blesshühner, Gänse, Mandarinenten, im Hintergrund ein ockerfarbenes Gebäude mit rotem, verschneiten Dach

Großes Wasservogeltreffen hinterm Isarwerk.

Stechlige Kugelpflanze voll Schnee vor verschneiter Landschaft

Im Schnee eine überlebensgroße Flößerfigur von hinten, dahinter Zusammenfluss zweier Wasserläufe, Brücke über einen, an den Ufern kahle Bäume

Sehr erhöhter Blick auf verschneite Flusslandschaft

Verschneiter Weg zwischen kahlen Bäumen, am schneedüsteren Himmel eine Ahnung von Sonne

Für 15 Minuten kam fast die Sonne raus.

Erhöhter Blick auf ein verschneites Tal mit Flussbiegung, Wasserwerk, rechts einem Ort mit Kirche

Links verschneiter Weg und Zaun, rechts einzelne kahle Bäume, darunter ein astloser Stamm mit Spechtlöchern

Das tat bis ganz innen drinnen gut. Vielleicht ist das ja auch eine Alterserscheinung: Dass Draußenbewegung zwischen Pflanzen und in viel freier Fläche (ich scheue mich, diese durch-zivilisierte und eingehegte Gegend “Natur” zu nennen – ich bitte Sie: auf den unasphaltierten Spazierwegen war bereits ein Schneepflug unterwegs, um sie von den fünf Zentimetern Schnee zu befreien) so viel Erholung, Ruhe, Energie bewirken kann. Alterserscheinung, denn: Hätten Sie mir das vor 30 Jahren angekündigt, hätte ich sie laut ausgelacht.

Zurück daheim Frühstück kurz nach zwei: Coleslaw, vom am Vortag gebackenes Brot zwei Scheiben mit Butter und restlichem Schinken, ein Stück mit restlicher Nocilla aus Spanien.

Als Montagsbrotzeit Karottensalat zubereitet.

Gemütlicher Nachmittag mit Lesen: Internet, zwei SZ-Magazine, Florian Gleibs, Shalom Kitchen aus. Es schneite immer wieder ein wenig.

Yoga-Gymnastik, dann gab es als Nachtmahl edle Reste vom Vorabend: Serviettenknödelscheiben gebraten, Herz in Biersauce, restlichen Coleslaw. Nachtisch Schokolade.

Früh ins Bett zum Lesen.

§

In den vergangenen Tagen gab es Messerangriffe in Bremen, Lübeck, Ratingen, Erfurt, mehrere in Dortmund und in Berlin. Teilweise mit Toten, mit Schusswechsel mit der Polizei, willkürliche Opfer. Von keinem hast du wahrscheinlich gehört.

Bei Volksverpetzer schreibt Thomas Laschyk über:
“So manipuliert man dich über Messerangriffe”.

§

Wie Edmund de Waal, britischer Keramikkünstler und Schriftsteller, mir etwas über meine Stadt erzählte. Nämlich über die Porzellan-Manufaktur Allach-München, in der Heinrich Himmler Porzellan-Figuren für die SS produzieren ließ. Vor zwölf Jahren konnte de Waal noch die verfallene Fabrik besichtigen, hier sein instagram-Post dazu.

§

Die Attraktion des Anblicks von Museumsbesuchenden in Kunstmuseen kann ich nur zu gut nachvollziehen. Der brasilianische Fotograf Alécio de Andrade lebte 40 Jahre in Paris und fotografierte Besucher*innen des Louvre, 1992 wurde ein Buch daraus.

Alécio de Andrade wandered the rooms of the Louvre Museum for nearly thirty-nine years, starting in 1964. From these walks, he left 12,000 photos.

Miss Moss zeigte einige davon in ihrem Blog:
“The Louvre and its visitors”.

Besonders gefallen mir die Motive, in denen die Fotografierten gerade den Fotografen ansehen – eine Doppelung der Metaperspektive.