Journal Sonntag, 2. Februar 2025 – Fahle Isarauen, schräge Web-Entwicklung

Montag, 3. Februar 2025 um 7:27

Gut und lang geschlafen – die 7-Uhr-Kirchenglocken hörte ich zwar, schlief aber weiter.

Beim Aufstehen sah ich einen Falken vom Haus weg in den Park fliegen, bei einem weiteren Blick aus dem Fenster saß er kurz vorm Wohnzimmer auf der Straßenlaterne.

Für den Tag waren graue Düsternis und Kälte angekündigt, dennoch freute ich mich auf meinen Isarlauf. Ich trat ihn nach Bloggen und Wäscheaufhängen noch später als sonst an, stellte ohnehin über den Tag hinweg fest, dass so langes Schlafen den Tag spürbar verkürzt.

Tram zur Paradiesstraße kurz vor Tucherpark, Lauf nach Norden durch die Isarauen des Englischen Gartens.

Dicht bedeckter Himmel und Winterkahlheit führten zu fahl entsättigten Farben, ich lief fast blicklos in mich gekehrt und ließ meine Gedanken fließen, verarbeitete die vorhergehenden Tage. Ohne Foto-Stopps kam ich in meinen eindreiviertel Stunden weiter als schon lang nicht mehr hinter Unterföhring.

Flusslandschaft mut hohen hellbraunen Gräsern im Vordergrund, kahlen Bäumen, Kiesbänken im Wasser

Flussbett mit wenig Wasser und großen Steinen, auf diesem Ufer kahle Bäume, am gegenüberliegenden ein Zwiebel-Kirchturm

Der Körper spielte problemlos mit. Die Schmerzfreiheit in Waden und Kreuz führe ich auf die neuen Laufschuhe zurück, wunderte mich dennoch (durchaus erfreut), dass ich die derzeitige LWS-/Hüftbefindlichkeit hier nicht spürte.

Städtische Altbaustraße mit Zeitungskästen, rechts eine Ladenfront mit der Schrift "Schuhwerk Lehel"

Graues Februar-Lehel.

Zurück daheim kochte ich erstmal Frühstück: Ich wollte nach der Kälte draußen warmen Porridge. Dann erst Duschen, damit der Brei auf Esswärme abkühlen konnte.

Aufsicht auf eine weiße Schüssel, darin Joghurt, Orangenmarmelade, darunter sieht man einen Ausschnitt Haferbrei, neben der Schüssel ein roter Apfel

Frühstück um halb drei also Porridge mit Joghurt und Orangenmarmelade, dazu ein Apfel.

Internet- und Zeitunglesen. Fürs Abendessen war ich zuständig: Rinderbeinscheiben nach Kaltmamsell-Familienart. Da es sich um ein Schmorgericht handelte, fielen die ersten Handgriffe bereits um halb fünf an, dazwischen hatte ich außerdem die Gelben Bete aus Ernteanteil gekocht, die ich jetzt zu Salat verarbeitete.

In der Schmorphase war Zeit für Yoga-Gymnastik: eine kurze, sportliche Folge. Und schon war der Tag rum, Herr Kaltmamsell rührte uns Manhattans als Aperitif.

Die Beinscheiben gerieten wohl, für die Sauce wendete ich die Methode Zerstören-statt-Binden an – und stellte überrascht fest, dass Herr Kaltmamsell sie nicht kannte. Der neue Zerstörer erreicht ein besonders sämiges Resultat.

Längs-Sicht auf gedeckten Tisch für zwei Persinen, von vorne offener Topf mit Schneckennudeln, weiter Schmortopf mit Glasdecken, daneben zwei Glasteller auf grünen Sets mit Fleisch, Sauce, Nudeln, dahinter Weinglas mit Rotwein, Rotweinflasche, Pfeffermühle, geschlossener Laptop, Bücherstapel

Bitte beachten Sie die Nudeln im Vordergrund: Das ist die einzig zulässige Form als Beilage zu diesem Gericht, weil daheim bei Mutter so gewohnt (die das wahrscheinlich deutlich weniger eng sieht) – heutzutage gar nicht so einfach zu finden.

Im Glas der restliche Lemberger-Merlot vom Freitagabend, echtes Sonntagsessen. Nachtisch Schokolade.

§

Mama-Blogs gibt es ungefähr so lang, wie es Bloggen gibt – klar, wer über ihr Leben blogt, deckt damit auch Mutterschaft ab. Doch das nahm irgendwann eine eher gruslige Entwicklung, als die Eigenfamilien-Berichterstatttung auf YouTube Reality TV wurde mit Kindern vor der Kamera, die sich das nicht wirklich ausgesucht hatten. Der Guardian interviewt eine dieser Töchter, die heute 21 ist und deren Mutter in den USA mittlerweile wegen Kindesmisshandlung verurteilt eine Haftstrafe absitzt: Hinter der Vorbildwelt auf YouTube hatte blanke Gewalt gesteckt.1 Wobei diese christlichistisch geprägte Sonderform der Familienbelehrung sicher spezifisch US-amerikanisch ist.

“‘The nice version of her was manufactured for YouTube’: my mum, the family vlogger who became a child abuser”.

Mal wieder wird mir bewusst, welch komplett anderer Planet mein Internet war und ist.
Das prägende Erlebnis war die Blogmich 2005, also nach den ersten Jahren des Mitmach-Webs. Wir Blogger*innen standen komplett star struck umeinander herum: Das waren die Leute, die wir im Internet lasen – IN ECHT! Mein Eindruck war: Jeder und jede hielt alle anderen für Berühmtheiten. Was wir selbst ins Internet schrieben, war ja bloß…
Sehen Sie sich nur mal meinen damaligen Blogpost über das Treffen an!
Es war eine Online-Welt auf Augenhöhe. Beleg: Nicht wenige Blogger*innen kamen betont nicht, weil sie diese anderen Leute im Web, die sich offensichtlich für so wichtig hielten, doof fanden. (Und das natürlich in ihr Blog schrieben.)

Schon bald gab es Leute, die mit dem Ins-Internet-Schreiben Geld verdienten und sich nach meinem Gefühl von dieser Blogger*innen-Generation lösten. Immer mehr Menschen hatten Zugang zum Web, doch die wenigsten hatten das Bedürfnis, es für eigene Inhalte zu nutzen – die Gruppe der reinen Leser*innen/Gucker*innen wurde immer größer. Ich beobachtete die Ära der YouTube-Stars, geriet in Berlin mal versehentlich in eine Veranstaltung, auf der Fans ihre YouTube-Idole persönlich treffen konnten – hier war das star struck längst einseitig geworden. Und viel später gab es “Influencer*innen” die mit dieser Einseitigkeit ihren Lebensunterhalt bestritten, Unternehmen darauf gründeten und immer noch gründen. Jetzt war die Trennung Star-Fan endgültig abgeschlossen.

§

Die CSU wirbt Wahl (wahlwirbt?) in Oberbayern mit dem Slogan „Zeit, dass sich was ändert“ – das sollte niemanden wundern, denn das ist schon immer das Selbstbild der (seit 70 Jahren an der bayerischen Landesregierung befindlichen) CSU, siehe “Der Revolutionär” von Gerhard Polt, hier eine Aufnahme von 1987.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://www.youtube.com/watch?v=lQjxmbf2bsE

  1. Was um Himmels Willen nicht umgekehrt bedeutet, wieder mal zur Sicherheit, dass alle Mütter, die ihre Kinder auf YouTube für sich arbeiten lassen, sie schlagen und hungern lassen! []
die Kaltmamsell

Journal Samstag, 1. Februar 2025 – Uni-Erinnerungen

Sonntag, 2. Februar 2025 um 9:21

Gut und lang geschlafen, interessant geträumt. Gemütliches Bloggen, Nachlesen der Mastodon-Timeline der vorhergehenden 24 Stunden – anhand der Verarbeitung dort auch tagespolitische Ereignisse des Vortrages nachverfolgt, ähnlich wie die Aufzeichnung eines Sport-Ereignisses.

Erst beim ersten Auftauchen von Lieblings-Microblogging-Posts in dieser Timeline bemerkte ich, dass ich selbst die für Januar komplett vergessen hatte. Vermutlich wäre ich eh nicht dazu gekommen, aber diesmal hatte sie einfach vergessen.

Fester Plan war Schwimmen gewesen, vor allem hatte ich darauf gehofft, dass dadurch die seltsamen Kreuz-/Hüftschmerzen verschwinden würden. Doch als es Zeit für Packen und Aufbruch wurde, hatte ich keine Lust. In diesem Fall fiel das Hadern aus: Ich hatte ja Urlaub, also verschob ich die Schwimmrunde einfach auf Montag – an dem ich ursprünglich wandern wollte, für den mir aber keine wirklich attraktive Route eingefallen war.

Statt dessen: Schweizer Sonntagszopf! Ich hatte sehr im Kopf, dass noch ein angebrochener Würfel Hefe im Kühlschrank mit Vergammeln drohte. Während der Teig ging (ohne Ei, weil keines im Haus, aber ich wusste ja, dass er auch ohne funktionieren würde), duschte ich und ging auf eine Einkaufsrunde – für die ich energisch “Blumen” auf die Liste setzte, schließlich konnte ihr Anblick mich in der Urlaubswoche besonders häufig erfreuen.

Die Front eines sehr alten Kinos mit leeren Schaukästen, mit verblichen rotem Samt ausgekleidet, über dem Eingang die Buchstaben "Filmtheater Sendlinger Tor", ein Mann mit Wollmütze und Jeans geht gerade vorüber

Trauriger Abschied von einer Kino-Institution:1 Das Kino Sendlinger Tor ist jetzt Vergangenheit, Mitte Januar war die letzte Vorstellung.

Auch in den Nachbarschafts-Blumenladen bog ich ein, bewunderte beim Warten die überraschend große Auswahl an Nelken, nahm davon ein paar in Dunkelweinrot mit, die Kundin nach mir war eine der örtlichen Verkehrswächterinnen.

Weiterarbeit am Sonntagszopf, wieder scheiterte ich am zweisträngigen Flechten (vielleicht fehlt mir einfach die Ablenkung durch ein Gespräch über Relativitätstheorie), aber das Ergebnis war zopfoid.

Durch die Backofenscheibe fotografierter Hefezopf, der gerade am Aufgehen ist, noch ungebräunt

Meiner Nase traue ich beim Backen mehr als der Uhr: Wenn der Duft meldet “Hefezopf 1 Minute über fertig”, kann die Uhr noch so sehr anzeigen “noch 5 Minuten Backzeit” – Zopf kommt raus.

Aufsicht auf glänzend braun gebackenen Hefezopf auf Backpapier auf Blech

Nach 20 Minuten Abkühlen ließ er sich in flaumige Stränge zupfen, die ich mit Käse und Orangenmarmelade genoss. Ich freute mich sehr darüber, dass ich backen kann.

Zeitungslektüre, doch dann holte ich die Lieblingsmicrobloggingpostst nach: Die nächste Runde hat bereits die Bundestagswahl hinter sich, Vieles würde sich überholt haben.

Programm war gestern ein Ausflug nach Augsburg: Herr Kaltmamsell ist immer noch im Verteiler des Anglistentheaters der Uni Augsburg, dessen Teil er als Student war (nicht auf der Bühne, sondern mit Orga und Ticketverkauf), und jetzt hatten wir uns nach Jahrzehnten aufgerafft, mal wieder Tickets für eine Vorstellung zu kaufen. (Wir haben beide an der Uni Augsburg studiert, uns dort als Hiwis kennengelernt.) Gegeben wurde Dracula: A Postmodern Postmortem, eine Verarbeitung von Bram Stokers Roman von 1897.

Das Hinkommen war gar nicht so einfach: Die Regionalbahn, die uns mit unserem Deutschlandticket rechtzeitig für einen Abend-Snack vor der Vorstellung nach Augsburg bringen sollte, fiel aus – „Grund ist die kurzfristige Erkrankung des Personals.“ Herr Kaltmamsell spendierte kurzerhand zwei ICE-Tickets, doch in diesem schickeren Zug saßen wir erstmal: Er fuhr „auf unbestimmte Zeit“ nicht ab, „wegen fehlendem Personal“.

Schließlich kamen wir aber nach Augsburg, zu spät für ein Einkehren (wir hatten nach dem vielen warmen Sonntagszopf eh noch keinen Hunger), doch mit reichlich Zeit für einen Spaziergang übers Uni-Gelände.

Augsburg hat eine Campus-Uni im Süden der Stadt, wir versuchten uns in der nächtlichen Szenerie zu erinnern, welche Gebäude und Infrastruktur es zu unserer Zeit schon gab (Abschluss 1995 – mein Studiengang Englische Literaturwissenschaft existiert längst nicht mehr, nicht mal mehr mein Studienabschluss Magister), sahen in der Zentralbibliothek vorbei (die rosa Zettel damals für Fernleihe!), rekonstruierten unsere Recherche-Wege durch die Bibliotheksgebäude als Hiwis, guckten von außen in die stille Cafeteria. Ich hatte schon sehr lang nicht mehr an diese Zeit gedacht. (Damals, krächzte sie, gab es ja noch nicht mal die Straßenbahn raus zur Uni, es fuhr nur ein Bus, und die Haltestelle hieß “Alter Postweg, Universität” – mit Universität als Nebensache.)

Vertraut war das Hörsaal-Gebäude, in dem das Theaterstück aufgeführt wurde.

Kunstbeleuchtetes Foyer eines modernen Hörsaalgebäudes, vom ersten Stock aus fotografiert; der Boden besteht aus Pflastersteinen, Wände und Treppen aus Beton, links sieht man eine gelbe Hörsaaltür, manche Blenden sind grün. Vereinzelt stehen Menschen herum

Ich weiß, dass rechts unten ein öffentlicher Telefonapparat hing, unter anderem weil ich daran im ersten Semester für meine allererste Uni-Seminararbeit telefonierte, die gleich mal ein großes Abenteuer war (Nebenfach Alte Geschichte, Proseminar Epigrafie, Inschriften aus der späten Kaiserzeit) – die Geschichte habe ich immer noch nicht erzählt.

Im gut gefüllten Hörsaal fühlte sich der Holzsitz unterm Po durchaus vertraut an (und immer noch bequemer als die Sitze in den Münchner Kammerspielen, aber dazu gehört nicht viel), der heruntergeklappte Tisch machte das Sitzen noch bequemer – ich sitze einfach am liebsten an einem Tisch.

Das konventionelle Bühnenbild mit realistischen Möbeln und einem silbernen Theaterdeko-Sarg bereitete mich auf die Art der Inszenierung vor. Bis zur Pause fühlte ich mich gut unterhalten von der leichten und immer wieder scherzhaft erklärten Geschichte um Jonathan Harkers Reise zu Graf Dracula, das war liebevoll und mit Herzblut (haha) gemacht. Nach der Pause allerdings zog sich der Abschluss der Handlung in Wiederholungen, da half auch Klamauk nicht.

Draußen war es knackig kalt, statt an der Uni auf die nächste Tram zu warten, marschierten wir eine Haltestelle weiter. Dann erwischten wir aber gleich eine pünktliche Regionalbahn zurück nach München – auch wenn wir in Pasing nochmal umsteigen mussten (am Wochenende immer Bauarbeiten), kamen wir noch vor elf nach Hause. Hunger hatten wir beide immer noch keinen echten, doch aus Vernunftgründen bereitete Herr Kaltmamsell aus den Fertig-Gnocchi im Kühlschrank mit Käsesauce ein kleines warmes Abendessen zu.

§

Nochmal Prof. Drosten zu Corona – mei, er ist halt auch weiterhin weltweit führend in der Sars-CoV-Forschung, es ist nur seriös, sich mit Fragen dazu an ihn zu wenden. Zum Beispiel mit Fragen über den Forschungsstand zum Ursprung des Sars-CoV-2-Virus.
“Christian Drosten
‘Je mehr Zeit vergeht, desto skeptischer werde ich'”.

(Herzchen für den Schlusssatz:
“Drosten: Mitdenken ist anstrengend. So ist das nun mal.”)

  1. Sehr schön in der kleinen Doku: Der Sprachunterschied zwischen den Generationen – eine spricht noch Bayrisch, die nächste komplett ungefärbtes Deutsch, rollt nichtmal das R. []
die Kaltmamsell

Lieblingsmicroblogging-Posts Januar 2025

Samstag, 1. Februar 2025 um 14:57

Bitte verzeihen Sie, ich hatte das Sammeln und Veröffentlichen für Januar gestern komplett vergessen, hiermit nachgeholt (weil vor dem nächsten Monatsende die Bundestagswahl steht und manche Posts wahrscheinlich schlagartig unverständlich werden – und schließlich sind diese Sammlungen auch eine Art Chronik, zumindest für mich).

Ein wenig war ich auch auf Bluesky unterwegs:

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 31. Januar 2025 – Veranstaltungsorga-Gewusel und sehr spezifischer Ruhm des Alkohols

Samstag, 1. Februar 2025 um 8:33

Weckerklingeln eine halbe Stunde früher als sonst, denn gestern war der vorbereitete Großkampftag in der Arbeit.

Vor nächtlich nebligem Himmel ein älteres Hallen-Gebäude mit beleuchteten Fenstern, die ihren Schein auf die nasse, gepflasterte Fläche davor werfen

Verkehrsmuseum im Stockdunklen, auf den nassen Boden nur hin und wieder ein paar Nieseltropfen.

Unter anderem nutzte ich die menschenleere Zeit in der Teeküche meiner Büro-Etage, um die ersten fünf großen Kannen Kaffee aufzubrühen. Inzwischen weiß ich, wie lange welche Veranstaltungs-Vorbereitung am Veranstaltungstag dauert, die früher mal ein Inhouse-Service erledigte. Mein Teil der Vorbereitungen lief glatt, diesmal hatte ich bereits um 9 Uhr die 10.000 Schritte voll.

Wie gewohnt war bei aller Glattheit immer mal wieder etwas zu tun – ich gab bald die Idee auf, an der Veranstaltung selbst auch teilnehmen zu können, kam mir ein wenig dumm für die Idee vor. So ging das durch bis Veranstaltungsende um 15 Uhr (allerdings hatte ich auch Ruhephasen, in denen ich mich an meinen Schreibtisch setzen konnte und Schreibtischdinge erledigen), als ich Abbau und Aufräumen starten konnte. (Bei all meinem Gewusel wieder regelmäßige, aufrichtig gemeinte Angebote: “Kann ich dir was helfen?” Mangels Team-Fähigkeit – und mangels verfügbarem Personal, wie erwähnt bin ich bereits das letzte Glied der Delegier-Kette – hatte ich aber die Orga für eine handelnde Person durchgeplant. Und auf “Erschieß mich” wird erfahrungsgemäß nicht eingegangen.)

Ich kam gut und geradezu heiter durch alles durch, konnte am Schreibtisch letzte Dinge für meine anschließende Urlaubswoche erledigen, noch zu Tageslicht machte ich Feierabend. Wozu ich leider nicht mehr kam: Nach einem Demo-Plakat-tauglichen Karton für den 8. Februar und die Kundgebung “Demokratie braucht DICH” auf der Theresienwiese zu suchen.

Essen konnte ich den ganzen Tag nichts, zum Glück habe ich stabilen Blutzucker, und für schwindelige Mattigkeit war wohl zu viel Adrenalin im Blut.

U-Bahn stadtauswärts zum Metzger Franz: Ich besorgte Rinderbeinscheiben fürs Sonntagsessen. Auf der Rückfahrt stieg ich an der Schwanthalerhöhe aus, um das gestrige Abendessen zu besorgen: Herr Kaltmamsell hatte einen beruflichen Abendtermin, davor gab es Take-away vom Balkanbäcker.

Daheim holte ich die Yoga-Gymnastik mit Schnaufen und Dehnen nach, sie brachte mich nicht wirklich runter. Das schaffte erst Alkohol (ein Grund, warum ich die medizinische Wirkung trotz aller Nebenwirkungen so schätze): Erst nach einem Glas Wein (ca. 150 ml) konnte ich die Erleichterung spüren, dass die Arbeitswoche zu Ende war und ich jetzt eine Woche Urlaub hatte.
Auf ein zweites Glas hatte ich dann nicht mal Lust.

Abendessen war Drei-Gänge-Burek vom Balkanbäcker: Ich hatte die Sorten Pizza (Schinken-Käse-Tomate – nicht ideal), Spinat-Käse (schon besser) und Käse (mein Liebling) mitgebracht, wärmte das Gebäck in der Mikrowelle auf und teilte jedes mit Herrn Kaltmamsell. Zum Nachtisch hatte ich Haselnuss- und Mohn”strudel” mit Hefeteig geordert – der wohl nicht erst gestern gebacken war, ein Glas Milch dazu tat ihm gut.

Bewegungsresultat des Tages: 25.000 Schritte, gut 15 Kilometer, 80 Stockwerke.

Aufsicht auf einen verwelkten und vertrockneten Tulpenstrauß, im Vordergrund eine fahl gelb-rote Blüte

Fast schon ein Foto-Topos: Die Ästhetik verblühter Blumensträuße.

§

Ich feiere die taz sehr für ihren gestrigen Titel – sie hat’s einfach immer wieder drauf.

§

Hierfür können sich wahrscheinlich deutlich weniger Menschen begeistern – aber ich gehöre definitiv dazu: Das Intro der ursprünglichen Rauschiff-Enterprise-Fernsehserie, aber mit dem Sound, als käme er aus der USS Enterprise selbst.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://www.youtube.com/watch?v=PDgD99c7v28

via @dentaku

Schöne Antwort auf die Frage: Was ist Sound Editing und warum gibt es einen Oscar dafür?

die Kaltmamsell

Journal Donnerstag, 30. Januar 2025 – Der mit wunderschönen Ohrringen endete

Freitag, 31. Januar 2025 um 5:48

Auch dieser Januar scheint zwei Monate und Jahreszeiten lang zu sein, er nimmt schier kein Ende. Deshalb war ja mein Plan gewesen, diese letzte Januarwoche Urlaub zu nehmen: Ich hoffte, den gefühlten Doppelmonat mit Gewalt zu kürzen. Doch Mitte Dezember wurde eine große interne Berufsveranstaltung am 31. Januar angesetzt, für deren Organisation ich zuständig bin – ich musste das Experiment um ein Jahr verschieben.

Gestern stand ich mit überdurchschnittlich starken Kreuz- und Hüftschmerzen rechts auf, hatte mich wohl nachts verlegen.

Ein schöner, strahlender Morgen, ich genoss den Weg in die Arbeit.

Rosa-blauer Morgenhimmel, darunter die Silhouette einer Häuserreihe, im Vordergrund eine weite, asphaltierte Fläche

Mitten auf der Theresienwiese Richtung Osten geblickt.

Im Büro war schnell klar, dass die Untenrum-Schmerzen diesen zu einem Auf- und Nieder-Tag machen würden: Häufiger Wechsel zwischen Schreibtisch-Arbeit im Sitzen und Stehen, immer in der Hoffnung auf Schmerzmilderung durch Wechsel.

Vielfältig konzentrierter Vormittag, doch bevor der Himmel zuzog, kam ich nochmal raus in die Sonne: Mittagscappuccino, berufliche Besorgungen.

Breites hölzernes Fensterbrett, von Sinne beschienen, darauf ein Blumenstrauß, auf einem Metalltablettchen eine Tasse Cappuccino, ein Glas Wasser, vor dem Fenster schattige Straße

Schlimme Krankheitsinfos über eine einst sehr vertraute Kollegin lenkten mich fast von der Sorge um einen jahrzehntelangen Kontakt aus dem Internet ab. Und dann erreichte mich eine weitere besorgniserregende Krankheitsmeldung – was ist mit den Leuten?! (Ist eine völlige unangemessene Reaktion, ich weiß.)

Zu Mittag hatte ich so richtig Hunger, es gab einen Apfel sowie Granatapfelkerne mit Joghurt: Im Süpermarket hatte ich einen Becher von einem bislang unbekannten Hersteller mitgenommen, der Joghurt, 3,5% Fett, erwies sich als ungewöhnlich fest – im Sinne von Wasser-arm: Mochte ich sehr, werde ich gezielt wieder kaufen. Außerdem ein Resterl Leinsamenschrot.

Der Arbeitstag wurde länger als geplant, und das, wo der eigentliche Großkampftag der Freitag sein würde. Mit hängenden Flügeln machte ich mich auf den Heimweg, wälzte Sorgen um die lieben Kranken. Und gab genau deshalb dem Impuls nach, die seit drei Monaten im Schaufenster der Goldschmiede Silberfisch angehimmelten Ohrringe nicht mehr weiter nur anzuhimmeln, sondern anzuprobieren. Mit dem erwarteten Ergebnis, dass sie am Ohr genauso schön aussahen. Also kaufte ich sie.

Ein zweiteiliges schwarzes Schmuckschächtelchen, das Unterteil aufgestellt, darin eine hellgrüne Edelsteinpampel an goldenem Haken, die zweite Pampel liegt auf dem Deckel der Schmuckschachtel, auf dem ein silberner Schriftzug „Silberfisch“ in Fischform geprägt ist.

Zwei Prasiolithe und Gelbgold.

Und wenn Ihre Reaktion ist: Pft, ist halt ein aufgehängter zugekaufter Stein – dann gucken Sie nicht so viel und seit so vielen Jahren in Goldschmiede-Schaufenster wie ich und müssen sich darauf hinweisen lassen, dass das so ziemlich die schönste und eleganteste schlichte Aufhängung einer Pampel ist, die ich je gesehen habe. Und dass diese Pampeln exquisit geschliffen sind. Die Goldschmiedin: Irina Grünberger. (Die gerade nicht im Laden war, Silberfisch ist ein Kollektiv, eine Kollegin schlug Material und Preis nach.)

Nach Lebensmitteleinkäufen kam ich so spät daheim an, dass mir nach Häuslichkeiten die Lust auf Yoga-Gymnastik fehlte (außerdem hatte ich gespickt, dass nur geschnauft und gedehnt wurde). Ums Abendessen kümmerte ich mich, der gestern geholte Ernteanteil hatte Feldsalat enthalten.

Gedeckter Tisch, im Vordergrund auf einem grünen Set ein großer Glasteller, darauf Feldsalat, vier aufgeschnittene Avocado-Viertel, in der Mitte ein Ei-Fragment; dahinter ein Teller mit zwei Stücken Käse, links davon ein Glas dunkelgoldenes Gelee

Dazu Crowdfarming-Avocados und ein – wachsweich geplantes, aber geplatztes – Ei. Außerdem Käse. Und dann noch Schokolade.

§

Für den Freundeskreis CO2-Vermeidung durch Bahnfahren: Eine Frau reiste von Cornwall (Großbritannien) nach Manchester (Großbritannien) per Flugzeug über Málaga (Spanien) – weil das immer noch billiger war als mit dem Zug und direkt:
“Woman travels to Manchester via Spain to save cash”.

§

“Ich vertrage seelisch nicht alles, was mich intellektuell interessiert.”
schreibt @Sammelmappe auf instagram

Es braucht im Grunde gar keine schwierigen Wörter, um exakt zu treffen, was ich von klein auf kenne – Claudia hat sie gefunden.

Ja: Von klein auf. Zum ersten Mal ja, als meine Eltern mich als kleines Kind ins kurz davor eröffnete medizinhistorische Museum in Ingolstadt mitnahmen – und sich sicher in dieser Entscheidung bestätigt sahen, als ich völlig fasziniert war. Um danach wochenlang mit Alpträumen von dem Gesehenen verfolgt zu werden. Das war nur die erste von doch einigen solchen Erlebnissen.
Ich erkläre mir den Abbruch meines beruflichen Potenzialausschöpfens damit, dass ich diese seelische Unverträglichkeit ein paarmal zu oft nicht bemerkte oder wegdrückte. Bis halt gar nichts mehr ging und ich beruflich eiserne Bande um mein intellektuelles Interesse schmieden musste.

die Kaltmamsell

Journal Mittwoch, 29. Januar 2025 – Henrik Ibsen, Gerhild Steinbuch, Ensemble, Baumeister Solness

Donnerstag, 30. Januar 2025 um 6:32

Zu regnerischer Düsternis aufgestanden, doch bis zu meinem Arbeitsweg hatte zumindest der Regen aufgehört.

Emsiges Arbeiten am Schreibtisch, auch eine kleine Schulung dabei, während das Wetter immer schöner wurde. Auf dem Weg zum Mittagscappuccino in der Nachbar-Cafeteria bekam ich bereits ein wenig Sonne ab, nach Mittag wurde es dann so richtig blauhimmlig sonnig. Das freute mich umso mehr, als dass ich das Haus sehr früh verlassen würde: Abends Theatertermin, und ich hatte mit einem Enthaarungstermin um vier sichergestellt, dass ich auch wirklich kurz nach halb vier Feierabend machen würde.

Mittagessen: Apfel, Avocadochen, Granatapfelkerne mit Joghurt.

Emsiger, aber sehr kurzer Arbeitsnachmittag, dann eilte ich hinaus in den herrlich sonnigen Tag und zum Beinwachsen. Langsam scheinen die Haare tatsächlich weniger zu werden, wie Frau Wachserin anfänglich angekündigt hatte.

Auf dem Heimweg Lebensmitteleinkäufe, unter anderem fürs Brotbacken in meiner Urlaubswoche. Das alles brachte mich zur letzten Dämmerung nach Hause. Vor dem Aufbruch ins Theater passte noch Yoga-Gmynastik, als vorverlegtes Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell Erbseneintopf aus Schälerbsen, verwendete restlichen Lauch, Karotten, Kartoffeln aus Ernteanteil.

Gegeben wurde gestern in den Kammerspielen von Henrik Ibsen, Gerhild Steinbuch, Ensemble, Baumeister Solness. Der Zuschauerraum war nur zu einem guten Drittel besetzt, kein gutes Zeichen.

Und so sah ich die sich fragmentarisch entwickelnde Geschichte des namensgebenden Baumeisters, der sich trotz seines Status und Erfolgs vor der nächsten Generation fürchtet, immer mehr zeigt sich die Geschichte seiner Vergangenheit. Das alles ausschließlich im düsteren, unheilverheißenden Katastrophenmodus inszeniert und gespielt; so harmlos konnte ein Austausch der Schauspielenden im Vordergrund gar nicht sein, dass nicht noch im Hintergrund drohende Schatten, böse pulsierende Musik, die Filmprojektion eines verzerrten Gesichts oder eine sich wortlos in Pein windende weitere Schauspielerin darauf deuteten, wie schlimm und schrecklich alles war. Leider ging das gestern Abend an mir vorbei, ich hielt mich an der Aussicht fest, dass das Stück nur 90 Minuten dauerte.

Und dann wurde abschließend auch noch eskalierend gebrüllt, vermutlich waren das die selbst hinzugefügten Texte, denn ich hörte mehrfach: “Die Scham muss die Seite wechseln!” In meinen Augen und Ohren war die Inszenierung heillos an Mitteln überladen (ist das die Sorte, zu der Rezensent*innen “furios” schreiben?). Interessant fand ich aber, dass die Dialoge meist übereinander gelagert gesprochen wurden, das gab ihnen eine faszinierend realistische Note.

Applaus pflichtschuldig (ein Thema des Stücks spiegelnd, hihi), die Leute auf der Bühne konnten ja nichts dafür, ganz vorne allerdings versprengt Aufsteher*- und “Bravo”-Rufer*innen, ich vermutete Freunde und Familie.

Beim Heimmarsch durch die leere Fußgängerzone war es immer noch ein wenig mild, ich lag nur eine halbe Stunde später als gewohnt im Bett.

§

Eine Folge BR-Lebenlinien über den Mann hinter dem Münchner Restaurant Schmock – dem alten und dem neuen: Florian Gleibs.
“Mit Chuzpe und Omas Rezepten”.

via @Klugscheisser

Es kommt auch das Café Puck drin vor. (Ich vermisse das alte, herrlich schabernackige Schmock bis heute. Verstehe die Gründe für die Schließung aber.)
Und ja, zefix, dann habe ich halt doch Florian Gleibs Kochbuch bestellt, an das ich mich erinnerte: Wir Münchner*innen können die levantinische Küche ja nicht völlig Ottolenghi überlassen.

die Kaltmamsell

Journal Dienstag, 28. Januar 2025 – Wetterliche Greislichkeiten

Mittwoch, 29. Januar 2025 um 6:09

Aus sehr tiefem Schlaf riss mich der Wecker in die Orientierungslosigkeit.

Nachts hatte es viel geregnet, doch meinen Marsch in die Arbeit startete ich in einer Regenpause; erst auf halber Strecke musste ich meinen Schirm aufspannen.

Arbeitsvormittag im Büro beschallt von energischem Regenprasseln. Aus dem wurde über den Vormittag Schneeregen, als ich aus Bewegungs- und Frischluftsehnsucht trotzdem zu meinem Mittagscappuccino ins Westend ging, bereits eher Schnee.

Über die Mittagszeit wurde es am Schreibtisch hektisch, erst spät kam ich zum Essen: Apfel, Tomätchen (jahreszeitlich geschmacksneutral, aber es hatte ein paar für die Guacamole gebraucht), Körnerbrot.

Kurz getakteter Nachmittag, die erfolgreiche Jonglage von Querschüssen und Verschiebungen ließ mich mich aber nützlich fühlen.

Kurz vor Dämmerung beruhigte sich das Wetter: Keine Nässe mehr von oben, der Horizont schaffte es sogar zu einem apokalyptisch strahlenden Sonnenuntergang.

Leicht erhöhter Blick auf einen leuchtenden Streifen Abendrot unter Wolkendecke, davor Bürogebäude und eine Rasenfläche

Zu Feierabend war ich mal wieder so erledigt, dass ich mich schwer zum Gehen aufraffen konnte. Sprach dann aber ein strenges Wort mit mir.

Auf dem Heimweg kaufte ich nach Langem mal wieder im Süpermarket Verdi ein: Granatäpfel, Joghurt, Labne, Manouri.

Zu Hause Yoga-Gymnastik (ich hatte vorher den Verlauf gespickt und entdeckt, dass erstmal sieben Minuten rumgelegen wurde – brachte mich aber doch dazu, nicht einfach vorzuspulen, sondern dann halt rumzuliegen und nach Anleitung meinen Körper zu scannen), Brotzeitvorbereitung (der Granatapfel leider zu einem Viertel faulig).

Zum Nachtmahl Reste: Lauch-Käse-Suppe vom Vorabend, Käse auf Körndlbrot, Sandwich-Toast mit Butter und Orangenmarmelade (dieser Jahrgang ist sen-sa-tio-nell geraten!). Nachtisch Schokolade.

Im Fernsehen über “Sherlock: Ein Skandal in Belgravia” gestolpert, sofort gewusst, dass das die Folge mit dem von hinten nackichten Benedict Cumberbatch ist. Beim Wiedersehen nach vielen Jahren (ja, ist sie, rrrrrr) wurde mir klar: Die Serie hat nebenbei die kurze Blüte des Bloggens konserviert.

§

Eine besondere Sendung mit der Maus: Aus Anlass des internationalen Gedenktages der Holocaust-Opfer ist sie dem jüdischen Maler Felix Nussbaum gewidmet – wie nicht nur ich finde, so kindgerecht wie möglich.
“Die Sendung mit der Maus vom 26.01.2025”.

Auch interesssant, weil Trickfilmer*innen bei der Arbeit gezeigt werden. (Darüber fehlt mir jetzt noch das Erwachsenen-Making-of über die Verhandlungen zu den Rechten an Idee und Material.)

die Kaltmamsell