Journal Donnerstag, 4. März 2021 – Endspurt zum Umzug

Freitag, 5. März 2021 um 5:58

Recht gute Nacht, eine Erleichterung.

Morgens gönnte ich mir zwei gemütliche Stunden, dann duschte ich und zog leichte Sportkleidung an – der Tag würde sehr körperlich werden. Herr Kaltmamsell musste gestern in die Schule, ich arbeitete mich vom Wintergarten in Uhrzeigersinn vor: Leergeräumte Schränke putzen, Dinge hochtragen, weiterputzen.

Der Umgang mit bereits grundgereinigten Küchenteilen (Kühlschrank, Spüle – jede Gebrauchsspur sofort wegputzen) erinnerte mich an meine Kindheit mit Jahreswagen. Mein Vater arbeitete bei Audi, das Prinzip Jahreswagen basiert auf den vergünstigtem Autopreisen für Mitarbeitende, die an die Bedingung geknüpft waren, dass der Wagen erst nach zwölf Monaten weiterverkauft werden durfte. Wie viele seiner Kolleginnen und Kollegen hatte mein Vater das Ziel, das Auto möglichst gut weiterzuverkaufen und ständig ein ganz neues Auto zu fahren. Die Folge: Autos waren bei uns nie Gebrauchsgegenstände oder gar Familienmitglieder, sondern wurden mit Glacéhandschuhen und auf Zehenspitzen genutzt: Fahren war ok, doch um Gottes Willen vor Einsteigen Schuhe abputzen, nichts anfassen, auf keinen Fall jemals darin essen oder trinken, denn selbstverständlich war das Ziel, den Wagen nach zwölf Monaten wie ungenutzt anbieten zu können. (Mit welcher Herzenslust ich mein erstes eigenes Auto zumüllte!)

Dazwischen holte ich ein UPS-Paket ab, das einen Tag früher als angekündigt geliefert worden war – als folglich niemand zu Hause war. Ich holte mir auch gleich Frühstück beim Bäcker: Die erste Mahlzeit in der neuen Küche, mit Zeitunglesen.

Dann ging’s weiter mit Räumen, Putzen, Tragen, um halb zwei verzeichnete mein Smartphone 63 gestiegene Stockwerke.

Leerer Wintergarten, leere Küche.

Ausgeräumter Flur.

Wohnzimmer in Kisten. Herr Kaltmamsell war mittlerweile heimgekommen.

Allerdings protestierte meine Lendenwirbelsäule immer schmerzhafter, ich setzte mich eine Runde. Dann haute es mir ein bisschen das Gestell zusammen: Ich wurde steinmüde und legte mich ins Bett, schlief fast eine Stunde tief – das hatte ich zuletzt in der Reha kurz nach Hüft-Op, wenn ich mich überanstrengt hatte.

Nach dem Schläfchen war ich fit für die nächsten Runden Fegen, Putzen, Packen, Tragen, Einsortieren, Absprechen, Planen. Herr Kaltmamsell baute die speziellen Kleider-Umzugskisten auf, die bis zur Fertigstellung des Einbauschranks in meinem neuen Zimmer meine Kleidung aufbewahren werden, auch die füllte ich noch.

Kurz nach sieben strich ich die Segel, ich konnte nicht mehr. Zum Abendessen gingen wir in die neue Wohnung, in der neuen Küche gab es den köstlichen Räucherfisch aus der Familie mit Vollkornbrot vom Bäcker und wachsweichen Eiern. Und zwei Gläsern Rosé, ich hatte große Lust auf Alkohol.

(Das andere Zeug auf dem Küchentisch hat noch keinen endgültigen Platz gefunden.)

Das waren laut Smartphone 87 Stockwerke und knapp 15.000 Schritte.

Was am eigentlichen Umzugstag spannend wird:
– Klappt das mit dem Internet-Umzug?
– Bringt die Umzugsfirma einen Fachmann mit, der die Küche zerlegen und tranportieren kann?
– Haben wir alles richtig vorbereitet?
– Wird es allen Ernstes nach Wochen Trockenheit ausgerechnet da regnen?

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Zusammenfassung von Peter Wittkamp des weiteren offiziellen Umgangs mit der Corona-Pandemie in Deutschland laut Länderkonferenz. Etwa so war das auch bei mir angekommen.

die Kaltmamsell

Journal Mittwoch, 3. März 2021 – Erste Impfung in der Familie

Donnerstag, 4. März 2021 um 6:43

Recht gut geschlafen, aber mit 5 Uhr zu früh aufgewacht.

Letzte Maschine Wäsche (Bettwäsche) vor dem Umzug gefüllt und eingeschaltet (die Waschmaschine nehmen wir mit). Sensationelles Morgenrosa draußen überm Morgenkaffee. Der Tag selbst wurde bedeckt und kühl.

Arbeit in der Arbeit. Mittags gab es neben Käse und Birne die letzte Bio-Avocado aus dem Paket aus Málaga – das waren halt doch die besten Avocados meines Lebens. Sofortige Nachbestellung habe ich mir wegen Umzug verkniffen, aber ich hoffe, das klappt in dieser Saison nochmal.

Nach der Arbeit direkt nach Hause, um noch eine Weile Geschirr und Gläser zu verpacken, ein paar Dinge nach oben in die neue Wohnung zu bringen. Und mit Herrn Kaltmamsell die Pläne für den nächsten Tag abzusprechen, den ich mir zu Umzugsvorbereitung frei genommen habe.

Das Nachtmahl holte diesmal Herr Kaltmamsell, es gab vom Vietnamesen Reisnudeln mit frischen Kräutern, Gemüse und Erdnusshühnchen.

Herr Kaltmamsell hat von seinem Arbeitgeber ein iPad gestellt bekommen. Das ist super, denn dazu gehört ein magnetischer Stift, mit dem wir prüfen konnten, welche unserer Töpfe auf dem Induktionsherd funktionieren werden. (Wenige. Mist. Zum Glück haben wir reichlich Töpfe und werden nicht in Not geraten, für den Übergang außerdem eine Adapterplatte.)

Vor dem Schlafengehen letzter Durchgang der Geschirrspülmaschine vor Ausbau: Maschinenreinigung.

Ich merke, dass mich die Beschlüsse der Länderkonferenz zu weiteren Lockerungen der Anti-Pandemiemaßnahmen trotz gestiegener Fallzahlen nicht besonders interessieren: Mein Verhalten ist bis Impfung weiterhin auf Schutz ausgerichtet.

Gute Nachricht: Auch Frau Schwieger bekam gestern ihre erste Impfung!

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Seit Monaten wird in meiner Wahrnehmung zu viel über die Not durch den Pandemieschutz, und zu wenig über die Not durch Covid-19-Erkrankungen berichtet. Deshalb halte ich diese Bilder aus dem Krankenhausalltag auf dem Höhepunkt der zweiten Welle für wichtig:
“Das passiert hinter den Türen einer Covid-Intensivstation”.

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Dolly Parton macht Werbung für die Impfung gegen Covid-19. Ich hatte noch nie so viel Spaß, jemandem beim Geimpftwerden zuzusehen (sie singt auch). Spritzen-Phobiker (hallo Papa!) bitte nur bis Minute 3:10 gucken.

die Kaltmamsell

Journal Dienstag, 2. März 2021 – Kino-Erinnerungen

Mittwoch, 3. März 2021 um 6:37

Nochmal eine Nacht Schlaf nachholen können, mit nur wenigen kurzen Löchern.

In der Arbeit kurz vor Mittag ein kurzer Ausbruch in Aktionismus, weil scheinbar akute Notlage – entpuppte sich dann doch als Missverständnis.

Nochmal ein sonniger Tag, mittags gab’s eine Breze sowie Blutorangen mit Hüttenkäse, außerdem einen Hofgang mit milder Frischluft.

Nach Feierabend kurze Einkaufsrunde für Milch, Brotzeit, Drogeriemarkt. Daheim traf ich auf einen erschöpften Herrn Kaltmamsell, der den Tag über in Arbeitspausen gepackt und geschleppt hatte. Eine gute Stunde packte auch ich noch: Gläser aus Geschirrschränken. Die Versuchung ist groß, den Inhalt der Geschirrschränke Tablett für Tablett einfach so nach oben zu tragen – aber wohin dann damit? Es muss also alles in Kisten, damit die Schränke vom Umzugsunternehmen transportiert werden können, dafür sammle ich ja seit vielen Wochen meine Zeitungen.

Abendessen gab’s nochmal von Servus Habibi, ich holte es ab und freute mich über die kurze Draußenrunde. Wir wurden mit Genuss satt.

Chris Kurbjuhn verlinkt einen Artikel über die 50 Kinos, die Time out für die schönsten der Welt hält (in dreien davon war ich schon). Doch die schönsten Kinoerlebnisse waren für mich andere, meine drei schönsten Kinos der Welt werde sicher nie in irgendwelchen Rankings auftauchen.

Das erste schöne Kino meines Lebens war der Zeichensaal des Gymnasiums, das ich neun Jahre lang besuchte und in dem mit einem Betttuch als Leinwand eines heißen Sommernachmittags Kino gespielt wurde. Ich habe das Erlebnis hier erzählt.

Das zweite schönste Kino meines Lebens war ebenfalls improvisiert, aber unter freiem Himmel. Es lag in der Ferienhaussiedlung bei Madrid, in der meine tíos Felix und Rosi ihre parcela hatten. Im Sommerurlaub, als ich 15 (?) war, wurde eines Nachts mit dem Frontón als Projektionsfläche (den wir tagsüber mit Tennisspielen bearbeiteten) der Superman von 1978 mit Christopher Reeve gezeigt – unvergesslich.

Das dritte schönste Kino lag auf Malta. Ich machte dort über Weihnachten und Silvester 1994 mit einer Freundin nach meinen Magisterprüfungen Urlaub, zwei verregnete Wochen lang. Wir waren in Sliema untergekommen und hatten dort ein altes Kino entdeckt, das wir eines Abends besuchten. Es war in ernsthaftem Verfall begriffen, hatte ein Loch in der Decke, durch das es hereintröpfelte, die Sitze waren so schmutzig und zerschlissen, dass wir auch ohne fehlende Heizung unsere Mäntel nicht ausgezogen hätten. Ich weiß nicht mal mehr, welchen Film wir sahen – so sehr ist meine Erinnerung von Bildern der Schlussszenen von Cinema Paradiso überlagert.

(Supermärkte, Kinos, Schwimmbäder gehören zu den untouristischen Orten, die ich auf Reisen sehr gerne besuche. Egal in welcher Sprache.)

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Bei Croco entdeckt und amüsiert mit aufgerissenen Augen angesehen: Die großartige Mai Thi Nguyen-Kim erklärte 2017, warum Asiaten kein Alkohol vertragen und führte den Effekt mit einem Gläschen Weißwein an sich selbst vor.

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https://youtu.be/XTMIomsXxKM

die Kaltmamsell

Journal Montag, 1. März 2021 – Umzugsberuhigung

Dienstag, 2. März 2021 um 6:29

Fast durch und fast gut geschlafen – welch ein Unterschied! Auch der abgeschlossene Küchenumzug erleichterte mich (Zucker für Milchkaffee und Müesli für das Frühstück von Herrn Kaltmamsell musste ich flugs im Schlafanzug von oben holen), draußen zog ein blauhimmliger Sonnentag herauf, beim morgentlichen Seitstütz sah ich einen aufgeplusterten Sperber vorm untergehenden Mond sitzen – mich ergriff sowas wie Zuversicht.

Bild: Herr Kaltmamsell.

Kalter, sonniger Arbeitsweg, ich ging eine Ecke lang, durch die ich dabei noch nie gekommen war.

Vormittags merkte ich doch noch den Schlafmangel vom Wochenende, doch zum Glück hatte ich nichts allzu Forderndes auf dem Tisch.

Mittags ein Laugenzöpferl und eine große Avocado, jetzt sind von den vier Kilo aus Málaga nur noch drei kleine Exemplare üblich – ohne dass wir damit groß experimentiert hätten, all die gesammelten Rezepte blieben ungenutzt, weil die Avocados einfach so aus der Schale schon so gut schmeckten.

Erkenntnis, warum mich die Pandemie derzeit besonders schafft: Bislang bedeutete Mitarbeit am Schutz für alle in erster Linie, Dinge nicht zu tun, also nicht verreisen, keine Treffen, nicht Rausgehen, keine Restaurant-/Theater-/Kinobesuche. Man konnte aber nichts aktiv tun, wenn man nicht gerade medizinisches Personal oder Forscherin in relevanten Fächern war (außer Maskentragen). Jetzt gibt es einen Impfstoff und ich könnte durch Zum-Impfen-gehen aktiv werden, denn je schneller möglichst viele Menschen geimpft sind, desto langsamer verbreitet sich das Virus (siehe Infektionskurven in Israel, UK und USA). Aber ich darf noch nicht! Und die schlechte Organisation der Impfkampagne verlangsamt sie auch noch! Das stresst mich wirklich.

Nach Feierabend ging ich direkt nach Hause, daheim holte ich Bügeln nach und eine Einheit Yoga.

Herr Kaltmamsell hatte weiter am Umzug gearbeitet: Erste Bücherkisten in Regale geräumt, Kruscht aus alter in die neue Wohnung getragen. (Außerdem hatte er schon vor einiger Zeit den Stadtwerke- und Internet-Teil des Umzugs organisiert.) Ich besprach telefonisch die Unterstützung durch meine Eltern, die am Wochenende nach Umzug zu uns kommen werden.

Nachtmahl war die zweite Hälfte Rübeneintopf vom Sonntagabend.

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Eva Menasse schwärmt in der NZZam Sonntag, dass Wissenschaftler wie Christian Drosten gegen eine dauererregte Öffentlichkeit auf Tugenden wie Besonnenheit, Präzision, Reflexion, Selbstkritik, begründeten Zweifel setzen:
“Eine Form geistiger Rettung”.

Sie haben sich manchmal innerhalb eines Tages drastisch korrigiert. Ohne jedes schlechte Gewissen: «Ich habe gestern Nacht noch ein paar Studien gelesen, und daher …» Die Arbeit eines Wissenschafters strebt nicht danach, die eigenen Annahmen einzubetonieren, sondern sie hart zu überprüfen. Wie ein Schachspieler, der gegen sich selbst spielt, wie ein Hacker, der die eigene Firewall attackiert: Wie kommt man rein, wo ist mein Leck?

Ausgesiebt wird, was fehlerhaft oder nicht gut genug ist; das Übrige ist vorläufig richtig. Schon am nächsten Tag kann es falsch sein. Und das ist die kühle Schönheit und zwingende Sinnhaftigkeit wissenschaftlichen Denkens, maximal entfernt von all dem entsicherten Meinen, grundlosen Schreien und Beleidigtsein, das die Welt erfüllt. Wir schauen der Wissenschaft so gespannt zu wie früher den Läufern und Kugelstossern all der vielen Sportveranstaltungen, die inzwischen abgesagt sind. Sport und Wissenschaft sind Disziplinen, die im Nachhinein überprüfbar sind, aber daher auch Vorhersagen erlauben: Wie weit ist die Kugel geflogen? Wie viele Geimpfte sind an Covid-19 erkrankt?

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 28. Februar 2021 – Ein Tag Küchenumzug

Montag, 1. März 2021 um 6:51

3.30 Uhr: Klogang.
4.30 Uhr: Es ist klar, dass ich nicht mehr einschlafen kann, Küchensorgen treiben mich um, weil die neue Küche höchstens 60 Prozent des Stauraums unserer jetzigen bietet. Ich mache das Licht an und lese Anke Stellings Bodentiefe Fenster aus.
5.30 Uhr: Zum Glück ist Sonntag und ich kann noch eine Runde schlafen, wochentags wäre ich aufgestanden.

Den Vormittag verbrachte ich allerdings mit dem Gefühl eines fetten Katers (Erinnerung an Zeiten mit Dinner Parties, lautem Gelächter mit lustigen Menschen, Alkohol und einer so späten U-Bahn heim, dass ich die einzige im ganzen Wagen bin), nur halt ohne den vorhergehenden Spaß. Und ohne die Ruhe für ein paar Stunden Blödschauen, weil Umzug.

Gestern gehörte zum Umzug die Tiefenreinigung des Kühl-/Gefrierschranks, wir merken uns fürs nächste Mal: Dauert gut zwei Stunden. Auch diesmal dachte ich daran, die Inneneinteilung des Kühlschranks vor dem Ausbau zu fotografieren, und wieder war ich beim Zurückbauen froh um die Aufnahmen. Praktischerweise war es nach den warmen Tagen recht frisch geworden, ich konnte kühlbedürftige Lebensmittel auf dem Balkon aufbewahren (Gefriere war gezielt leergegessen worden).

Duschen und Anziehen, gestern machte ich mir geläutert keine Illusionen über irgendeine Sportmöglichkeit. Semmelholen, Semmelfrühstück.

Das Nachmittagsprogramm bestand aus Leerräumen der alten Küche und Umziehen der Inhalte in die neue, damit der Putzmann am Montag die alte Küche lagerfertig putzen kann. Das machte ich gemeinsam mit Herrn Kaltmamsell, was eine wirklich gute Sache war. Zwar hätte wir beide die Ordnungs-Entscheidungen des/der anderen akzeptiert, aber zusammen waren sie leichter. Die wichtigste Entscheidung: Wir übernehmen dann doch die bestehenden Kühlschrank/Gefriere und bauen sie nicht samt Nebenschrank zu Gunsten unseres Einzelteils aus der Einbauküche aus. Dazu besprachen wir uns ungewohnt eingehend und systematisch, inklusive der gegenseitigen Ermahnung, die Wünsche des/der anderen nicht vorwegzunehmen (dazu neigen wir beide), sondern wirklich die eigenen Pros und Contras vorzubringen. Ergebnis: Wir stellen den frisch geputzten großen Kühlschrank zusammen mit der restlichen Küche unter und bieten ihn den Nachmietern an.

Schublade für Schublade für Schrankfach räumten wir die alte Küche aus und suchten nach passenden neuen Plätzen für den Inhalt. Wir brachten dann doch fast alles unter, weil wir die wirklich selten gebrauchten Geräte (Fleischwolf, Sandwichtoaster, Nudelmaschine etc.) in ihren Kartons auf die Hängeschränke stellten. Und nochmal ein Menge Zeug aussortierten.

Freude über den neuen Küchenbalkon.

Kurz vor sechs brauchten wir aber eine Pause: Herr Kaltmamsell musste das Abendessen kochen, außerdem hatte ich beim Bäcker Himbeerschnitten für Kuchenpause gekauft.

Der Rest war schnell erledigt: Mehlschrank ausräumen – den nehmen wir mit, da er nach der Sanierung keinen Platz mehr hat – und Töpfe (mit Abschied von den beiden größten, die nicht Induktions-geeignet sind). Anschließend entspannte Herr Kaltmamsell mit Kochen, ich damit, die Lieblingstweets des Februars zusammenzustellen.

Das Abendessen war dann ein englischer Sellerie-Eintopf mit Rotwein (und weiteren Rüben), obendrauf Sellerie-Knödel.

Was neben Sport noch flach fiel an diesem Umzugswochenende: Zeitunglesen, Bügeln, Sonne draußen genießen.

Früh ins Bett mit neuem Buch: Amitava Kumar, Immigrant, Montana.

Zum vorherigen Roman:

Ich fand Anke Stellings Bodentiefe Fenster sehr gut geschrieben, die Not der Ich-Erzählerin nachvollziehbar. Die Beschreibung des Alltags im Mehrgenerationenhaus und in welchen ständigen Konflikten die Hauptperson Sandra darin lebt, sind gar nicht mit Wertungen verbunden (die ich anfangs meinte finden zu müssen). Menschen sind halt so, Sandra kann den Hintergrund und die Motivation von jedem und jeder nachvollziehen. Ihre Biografie entspricht dem Westberlin-Klischee meiner Generation: Kinderladenkind, ihre Mutter ist die beste Freundin der Kinderladen-Betreiberin. Sandra wächst auf mit Liedern und Spielen, die eine gerechtere Gesellschaft zum Ziel haben, die alle Kinder zu freien, solidarischen und engagierten Menschen machen wollen und fest davon ausgehen, alle gleich zu behandeln. Doch sie merkt mit ihrer angeborenen besonders großen Empathie von klein auf, dass auch in dieser Gesellschaft Menschen ausgeschlossen werden, dass Glück, Veranlagung und Zeitgeist den einen bevorzugen, die andere hängen lassen. Und sie leidet darunter, auch als Erwachsene, weil sie einerseits keine Lösung dagegen hat, sich aber dazu verpflichtet fühlt (Kinderladen-Erziehung), etwas zu tun. Ebenso wenig wird uns Leserinnen am Ende eine Lösung geboten, so ist das Leben, so sind die Menschen halt. Da muss man durch, selig diejenigen, die sich ihre Illusionen erhalten.

die Kaltmamsell

Lieblingstweets im Februar 2021

Sonntag, 28. Februar 2021 um 21:01

die Kaltmamsell

Journal Samstag, 27. Februar 2021 – Sonnendurchflutete leere Räume

Sonntag, 28. Februar 2021 um 8:36

Nachts zwar ein paar Mal aufgewacht, aber gleich wieder eingeschlafen.

Meine Schlafzimmer-Stores abgenommen und gewaschen. Katzenwäsche und Umziehen in Sportkleidung. Als der erste Store gewaschen war (wird feucht aufgehängt), nahm ich auch die Vorhangschals im Wohnzimmer ab und zog mit Leiter und Vorhängen in die neue Wohnung. Plan war kurzes Werkeln, dann eine Runde Crosstrainer.

Es zeigte sich: Ich verfüge über keinerlei Umzugsfertigkeiten mehr. So konnte es mich überraschen, dass das Mal-kurz-Aufhängen von ein paar Vorhängen (zweimal Stores im Schlafzimmer, viermal Schals im Wohnzimmer) zwei Stunden verschlang – weil die Schienen dafür so breit waren, dass die Aufhänger (“Faltengleiter”) sich verkanteten, und die Maler so brutal drübergepinselt hatten, dass sie sich auch ohne Verkantung nicht bewegten. Ich kam ins Schwitzen. Dass meinem eingeklemmten Nackennerv das Hochschauen gar nicht bekam, verlangsamte die Aktion zusätzlich, weil ich immer wieder die Nackenmuskulatur durch Runterschauen beruhigen musste. Und das mir, die ich zu Studienzeiten im Freundeskreis eine gesuchte, weil ausdauernde Über-Kopf-Renoviererin und -Malerin gewesen war! Aber ich sah erstmals aus den neuen Fenstern ein Eichhörnchen im Park.

Dann brachte ich mit Herrn Kaltmamsell Glühbirnen mit Lüsterklemmen in fünf Räumen der Wohnung an (mein Bruder hatte von meinem Vater eine Box mit Material aller Art mitbebracht, wohlsortierte Dübel, Schrauben, Nägel, Klemmen – und noch so einiges, dessen Funktion ich nicht kenne), putzte und werkelte noch an verschiedenen Stellen – es wurde früher Nachmittag.

Immer wieder brach die Sonne durch den wolkigen Himmel und flutete die Räume. Eine so schöne, große, leere Wohnung! Und dann verschandeln wir sie mit Möbeln.

Zum Beispiel diese minimalistisch-ästhetische Kammer, unser künftiger Fitnessraum.

Jetzt noch mit meditativer Ausstrahlung, bald schon voller Crosstrainer und Schweiß.
(Spass. Es steht noch nicht fest, was wir damit tun. Vielleicht finden wir einen Weg, ihn zu einer begehbaren Garderobe zu machen? Ginge das? Mit zusätzlichem Stauraum für selten genutztes Koch- und Backgerät?)

Ein wenig Kopfzerbrechen bereitet mir das Bad: Außer dem Unterschrank des Waschbeckens gibt es keinerlei Staumöglichkeit (der Platz, den wir im jetzigen Bad für zwei Stehregale haben, ist von einem zusätzlichen Klo belegt). Zwar besitzen wir unterdurchschnittlich viele Körperflegeprodukte, doch für Schminkzeug und Parfüm hätte ich doch gern ein eigenes Regal.

Crosstrainer ließ ich bleiben. Ich duschte mich gleich und holte Semmeln zum Frühstück. Bevor ich es mir damit gemütlich machen konnte, zerbrach ich im Wohnzimmer einen Glasteller in putz-aufwendige winzige Stücke und musste erst mal weiterräumen und -putzen.

Nach dem Frühstück der nächste Arbeitsgang: Herr Kaltmamsell hatte erste Buchregale in seinem neuen Schlafzimmer und unserem (irgendwann) gemeinsamen Arbeitszimmer aufgebaut, sie mussten mit Schrauben an der Wand stabilisiert werden. Fürs Bohren war bislang immer ich zuständig, ich mache das auch gern. Herr Bruder hatte eine von Papas vier Bohrmaschinen mitgebracht (Aufschrift “BOHRHAMMER”), ich bohrte damit nach und nach fünf Löcher nach Anweisungen von Herrn Kaltmamsell, dazwischen saugte ich ein wenig in den etwas staubigen Räumen.

Nur kurzes Ausruhen in der alten Wohnung, eine Runde Yoga, dann drängte es mich, vor dem Abendessen noch die ersten Kisten voll Küchenmaterial nach oben zu bringen und zu verstauen.

Herr Kaltmamsell bereitete derweil das Nachtmahl: Ein Rest Fisch-Curry vom Vorabend mit frisch gekochtem Reis, zudem ein wenig Wirsinggemüse aus Ernteanteil. Wir wurden wohlig satt (keine Lust auf Alkohol).

Abendunterhaltung: Auf 3sat lief Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm, den ich seinerzeit im Kino verpasst hatte. Ich mochte den Film (nachdem ich meine Irritation überwunden hatte, dass der besonders groß gewachsene Lars Eidinger den besonders klein gewachsenen Brecht spielte – V-Effekt) – und war überrascht, dass ich einige eher unbedeutende Teile der Dreigroschenoper auswendig konnte (z.B. den Morgenchoral des Peachum). Ich scheine eine vergessene Vergangenheit zumindest mit den Songs zu haben.

die Kaltmamsell