Journal Dienstag, 25. September 2018 – Münchens NS-Vergangenheit vor Käseverkostung

Mittwoch, 26. September 2018 um 9:28

Urlaubsprogrammpunkt war das NS-Dokumentationszentrum.

Doch davor standen Ausschlafen, Morgenkaffee mit Bloggen, zwei Maschinen weiße Wäsche.

Dann war es schon Vormittag und ich hatte großen Frühstückshunger. Über den Josephsplatz (Bücher abholen) spazierte ich in knackig kalter Sonne in die Türkenstraße, um im verlässlichen Café Puck zu frühstücken – in dem ich an einem Wochentag bislang immer einen Tisch dafür bekommen habe.

Renovierung legte in der Schillerstraße Vergangenheit frei.

Käsefrühstück.

Es war immer noch wundervoll sonnig und immer noch wunderlich kalt, als ich die zehn Minuten hinüber ins NS-Dokumentationszentrum ging. Die letzten Jahre seiner Entstehung hatte ich aufmerksam mitverfolgt, die Diskussionen über Ort, Form, Architektur, Konzept. München hat schwer erträglich lang gebraucht, sich systematisch und kommunikativ mit seiner NS-Vergangenheit zu befassen. Bezeichnenderweise waren es Bürgerinitiativen, die das Thema vorantrieben. Aber jetzt steht es endlich da, eröffnet 2015, in meinen Augen am perfekten Ort, nämlich auf dem Platz der damaligen NSDAP-Zentrale, des “Braunen Hauses”.

Im Aufzug in den 4. Stock: Dort beginnt die Ausstellung.

Die fast drei Stunden, die ich in der Ausstellung verbrachte, drehten mich durch den Fleischwolf – vor allem durch die geschilderten gesellschaftlichen Mechanismen, die mir so gar nicht zeitgebunden und einmalig erschienen. Ich fragte mich immer wieder, wie die Forschenden es wohl schaffen, die erforderliche Distanz zu ihrem Forschungsthema zu bewahren. Dabei strebt die Ausstellung ganz offensichtlich Sachlichkeit und Nüchternheit an – auch bei der Behandlung der wichtigen Ebenen Emotion, Manipulation, Terror.

Was ich bereits wusste: Das hier ist kein Museum, ganz betont nicht. Also keine Exponate, keine Originalstücke, keine Szenerien – das hätte einen Pilgerort für Nazis erzeugt. Als ich mich kürzlich aus gegebenem Anlass erinnerte, wie oft und gründlich die Greuel der Nazi-Gesellschaft 1933-1945 in der Schule besprochen wurden, die Auswirkung von Rassismus und völkischem Denken, musste ich erkennen, dass dieser Unterricht wohl nicht bei allen ein “Nie wieder!” hervorgerufen hatte: Es mehren sich die Anzeichen, dass ein gewisser Anteil Schülerinnen und Schüler mit “Prima Idee” reagiert hatte.

Die zweisprachige Ausstellung auf vier Stockwerken, deutsch und englisch, besteht aus Stellwänden mit chronologischen Informationen, aufgehängt jeweils an einem großen Bild. Jede Stellwand besteht aus einem längeren Text und einer Bilderklärung. Auf weiteren Stellwänden laufen Filme oder Bildreihen, dazwischen stehen Tische mit thematischen Infos und Quellen. Ich holte mir auch den Audioguide, der die Stellwände mit Erklärungen und O-Tönen von Zeitzeugen ergänzt – eingeleitet von dem Hinweis, dass Einzelstimmen immer subjektiv gefärbt sind und Erinnerungen unzuverlässig.

Gleich am Anfang erlebte ich den architektonischen Kunstgriff, über den ich bereits gelesen hatte: Von innen ist das äußerlich so trutzig wirkende Bauwerk völlig durchlässig und öffnet sich aus jeder Perspektive nach außen. Die Dokumentation findet nicht in einem abgeschlossenen Raum statt, sondern als Teil Münchens, das man durch die Fenster sieht.

Es war dann wenig überraschend der Abschnitt über Zwangsarbeit während der NS-Zeit, der mich voll erwischte.

Erinnerungen an die Erzählungen meiner polnischen Großmutter, als junges Mädchen als Zwangsarbeiterin aus Südpolen verschleppt: Wie sie ein gelbes P auf jedes außen getragene Kleidungsstück hatte nähen müssen, wie sie sich heimlich im Wald mit anderen Zwangsarbeitern getroffen hatte, um gemeinsam zu singen, wie sie einem “bese Baure” (bösen Bauern) zugeteilt war, ihre Schwester zum Glück einem “gute Baure”, der sie mit durchfütterte. Meine Mutter wurde ihr wohl nur deshalb nicht gleich nach der Geburt weggenommen, weil eine gutherzige Einheimische sie als ihr Kind ausgab.

Wider besseres Wissen ertappte ich mich dabei, wie ich auf den Fotos der Ausstellung nach meiner Oma in jung Ausschau hielt – wider besseres Wissen, da sie ja nicht in München, sondern im schwäbischen Burlafingen eingesetzt worden war und obwohl die Zwangsarbeiterinnen auf den Fotos kein P, sondern einen Aufnäher “OST” für Ostarbeiter trugen. Was vielleicht in der Architektur fehlt: Ecken, in denen man ungestört weinen kann. Aber dafür gibt es ja viele Fenster zum scheinbaren Rausschauen.

Nein, ich schaffe es immer noch nicht, dem Leben dieser Großmutter systematisch hinterher zu recherchieren. Vor Jahren hatte mich ein Experte auf das NS-Zwangsarbeiter-Dokumentationszentrum in Berlin hingewiesen, doch alles in mir will nur wegrennen. Vielleicht ist die nächste Generation weit genug davon entfernt.

Ich war froh, dass daheim Bügelwäsche auf mich wartete und mir ein wenig Raum zur Verarbeitung bot. Zum Nachdenken, wie einfach es aus zeitlichem Abstand ist, einen roten Faden in historischen Abläufen zu finden, sie in Ursache und Wirkung zu strukturieren. Wie unmöglich das in der Gegenwart ist. Und darüber, dass mein schönes München für mich jetzt erst mal aus vergifteten Orten besteht: In der Innenstadt gibt es ja schier keine Ecke, die nicht belastet ist.

SCHNITT

Abends radelte ich mit Herrn Kaltmamsell zu einer lange gebuchten Veranstaltung in Neuhausen: Er hatte schon vergangenes Jahr eine Käseverkostung beim Tölzer Kasladen geschenkt bekommen, die nahmen wir jetzt wahr. Chefin Susanne Hofmann führte mit ungeheurer Kundigkeit durch Käse und Weine, ich lernte eine Menge. Brauchte allerdings eine Weile und ein Glas Wein, bis ich über das Gefühl der Frivolität nach den Erlebnissen des Nachmittags hinweg kam.

Wir hatten reizende Tischnachbarn, ich probierte 18 Käsesorten, habe neue Lieblinge, bin im Zusammenspiel mit Stinkekäse mit buttrig-holzigem Chardonnay (Pfalz, Borell-Diehl) versöhnt, habe Zweigelt als wunderbaren Begleiter von Hartkäse kennengelernt.

Nächtliches Heimradeln unter riesigem Mond in noch knackigerer Kälte.

Für einen Tag war das insgesamt ein wenig viel.

die Kaltmamsell

Journal Montag, 24. September 2018 – Urlaubstag mit Schwumm, Bogenhausen und E-Book-Kampf

Dienstag, 25. September 2018 um 9:08

Gute Laune und Freude über den ersten Urlaubstag. Auch wenn der Tag sich anstrengte, daran zu kratzen.

Wochenlang hatte ich mich auf den ersten Schwumm in der renovierten großen Halle des Olympiabads gefreut – um beim Öffnungszeitencheck festzustellen:

… in unserem Sanierungsprojekt Olympia-Schwimmhalle gab es zeitliche Verzögerungen beim Wechsel von Bauabschnitt 1 in Bauabschnitt 2. Wir gehen dennoch davon aus, dass die Olympia-Schwimmhalle Ende 2018 wieder in vollem Umfang…

Hmpf. Also doch nur fensterloses Trainingsbecken und erst ab 10 Uhr.1

Draußen war es schlagartig kalt gworden: Die App, die am Sonntag noch 25 Grad gemeldet hatte, zeigte 9 Grad an. Nachdem ich am Vorabend gezögert hatte die Fenster zu öffnen, weil es von draußen so schwülwarm reinwehte, schloss ich jetzt auch die gekippten, weil ich trotz Wollsocken eiskalte Füße hatte.

Das beeinflusste auch die Kleidungswahl: Mit Aussicht auf Radlfahren kam ich um dicke, unbequeme Jeans nicht rum – die ich in den Sommermonaten überhaupt nicht vermisst hatte. Die Wettervorhersage war zumindest regenfrei, ich verbrachte den Tag unter gemischtwolkigem Himmel mit ein wenig Sonne.

Die Schwimmrunde verlief ereignislos, es ziepte lediglich ein wenig in der Nackenmuskulatur – irgendeine aktuelle Verschiebung lässt mich derzeit den Kopf schwer drehen.

Sie sehen hier meine neuen Lieblingsbadetücher: Grubenhandtücher, die in den Webereien aus Farbresten gefertigt wurden und noch werden, deshalb besonders bunt und besonders günstig sind. (Dass sie mich so ansprechen, liegt wahrscheinlich an meiner Empfänglichkeit für Manufactum-Ästhetik, ist mir ein bisschen peinlich.)

Mein Urlaubsprogrammpunkt des Tages war Bogenhausen. Nachdem ich anlässlich eines Restaurantbesuchs den Eindruck eines reizvollen Stadtteils gewonnen hatte, wollte ich dort frühstücken und mich dann ein wenig umsehen.

Schönes Radeln durch Schwabing und den Englischen Garten (lebenserhaltend: immer davon ausgehen, dass man unsichtbar für Autos ist und dass andere Radlerinnen und Radler die Straßenverkehrsordnung nicht auf sich beziehen) auf die andere Isarseite. Doch schon das mit dem Frühstück wurde schwierig: Die beiden Lokale, die ich mir empfehlen hatte lassen, waren knallvoll (an einem Arbeitsmontag) inklusive Warteschlange, der nächstbeste Google-Tipp war eine kleine Snackbar, die bereits kein Frühstück mehr servierte. Dort ließ ich mich dennoch nieder und stillte den mittlerweile heftigen Hunger mit einem belegten Brot, las Zeitung.

Wirklich schön war der anschließende Spaziergang über den Bogenhausener Friedhof. Mitten in München schlenderte ich scheinbar über einen kleinen Dorffriedhof mit volkstümlich schmiedeeisernen Grabkreuzen. Der Unterschied: Die berühmten Verstorbenen. (Wobei mich die kunstvollen und vielfältigen Eisenkreuze mindestens genauso faszinierten.)

Daheim nasses Schwimmzeug ausgepackt und eine Maschine Wäsche gestartet, dann zu einer kleinen Einkaufsrunde aufgebrochen: Ich durfte Abendessen kochen.

Es wurde eine Coca de verdura, allerdings verwendete ich statt Frühlingszwiebeln frischen Fenchel, was natürlich etwas ganz Anderes ist, aber Ernteanteil. Wurde sehr gut.

Während der Arbeitsschritte wollte ich ein Buch bei Amazon herunterladen. Ich lese nicht ungern auf Reader (und habe den Verdacht, dass die Schnittmenge zwischen Zwangsleserinnen wie mir, die sich notfalls an den Buchstaben des Müeslikartons oder an der Beschriftung der Klopapierpackung vor ihnen festhalten, und den “hach, ich mag viel lieber Papierbücher wegen der Haptik”-Reader-Gegnerinnen nicht allzu groß ist), diesmal das nächste Lesekreis-Buch, Michael Ondaatjes Warlight.

Ich hätte mich ja zu gerne dadurch verblüffen lassen, dass dieses Herunterladen EIN! MAL! ohne Komplikationen geht. Doch nein: Die Website meldete auch diesmal “erfolgreich geliefert”, der Kindle meldete auch diesmal: Nichts. Mehrfach. Auch nach Fluchen und Toben und den armen Herrn Kaltmamsell aus der Arbeit Reißen und zu Hilfeversuchen Zwingen. Er fand durch Internetrecherche lediglich heraus, dass mein Problem sehr, sehr verbreitet ist. (Die letzten Male hatte der Download am nächsten Tag funktioniert).

Um das hier nicht unnötig spannend zu machen: Am nächsten Morgen lud immer noch nichts, doch ich löste das Problem – das Geheimnis lag in einem Betriebsystem-Update. Das wurde auf der Amazon-Hilfeseite als eine mögliche Fehlerursache aufgelistet, ich musste lediglich
– herausfinden, welches Gerät ich genau besitzte (geradezu lächerlich kompliziert, auf der Hilfeseite werden zur Identifikation alle Typen genau beschrieben – nennen Sie mich ein schlichtes Gemüt, aber wie wär’s mit… Draufschreiben?)
– das Update auf den Rechner laden
– den Kindle an den Rechner anschließen und die Software rüberziehen
– den Kindle sicher abkoppeln und das Update installieren

Jetzt wurde die Buchdatei nach einer erneuten Lieferanforderung tatsächlich angezeigt.

Der Hauptgrund für meinen Ärger: Keine Fehlermeldung. Wenn es irgendein Problem mit dem Download meiner bezahlten Ware gibt, will ich bitte einen Hinweis, am liebsten als Fehlermeldung – und nicht einfach das Ausbleiben des Downloads.

Bislang hat noch nichts meinen Verdacht entkräftet, dass E-Book-Systeme von Menschen erstellt werden, deren Hauptinteresse darin besteht, das Lesen auf Papier dominant bleiben zu lassen. Von Anfang an dachte ich bei praktischen jedem Schritt der E-Bookerei: Das muss doch einfacher und User-freundlicher gehen. Bis heute.

§

Seit zweieinhalb Jahren wird das Techniktagebuch vom Deutschen Literaturarchiv Marbach archiviert. Jetzt nicht mehr, Grund: Technik. Was, wir hören das Klappern der Metaebenen, einen Eintrag ins Techniktagebuch wert ist.

“20. September 2018
Jetzt wird zurückarchiviert”

  1. Am Dienstagmorgen war die Information aktualisiert: Ich werde sogar noch bis März 2019 auf lichtdurchflutetes Schwimmen warten müssen. []
die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 23. September 2018 – Reisetag Oldenburg-München

Montag, 24. September 2018 um 7:22

Der gestrige Tag bestand hauptsächlich aus der Rückfahrt. Wir schliefen wieder aus, tranken mit unseren Gastgeberinnen Morgenkaffee, führten Gespräch weiter, begannen neue, verabredeten die nächsten Treffen, Herr Kaltmamsell saß homerisch am Frühstückstisch und dichtete Verse fürs Gästebuch (seine Erkenntnis: “Meine Gedanken sind zu kurz für Hexameter.”)

Kurz vor Mittag spazierten Herr Kaltmamsell und ich durch einsetzenden Regen und herbstliche Kälte zum Zug. Uns blieb noch Zeit, den wirklich prächtigen Bahnhof von Oldenburg zu bewundern: Der Backsteinbau in Reformarchitektur (die Jugenstil-Sorte) hat etwas von einer Kathedrale.

Wenig aufregende Zugfahrt (ein bisschen Slapstick in Bremen, als wir anhand des Wagenstandanzeigers feststellten, dass unsere reservierten Sitzplätze genau am anderen Ende des Zugs lagen, dorthin eilten – um anhand der Wagennummern festzustellen, dass der Zug diesmal andersherum gereiht war, darüber aber auf keiner Anzeige informierte, und den ganzen Zug lang zurück eilten), aber die letzten anderthalb Stunden der sechseinhalb-stündigen Fahrt wurde das Sitzen dann doch beschwerlich.

Für München kündigte die Wetter-App 25 Grad an – ich konnte es mir schier nicht vorstellen. Doch schon um Augsburg sah ich draußen Menschen kurzärmlig spazieren, also steckte ich die Jacke vor dem Aussteigen weg. Gute Idee, es war schwül-föhnig.

Durch Oktifestvolk (ich hatte es übers Wochenende tatsächlich seligerweise vergessen) nach Hause spaziert, Pflanzen gegossen, Gepäck ausgeräumt, während Herr Kaltmamsell zum Abendessen Nudeln mit Sugo kochte.

die Kaltmamsell

Journal Samstag, 22. September 2018 – Oldenburg

Sonntag, 23. September 2018 um 14:33

Wir schliefen alle aus. Oldenburg hatte das Wetter schön gemacht.

Unsere Gastgeberinnen steuerten uns aufmerksam durch den Tag. So spazierten wir nach Morgenkaffee und Frühstück für die von uns, die frühstücken, auf dem schönsten Weg zum Markt.

Wir kamen am Standesamt vorbei, an dem die Gastgeberinnen vor vier Jahren geheiratet hatten. Auch gestern wurde dort reichlich geheiratet. Wir hörten eine Blaskapelle spielen, erst „I will follow him“, dann das Star Trek-Thema – Letzteres empfehle ich hiermit allen Blaskapellen, das funktionierte ganz hervorragend.

Der Markt feierte seinen 70. Geburtstag, viele Stände waren dekoriert und boten Probiererl an. Wir bekamen Geschichten zu Ständen, Standlerinnen und Standlern erzählt, die Gastgeberinnen kauften Gemüse, bestellten Fisch, spontane irische Austern, Antipasti, Brot, Schinken, Blumen, noch mehr Gemüse und Obst. Ich probierte mich durch alte Apfelsorten.


(Beleidigung für Fortgeschrittene?)

Wir spazierten zurück, machten dabei einen kleinen Abstecher zur Synagoge.

In der Unterkunft gab es ein weiteres Frühstück. Jetzt hatte auch ich Hunger und lernte unter anderem „Schwarzbrot, hell“ kennen (sehr gut, weil mit intensivem Pumpernickelgeschmack, aber saftiger).

Die nächste Runde führte zu einem weiteren Markt (Käsekauf) und einem Flohmarkt, bevor uns das nächste Zuhause der Gastgeberinnen gezeigt wurde. Noch befindet es sich in heftigem Baustellenzustand, doch schon jetzt ist die zukünftige Herrlichkeit deutlich sichtbar.

Das Abendmenü hatten die Gastgeberinnen aus Ottolenghis Nopi zusammengestellt. Wir machten uns ans Kochen – genauer: an die jeweils letzten Schritte der Gerichte, deren Zubereitung zum Teil schon eine Woche vorher mit Brühekochen begonnen hatte. Zum Endspurt gab’s Austern für die Austernesser, für alle Antipasti und Cava.

Das Ergebnis des vielfältigen Kochens:

Lachstatar mit Oliven-Schalotten-Zitrone-Salsa und Topinambur-Chips.
Im Glas: Ein Marisa Albariño, passte wunderbar.

Hähnchen (gekocht, mariniert, gegrillt – das alles asiatisch gewürzt) mit Chillimarmelade, buntem Karottengemüse, dazu Osculum Ribera del Duero – köstlich.

Nachtisch: Frittierte Ricotta-Bällchen in Sternanis-Zucker mit Beerensoße und Schokoladenerde.

Das Beste natürlich: Die Leute und das Reden. Lektüretipps, Familiengeschichten (Ideen für Geschenke), Unigeschichten, überraschend wenig Politik (stellt sich heraus: das ist ganz entspannend), Internetgeschichten. Unter anderem.

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 21. September 2018 – Urlaubsstart in Oldenburg

Samstag, 22. September 2018 um 10:08

Warum fühlt sich dieses Datum für mich nur so ominös an? War mal was Bedeutendes an einem 21. September? Das Kalenderblatt gibt nichts her.
21. SEPTEMBER!!!!

Unruhige Morgenstunden, Fertigpacken, mit Rucksack in die Arbeit (schwer Tragen macht mir immer noch keinen Spaß, wer hätte das gedacht – also auch weiterhin keine Backpack-Wandertouren). Dort gelöst, was ich noch lösen konnte.

Kurz nach Mittag traf ich mich mit Herrn Kaltmamsell am Hauptbahnhof, wir stiegen in einen ICE nach Hamburg. Ab Nürnberg war das Großraumabteil erfüllt von deutschen Geschwatze einer Jungmännergruppe auf dem Weg zur Reeperbahn mit viel Bierflaschenklonken und vom türkisch-deutschen Geschwatze einer Gruppe junger Frauen anscheinend ebenfalls auf dem Weg zum Feiern – das war schön.

Beim Umsteigen in Hannover hatten wir dann unerwartet viel Zeit, der Anschlusszug kam ordentlich verspätet. Wir fingen ein bisschen Pokémon und sammelten Pokémon-Geschenke.

In Oldenburg hatte es gerade aufgehört zu regnen, wir lockerten die Glieder beim Spaziergang zu unseren Gastgeberinnen. Dort köstliches Abendessen in Form von Muscheln auf normannische Art, feinem Weißwein und Heimkommen in Gespräche.

§

In diesem Artikel geht es eigentlich um etwas ganz anderes, aber dieser Passus spricht mir auch dem Herzen:

My biggest fear had always been that I wind up somehow being conscious for eternity. Like that I die, wind up in heaven or hell or wherever and I remain “me” and just never shut off and have to endure being conscious and aware

Der Autor änderte das durch Fortpflanzung, ist vielleicht den meisten, die so fühlen, ein bisschen zu riskant.

§

Aus Anlass ihres Todes ein schönes Interview mit Inge Feltrinelli aus dem Jahr 2012:
“‘Was zählt, ist, dass du den entscheidenen Moment erwischst’
Die Fotografin und Buchverlegerin Inge Feltrinelli im Gespräch über ihr bewegtes Leben.”

via @miriam_vollmer

Ob dein Bild gestochen scharf ist, ist nicht so wichtig. Was zählt, ist, dass du beim Auslösen den entscheidenden Moment erwischst.

Dieser Eingangssatz zusätzlich zum Zitat von Henri Cartier-Bressonist wichtig. Jetzt traue ich mich doch, Abzüge von einem meiner eigenen Lieblingsbilder zu machen.

§

“Everything you know about obesity is wrong”.

via @journelle

For 60 years, doctors and researchers have known two things that could have improved, or even saved, millions of lives. The first is that diets do not work. Not just paleo or Atkins or Weight Watchers or Goop, but all diets. Since 1959, research has shown that 95 to 98 percent of attempts to lose weight fail and that two-thirds of dieters gain back more than they lost. The reasons are biological and irreversible. As early as 1969, research showed that losing just 3 percent of your body weight resulted in a 17 percent slowdown in your metabolism—a body-wide starvation response that blasts you with hunger hormones and drops your internal temperature until you rise back to your highest weight. Keeping weight off means fighting your body’s energy-regulation system and battling hunger all day, every day, for the rest of your life.

The second big lesson the medical establishment has learned and rejected over and over again is that weight and health are not perfect synonyms. Yes, nearly every population-level study finds that fat people have worse cardiovascular health than thin people. But individuals are not averages: Studies have found that anywhere from one-third to three-quarters of people classified as obese are metabolically healthy. They show no signs of elevated blood pressure, insulin resistance or high cholesterol. Meanwhile, about a quarter of non-overweight people are what epidemiologists call “the lean unhealthy.” A 2016 study that followed participants for an average of 19 years found that unfit skinny people were twice as likely to get diabetes as fit fat people. Habits, no matter your size, are what really matter.

Wissen Sie was? Manchmal fürchte ich, ich gestehe mir nicht das Recht zu, glücklich und froh zu sein. Ich verdiene es nicht, weil ich ja nicht dünn bin.
Zum Glück schaffe ich es aber jedesmal rechtzeitig, mich bei dieser Furcht lächerlich zu finden, so bescheuert kann eine halbwegs intelligente Frau wie ich ja wohl nicht sein.
(Sicher nur Zeichen meines narzistischen Selbstmitleids.)

die Kaltmamsell

Journal Donnerstag, 20. September 2018 – Arbeitsendspurt

Freitag, 21. September 2018 um 6:37

Sonne, Wärme – ein weiteres Mal.

Das Oktoberfest ist startklar. Als ich abends daran vorbei kam, lag spürbar Lampenfieber in der Luft, an allen Ecken wurde gewuselt, und es schallte tatächlich die Bierzeltmusik einer Blaskapelle herüber – Sound Check? Das hatte durchaus Zauber, doch ich bin sehr, sehr froh darüber, aus der Stadt zu sein, wenn Menschenmassen das Gesamtbild komplettieren.

Die Arbeit legte überraschend einen Endspurt hin, trotz aller Planung und Vorbereitung. Jetzt wird’s vor meinem Abmarsch Freitag Mittag doch noch eng, und ich muss meine Vertretung mehr belasten, als mir wohl ist (verflixtes Raum-Zeit-Kontinuum).

Auf dem Heimweg besorgte ich Reiseproviant für die lange Bahnfahrt am Freitag (Kekse, Fruchtgummi, Salznüsse), hatte dabei einen ganz bezaubernden Austausch mit der jungen Frau an der Kasse und konnte der Kundin nach mir mit Kleingeld aushelfen.

Abends eine Riesenschüssel Salat aus Ernteanteil (Dressing Zitrone, Senf, Knoblauch, Tahini, Olivenöl schmeckte ganz ausgezeichnet) sowie Eiscreme, ich entwickelte Pokémon und erzeugte unter anderem diesen Klopper:

Ein shiny Digdiri!

Reisevorbereitungen, ich werde am Freitag direkt von der Arbeit in den Zug steigen.

die Kaltmamsell

Journal Mittwoch, 19. September 2018 – Sonnenstrahlen mit Schwindel

Donnerstag, 20. September 2018 um 6:52

Es strahlte die Sonne, machte warm und froh, ich war in Sandalen und Rock unterwegs. Tagsüber meine Arbeitswelt weiter auf meine zwei Wochen Urlaub ab Montag vorbereitet.

Auf dem Heimweg ging ich mit Genuss einen Umweg für Besorgungen, litt aber den vierten Tag in Folge unter Schwindel (was ich am Montag noch für Kreislaufprobleme gehalten hatte).

Zum Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell den ersten kleinen Ernteanteil-Kürbis der Saison mit Pilzen, Zwiebeln und Schimmelkäse gefüllt, dann ganz im Ofen gegart. Schmeckte gut!

§

Mittags hatte ich im Amnesty Journal einen Artikel darüber gefunden, wie die Organisation die riesige Menge an Information im Web über Menschenrechtsverletzungen, vor allem Bilder und Filme, auf Authentizität prüft und für die eigene Arbeit nutzt:
“An der digitalen Front”.

Besonders interessant fand ich die Aufklapp-Texte über die “Verifizierung der Welt” und “Verstörende Bilder”.

§

Im Techniktagebuch wurde die Entwicklung der technischen Unterstützung beim Stricken nachgezeichnet – ich hatte ja keine Ahnung! (Weil meine intensivste Strickzeit 1981-1991 stattfand, komplett ohne technische Unterstützung.)
“2008 bis 2018
Stricken und Technik”.

§

Der Guardian berichtet mit wunderschönen Bildern von den:
“Women of the World Nomad Games”.
(Wobei die Frauen hier nicht nur Fotografen-candy sind, sondern Namen und Geschichten haben.)

via @Cynx

die Kaltmamsell