Die Tage dazwischen

Dienstag, 28. Dezember 2004 um 9:41

In Kindertagen waren die Tage zwischen Weihnachten und Silvester erfüllt von Spielen und Spielzeug. Nachdem die eigenen Geschenke meist bereits in den beiden Feiertagen bis zum Abflachen des Interesses bespielt waren, machte man die Runde bei den Nachbarskindern.

Ein paar Jahre später gehörten diese Tage den Büchern, die unterm Christbaum gelegen hatten. Das waren bei mir wenige, da meine Eltern die Anschaffung von Büchern nie so recht einsahen. Das lag zum einen daran, dass sie selbst ohne Bücher aufgewachsen waren; zum anderen, schätze ich, wurden sie von den riesigen Stapeln entmutigt, die ich jeden Sonntag aus der Pfarrbücherei heimbrachte. Es waren also eher Freunde der Familie und darunter vor allem meine Taufpatin, die mir zum Besitz von Büchern verhalfen. Manchmal reichte der Lesestoff bis über die Feiertage hinaus.

Dieses Jahr hat mir das Christkind die ersten beiden Staffeln Emergency Room gebracht. In den ersten Jahren der Serie hatte ich ja keinen Fernseher, ich bin also recht spät eingestiegen. Diese Lücke kann ich jetzt füllen. Außerdem kenne ich die Serie nur auf Deutsch, inklusive medizinischem Fachvokabular, das macht das Gucken auf Englisch ziemlich anstrengend.

Das bedeutet, dass ich die letzten zweieinhalb Tage vor dem Fernseher verbracht habe. Und dass sich das voraussichtlich bis Silvester nicht ändern wird. Doch die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr waren ja schon immer nicht ganz von dieser Welt.
(Ich habe George Clooney noch nie in einer weniger sympathischen Rolle gesehen. Und ausgerechnet damit wurde er berühmt?)

die Kaltmamsell

14 Kommentare zu „Die Tage dazwischen“

  1. Stefan meint:

    In meiner Kindheit war es auch üblich, dass wir zu Weihnachten relativ viele Bücher geschenkt bekamen. Wir setzen diese Tradition fort, auch unser Dreijähriger bekommt zu jeder Gelegenheit (wie zum Beispiel Nikolaus, Weihnachten, Adventssonntage …) immer mindestens ein kleines Buch. Was natürlich dazu führt, dass er seine aktuelle Fabulierphase dazu nutzt, uns die Bücher “vorzulesen” (also das zu erzählen, was seiner Meinung nach da stehen sollte) :-)
    In der aktuellen Diskussion und Neiddebatte um die Bildung wird oft übersehen, dass man wirklich nicht viel Geld braucht, um Kinder für Bücher und Wissen zu begeistern. Man braucht allerdings Zeit und sollte natürlich als Erwachsener auch Vorbild sein.

  2. maz meint:

    Nein.
    Es gibt folgende Anekdote:
    Tarantino wird auf ihn aufmerksam. Man bietet ihm eine Rolle in dem Rodriguez Film “From Dusk Till Dawn” an (Drehbuch u.a. von Q.T.). Clooney, damals noch ein kleiner Seriendarsteller (ER ist nicht so erfolgreich wie heute, obwohl von Crichton), reagiert auf Rodriguez/Tarantino Angebot überschwenglich:
    “Wem muss ich dafür einen blasen?”

  3. die Kaltmamsell meint:

    Ich weiß, Stefan, dass persönliche Erfahrung unwissenschaftlich ist, trotzdem scheint es mir ein wenig komplexer zu sein, Kinder für Bücher zu interessieren. In meinem Fall wuchs das Interesse fürs Lesen GEGEN die Prioritäten meiner Eltern. Für die war “Romanelesen” einfach Faulenzen und wurde mir daher regelmäßig verboten (statt dessen sollte ich bitteschön für die Schule lernen). Ich las jahrelang auf dem Klo, wo ich meine aktuelle Lektüre im Wäschekorb verstecken konnte.

  4. Och Nö meint:

    “Wem muss ich dafür einen blasen?”

    Ist wohl ein alter Schauspielerwitz, der auf Marilyn Monroe zurückgeht. Als sie ihren ersten Studiovertrag bekam (die begehrte Festanstellung für einen Schauspieler), soll sie erleichtert gesagt haben “Finally no more blowjobs”.

  5. Stefan meint:

    Kinder und Jugendliche können viele Elemente ihres Charakters und ihres Geschmacks gegen die Eltern/Lehrer oder gemeinsam mit den Eltern/Lehrern bilden. Nur ganz selten bildet sich das Interesse an Bildung und Büchern in einer Umgebung heraus, die diesen Dingen feindselig oder gleichgültig gegenübersteht.
    Ich kenne aus meiner näheren Verwandschaft einen älteren Herren, in dessen Elternhaus außer der Bibel und notgedrungen den Schulbüchern faktisch nichts gelesen werden durfte (die Familie gehörte einer religiösen Sondergemeinschaft an). Er hat sich seine ganz außergewöhnliche Bildung auch heimlich erworben. Aber meiner Meinung nach ist das eine große Ausnahme und nur Menschen mit einem außergewöhnlich festen Charakter können auf diese Weise wachsen.

  6. gaga meint:

    höchste eisenbahn, dass jemand dem entzückenden kinderfoto da oben lobhudelt. schöne aufnahme, schönes kind, schöner augenblick (jetzt hätte ich fast augenklick getippt – auch wahr)

  7. kid37 meint:

    Hier kämpfen ja zwei Themenfäden munter gegeneinander an. Zur Güte möchte ich vorschlagen, daß man seinen Lesestoff auch heimlich unter der Casting-Couch deponieren kann…

    Unter uns Arbeiterkindern war Lesen auch immer verdächtig. Für Jungs eher noch mehr.

    So richtig sympathisch wirkt Clooney auch in FDTD nicht, finde ich. Oder in diesem “Safecrackers”-Film. Immerhin steht ihm das graue Haar besser als dieser komische Mop auf dem Kopf.

  8. die Kaltmamsell meint:

    Dankeschön, Frau Gaga. Ich wollte auch, dass das Bild genau dieses ausstrahlt.
    Leider fürchte ich, die fotografierende Mutter wollte lediglich einen Beweis festhalten, wie faul und gemein hre Tochter ist: Faul, weil ich schon wieder lese, statt irgendwas Nützliches zu tun. Gemein, weil vor dem Tisch – weggeschnitten – mein kleiner Bruder steht, Spielzeug auf den Tisch gelegt hat, um mich dazu zu bewegen, mich mit ihm zu beschäftigen. Und ich ignoriere ihn hartnäckig.

  9. blue sky meint:

    Waren Sie wirklich so brav, wie uns das Foto glauben machen möchte? :-)

  10. a.more.s meint:

    Ich glaube, lesend sieht sogar rumble-tumble-tough blue sky völlig brav aus – nie sieht man Menschen friedlicher als beim Lesen… oder im Schlaf… insofern ist doch etwas Vorsicht geboten, beim Anblick lesendender bzw. schlafendender Menschen Rückschlüsse auf ihre wahre Persönlichkeit zu ziehen… :-)

  11. 3rd, male meint:

    Ich lese auch viel. Aber ich bekomme meine Bücher immer geschenkt. Zu Weihnachten viele Bände mit Cairo Jim und viele Bände von Josef Carl Grund. Beim Zmorgen darf ich immer lesen, beim Zmittag darf ich meistens lesen. Beim Znacht leider nie. Wenn wir etwas Interessantes reden und ich kein spannendes Buch habe, macht es nichts. Wenn ich das habe oder das neue Micky Maus gekommen ist, hasse ich es. Liebe Grüsse!

  12. Mike meint:

    Schön zu hören, daß es jemandem in seiner Kindheit genau so ging wie mir. Wobei Lesen bei meinem Vater sicherlich einfach nur als Faulenzen abgestempelt wurde, während es bei meiner Mutter schon differenzierter war. Zum einen kam sie mit meiner ständigen Nachfrage nach neuen Büchern nicht zurecht, was sie oftmals mit einem simplen “Du hast doch schon so viele Bücher, lies die doch nochmal” quittierte.

    Zum anderen war es ihr irgendwie unheimlich. Da starrte ihr ältester Sohn stundenlang auf Papierseiten ohnen einen Ton von sich zu geben. Mit dem stimmt doch irgend etwas nicht. Das endete leider all zu oft in der Aufforderung doch mal wieder mit den Nachbarskindern (schreckliche Blagen) spielen zu gehen.

  13. die Kaltmamsell meint:

    Ich sehe schon, kid und Mike, da draußen gab es ähnliche Eltern. Meiner Mutter war nicht mein Lesehunger unheimlich (das sah sie als simple Vergnügungssucht), sondern mein Tempo. Der halbmeter-hohe Bücherstapel, den ich sonntags aus der Pfarrbücherei heim brachte, war meist bereits am Mittwoch weggelesen. “Du frisst die Bücher ja!” warf meine Mutter mir vor. “Da kannst du ja gar nichts mitbekommen.”
    Als ich Literaturwissenschaft studierte, konnte ich ihr endlich die Bücher, die ich mittlerweile auch auf Englisch im selben Tempo fraß, unter die Nase halten, und ihr anhand der zahlreichen Randnotizen beweisen, dass ich sehr wohl etwas mitbekam.

  14. Ludovika meint:

    Oh, du hast Literaturwissenschaften studiert- und hopp, in meine Blogroll!
    Gruß von Lu

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