Der Mega-Nerd, klapperdürr, weißer enger Rolli, Blutflecken auf dem Rollkragen, die bereits braun sind. Aber ganz sicher Blutflecken: Seine hohlen Wangen und das Kinn sind übersät mit Rasierschnitten, die sich auch über den sichtbaren Teil des Hühnerhalses ausbreiten. Früh-ältlich, natürlich mit schütteren blonden Haarflusen und einer dickglasigen Nickelbrille. Nach einem „Hallo“ sagt er erst mal gar nichts, schiebt nur einen bunten Tintenstrahl-Ausdruck seines Lebenslaufs über den Stehtisch in meine Richtung.
Die große, sehr schlanke Frau mit russischem Namen auf dem Schild am Revers, chinesischen Gesichtszügen, von Stirn bis Kinn und von Ohr zu Ohr voller Sommersprossen, schwarzer Pagenkopf.
Der Jungmann, zu dem mir während des Gesprächs unaufhörlich das Attribut smarmy* durch den Kopf geht, dessen Freundlichkeit eine unerschütterliche Selbstüberzeugtheit enthält, die ich hauptsächlich von religiösen Fanatikern kenne. Und – bingo! – er kommt von der einen bayrischen Wirtschaftsfakultät, woher ich ihn bereits nach den ersten Worten vermute.
Der schratartig vollverhaarte Nicht-mehr-so-jung-Mann in hellgrünem Dreiteiler, der nach kurzer und konfuser Einleitung A0-große selbsterstellte Poster ausrollt. Dessen Arme zu kurz sind, um sie mir ganz vor die Nase zu halten, und der deshalb zum Ausbreiten auf den Hallenboden ausweicht.
Ein fröhlicher Inder, der seit seiner Jugend davon geträumt hat, genau hier zu sein, genau dieses Gespräch zu führen. Und der genau der ist, von dem mein Arbeitgeber träumt. Wir wollen vor lauter gegenseitiger Begeisterung schier nicht auseinander gehen.
(Zum ersten Mal als echtes Standpersonal auf einer Messe. Sieben Stunden – zwei Unterbrechungen zum Wassertrinken – nur mit erhobener Stimme geredet, alle paar Minuten mit einem anderen unbekannten Menschen. Die bestialischen Halsschmerzen am Abend kamen glücklichereweise nur von einer offensichtlich falschen Sprechtechnik, nicht von einem Infekt.)
*nein, ich weiß keine deutsche Entsprechung, die auch noch exakt nach dem klingt, was sie bezeichnet