(Spoilerfrei, versprochen.)

Erst mal: Ich liebe Emma Thompson. Der erste Film, in dem ich sie gesehen habe, war Henry V., die epochemachende Shakespeare-Verfilmung ihres Cambridge-Kommilitonen und späteren vorübergehenden Ehemanns Kenneth Branagh. Dort spielte sie herzerweichend komisch, süß schelmisch (und, wie ich später verdutzt feststellte, mit Perücke) die französische Prinzessin Katherine. Ihren davor veröffentlichten Film The Tall Guy mit Jeff Goldblum sah ich erst später, ich glaube sogar nach Dead Again, der trotz vieler Schwächen zu meinen Lieblingsfilmen zählt. Am liebsten aber mochte ich sie in Peter’s Friends, in dem sie im Kreis ihrer Real-Life-Kumpel eine schrullige Verlagsangestellte mit Hippietendenzen spielte.
Diese Schrulligkeit, wenn auch trauriger, kommt in der Rolle der Kay Eiffel wieder zutage, die Emma Thompson in dem wundervollen, schrägen Film Stranger than Fiction spielt: Eine erfolgreiche, aber von writer’s block geplagte Romanautorin, die zu ihrer Bestürzung feststellt, dass es den Helden ihres entstehenden Buches wirklich gibt.
Ihre Bestürzung wird nur übertroffen von der eben dieser Romanfigur: Harold Crick, ein Steuerbeamter, der von einem Augenblick auf den nächsten sein Leben nicht nur von einer weiblichen, allwissenden Erzählerstimme begleitet hört, sondern von dieser Stimme auch erfahren muss, dass er in absehbarer Zeit stirbt. (Warum mir der Darsteller, Will Ferrell, so vertraut war, enträtselte mein Kinobegleiter: Er spielt den altfaschistischen, durchgeknallten Drehbuchschreiber im Mel-Brooks-Filmmusical The Producers.)
Im Nachhinein habe ich mich gefragt, ob der Film jemandem überhaupt großen Spaß machen kann, der sich noch nie für Literartur oder Erzähltechniken interessiert hat. Die Antwort: sehr wohl. Denn wenn Harold mit Hilfe eines Literaturprofessors versucht herauszufinden, ob die Geschichte, in der er da offensichtlich steckt, eine Kommödie oder eine Tragödie ist, braucht man die Kriterien dafür nicht im Detail zu kennen, um die Tragweite der Unterscheidung für Harold zu erfassen. In der Rolle des überraschend realistisch gezeichneten Professors: Dustin Hoffman, nicht nur großartig und ungewohnt underplayed, sondern endlich mal so kleingewachsen gezeigt, wie er halt ist.
Der Film wiederum ist eindeutig eine Kommödie, mit tiefem Griff in die Verfremdungskiste produziert: Mit übers Bild gelegten Computergrafiken, futuristischen Büro-Sets und der Sprachmuster sezierenden Off-Sprache wirkte vor allem der Anfang wie ein Werk von Douglas Adams. Das Drehbuch ruht sich eben nicht auf der Grundidee „Mann entdeckt, dass er Figur in einem Roman ist“ aus, sondern liefert liebevoll immer wieder an der Idee aufgehängte oder einfach so unvermutete Details – mal erzählt, mal gezeigt.
Meine persönliche Schauspielerinnenentdeckung: Maggie Gyllenhaal, die Ana Pascal, Besitzerin einer märchenhaften Patisserie, spielt – einerseits „niedlich“ (so bezeichnete mein Begleiter sie, der auch die junge Meg Ryan sehr attraktiv findet), andererseits klug und aufmerksam. Erst im Abspann erfuhr ich, warum mir der esoterische Personalchef so bekannt vorkam: Tom Hulce ist gut gealtert.
Wundervolles Drehbuch, perfekter Erzählrhythmus, leckerste Kekse (bittebitte veröffentlicht als Merchandise ein Backbuch zu diesem Film mit den Rezepten der Kuchen, Keksen, Torten, die man in Anas Café rumstehen sieht!) – eine echte Gemme.
(Und wenn mir jemand berichten könnte, wie die deutsche Übersetzung die „I brought you flours“-Sequenz bewältigt hat, wäre ich sehr verbunden.)