Archiv für Oktober 2008

Zurück im Hier und Jetzt

Samstag, 18. Oktober 2008

Da meine Urlaubsfotos alle sind, muss die Vorspeisenplatte wohl ins Hier und Jetzt zurückkehren.

Von dort gibt es zu vermelden:

– Man darf Zimmerpflanzen auch dann wegwerfen, wenn sie noch grüne Stellen haben. Es hat lange gedauert, bis ich das erkannte; nunmehr bin ich von zwei ziemlich großen, halb kahlen, hässlichen Benjaminen befreit.

– Diese Befindlichkeitsentwicklung über wenige Stunde muss mir erst mal jemand nachmachen: Eine berufliche Abendveranstaltung, ich fühle mich gut und attraktiv – freue mich, dass ein berühmter, interessanter Mann intensiv und lange mit mir fachsimpelt – merke, dass er mich nicht etwa für eine ebenbürtige Gesprächspartnerin hält, sondern lediglich attraktiv findet – bin enttäuscht, fühle mich klebrig und schleiche mit hängendem Kopf heim.

– Ich erarbeite mir grundsätzliche Fertigkeiten in Mousse-Herstellung, auf dass ich damit beliebige Geschmacks- und Texturvarianten erstellen kann.

– Die populäre Anweisung, jeden Tag zu leben, als wäre er des Lebens letzter, soll vermutlich Unternehmungslust, Tatendrang, zumindest aber Genussbewusstsein fördern. Ich hingegen säße am verlässlich letzten Tag meines Lebens tumb im Sessel, selbst dadurch entstehende Verspannungen wären egal, da ihr Ende absehbar wäre. Nur gegen drückende Harnblase, Mastdarmalarm oder Hungerschmerzen täte ich was. Denn, und mit dieser Ansicht kann ich unmöglich allein sein, wir tun doch nur Dinge und denken uns ständig neue aus, suchen nach Interessen oder Zielen, um die Zeit bis zu diesem letzten Tag rumzukriegen, an dem endlich nichts mehr zu tun ist.

– Die Kollegin wundert sich, dass ihr diesmal der Vollmond überhaupt nichts ausgemacht hat: „Komisch, manchmal schlafe ich bei Vollmond schlecht, manchmal nicht.“ Ich bin sehr stolz auf meine Toleranz, weil ich sie nicht darauf hinweise, dass es mit anderen Worten schlicht keinen Zusammenhang zwischen ihrem Schlaf und dem Mondstand gibt.

– Morgen bringe ich meiner Mutter (danke, wirklich gut, die Strahlentherapie hat allerdings ein Eckchen Lunge beschädigt) nachträglich ihr Geburtstagsgeschenk. Darunter ein wenig von einem wundervollen Duschgel von L’Occitane, das durch und durch nach Provence riecht. Um dieses umzufüllen (meine Mutter hat überhaupt nichts für besondere Körperpflegeprodukte übrig und tendiert dazu, edle solche, die sie geschenkt bekommt, dekorativ verstauben zu lassen, deshalb schenke ich ihr nur ein Probefläschchen), muss ich heute noch eine Spritze oder Ähnliches auftreiben.

Zum Abschluss blaue Küste

Freitag, 17. Oktober 2008

Vielleicht hat mir Nizza ja deshalb auf Anhieb zugesagt, weil es von Engländern erfunden wurde.

Morgendlicher Dauerlauf auf der Promenade des Anglais (!), einmal Flughafen und zurück. Dass der Flughafen von Nizza bequem zu Fuß zu erreichen ist, prägt leider auch die Geräuschkulisse.

Die Altstadt ist sehr lebendig und sehr entzückend.

Vielleicht wurde Nizza in Wirklichkeit von Juden erfunden: Auf den Grabsteinen des jüdischen Friedhofs stehen Namen aus der halben Welt und über 100 Jahren.

Der Eisdielen-Tipp von Nicky war ein Volltreffer: links Lavendeleis (mein Favorit), oben Avocado, unten Feige.

Dass Speisen und Getränke bei den Nizzanern wertgeschätzt werden, leite ich allein schon an dem Umstand ab, dass auch der kleine Eckladen frisches Bouquet garni anbietet.

Wir erjagten sogar eine Reservierung in La Merenda (beim mittäglichen Vorbeigehen für Abends), fühlten uns beim Essen allerdings ein wenig wie im Krieg. Der Raum ist so winzig, dass zwischen den Tischen nicht mal eine Hand breit Platz ist; man sitzt mit den Essern am Nachbartisch buchstäblich Ellbogen an Ellbogen. Die meisten Gäste kamen aus dem Ausland und schienen vor allem hier zu essen, um es in dieses Lokal geschafft zu haben – jede Erwähnung des Restaurants betont, dass es kein Telefon hat und dass es deshalb ganzganz schwierig ist, einen Platz zu bekommen. Alle fünf Minuten ging die Tür, weil wieder jemand nach einem Tisch für diesen Abend fragte und vom Kellner knapp und routiniert abgewiesen werden musste. Die Dame am Tisch neben uns (Rheinländerin?) war offenbar von ihrem Begleiter hierher gebracht worden, ohne dass er sie über die Art der angebotenen Speisen informiert hatte: Sie fand alles auf der handgeschriebenen Karte (eine Tafel, die von Tisch zu Tisch gereicht wird) eher eklig, nicht nur Blutwurst und Ochsenschwanz, sondern auch Coppa und Salat mit frischen Feigen, und war reichlich beleidigt. Ihr Begleiter sah sich ständig peinlich berührt um und kicherte hysterisch, flüsterte ihr eindringlich zu, dass der Wirt hier doch früher im Negresco gekocht habe, man also bei einem Fast-Sterne-Koch sitze und dass man doch eigentlich hier überhaupt nie einen Platz bekomme. Das beeindruckte die Dame nicht. Als sie ausgerechnet im Gericht mit tripes ihre Rettung sah, warf ich mich dazwischen und wies sie darauf hin, dass es sich um Kutteln handle, also Kälbermagen. Die Dame erbleichte und bestellte Nudeln mit Pesto.
Die Kutteln waren sehr gut, ebenso die Blutwurst mit Äpfeln und Stampfkartoffeln, die frittierten Zucchiniblüten, der Salat mit Feigen und der Strudel zum Nachtisch. Wir haben den Kellner sogar einmal lächeln sehen. Aber ein entspanntes Abendessen war das definitiv nicht.

Sehr gut hat mir die örtliche Spezialität Socca geschmeckt: Ein Fladen aus Kichererbsenmehl, Wasser, Salz, Olivenöl, den wir uns am Markt in Antibes holten.

Ebenfalls aus Antibes: ein Hinweis, was zur Bezeichnung „Côte d’Azur“ geführt haben mag

À bientôt, unbedingt.

Provenzalische Details

Donnerstag, 16. Oktober 2008

Nochmal ein Schwung Provence – dann fehlt nur noch Nizza.

Wilde Kirchenmalerei in Gordes (hätte ich bitte gerne auf einem T-Shirt)

Avignon

Als wertvoller Tipp eines Kollegen stellte sich Simiane de la Rotonde heraus: Verlassen liegt das Örtchen an einem Berghang, die meisten Gassen für Autos zu eng. Das einzige Café am Platz war geschlossen; wo die Einwohner um diese Zeit waren, roch man, unterstrichen von Geschirrklappern: beim Mittagessen.

Ein letzter Blick vor dem Verlassen der Gegend

In der Reihe: Joggingstrecken aus aller Welt

Dienstag, 14. Oktober 2008

Der Plan, an einem der Urlaubstage am Luberon um halb acht Uhr aufzustehen und vor dem Frühstück eine Runde zu laufen, hatte einen Haken, der mich überraschte: Ich hatte nicht etwa Probleme, um diese Zeit aus dem Bett zu kommen (Sie erinnern sich: das ist meine Superheldenfähigkeit) – doch es war noch stockfinstere Nacht. Das machte einen Lauf in unbeleuchtetem, unbekannten Gelände dann doch zu riskant.

Also ließ ich mich zurück in die Kissen fallen und zog eine Stunde später los – anstelle von Frühstück statt davor.

Der einzige Tag, der mit trübem Wetter begann

Gordes

Ein Netz verbundener Feldwege gab es nicht; ich lief Stichstraßen und querfeldein. (Kann es sein, dass die die langen, ineinaner mündenden Feldwege, die ich aus Bayern gewohnt bin, das Resultat der Flurbereinigung sind?)

Premiere für mich: Dauerlauf zwischen Weinstöcken

Das Abfackeln von Gartenabfällen ist hier ein verbreitetes Hobby.

Essen auf dem Wiedehopf-Bauernhof

Sonntag, 12. Oktober 2008

Schon beim Wandern durch den Camargue-Vogelpark wurde uns klar, dass wir erst am Abend in La Ferme de la Huppe ankommen würden. Wir wussten, dass man dort auch essen konnte, also meldeten wir uns fürs Abendessen an.

In dem kleinen, sehr behaglichen Restaurant reichte uns die junge Frau Bedienung die Karte, die nur ein Menü aufführte:
– kalte Tomatensuppe mit einem Ziegenfrischkäse-Basilikum-Nocken und Olivenöl
– Überraschung des Kochs (die sich als Ratatouille mit schwarzen Oliven und Safran herausstellte)
– Lamm in Kräuterkruste auf Zucchini-Rose
– Erbeeren und Melonen mariniert
– Karotten-Nuss-Orangekuchen mit Karotten-Orangen-Sorbet
Dazu empfahl uns Stefanie einen Chardonnay Vin de Pays d’Oc 2007.

Von da an kamen wir aus dem Staunen und Genießen nicht mehr raus. Jedes Gericht war eine weitere positive Überraschung, der Wein passte hervorragend, und wir mussten aufpassen, dass wir uns nicht schon an dem dazu gereichten, selbst gebackenen Brot satt aßen. Und so bemühten wir uns gar nicht erst, im Luberon weitere hervorragende Lokale auszumachen, sondern blieben in La Ferme de la Huppe und bei der Küche des Herrn Konings. Beim Frühstück legte man uns das Abendmenü vor und fragte uns, ob man uns einen Tisch reservieren solle. Wir machten nur einmal eine Ausnahme: Auf dem Markt in Apt hatten wir uns mit Käse und Oliven eingedeckt, also holten wir uns zum Abendbrot eine Flasche Wein, Brot vom Haus und Geschirr aufs Zimmer.

Der Chef der Ferme, Gérald Konings, konzentrierte sich auf Zutaten aus der Gegend und aus der Jahreszeit. Schade, dass er jetzt aufhört – was ihm nach 20 Jahren, in denen er täglich 16 Stunden in der Küche verbrachte (er kümmerte sich auch um unsere Spiegeleier zum Frühstück), wirklich gegönnt sei. Andererseits: Ob jemand, der 20 Jahre mit solcher Hingabe Speisen zubereitet hat, einfach aufhören kann? Ich setze darauf, dass er das nicht lange aushält.

Nachdem uns der Wein vom ersten Abend gar so gut geschmeckt hatte, boten wir an, die Leerung des Kellers vor der Geschäftsaufgabe zu beschleunigen und ein paar Flaschen zu kaufen. Das ging problemlos, auf diese Idee waren schon einige Stammgäste des Hotels gekommen: Im Weinkeller, einem klimatisierten Raum hinter der Küche, standen bereits einige Flaschenstapel zur Abholung bereit.

Nach dem Klick ein paar Fotos von den Köstlichkeiten der anderen Abende.
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Eine Entdeckung – und ein Abschied

Samstag, 11. Oktober 2008

Sehr gerne gäbe ich unsere Hotelentdeckung nahe Gordes weiter; meine Reisebegleitung hatte die Empfehlung von einem Berufskontakt bekommen: La Ferme de la Huppe. Nur ­­­­- die Wirtsleute, das herzliche Ehepaar Konings, haben das Anwesen verkauft, nächste Woche beginnen die neuen Besitzer den Umbau mit einem ganz anderen Konzept.

Hier ein paar Eindrücke von dem ehemaligen Bauernhof, dessen Räume zu sehr individuellen und liebevoll eingerichteten Gästezimmern gemacht wurden. Den provenzalischen Duft müssen Sie sich dazu denken, ebenso den gelegentlichen Mistral.
(Zum allabendlichen Menü, von Chef und chef de cuisine Konings zubereitet, sowie den Weinempfehlungen von Stefanie später begeisterte Details und Fotos.)

Blick aus dem Zimmer, in dem wir die ersten Nächte verbrachten.

Haupteingang zum ehemaligen Bauernhof.

Innenhof mit Feigen- und Olivenbaum.

Für ein Bad im Pool oder ein Frühstück draußen war es dann doch zu kalt. Schließlich befanden wir uns auf dem Land, und dort braucht der Tag ein paar Stunden, um sich aufzuwärmen, kühlt dafür bei Sonnenuntergang schnell ab.

Unser Frühstücksplatz im Restaurant.

Beute aus Südfrankreich

Freitag, 10. Oktober 2008

Feigenmarmelade (gar nicht einfach, eine zu finden, die wirklich nur aus Feigen und Zucker besteht)
Quittenmarmelade (dito)
Kastanienmarmelade
Lavendelhonig
Rosmarinhonig
Foie gras
kandierte Minzblattkrümel
Geleefrüchte
Pistazienmarzipan
Orangenmarzipan
französischer Nougat mit Lavendel
französischer Nougat „Praline“
Mimosensirup
Pain d‘Epice
Avarus Chardonnay Vin de Pays d’Oc 2007
(und das sind nur die Komestibilien)


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