Ein Tag wie aus einer Frauenzeitschrift

Mittwoch, 8. April 2009 um 8:32

Sonst hat mein Alltag sehr wenig mit den Themen in Hochglanz-Frauenzeitschriften zu tun.1 Mein gestriger Tag allerdings hätte dort prima hineingepasst.

Den Vormittag verbrachte ich mit Kuchenbacken. Nach einer Mahlzeit aus Orangen, Bananen und Hüttenkäse (ich habe derzeit einen ungeheuren Obst-Gieper) ging ich zur Kosmetikerin. Gesichtsbehandlungen kenne ich, diesmal aber gönnte ich mir zum ersten Mal im Leben auch Fußpflege. Einfach so. Weil ich Urlaub habe. Zunächst bekam ich ein mit Salzen versehenes und elektrisch gewurbeltes Fußbad. Dann beseitigte die Kosmetikerin Hornhaut mit elektrischen Bohrern und Feilen, bevor sie Nägel schnitt und Nagelhaut entfernte. Abschließend wurden meine Füße eingecremt. Sie fühlten sich so toll an und sahen so schön aus, dass ich sie eigentlich nie wieder in Schuhe stecken wollte.

Auch die ausgiebige Gesichtspflege genoss ich sehr. Diesmal hatte ich mir ganz fest vorgenommen mitzuzählen, wie viele verschiedenen Cremes, Milche, Masken und Tonics verwendet wurden, kam aber nach dem sechsten Durchgang durcheinander. Reinigungsmilch, Gesichtswasser, Peeling, Tonic, Gel, Dampf mit ätherischen Ölen, Serum, Massageöl, Gesichtswasser, Maske, Tonic, Creme – oder so ähnlich. Neu und besonders angenehm war mir, dass während des Einwirkens einer Maske Unterarme und Hände mit Creme massiert wurden.

Streichfähig entspannt nahm ich das nächste Projekt in Angriff: Jeanskauf. Um mit Hose UND intaktem Selbstwertgefühl heim zu kommen, steuerte ich den Konen an. Und kann hiermit berichten: Das Konen-Erlebnis funktioniert auch bei Jeans. Ich schilderte einer Verkäuferin inmitten von Jeansstapeln, so weit das Auge reichte, welche ich mir vorstellte: Bootcut (das heißt so und meint bequeme, gerade Hosenbeine), etwas tiefere Taille, dunkelblau, ohne Glitzer. Eins, zwei, drei hatte die Dame mir aus verschiedenen Stapeln einige Exemplare gezupft und führte mich damit in die Umkleidekabine. An dieser Stelle wird es immer kritisch: Was einem der Spiegel hier drin zeigt, kann jahrelange Psychotherapien zunichte machen. Aber, was soll ich sagen: Der Spiegel war sehr freundlich, keine der Jeans sah an mir entsetzlich aus, eine sogar richtig gut, und das zeitgenössische vanity sizing gaukelte mir vor, dass ich noch die selbe Jeansgröße trage wie vor 18 Jahren.

Eigentlich hätte das Frauenzeitschriftsfrauenstereotyp jetzt verlangt, dass ich in „Shopping“ ausbreche, bis ich mit fünf bis zehn Markentüten behängt seufzend in einem Straßencafé lande – aber das kann ich wirklich nicht. Außerdem hatte ich noch etwas vor: Zwei Stunden lustiges Steigen und Springen zu billiger Musik, genannt Stepaerobics. Welches ja doch wieder frauenzeitschriftkompatibel war.

  1. Apropos: Sein‘S ma net bös – der Tod der Amica war ja wohl eine Erlösung. Als sie ihrerzeit (Anfang 90er?) die Szene betrat, war ihr Konzept erfrischend: Sehr Heul-nicht-tu-was!-feministisch, voll Lebensfreude und neuer Magazinideen, komplett diätfrei, mit abgefahrenen Fotos – typisch damalige Milchstraße halt. Ich identifizierte mich sehr mit dem dargestellten Frauenbild. Burda machte daraus ein Hochglanz-Modeheft mit dem Tiefgang eines Papierschiffchens. []
die Kaltmamsell

11 Kommentare zu „Ein Tag wie aus einer Frauenzeitschrift“

  1. Ms K meint:

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    Genau!

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  2. Helga meint:

    Vanity sizing hin oder her – selbst wenn man weiß, wie es funktioniert: eine passende Jeans in der magischen Größe (definiere jeder für sich selbst) rettet mehr als einen Tag…

  3. Cecily meint:

    Klasse Tag! :-) Für die 100%ige Frauenzeitschriftskompatibilität fehlte allerdings noch der Sex mit einem jüngeren Mann unter Verwendung einiger aktuell angesagter Techniken.

  4. kittykoma meint:

    vanity sizing funktioniert bei mir nicht. ich bin grundsätzlich mißtrauisch, wenn mir jemand schmeicheln will.
    das mit amica…nun ja. ich war immer eher der allegra-typ, nicht zuletzt wegen des s/w-fotos auf dem cover. (anfang der 90er gabs so etwas auch schon mal, hieß style, glaub ich und hatte nur 11 ausgaben)
    amica fand ich früher frech und lustig, das war die zeit, als madonna noch cool und kinderlos war. zur identifikation hat es nie gereicht, ich war alleinversorgende mutter mit jüngerem freund und neugegründeter firma. die themen tolle cocktails, tolle typen, tolle klamotten, toller sex waren nicht so ganz meine.

  5. KochSchlampe meint:

    Ich kann vanity-sizing nicht leiden.
    Je größer die Standardgrößen geschnitten werden, desto schwieriger wird es, passende Kleidung zu bekommen. Und die Uneinheitlichkeit der Marken sorgt dafür, dass ich immer weniger weiß, welches denn nun wirklich meine Größe ist…

    Abgesehen davon, klingt es nach einem beneidenswert entspannten Tag!

  6. kid37 meint:

    Ich darf’s nicht sagen, aber Sie haben recht.

  7. dievommond meint:

    “Zwei Stunden lustiges Steigen und Springen zu billiger Musik, genannt Stepaerobics.”

    klasse!

  8. Indica meint:

    Sie haben also “Ich packe mein Gesichtsbehandlungsköfferchen…” gespielt. Weitere 20 Jahre und Sie werden sich die 27 Prozeduren und Produkte fehlerfrei merken können.

    Die Milchstraßen-Amica war wirklich gut am Anfang, besonders mochte ich Praschl&Winnemuth in Verkleidung in Kolumne (später wurden sie aus Sparsamkeitsgründen gezeichnet). Als bekennende Frauenzeitungsleserin (nichts entspannt mehr als sinnbefreites Tun) bleibt im Qualitätssegment leider nur Frau Brigitte mit Ihren Line-Extensions übrig. Na ja, und auch dort ist der Wille zur Kreuz-und-Quer-Vermarktung recht auffällig und missfällt mir schon.

    Herrlich, Sie im Frauenzeitschriftentag! Genießen Sie die freien Tage und lassen Sie uns, bitte, daran teilhaben.

  9. dyfa meint:

    Hilfe, Frau Kaltmamsell! Was ist aus dir geworden! Das kann nur das Ergebnis einer Gehirnwäsche sein! ;-) Apropos Frauenzeitschriften: Ich habe mal im Rahmen meines Soziologiestudiums ein paar von den Dingern analysiert und danach entsetzt den Kauf von Frauenzeitschriften dauerhaft eingestellt. Ich lese sowas nur noch beim Friseur oder Arzt, wenn gar nichts anderes zur Verfügung steht.

  10. kittykoma meint:

    ja, brigitte ist auch nicht mehr das, was sie mal war.

  11. mrsneuwalker meint:

    Danke für den Tip! Sooo viel Spaß muß ein Jeanskauf machen. Hab mir ganz freiwillig statt einer geplanter gleich drei bei Konen gekauft. Ist mir in Berlin noch nie passiert.

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