Von diesem „Auf-seinen-Körper-Hören“ habe ich noch nie besonders viel gehalten. Das mag allerdings daran liegen, dass mein Körper entweder mit starken Akzent spricht oder mich nach Strich und Faden belügt. So behauptete ja dieser mein Körper vergangenes Wochenende, er sei trotz angeschlagener Bronchien absolut fit genug fürs Schwimmen: Ich spürte sein kräftig schlagendes Herz und das freudige Strahlen in der Magengegend beim Gedanken an geschmeidiges Bahnenziehen im Olympiabad.
Olympiabad klappte schon mal nicht, dafür allerdings konnte mein Körper nichts: Am Sonntag war es für Leute reserviert, die so gut schwimmen, dass andere Leute Geld dafür zahlen, ihnen zuzugucken. Also dann doch Nordbad. Das große Becken war so voll Schwimmer, wie ich es noch nie gesehen hatte; dennoch öffnete das Personal die Sprungtürme. Beste Voraussetzung für geballten Grant über zu langsame Schwimmer, zu schnelle, zu lang an Beckenrändern hängende. Erstmals sah ich die sonst männlichen Hosenröcke an Frauen: Zwei sehr junge solche trugen sie in Schwarz und sogar über Knielänge. Nein, es handelte sich nicht etwa um Burkinis / Bodykinis; dafür waren ihre Oberkörper entschieden zu unzüchtig bekleidet.
Irgendwann gab ich es auf, die Bahnen zu meiden, in die die Kinderlein sprangen: Selbst wenn, so fauchte ich in mich hinein, eines davon mir das Kreuz bis zur Querschnittslähmung bräche, bliebe mir immer noch genug Kraft in den Armen, es unter Wasser zu drücken, bis es ertränke. Und dann, grantelte ich weiter, könnte ich mein Restleben als verurteilte Totschlägerin im Rollstuhl in einer Gefängniszelle verbringen, Ulysses und andere mühsame Werke der Weltliteratur bezwingend. Jedem seine ganz spezifischen Rachefantasien.
So beflügelt mochte mein Körper nach 3000 Metern gar nicht aufhören mit dem Bahnenziehen. Und hängte ohne jede Anstrengung 500 zusätzliche Meter dran. Der Depp, der verlogene.
Nun zwinge ich ihn zu einer ganzen Woche kompletter Sportlosigkeit. Da mag er mir noch so zuflüstern, dass ihn Krafttraining doch kein bisschen belastet, wo ich doch heute Abend eh beruflich in der Nähe der Muckibude bin. Ich höre einfach nicht hin. (Und bastle an einem ausgefeilten Sportprogramm für meinen nächsten Montag beginnenden Urlaub.)