Bilder diesmal am Ende des Eintrags
Sie kennen das vielleicht: Nach einem harten Tag sind Sie angespannt und verärgert, greifen daheim zu dem Alkohol Ihrer Wahl, um möglichst schnell aus dieser Stimmung herauszukommen. Sobald der Alkohol in Ihrem System ankommt, entspannen Sie schlagartig und werden heiter. Diese Wirkung hat Brighton auf mich.
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Morgens Richtung Marina losgelaufen, bereits Bilder von den Ausblicken auf dem Undercliff Walk vor Augen. Doch dann die große Enttäuschung: Am Zugang standen Gitter und Baumaschinen, das Tor war versperrt. Als ich mir die Schilder am Bauzaun genauer ansah, erfuhr ich allerdings, dass lediglich das erste Stück des Undercliff Walks an der Marina wegen Renovierung gesperrt ist. Die ausgeschilderte Umgehung bot mir ganz neue Ansichten, darunter einen kleinen Fischerhafen und einen Panoramablick auf die feine Mädchenschule Roedean.
Mir gingen Ideen für eine Auswanderung nach Brighton durch den Kopf: Eine Tcherman Bakery eröffnen, in der Apfelstrudel und Amerikaner verkauft werden, Mohngebäck, Rohrnudeln, Schwarzwälder-Kirsch-Torte, Linzer Torte etc., zu Weihnachten Lebkuchen, Stollen und Plätzchen. Es gäbe einen kleinen Café-Bereich, in dem eventuell auch Mehlspeisen wie Kaiserschmarrn und Dampfnudeln serviert würden. Als stundenweise Aushilfsbedienungen nähmen wir deutsche Erasmus-Studenten und -Studentinnen, die wir per Aushang an der Uni suchen, „strong accent preferred“. Realistischer wäre es natürlich, schon jetzt mit dem Sparen auf einen Alterswohnsitz in Brighton zu beginnen.
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Morgenkaffee in einem netten Café. Wir mäanderten durch den Teil von Hove, der nicht direkt am Meer liegt. Angezogen von einer auffallenden Typo auf einem Schild entdeckten wir den architektonisch hochinteressanten Wohnblock Furze Croft, der sehr nach 20er/30er-Jahren aussah: Dreiflügelig mit großen, kleinteiligen weißen Metallfenstern, von denen einige durch gebogenes Glas Bay Windows imitierten. Tatsächlich handelt es sich um ein Art-Deco-Gebäude aus den 30ern. Dann sahen wir, dass hinter diesem Furze Croft ein Park beginnt, von dem wir noch nie gehört hatten: St. Ann’s Well Park. In dem wir Plakaten entnahmen, dass dort gestern ab Mittag ein Stadtteilfest angesetzt war, einschließlich Hundeschau. Das nahmen wir uns sofort vor.
Erst mal aber gab es Sunday Roast in der Farm Tavern. Sie war mir sofort sympathisch wegen des Carrom-Brettes an der Wand – nicht dass ich in meiner Jugend je Carrom gespielt hätte, aber im Bürgertreff meiner Geburtsstadt hatte man das in meinen Kollegstufenjahren sehr, und mein bester Freund war ein echter Meister. Was ich dem Reisebegleiter (Spielespieler) auf sein verwundertes „Woher kennst DU Carrom?“ erzählte.
Der Sunday Roast war ausgezeichnet: Ich hatte lokales Lamm aus den South Downs, der Begleiter Rind, beide bekamen wir dazu Yorkshire Pudding, Ofenkartoffeln und Pastinaken-Chips sowie fünferlei Gemüse (Brokkoli, Karotten, nelkenlastiges Blaukraut, Rübenmus, Blumenkohl) und Gravy. Zu meinem Lamm servierte man natürlich Mint Sauce. Sunday Roast im Pub ist in den letzten Jahren gerade bei jungen Leuten wieder sehr beliebt geworden. Ich fragte mich, ob das mit Sonntagsbraten im Wirtshaus in München auch funktionieren würde – wenn das eine oder andere besonders angesagte Brunch-Lokal statt dessen „Sonntagsbraten wie bei Mutti – nur ohne Mutti“ anböte?
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Das Stadtteilfest im Park war herzerfrischend: Wegen der Hundeschau auf der zentralen Wiese waren sehr viele solche anwesend, zu meiner Überraschung hörte man sie aber praktisch nicht. Die Wauzis in allen Formen und Größen waren natürlich angeleint und allesamt gelassen aufmerksam. Die Atmosphäre war rundum angenehm, die Leute hatten Picknicks dabei. Die ebenfalls zahlreichen Kinder wurden mit Urzeittöpfern und Schminken unterhalten, in einem Eck hatten Angestellte des Brighton umgebenden South Downs National Park ein kleines Gehege mit Schafen aufgebaut, die gestreichelt werden konnten und zu denen Infotafeln über den Nutzen von Weideschafen aufgestellt waren. An Ständen wurde Selbstgemachtes verkauft, ich holte mir Orange Curd mit Cointreau, Brombeergelee und Crab Apple (Leo übersetzt Holzapfel) Jelly.
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Wir schlenderten zum größten Kino in Brighton, unter anderem vorbei an der neuen Synagoge (mal nach der alten in Brighton sehen, die letztes Jahr hinter Baugerüsten verborgen war) und einem Hare-Krishna-Zenter, auf dessen Gartenmäuerchen Äpfel lagen, dabei ein Zettel, sie seien schmackhaft und aus eigenem Anbau, man möge sich einfach bedienen.
Im Kino gab’s The Sorcerer’s Apprentice: In lustig ertrage ich Nicolas Cage ganz gut, die Geschichte hatte einige Highlights, der Begleiter erklärte mir die Anspielungen auf Fantasia (eine der gähnendsten Lücken in meiner Filmbildung).
Dann waren wir schon wieder hungrig (die Seeluft!) und aßen im Strandrestaurant Due South eine Vorspeisenplatte namens Picknick.
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Ruhiger Abend im Apartment mit Lesen und Fernsehen.
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Der Zugang zum Undercliff Walk – versperrt.
Fischerhafen in Brighton Marina.
Undercliff Walk unter Rodean.
Art-Deco-Entdeckung.
Sunday Roast in Farm Tavern.
Brunswick Stadtteilfest in St. Ann’s Well Park.
Meine Beute.
Picknick im Due South. Links oben in den Gläschen Whelks, dann im Uhrzeigersinn geräucherte Hähnchenbrust, eingelegte Oliven, Blattsalate, geräucherter Wolfsbarsch, gebratenes Gemüse, Ententerrine, dazu ausgezeichnetes Weizenbrot, für den Begleiter ein Ginger Beer, für mich Ale.