Journal Mittwoch, 27. April 2011, Brighton-Ausgabe

Donnerstag, 28. April 2011 um 11:31

Hier sollte eigentlich die Geschichte stehen, wie ich endlich zum ersten Mal Blut spendete. Denn Sie erinnern sich vielleicht: Ich darf in Deutschland kein Blut oder Knochenmark spenden, weil ich zur falschen Zeit ein Jahr in Wales studiert habe.

Wie sehr freute es mich also, als ich auf einem Plakat entdeckte, dass der National Health Service (NHS) für Mittwoch, 27. April, in Brighton zum Blutspenden aufforderte – die mobilen Blutspendestationen stünden am Race Course bereit. Ich hätte es mir nie verziehen, diese Gelegenheit verstreichen zu lassen.

Aber.

Dabei war ich SO kurz davor: Saß bereits im Blutspendemobil, hatte bereits vorschriftsgemäß die Informationen gelesen und ein Formular ausgefüllt, das mir und meinen Daten für die nächsten 30 Jahre einen Platz in der Blutspendedatei des NHS sichern würde, hatte zudem einen großen Becher Wasser getrunken, wie man mir geraten hatte. Da stellte sich heraus, dass ich einen festen Wohnsitz im Einzugsgebiet des NHS brauche, um Blut spenden zu dürfen. Denn, so erklärte man mir und dem Begleiter (der aus denselben Gründen in Deutschland kein Blut spenden darf), sollte es irgendwas an unserem Blut zu beanstanden geben, müssten wir im United Kingdom erreichbar sein. Nein, eine E-Mail-Adresse reiche nicht.

Ich war furchtbar enttäuscht: Nirgendwo auf der Welt will man mein Blut haben. Dabei lebt die echte Medizin doch vom System freiwilliger Blut- und Organspenden! Die NHS-Angestellte versuchte mich damit zu trösten, dass vielleicht auch in Deutschland die Blutspenden bald auf CJD (Creutzfeldt-Jakob Disease) getestet werden können. Nee, widersprach ich mutlos, es ist sicher billiger, einfach weiterhin die bisherigen Risikogruppe von Blut- und Knochenmarkspenden auszuschließen.

Zefix.

§

In jeder freien Minute, die ich nicht mit Gegend gucken verbringe, lese ich sehr gefesselt Steinbecks East of Eden. These: Es hat gute Gründe, wenn ein Roman zum Klassiker der Weltliteratur wird.

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Mittags Dim Sum, dabei zum ersten Mal Entenzungen gegessen. No ja, brauche ich nicht unbedingt nochmal.

Einkaufsliste abgehakt (u.a. Redroaster Kaffeebohnen, Pimm’s und M&S-Strümpfe für Mutter), durch North Laine gebummelt. Als ich auf ein schönes Jacket im Schaufenster deutete, verschwand der Begleiter für lange Zeit in dem kleinen Laden mit Herrenbekleidung (ich verbrachte sie an die Hauswand gelehnt mit Lesen). Heraus kam er mit dem Jacket und zwei Hemden sowie spannenden Geschichten über den Ladenbesitzer Luigi.

die Kaltmamsell

7 Kommentare zu „Journal Mittwoch, 27. April 2011, Brighton-Ausgabe“

  1. generator meint:

    Ach, Frau Kaltmamsell, verständlich, dass man sich ungern ausgegrenzt fühlt. Aber so ganz will mir die Attraktion des Blutspendens für Sie auch nicht einleuchten. Mir geht es aus unähnlichen Gründen ähnlich. Ich darf kein Blut und keine Organe spenden wegen einer längst vergessenen Infektion. Aber ich möchte auch niemandem meine Niere aufdrängen, wenn das in irgendeiner Weise auch nur die Möglichkeit einer Gefahr darstellt.

    Könnte man statt Blut zu spenden nicht irgendeinen anderen Ablass geben, zwecks Verbesserung der Welt und des eigenen Weltverbesserergewissens?

  2. stattkatze meint:

    Liebe Kaltmamsell,

    Die Welt kann gut auf dein Blut verzichten, bitte glaub mir das. Deine gute Absicht reicht völlig. Auf deine Reiseberichte verzichten wollen wir hingegen eher nicht. Bitte glaub mir auch das. Es gibt keinen Weltrettungsauftrag. Die Welt ein wenig menschlicher zu machen, ist schon ziemlich viel. Jeder gibt, was er hat.

    Du gibst sehr viel.

    Cat

  3. Buchfink meint:

    Mein Blut will auch keiner, wegen einer vor Jahrzehnten ausgeheilten Infektion. Ich habe aber vor den Jahrzehnten mal einer Bekannten Blut gespendet für eine Direktübertragung. Leider ohne Erfolg- die Arme erlag kurz darauf ihrer Leukämie.

  4. die Kaltmamsell meint:

    Sie sind sehr freundlich, und Ihre Beispiele spenden mir tatsächlich Trost. Danke.

  5. joriste meint:

    Verehrte Kaltmamsell
    mir geht es wie Ihnen: wegen eines mehrjährigen Englandaufenthaltes vom Blutspenden ausgeschlossen. Nun war ich aber noch Mitglied in einer Knochenmarkspenderdatei. Dort habe ich mich wegen eines Adresswechsels telefonisch gemeldet und gleich noch meinen Verbleib in der Datei wegen des Englandaufenthaltes erfragt. Man sagte mir, Genaueres würde man dann testen, wenn ich in die engere Spenderinnenwahl fiele. Ich bin also noch in der Datei. Vielleicht wäre das was für Sie?
    (ob man auf Creutzfeld- Jacob testen kann weiß ich nicht. Hier habe ich unterschiedliche Informationen erhalten)
    Viel Spaß noch in England!

  6. Julia meint:

    Ist Steinbeck nicht gigantisch? Ich liebe “Grapes of Wrath” beispielsweise und kann überhaupt nicht verstehen, warum er damals dermaßen angefeindet wurde, als der den Nobelpreis erhielt. Wenn Hemingway ihn hat, gehört er Steinbeck erst recht… Ihr Lesehinweis hat mich dazu inspiriert, mal wieder in Steinbeck reinzulesen. Danke!

  7. percanta meint:

    Liebe Kaltmamsell,
    ich durfte auch immer wieder nicht – und letztlich noch nie – Blut spenden wegen nicht lang genug zurückliegender Aufenthalte in Ländern, die in irgendeiner Ecke auch Malariagebiete haben. Und dann wurde ich ganz ausgeschlossen wegen Verheiratung mit einem Mitglied einer potentiellen Risikogruppe. (Südamerikaner = Aids. So ist das.) Für die Deutsche Knochenmark-Spenderdatei ist das aber kein Problem, da war ich auch schon mal in der nächsten Runde, wurde also genauer typisiert. Würde mich da Joriste anschließen, die DKMS ist eine sehr, sehr gute Einrichtung! Und die Registrierung einfach, vielleicht ist das einen Versuch wert?
    Mein Organspenderausweis stört sich auch nicht an Malariagebieten oder dubiosen Ehen, da habe ich allerdings keine Eile, mit meinen Organen eine Runde weiterzukommen.

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