Journal Samstag, 30. August 2014 – Niederländisch-deutsche Hochzeit
Sonntag, 31. August 2014Vor wenigen Wochen fand ich durch einen Cartoon den Schlüssel zum Verständnis des Konzepts Hochzeit: Cake.
Was ich gestern aufs Wundervollste verifizieren konnte:
Angefangen hatte das Ganze allerdings ordnungsgemäß auf dem Oldenburger Standesamt. Das Besondere1: Die Trauung war zweisprachig, da die eine Braut Niederländerin ist, die andere Deutsche. Und so stand im knallvollen Trausaal neben dem großen Tisch der Standesbeamtin ein beider Sprachen mächtiger Hochzeitsgast und übersetzte für die niederländischen Freunde und Verwandten.
Der größte Teil der Hochzeitsgesellschaft spazierte dann quer durch die Fußgängerzone zum Empfang, das Brautpaar radelte (begleitet vom radelnden Teil der Hochzeitsgesellschaft).
Das große abendliche Fest feierten wir im Landhaus Etzhorn – eine großartige Location.
Dort passierte einiges. Unter anderem stockte ich meinen claim to fame auf: An meinem Tisch saß ein Gast, die schon mal mit Margaret Atwood Obst geschält hatte (und bei der Erwähnung meines Studienorts Augsburg als Erstes ans dortige Institut für Kanada-Studien dachte). Und eine Comicforscherin ließ sich von mir zu ihrem Habilitationsprojekt über The Yellow Kid ausfragen (ich traue mich nicht einen Wikipediaartikel zu verlinken, da sie unter anderem über die weit verbreiteten Fehlannahmen augengerollt hatte).
Es war der niederländische Brautvater, der den Elefanten im Raum bei den Stoßzähnen packte: Seine Ansprache (diesmal von der Trauzeugin ins Deutsche übersetzt) drehte sich um die Ungerechtigkeit, dass das Brautpaar sich nicht hatte kirchlich trauen lassen dürfen, weil es das gleiche Geschlecht hat. Als er energisch erklärte, dass dann eben er und die Brautmutter hiermit das Brautpaar und seinen Bund für Leben segneten, hatte nicht nur ich Wasser in den Augen.
Schon zuvor auf dem Standesamt hatte die trauende Beamtin die Illusion zerstört, dass das halt eine Heirat war, Punkt aus: Als es an den offiziellen Teil ging, hatte sie pflichtgemäß von “eingetragener Lebenspartnerschaft” gesprochen statt von Ehe, damit der Akt auch galt. Ich nehme an, dass ich auch hier nicht allein war, als das einen kleinen Wutknoten in meinem Bauch auslöste.
Sehr viel heiterer: Nach mindestens 35 Jahren Pause spielte ich mal wieder Reise nach Jerusalem. Der gute Zweck dahinter: Wer ausschied, bekam eine Aufgabe für das kommende Jahr, das Brautpaar zu beglücken.
Auch das mit den Sprachen kriegten wir irgendwie hin: Spätnachts unterhielt ich mich wild zu Abba tanzend mit der niederländischen Brautmutter (sie spricht kein Deutsch, ich kein Niederländisch). Sie äußerte sich beseelt, wie großartig alle ihre vier erwachsenen Kinder geraten seien. Ich fragte, ob das ihr Verdienst sei oder sie einfach Glück gehabt habe. Keines von beidem, meine sie – das sei einfach das Ergebnis von viel Liebe.2
Neu verliebt habe ich mich gestern auch: In diesen sensationellen Cremant, ausgeschenkt aus Magnumflaschen.
- Schrieb die Frau, die zuletzt vor neun Jahren auf einer Hochzeit war und keine Ahnung von aktuellen Normen und Protokoll hat. [↩]
- Es besteht allerdings die Möglichkeit, dass ihre begeisterte Geste und ihre Worte in Wirklichkeit der schönen Deko des Festsaales gegolten hatten und dass das niederländische Wort, dass ich als “Liebe” interpretiert hatte, tatsächlich “Orga-Team” bedeutet. Damit wäre die Begebenheit als herzerfrischende Hochzeitsgeschichte leider hinfällig. [↩]