Ich war bereits auf dem Weg ins Bad, um mich fürs Schwimmen fertig zu machen, als ich innehielt: Eigentlich wollte ich an diesem trüben Tag gar nicht raus. Ich blies die Schwimmpläne ab, wählte lieber sowas wie Erholung.
Seit Gründonnerstag beobachtete ich auf Twitter und Instagram, dass Ostern inzwischen vorgefeiert wird: Ab Gründonnerstag tauchen Bilder von gedeckten Ostertafeln auf, es werden Pinzen und Ostereier serviert, Osterfeuer angezündet, an Karfreitag wird “Frohe Ostern!” gewünscht. Das mag damit zusammenhängen, dass immer mehr Menschen den religiösen Hintergrund der Feiertage nicht kennen, verdutzt mich aber dennoch. Vielleicht ziehen die Menschen aus Unkenntnis Parallelen zu Weihnachten, an dem man ja auch schon viele Tage vor Heilig Abend “Frohe Weihnachten” wünscht? Wissen tatsächlich so wenige, dass die Tage vor Ostern mit anderen Ritualen besetzt sind? Selbst ich als sehr unreligiöser Mensch mag den von christlichen Mythen geprägten Rhythmus, nach dem an Gründonnerstag Grie Soß gegessen wird (und ich mich sogar noch zu gläubigen Zeiten mit Freunden zum Leben des Brian-Gucken traf), an Karfreitag Fisch – bei mir geht’s immer ums Essen. Nach dem in der Osternacht große Feuer angezündet werden.
Da sich aber auf Twitter bereits über Leute wie mich lustig gemacht wird, die darauf hinweisen, dass Karfreitag nicht Ostern ist, muss ich einsehen: Ich habe eine gesellschaftliche Entwicklung verschnarcht, “Ostern” ist inzwischen halt diese vier freien Tage im Frühling, die komischerweise jedes Jahr an einem anderen Datum sind. Wahrscheinlich ist die seltsame Terminierung der einzige Umstand, der den einen oder die andere zur Verwunderung führt, woher diese Feiertage eigentlich kommen.
Ich mache mich darauf gefasst, dass schon dieses oder nächstes Jahr “Weihnachten” halt diese vier Wochen im Dezember sind, in denen alles glitzert. Und dass ab dem 1. Advent “Frohe Weihnachten” gewünscht werden.
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Ich machte mich an den wochenlang gewachsenen Bügelberg und hört dabei einen großartigen Podcast: Holger Klein aka @holgi hat sich für Bayern 1 mit der Braumeisterin des Klosters Mallersdorf unterhalten, Schwester Doris. Es geht darum, warum jemand ins Kloster geht, wie Bierbrauen funktioniert und um das Kloster Mallersdorf selbst. Allein Schwester Doris’ Akzentmischung aus Fränkisch (unilaterales L ftw!), Oberbayrisch und Oberpfälzisch ist das Anhören wert – weniger Sprachinteressierte können von ihrem Humor und ihren klugen Reflexionen profitieren.
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Raus ging ich dann doch noch. Ich spazierte durch den Regen zu den Museumslichtspielen, um dort Room zu sehen. Von dem Film hatte ich zum ersten Mal gehört, als Brie Larson den Oscar für die beste Hauptdarstellerin bekam (und weiß jetzt auch, warum in der Show immer wieder die Meldodie von “Big Rock Candy Mountain” gespielt wurde).
Ich war von Anfang an gefangen von der Erzählperspektive des Films: Er wird aus der Wahrnehmung des fünfjährigen Jack geschildert. Natürlich sehen wir erwachsene Zuschauerinnen viel mehr als er – zumal er ja sein ganzes Leben in einem winzigen Zimmer verbracht hat, dem titelgebenden room. Auch wenn schon der Trailer klar macht, dass Jack und seine Mutter dem Gefängnis entkommen, ist der Film spannend. Dadurch, dass er immer bei Jack bleibt, wird sehr Vieles nicht erklärt, Bilder und Geschehnisse verweben sich zu einer Welt mit unendlich vielen Geschichten. Großartiges Drehbuch, sensationelle Schauspielerinnen und Schauspieler, ein ganz kleiner, riesiger Film.
Die Besprechung im Guardian beschreibt das sehr gut:
“Room review – to see the world within four walls”.
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Während meiner Abwesenheit (auch auf dem Rückweg regnete es kalt) hatte Herr Kaltmamsell Abendessen zubereitet: Der Schweinbauch mit Datteln und Marsala ist vermutlich die am wenigsten karfreitägliche Speise, die man sich vorstellen kann, schmeckte aber köstlich.
Wahrscheinlich werden mir hiermit alle polnischen Gene aberkannt.
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Fernsehabend: Ich sah mir den RTL-Spielfilm über die Dassler-Brüder an, Gründer der Sportmarken Adidas und Puma. Unter anderem weil ich vor Jahren die Kommunikationsleitung von einer der beiden Marken kennengelernt und von dieser viele haarsträubende Geschichten aus Herzogenaurach gehört hatte. So bekam ich zum Beispiel den Tipp, bei einem Termin bei einer der beiden Firmen Schuhe der anderen zu tragen: Die Wahrscheinlichkeit, dass mir umgehend neue Schuhe angeboten würden, sei hoch.
Den Film fand ich für eine deutsche Fernsehproduktion gar nicht schlecht, die Dialoge hätte man noch entfloskeln müssen (“bei allem Respekt” in einer Werkstattumgebung der 1930er beamte mich umgehend auf die Brücke der USS Enterprise).
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Jimmy Kimmel verdeutlicht in einem Gespräch mit Hillary Clinton mansplaining – und warum Frauen in Führungspositionen nur falsch auftreten können:
“Jimmy Kimmel ‘mansplaining’ to Hillary Clinton was a perfect sendup of campaign trail sexism”.