Wie bekomme ich mehr Frauen auf Veranstaltungspodien?

Samstag, 25. November 2017 um 10:22

Vielleicht geraten Sie ja mal auf eine Konferenz, auf der alle Referenten und Speaker an zwei Tagen männlich sind – obwohl Sie sich weder in einem Mönchskloster noch einem Schwulenclub befinden, obwohl fachtypisch die Hälfte der Teilnehmenden weiblich sind. Vielleicht beginnen Sie zu grübeln, wie sich eine solche Konstallation verhindern lässt und suchen nach Tipps, wie man an mehr Referentinnen kommt. (Sollten Sie den Verdacht haben, dass der Männerüberhang nur ein subjektiver Eindruck ist: Einfach auf der Website 50 Prozent nachschlagen, hier wird durchgezählt.)

Dann freuen Sie sich vielleicht, wenn Sie auf diese Zusammenstellung zurückgreifen können.
Ich habe mich bei Artikeln bedient, die ich unten aufführe, und eigene Ideen eingearbeitet. Da ich selbst nicht aus dem Veranstaltungsmanagement komme, würde ich mich sehr über weitere Tipps in den Kommentaren freuen.

Wie steigert man den Anteil weiblicher Referentinnen auf Konferenzen, Kongressen, Podien, Symposien?

1. Beschließen Sie, Referentinnen zu engagieren.
Das ist nicht trivial, denn vielleicht waren auch Sie schon auf einer Konferenz mit ausschließlich oder fast ausschließlich männlichen Referierenden und stellten fest, dass das Organisationsteam diesen Umstand nicht mal bemerkt hatte.

2. Sprechen Sie Rednerinnen auf Veranstaltungen an.
Sie erleben selbst auf einer Veranstaltung oder einem Symposium eine gute Referentin? Sprechen Sie sie an, lassen Sie sich die Kontaktdaten geben, bauen Sie einen Fundus an Expertinnen auf.

3. Bitten Sie in Ihren Netzwerken um Tipps.
Fragen Sie auf Facebook oder Twitter, ob jemand Referentinnen zu Ihrem Thema oder in ihrer Region kennt.

4. Nutzen Sie Online-Plattformen für Referentinnen.
Ich kenne Speakerinnen.org und die Woman Speaker Foundation – und freue mich über weitere Tipps.

5. Ermutigen Sie Frauen in Ihrer eigenen Organisation.
Behalten Sie in internen Gesprächen Ihr Ziel im Hinterkopf, dass Sie weibliche Experten brauchen. Schlagen Sie den Kolleginnen, die Ihnen auffallen, vor, ihr Thema erst in kleinem Kreis zu präsentieren, dann vielleicht in größerer Runde. Erkundigen Sie sich nach guten Präsentationscoaches, die Sie als Tipp weitergeben können. (Meiner wäre Teach and train.) Initiieren Sie vielleicht sogar Präsentationsworkshops für Frauen in Ihrer eigenen Organisation. Laden Sie Expertinnen zunächst als Gäste zu Ihren Veranstaltungen ein, damit sie die Umgebung und die beteiligten Menschen kennenlernen können.

6. Machen Sie Expertinnen miteinander bekannt.
Werden Sie selbst Expertin für Expertinnen, bringen Sie Frauen zusammen. Ich gehe mal voran und stelle Ihnen vor: Für Unternehmenskommunikation Dr. Kerstin Hoffmann, für Storytelling Ines Häufler, für Technikentwicklung und Internet aus unkonventioneller Perspektive Kathrin Passig. Auch hier: Empfehlen Sie bitte weitere Expertinnen in den Kommentaren – gerne auch sich selbst.

7. Kommen Sie Ihrer Wunschreferentin entgegen.
Sie haben eine Referentin gefunden, die Sie gerne zu Ihrem Thema auf Ihrer Veranstaltung hätten – doch die sagt ab. Das kann natürlich verschiedene Gründe haben; Frauen tendieren zum Beispiel dazu, nur Auftrittsanfragen zu Themen anzunehmen, in denen sie 100-prozentige Expertinnen sind. Fragen Sie also, unter welchen Bedingungen sie auftreten würde. Vielleicht muss ja nur das Thema ein wenig umformuliert werden, vielleicht der Slot auf eine andere Stelle im Programm verschoben. Ein ganz gewagter Ansatz wäre, erst eine Liste von Wunschreferentinnen zu erstellen und dann die Veranstaltung um sie herum zu planen.

Ein vorbildliches und konkretes Beispiel ist die re:publica: Das Orga-Team arbeitet seit 2007 aktiv daran, die Vielfalt unter den Vortragenden zu erhöhen und hat dadurch auch die Zusammensetzung der Teilnehmenden erheblich verändert. Hier erzählt Johnny Häusler, wie es das gemacht hat:
“Über Vielfalt bei der re:publica”.

Weitere Quellen:

“How to get (female) speakers for your (tech) event”.

“How I Got 50% Women Speakers at My Tech Conference”.

“‘Es gibt keine qualifizierten Speakerinnen im Marketing’ und andere Ausreden von Veranstaltern”.

Und jetzt Sie:

die Kaltmamsell

18 Kommentare zu „Wie bekomme ich mehr Frauen auf Veranstaltungspodien?“

  1. Nadine meint:

    Ich kenne das – als Frau in der IT Security und als Rednerin auf Konferenzen. Diesen Sommer: zwei Frauen. Eine Teilnehmerin und ich unter 50 Männern. Puh!
    Und ja, Veranstalter wie heise sprechen gezielt Frauen an – und auf den Veranstaltungen gibt es dann ein paar mehr und durchaus nette Kontakte.
    LG, Nadine

  2. Peter Claus Lamprecht meint:

    Vielen Dank! Ich mag konstruktiv-praktischen Texte.
    Meine Empfehlungen für Präsentationscoaches:
    Anna Momber-Heers (http://www.anmohe.de) und Esther Schweizer (http://www.estherschweizer.de), beide Hamburg.
    Die beiden sind auch wundervolle Rednerinnen.

  3. Susanne meint:

    ******************KOMMENTAROMAT**********************

    Genau!

    *******************************************************

  4. caterina meint:

    Als Sekretärin, die jahrelang für Montagsdiskussionen die Gäste eingeladen hat (der Termin war fix, die Themen aktuell und daher die Einladungen kurzfristig, schon von der Struktur dieser Veranstaltungsreihe her): 15 Frauen anrufen, bei viel Glück eine Zusage, drei Männer anrufen und das Podium war voll. Selbst Expertinnenpools helfen da nix, weil “Ich krieg keinen Babysitter so kurzfristig und mein Mann schaut nicht auf die Kinder” – die Antwort hab’ ich tatsächlich des öfteren gehört!!!!! Oder “Ich red’ nicht gerne in der Öffentlichkeit”, oder “Ich hab dazu doch nix zu sagen, fragen Sie lieber Herrn XYZ”… Über jede Diskussion wurde mit Bild in einer Tageszeitung berichtet. Männer haben sich drum gerissen, Frauen musste man fast zwingen, teilzunehmen. (Nicht im vorigen Jahrtausend!!!! Ist erst drei, vier Jahre her. Die Diskussisonsreihe gibts u.a. mangels Teilnehmerinnen nicht mehr)
    caterina

  5. ellebil meint:

    Eine weitere Adresse, um Frauen als Speakerinnen zu finden: academica-net.de

  6. marie.sophie meint:

    Neben den Grundsätzen: no all male panels”, das inzwischen hier an der Uni gut etabliert ist, versuche ich im “Wissenschaftsbetrieb”, wo viele Tagungen am Wochenende stattfinden, seit längerem Kinderbetreuung zu organisieren ( das wird auch im CfP ) angekündigt, um Frauen, so die Idee aus dem Betreuungskonflikt herauszubekommen. Das ist dann wirklich auch professionell und nicht eine Malecke. Am Anfang lief das gar nicht, inzwischen besser, aber während Frauen stärker sprechend engagiert sind, ist der strukturelle Anteil von Professorinnen doch sehr, sehr viel geringer, als er es sein dürfte.

  7. die Kaltmamsell meint:

    Vielen Dank für die Tipps, Peter Claus Lamprecht , ellebill!
    Ihr Beispiel, caterina, zeigt wunderbar die strukturellen Probleme: Wenn Bedingung ist, dass der Slot mit einer Person aus exponierter Führungsebene gefüllt wird, werden weniger Frauen dabei sein. Wenn Bedingung eine kurzfristige Zusage ist, werden weniger Frauen dabei sein. Deshalb muss an vielen Stellschrauben gedreht werden. Vielen Dank für den Hinweis auf die, an der Sie bereits gedreht haben, marie.sophie!

  8. caterina meint:

    @ Kaltmamsell: stimmt schon. Aber was, wenn es eine seit langem laufende Diskussionsreihe einer Tageszeitung ist, die eben zu vorbestimmten Terminen stattfindet (Raummiete, Kooperation mit einem Radiosender), aber eben auch zu tagesaktuellen Themen? Und es waren nicht nur exponierte Führungsebenen angesprochen sondern auch gerne die zweite Reihe. Eine Tagung ist was anderes, da hab’ ich mehr Vorlauf. Aber eine Podiumsdiskussionsreihe zu aktuellen Themen, das hat einerseits Vorlauf, ist aber von der Besetzung her extrem spontan. Und kurzfristig hieß in dem Fall Mittwoch/Donnerstag für den darauffolgenden Montag.
    caterina

  9. Frau Schmitt meint:

    Habe das Wochenende genutzt die von Ihnen verlinkten Seiten leer zu lesen. Vielen, vielen Dank!

  10. Modeste meint:

    So, jetzt habe ich mich bei speakerinnen.org eingetragen. Danke für den Hinweis!

  11. Tanja meint:

    Zuerst einmal: Danke. Ich habe mich seit gestern darauf gefreut, heute diesen Text in Ruhe zu lesen und die Links weiterzuverfolgen, bzw. zu favorisieren. Ich bin seit 10 Jahren die einzige Frau im Gremium und kämpfe gegen Windmühlen. Aber, tant pis, mit Stategie und Taktik lässt sich immer wieder mal etwas Kleines ändern und dazu sind solche Mehr-Punkte-Pläne ausgesprochen hilfreich. Zudem tun sie meiner Motivation – die in der Sache oft ein wenig durchhängt – gut. Ich hatte einen solche Plan um zu erwirken, dass die Deutschlehrpersonen (Frauen wie Männer) ungefähr gleich viele Texte von Frauen wie von Männern lesen lassen/für Übungen verwenden. Nach acht Jahren war’s soweit und niemand mehr hat aufgeschrien, niemand fand es unmöglich, ja, niemand hat es überhaupt noch bewusst wahrgenommen. Und so sollte es sein, weil wir die Hälfte sind.

  12. die Kaltmamsell meint:

    Großartig, Modeste!
    Ach ja, die Windmühlen, Tanja – zumindes glauben viele, dass die Geschlechterungerechtigkeit bloß das ist, eingebildet nämlich. In Wirklichkeit, denke ich manchmal, ist sie eine vielköpfige Hydra. Ich sehe mich noch als Schülerin aufmucken, wenn ich auf das Fehlen oder die Marginalisierung von Frauen hinweise; über 30 Jahre später ernte ich dieselben genervten bis ungläubigen Blicke.

  13. Tine meint:

    Sehr gutes Thema, vielen Dank dafür!
    ich bin gerade dabei, einem Lesetipp von Antje Schrupp zu folgen: What works: Wie Verhaltensdesign die Gleichstellung revolutionieren kann
    von Iris Bohnet und Ursel Schäfer
    Das könnte zum Thema auch interessant sein.

  14. Kiki meint:

    Auf speakerinnen.org bin ich auch schon eine Weile, bislang kam noch keine Anfrage darüber. Aber je mehr das Thema zum Thema wird, desto eher kriegen die Herren Entscheider mit: Da muss etwas geschehen! Danke fürs verbloggen.

  15. Corina Pahrmann meint:

    Danke für die Initiative und die hilfreichen Links. Ich lasse noch Empfehlungen da:

    Storytelling: Petra Sammer, Wibke Ladwig
    Web Analytics/Google Analytics: Cathrin Tusche
    PR/Social Media: Marie-Christine Schindler, Rebecca Belvederesi-Kochs

    Nur die, die mir auf die Schnelle einfallen und die ich persönlich kenne. Es gibt so viele mehr, manchmal kann ich einfach nicht verstehen, wie es zu diesen all-male-panels kommen kann.

  16. giardino meint:

    Männliche Referenten können übrigens auch absagen, wenn der Frauenanteil zu niedrig ist, z. B. unter Hinweis auf Organisationen wie speakerinnen.org. Scheinen einige wenige schon zu tun, dürfen sicher noch mehr werden.

    Hier ist auch ein zwar älterer, aber sicher immer noch hilfreicher Beitrag darüber, wie man seine Veranstaltung divers(er) gestaltet, mit weiterführenden Links.

  17. Anke Tröder meint:

    1. Danke, fürs Erwähnen. Ich tue mein Bestes :)

    2. Ich erwähne hier mal für alle Frauen, die selber irgendwas mit Gründung zu tun haben, gründen wollen oder eine Moderatorin/Sprecherin suchen: Prof. Dr. Stephanie Rabbe, meine Kollegin bei HAWK plus Entrepreneurship (http://www.hawk-hhg.de/hawk_plus/180958.php), mit der ich sehr gerne zusammenarbeite oder auch co-teache. Glasklarer betriebswirtschaftlicher Sachverstand und Ruhrpötter Humor sind eine gute Kombi. Damit hat sie auch der Netzwerkherzen hier in unserer kleinen Stadt in Niedersachen geknackt.

  18. Karo meint:

    Ich kann mich Nadine nur anschliessen – ich arbeite als Software Testerin im IT Bereich und das Bild auf Konferenzen (oder auch im Arbeitsumfeld) kann hier sehr einseitig sein – white male. Auf einer Entwickler Konferenz auf der ich neulich als Sprecherin war, habe ich gezaehlte 6 Frauen gesehen – davon 4 Speakerinnen (mich eingerechnet), und zwei Teilnehmerinnen von gesamt etwa 300. Das schockt.

    Ich bitte um das Dagegenhalten! Und als Frau kann das auch schon bei der Teilnahme anfangen – wenn ich als Meetup Veranstalterin oder Sprecherin Frauen im Publikum sehe, freue ich mich sehr.

    Und bitte auch um die Unterstuetzung von Seiten der Maenner. Kolleginnen direkt unterstuetzen, aber vielleicht auch beim naechsten froehlichen Gruppenfoto darauf achten dass das dann nicht immer hymnische “Bro!” Bilder mit nur Typen drauf sind. Das vermittelt mir als Frau naemlich unterschwellig, dass ich da nicht hingehoere.

    Und was helfen kann, wenn man seine public speaking skills verbessern will:

    * https://speaking-easy.com (Mentoring Programm fuer neue Speaker)
    * https://www.toastmasters.org/ (Public Speaking Club)

    Danke fuer diesen Post!

    karo

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