Archiv für Juli 2018

Twitterlieblinge Juli 2018

Dienstag, 31. Juli 2018

Einerseits ein sehr langer Monat. Andererseits auch ein eher ernster.

Journal Montag, 30. Juli 2018 – Hitzekeule

Dienstag, 31. Juli 2018

Gestern wurde es dann auch in München so richtig heiß. Der Morgenkaffee auf dem Balkon war noch lau, ebenso der Marsch in die Arbeit.

Doch als ich nach Feierabend zu einer Einladung in Neuhausen aufbrach, traf mich draußen die Hitze mit der Hochsommerkeule – ich verlangsamte sofort meinen Schritt, um nicht ins Torkeln zu kommen.

Im angenehm temperierten Büro hatte ich einen Meerschweinchentag gehabt: Seit eine Meerschweinebesitzerin mir erzählte hat, dass die Viecherl den ganzen Tag Heu fressen müssen, um ihre Verdauung in Betrieb zu halten (geringe Peristaltik), denke ich immer an sie, wenn mein Magen ständig knurrt und ich Hunger habe, selbst wenn die letzte Mahlzeit und Sättigung erst eine halbe Stunde zurück liegt.

Auf der Einladung dann hatte ich in der Hitze tatsächlich mal kaum Appetit (passiert mir eigentlich auch in größter Hitze nicht). Dafür unterhielt ich mich angeregt mit Menschen aus Kunst, Kunstwissenschaft und Münchner Leben.

Ich verließ die Gesellschaft bereits in frischer Dunkelheit, da mich ja nach der Nacht ein Arbeitstag erwartete. Auch um halb elf war es draußen wärmer als in der sorgsam gekühlten Wohnung.

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Richard C. Schneider schätzte ich in seinen Jahren als Chefkorrespondent des ARD-Studios in Tel Aviv sehr wegen der vielen Facetten seiner Berichterstattung. In seinem Blog erklärt er, warum er auf Twitter nichts zur #MeTwo-Debatte beisteuert.
“Mein Beitrag zur #MeTwo Debatte in Deutschland”.

Journal Sonntag, 29. Juli 2018 – Entspannter Hochsommersonntag ohne Freibad

Montag, 30. Juli 2018

Ausgeschlafen, Morgenkaffee auf dem Balkon in herrlich frischer Sommermorgenluft.

Zu meinem Isarlauf radelte ich an den Friedensengel, um halb zehn war es noch weit unter heiß.

Ich lief wie eine Junge: Als ich am Ende meiner geplanten Strecke ankam, also bei der Hälfte, war ich ganz überrascht, dass ich schon hier war. Und für meine Verhältnisse sensationell vernünftig, weil ich NICHT vor lauter Laufbegeisterung schnell mal die Strecke verlängerte, es wurde nämlich gerade heiß und ich hatte kein Wasser dabei. Doch 15 Minuten später schlug mein Befinden um: Ich bekam Darmkrämpfe und war sehr froh über das Ende des Laufs.

Zum Frühstück und danach las ich die Wochenend-SZ. Und verbrachte den Nachmittag nicht im Naturbad Maria Einsiedel, wie es das Nutzen-Nutzen-Nutzen-Zentrum meines Hirns vorgeschlagen hatte, weil mich das gestresst hätte.

Abendessen vorbereitet – diesmal habe ich meine Lieblingszubereitung für Brathähnchen seit vielen Jahren endlich mal aufgeschrieben: Zitronen-Thymian-Hähnchen. Mit besonderem Hinweis auf das eine Detail, für dessen Erlernung ich viele Jahre brauchte: Muss ein paar Stunden marinieren.

Die Wäsche der vergangenen Woche gebügelt; im Sommer kommt eigentlich jede Woche genug für eine Stunde Bügeln zusammen.

Auf dem schattigen Balkon Chimamanda Ngozi Adichies Americanah gelesen, das mir ganz ausgezeichnet gefällt. Nach Wochen mal wieder mit meiner Mutter telefoniert – ich muss öfter daran denken Sie anzurufen.

Das Brathähnchen zum Abendbrot schmeckte uns, zum Nachtisch die Aprikosentarte mit Lavendel auch. Im Fernseher lief nebenher Eine Leiche zum Dessert – wieder ein Film, der randvoll Zitierbarem steckt (Herr Kaltmamsell befleißigt sich gerne des “Gefährliche Straße wie frische Pilze”). Und eine sexy junge Maggie Smith drinhat.

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Die Kunst, eine Vogelsichtung zu beschreiben: Helen Macdonald und der Ziegenmelker.
“Glimpses of the elusive nightjar”.

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Frau Croco über ihren Vater:
“Charlie Romeo Oscar Charlie Oscar”.

Journal Samstag, 28. Juli 2018 – Freibadschwumm und Tartebacken

Sonntag, 29. Juli 2018

Bis fast sieben geschlafen, müde aufgestanden (diesmal war es das Einschlafen, das lange nicht klappen wollte).

Weiter angenehmster Hochsommer hier München, also verhältnismäßig kühle Nächte und tagsüber nie erschlagend brüllend heiß, immer wieder Wolken. Gestern kühlte es schon am frühen Abend so weit ab, dass ich die Fenster öffnen konnte.

Mir tun die Menschen in den seit Monaten brennend heißen und trockenen Gegenden wirklich leid – ich erinnere mich noch zu gut an den Sommer 2003 in Bayern mit brüllender Hitze von Mai bis September. Das war nicht schön.

In diesem jetzigen guten Sommer spazierte ich vormittags ins Schyrenbad zum Schwimmen.

In der Isar wurde bereits geschwommen.

Eine weitere interessante Versehensaufnahme (Serie “Kaltmamsellfüße im Sommer 2018”?).

Ich bin ja immer noch auf der Suche nach einer neuen Schwimmbrille – das wird langsam eine ewige Geschichte. Das Exemplar, dass ich im Oktober 2015 gekauft hatte (nach eingehender Fachberatung) muss ich so eng schnallen, wenn auch beim Abstoßen kein Wasser eindringen soll, dass ich Kopfweh bekomme. Also trug ich weiter mein uraltes, sehr kleines, halbblindes, aber zumindest dichtes Modell. Kürzlich schwärmte Nessy von ihrem Exemplar: Die Waschbärenringe nach dem Schwimmen sind mir zwar egal (es kommt praktisch nie vor, dass ich direkt nach einer Schwimmrunde präsentabel sein muss), doch sie schreibt von sehr guten Sitz – das heißt ja wohl, dass sie bequem und gleichzeitig wasserdicht ist. Also bestellte ich das Modell.

Gestern stellte ich die Riemen so ein, dass die Brille sich schön um die Augen festsaugte und sicher saß. Das hielt das Wasser genau bis zur ersten Wende fern: Einmal kräftig abgestoßen – und es wurde nass an den Augen. Also stellte ich die Riemen so fest, dass sicher kein Wasser eindringen konnte, mit dem bekannten Ergebnis Kopfschmerzen. Ich gebe dem Paar noch einen Versuch mit ein wenig Lockerung. Wenn ich wieder nur die Wahl zwischen undicht und Kopfweh habe, kehre ich halt zum Schraddelmodell zurück.

Nach meinen 3 Schwimmkilometern (die Bahnen lebhaft, aber niemand kam sich in die Quere) hatte ich mich noch ein wenig sonnen wollen, war auch schon sorgsam sonnengecremt – doch dann türmten sich immer dunklere Wolken auf, den ganzen Himmel bedeckend. Ich packte und ging über eine Einkaufsrunde heim. Während meines Frühstücks wurde es wieder strahlend sonnig, die Mauersegler schrillen noch immer (jetzt müssten sie jeden Tag abreisen).

Nach einer Siesta backte ich Aprikosentarte mit Lavendel (große, runde Tarteform, also mit doppelter Menge FÜllung).

Beim ersten Nachbacken halte ich mich ja meist sklavisch ans Rezept, doch diesmal stolperte ich:

Ihr braucht für dieses Rezept nicht extra Lavendel zu kaufen, sondern frischen Lavendel aus eurem Garten.

Dennoch versuchte ich es mit getrocknetem Lavendel, denn “einen Garten” hatte ich dem einkaufenden Herrn Kaltmamsell nicht auf die Liste setzen wollen.

Geständnis: Ich glaube nicht an Blindbacken mit Inhalt. Der einzige Unterschied zu Vorbacken ohne ist ja wohl, dass das Absinken des Rands verhindert wird, oder? Funktioniert das wirklich? Es gibt nur eine Möglichkeit, das herauszufinden: ausprobieren. Diesmal machte ich also den Terz mit Backpapier und Kichererbsen, hier das Ergebnis fotografiert:

Nächstes Mal backe ich nur so vor und vergleiche.

Zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell Pies nach Ottolenghi mit Wurzelgemüsefüllung (zum Rezept hier runterscrollen), dazu eine Joghurt-Petersilien-Soße. Mir schmeckten sie ganz hervorragend, doch der Koch war leider nicht zufrieden und wird sie nicht nochmal machen. Dazu gab es den ersten tinto de verano dieses Veranos.

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Mir fällt übrigens sehr auf, welche sonst durchaus mitteilungsfreudigen Twitterer mit erkennbarem Migrationshintergrund nichts über ihre Erfahrungen mit Ausgrenzung und Rassismus teilen – von denen ich einige wirklich schlimme im persönlichen Kontakt von ihnen gehört habe. Das beutelt mich fast noch mehr, denn ich kenne den Grund – @textautomat formuliert ihn aus:

Warum ich unter dem Hashtag metwo nichts schreiben werde: Fast alle POC hier haben oft Rassismus erlebt und schon mehr als einmal darüber geschrieben. Und das ist auch richtig und wichtig so. Aber ich habe einfach keine Kraft, unter einem Trending Hashtag meine verletzendsten Erfahrungen zu teilen, damit Trolle, Nazis und Sifftwitterer, die nur darauf lauern, mich digital mit Scheiße bewerfen. Es ist gut, dass diese Geschichten erzählt werden. Es ist gut, dass weiße Deutsche ohne Umschweife hören, was es heißt Rassismus zu erleben.

Aber auch hier kommt wieder der eklige Nachgeschmack: Darüber zu reden funktioniert nicht, ohne dass Nazi-Arschlöcher und pubertierende Kellerkinder sich auf deine Tweets stürzen und dich trollen, bedrohen und aus dem Netz mobben wollen —> noch mehr Rassismuserfahrung.

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Auf Zeit online dazu ein Kommentar von Yassin Musharbash:
“Einfach mal zuhören!”

Wenn Menschen mit Migrationshintergrund von Diskriminierungen berichten, ist das keine Verunglimpfung Deutschlands als rassistisches Land – sondern ein Gesprächsangebot.

Journal Freitag, 27. Juli 2018 – Ausflug in die Sommerfrische und französische Weinerlichkeitsliteratur

Samstag, 28. Juli 2018

Wieder zu früh aufgewacht, aber nicht so schrecklich früh, und in einen wundervollen Hochsommermorgen.

Zum dritten Mal hatte sich meine Leserunde in der Sommerfrische verabredet, also im Feriendomizil zweier Mitlesender am Chiemsee (in der Lokalzeitung stünde jetzt “fast schon zur Tradition geworden” – ab dem vierten Mal lautet die Pflichtformulierung “zur traditionellen Sommerfrische”). Dazu trafen sich die anderen Mitlesenden kurz nach Mittag (jahaha, ich kann auch mal richtig früh Feierabend machen!) am Münchner Hauptbahnhof und stiegen mit einem gemeinsamen Bayernticket in einen Zug nach Salzburg. Es stellte sich heraus, dass viele hundert Menschen dasselbe Ziel hatten, der Zug war knallvoll. Ab Rosenheim teilten wir den Stehplatz in den Gängen mit einer bayerisch-schwäbischen Theatergruppe auf Sommerausflug – Wattenscheider Kegelclub Dreck dagegen. Als wir in Prien ausstiegen, brummte mir der Kopf vor lautstark geäußerten alkoholisierten Dummheiten aller Schattierungen in hinteraugsburger Dialekt.

Doch auf uns warteten Kaffeundkuchen mit sensationeller Aussicht auf Alpenpanorama inklusive Kampenwand – alles war gut.

Dann musste es nochmal nicht so gut werden: Wir sprachen über die Lektüre, Pierre Michon, Anne Weber (Übers.), Leben der kleinen Toten. Ich hatte den in vielen Tönen berühmten Band (unter anderem von Iris Radisch als “eines der großartigsten Bücher überhaupt”) auf dem Weg nach Klagenfurt gelesen, unter immer lauterem Schnauben: Da interessierte sich jemand keineswegs für das Leben kleiner Leute, sondern nur für sich selbst, seine romantische Herkunft, seine tsetsetse wilde und verkommene Drogenjugend – und brauchte ein paar Leute als interessante Staffage dafür, notfalls halb erfunden. Die Sprache vor lauter konstruierter Vergleiche und unter Schmerzenslauten an den Haaren herbeigezogenen Bildern nahezu undurchdringlich – kein Torbogen, kein Baum ist vor Michons Metapherorhoe sicher. (Beispielsatz: “Welches alte Familiendrama lebt weiter in der Kehle der Hähne?”) Wenn das die Krone französischsprachiger Erzählkunst ist, kann sie mir gestohlen bleiben.

Zunächst aber wartete ich ab, was die Mitlesenden der Runde über die Lektüre zu sagen hatten – immer wieder kommen in unseren Gesprächen komplett konträre Rezeptionen auf, die mich sehr bereichern. In diesem Fall waren wir uns aber einig: Aufgeplusterter, überinstrumentierter (den Begriff aus Klagenfurter Jury-Diskussionen bot ich an), weinerlicher und selbstverliebter Schmarrn. So schnell kommt uns kein französisches Buch mehr auf den Tisch.

Zurück zum guten Leben: Mit dem Bauch voll warmem Käsekuchen fuhr der Großteil mit offenem Verdeck zum wundervollen Langbürgner See (ich hatte morgens noch schnell einen Badeanzug in die Arbeitstasche geworfen) sprang hinein und drehte eine Runde. Ich war schon sehr lange nicht mehr in einem See geschwommen und genoss es sehr.

Mehr Alpenpanorama, diesmal mit Cremant, Käse und Auberginensalat, zentrales Gesprächsthema: Die anstehende Mondfinsternis, Verlauf, Zeiten, Richtung.

Die Rückfahrt nach München verlief deutlich einsamer und ruhiger.

Die Mondfinsternis erlebte wir dann doch nicht mit: Herr Kaltmamsell war ebenso erschlagen wie ich, wir hätten zu einem Aussichtspunkt gehen müssen – und wären ja dann doch vor lauter Erschöpfung nicht aufnahmefähig gewesen.

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Wenn Sie in Deutschland wohnen und keinen erkennbaren Einwanderungs-Hintergrund haben: Lesen Sie bitte auf Twitter unter #metwo nach, was andere an Ausgrenzung im Alltag erleben. (Und seien Sie sehr, sehr vorsichtig mit der Ansicht, Sie könnten beurteilen, ob diese Erlebnisse ausgrenzen oder nicht.) Wenn Sie zu den anderen gehören: Lesen Sie unter #metwo nach, dass Sie nicht allein sind oder sich “bloß anstellen”.

Warnung: Der Hashtag wird selbstverständlich längst von Rassisten verwendet, um darunter mehr Rassismus zu veröffentlichen. (Noch sind diese Tweets aber in der Minderheit.)

Irgendwo müsste ich noch die Absage der Hans-Seidl-Stiftung auf meine Bewerbung um ein Promotionsstipendium haben. Begründung: Nur deutsche Staatsangehörige kämen für dieses Stipendium in Frage.
(Die ich auch damals schon lange war. Was man mir dort offensichtlich allein angesichts meines Namens absprach.)

Journal Donnerstag, 26. Juli 2018 – Laufen statt schlafen

Freitag, 27. Juli 2018

Klogang um halb vier nachts – und ich schlief nicht wieder ein. Angstgefühle hielten mich wach, ungezielt wabernde auf der Suche nach einem Grund.

Ich hatte eh einen Morgenlauf geplant, stand also um fünf Uhr auf, trank ein Glas Wasser und machte mich lauffertig.

Schöne Ansichten, Laufen war in Ordnung, aber nicht die Erleuchtung, die ich um diese Uhrzeit auch schon hatte.

Mit dem Rad in die Arbeit, wo ich die Stunden bleiern und benebelt verbrachte – unter anderem weil der Raum, in dem ich zu einem Ganztagstermin war, sich deutlich stärker aufheizte als mein gewohntes Büro. Eigentlich hatte ich das Rad dazu nutzen wollen, um nach der Arbeit weiter entlegene Einkäufe zu erledigen, doch nach dem ersten Kilometer in der Hitze und mit wackeligem Kreislauf bog ich ab Richtung nach Hause. Dabei bin ich mir bewusst, dass wir in unserer südöstlichen Ecke der Republik noch erträgliche Temperaturen erleben im Gegensatz zum Rest, vor allem im Norden und Nordosten, zudem haben sich hier die Gebäude nicht durch wochenlange Hitze ohne Regen aufgeheizt. Vielleicht muss ich mich einfach erst noch an die Sommerhitze gewöhnen.

Eine verhältnismäßig neue Nachbarin (etwa in unserem Alter) kennengelernt: Sie klingelte, weil sie ihren Wohnungsschlüssel in der Arbeit vergessen hatte. Und fragte, ob sie ihre schwere Tasche bei uns unterstellen könne, um schnell zurück ins Büro und zu ihrem Schlüssel zu radeln. (So verhalten sich also Menschen, für die das Bitten um Hife eine naheliegende Option ist – toll!)

Als sie wiederkam und sich nach unserem Garderobenschrank erkundigte, lud ich sie zu einer Wohnungsbesichtigung ein – ohne daran zu denken, dass Herr Kaltmamsell keine Hose trug. Er ging sehr souverän damit um und huschte halb nackt an uns vorbei, um sich anzuziehen. Dass unsere Wohnung in unaufgeräumten Alltagszustand war, störte mich nicht.

Die Nachbarin zeigte uns im Anschluss ihre Wohnung: Exakt geschnitten wie unsere, aber halt frisch renoviert – und himmlisch leer (es fiel die Erklärung “Kisten noch im Lager”). Es wurden Ankündigungen von Anschlusseinladungen ausgetauscht.

Der donnerstägliche Ernteaneil hatte das Füllhorn des Hochsommers mit Paprika, Tomaten, Gurken, Stangensellerie, Auberginen über uns ausgeschüttet; aus den ersten vier schnippelte Herr Kaltmamsell israelischen Schippselsalat, unterstützt von zugekaufter Zwiebel und Petersilie. Dazu statt Brot kroatische Blutwurst in Scheiben, zum Nachtisch Eis.

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Eine Runde Pessimismus: Professor Tom Nichols hat sich nach einer Veranstaltung mit Trump-Anhängerinnen unterhalten und zieht entmutigende Schlüsse daraus.

In der (bis dato fortlaufenden) Reaktion der CSU auf die #ausgehetzt-Demo vergangenen Sonntag fürchte ich ein ähnliches Muster: CSU-Generalsekretär Markus Blume konstruiert mit seinen Behauptungen dazu eine alternative Welt, wie es Trump seit zwei Jahren verheerend erfolgreich tut.

Journal Mittwoch, 25. Juli 2018 – Biergartenabend mit Bürotratsch

Donnerstag, 26. Juli 2018

Strahlender Hochsommermorgen.

Über den Tag türmten sich immer wieder Cumuluswolken vor die Sonne. Nachmittags auf dem Bürotelefon ein Anruf aus ferner Vergangenheit: Jemand aus meiner Uni-Zeit vor 20 Jahren hatte mich beim Arbeitgeber entdeckt und rief von ihrem Arbeitgeber aus an. Ich brauchte ein paar Sekunden für die Zuordnung; mal sehen, ob der Kontaktwunsch der Anruferin hält, wenn sich herausstellt, dass ich kein Networking-Material bin.

Ich machte pünktlich Feierabend, weil ich mit Herrn Kaltmamsell im Biergarten Bavariapark verabredet war.

Kann es sein, dass eine Schriftart “Biergarten” gibt? Wir tranken Radler, aßen Obatzten, Breze und Spareribs (die leider unter mehreren Zentimetern scharfer, fetter Soße nicht zu schmecken waren), tauschten Tageserlebnisse aus. Am Nebentisch lauthalser Bürotratsch aus der Staatskanzlei – mag ja sein, dass die Stimmung dort “unterirdisch” ist, das sollte nicht in der Öffentlichkeit grundlegende Diskretion verhindern. Kurz wunderte ich mich, dass sich die Kollegen und Kolleginnen von dort (“Und? Wie ist es mit der neuen Ministerin?”) nach der Arbeit ausgerechnet im recht weit entfernten Bavariapark treffen, doch dann fielen mir die U-Bahn-Linien U4 und U5 ein, die die Herrschaften ja in 10 Minuten dorthin bringen.

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Dieser Artikel wird seit seiner Erscheinung in meinem Internet herumgereicht, immer mit Empfehlung. Jetzt weiß ich auch, warum.
Es hilft bei jedem Thema, Expertinnen und Experten zuzuhören. Deshalb hier auch von mir die Empfehlung:
Die Migrationsforscherin Naika Foroutan analysiert die jüngsten gesellschaftlichen Entwicklungen und ordnet sie ein – mit dem Appell:
“‘Es ist unser Land, verteidigen wir es gemeinsam'”.

Europa rutscht gerade in eine Richtung, die keinen progressiven „sinnstiftenden Endpunkt“ mehr ansteuert wie Habermas mal den Treiber für gesellschaftliche Entwicklungen genannt hat: also den Blick auf gesellschaftliche Errungenschaften, die Sinn erzeugen und als Treiber der Entwicklung Gesellschaften nach vorne bringen.

(…)

Als der Abbau dieser Grundwerte in Ungarn passierte, dachte man noch, das sei ein ungarisches Phänomen, weil es dort kein ’68 gab. Die PiS-Regierung in Polen haben wir irgendwie hingenommen, die Slowakei war zu klein, um Besorgnis zu erregen. Jetzt wird Italien, eines der Gründerländer der EU, rechts dominiert, es werden Roma gezählt und Flüchtlinge als Invasoren entmenschlicht, die man im Mittelmeer sterben lassen sollte; in Wien hat die FPÖ Schlüsselministerien wie das Innenressort inne und fantasiert von Judenregistrierungen. Die strategische Entmoralisierung der Gesellschaften durch die rechten Extremen – ich nenne sie bewusst nicht rechte Konservative – gelingt, und zwischen Berlin, Wien, Rom ist wieder die Rede von einer „Achse“.

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Eine weitere interessante Perspektive von der deutsch-türkischen Bloggerin Tuba Sarica – leider nur gegen Geld online zu lesen:
“Deutschtürken: ‘Die Kritik an Özil ist berechtigt'”.

In der gedruckten SZ hatte das Interview eine andere, aussagekräftigere Überschrift:

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Ich habe es noch nicht fertiggebracht, Nanette anzusehen – ich weiß nicht, ob ich es verkrafte. (Wenn ich daran denke, wie lange ich brauchte, bis ich über Tig Notaros Show hinweg war…)

Zum Einstieg erst mal was Leichtes von Hannah Gadsby?

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https://youtu.be/m4j4RwzE6j4