Archiv für August 2019

Journal Sonntag, 25. August 2019 – Rückfahrt von Luxemburg

Montag, 26. August 2019

Boah, sieben Stunden Zugfahrt sind schon lang.

Abschied vom Apartmenthotel Key Inn Belair, hier in der Lobby.

Weil wir wussten, dass unsere Heimreise mit Schienenersatzverkehr beginnen würde, brachen wir paranoid früh zum Bahnhof auf. Der Weg dorthin war wundervoll: zu Fuß durch einen strahlenden Sommermorgen, herrliche Düfte aus dem vielen Grün.

Wir fanden den Ersatzbus sofort, versicherten uns, dass er es auch wirklich war – und nahmen dann gleich diesen früheren nach Trier. Das bedeutete, dass wir dort Zeit für einen Morgenkaffee hatten. Geöffnet war allerdings nur eine Lokalität gegenüber vom Bahnhof, in der geraucht wurde (kein Gaststätten-Rauchverbot in Rheinland-Pfalz?).

Am Bahnhof holten wir noch Brotzeit für die Reise, es folgten drei Stunden Regionalbahn nach Mannheim. Wie auf der Hinfahrt reichten die zehn Minuten Umsteigzeit, um dort den ICE nach München zu bekommen. Die weiteren drei Stunden Fahrt zogen sich dann aber. Ich las die Süddeutsche von Freitag und Wochenende intensiv auf meinem Telefon, las Twitter, guckte viel aus dem Fenster – dann waren wir aber immer noch erst in Ulm und mein Po tat weh.

In München war es frischer und bewölkt (auf Höhe Augsburg hatte es sogar gewittert und geregnet), aber mild.

Zum Abendessen gingen wir nochmal raus, einfach zum Traditionschinesen am Stachus. Die freundliche Bedienung fragte mich auf meine Bestellung Ma po Tofu, ob ich mal in China gewesen sei? Das sei doch ein sehr speziell chinesisches Gericht? Ich kannte und schätzte es aber lediglich aus der Hand des Herrn Kaltmamsell. Auch gestern schmeckte es mir ausgezeichnet.

Nach einem Cosmopolitan mit Aussicht auf eine heftige Arbeitswoche ins Bett.

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SZ-Architekturredakteur Gerhard Matzig begleitet seinen 14-jährigen Sohn auf die Gamescon, um mehr über die Leidenschaft seines jüngsten Kinds herauszufinden und wie er sie als Vater einschätzen soll.
“Er will doch nur spielen”.

Herausgekommen ist eine für Matzig ungewöhnlich persönliche und entspannenderweise ausgewogene Betrachtung des Themas.

Journal Samstag, 24. August 2019 – Luxemburg mit Einkaufen, Petrusstal und Abendessen auf Pferdehof

Sonntag, 25. August 2019

Da ich am Freitagabend nicht vorgebloggt hatte, saß ich gestern Morgen dann doch zwei Stunden an meinem Eintrag – und musste gleich mal die Verabredung zu Markt und Luxemburger Einkäufen ein wenig verschieben.

Ein weiterer strahlender und fast heißer Sommertag, ich freute mich. Zunächst führte uns Gastgeber Joël über die Pont Adolphe, zu einen weil sie schön und wunderbar renoviert ist, zum anderen wegen des Blicks aus der Fußgänger- und Radfahreretage.

Der Markt gab nicht allzu viel her: Er war augustlich ausgedünnt, und Joël brauchte auch nichts, weil er verreisen würde. Treffen auf einen Morgen-Cappuccino mit Joëls D. und ihrem Mann, dann brachte uns Joël zum Einkaufen.

So hatte ich inzwischen erfahren, dass der Klassiker unter den luxemburgischen Kochbüchern das von Ketty Thull sei und dass dieses vor kurzem überarbeitet neu herausgegeben worden sei (außerdem unter anderem ein besonders gutes Käsekuchenrezept enthalte). Das wollte ich gerne haben, und so machte ich Bekanntschaft mit einem schönen Buchladen.

Eigentlich hatte ich als Frühstück eine Runde der wunderbaren Madeleines ausgeben wollen, die es im Laden Léa Linster gibt, doch der war wie so manche andere Geschäfte in den Sommerferien. Ebenfalls auf meiner Wunschliste stand der Schokoladenladen gegenüber dem Großfürstenpalast: Chocolate House. Wie beim ersten Besuch vor drei Jahren hatte ich leider keine Lust auf die ungewöhnlichen und sensationell aussehenden Torten und Kuchen, aber ich nahm Schokolade mit (für Pralinen war es zu warm).

Joël hatte von einer kleinen Kaffeerösterei erzählt, von der er seine Espressobohnen bezieht: In diesem Maison Santos nahm ich mir ein Pfund mit. Und dann wollte Herr Kaltmamsell noch die typisch luxemburgische Rieslingpastete, er bekam sie in der Bäckerei Fischer.

Unseren Gastgeber ließen wir jetzt ziehen. Wir sahen uns noch in einem Supermarkt um und entdeckten unter anderem, dass es hier Gemüse bereits für Gerichte zusammengestellt im Paket gab: Gemüsesuppe, Ratatouille, Couscous. Es ging auf zwei Uhr zu, ich bekam Hunger. In einer Bäckerei holten wir uns reich belegte Semmeln und gingen damit heim. Ich hatte auch einen Joghurt und ein Eclair gekauft, im Apartment brotzeiteten wir.

Als ich genug ausgeruht hatte, machte ich mich auf einen Spaziergang durch das Petruss-Tal, das wir von der Pont Adolphe gesehen hatten (während Herr Kaltmamsell weiter ausruhte und las). In Sommersonne und mit vielen anderen Spaziergängern und -radlerinnen wandelte ich durch ein Idyll – inklusive Tiersichtungen (das Eichhörnchen – luxemburgisch “Kaweechelchen”, wie niedlich ist das denn? – und die Eidechse konnte ich nur angucken, nicht fotografieren).

Pont Adolphe, von dem aus ich vormittags fotografiert hatte.

Kreuzung der Wasserläufe Petruss und Alzette.

Abends waren wir mit Joël und dem Ehepaar D. in dem Restaurant eines Pferdehofs verabredet, der Brasserie Beim Pier. Wir saßen wunderbar auf einer Terasse in Abendsonne und Sonnenuntergang, sahen weit über die Landschaft, vermissten im Panorama lediglich das eine oder andere Schloss (wenn sich das Fremdenverkehrsamt vielleicht kümmern mag?). Über Gesprächen über Kulturen, Nationen, nordafrikanische Patisserie, Schulsysteme, Überschwemmungen (auf Englisch als der einen Sprache, die wir alle fünfe verstanden) tranken wir Rosé aus der Provence und aßen Steak, Königinpastetchen, Nierchen in Senfsoße (letzteres hatte ich gewählt und war ganz begeistert von der Soße – die ich hoffentlich bei Ketty Thull finde?).

Auf der Heimfahrt machte Joël einen Umweg, um uns das Schoberfest (riesiges Volksfest mit etwa dem Grad an Belastung für die Stadt wie das Oktoberfest für München), das am Freitag begonnen hatte, wenigstens von außen zu zeigen.

Journal Freitag, 23. August 2019 – Luxemburg mit Freibad, Burgen und Fotos

Samstag, 24. August 2019

Wir hatten uns verhältnismäßig früh mit unserem Gastgeber zu einem Ausflug ins nördliche Hinterland verabredet, also stellte ich mir einen Wecker, um vorher den Donnerstag verbloggen zu können. Kaffee gab es aus einem Maschinchen im weitläufigen Wendeltreppenhaus des Appartmenthotels, der Espresso schmeckte gut. Draußen strahlte wolkenlos ein Sommertag, es waren hohe Temperaturen angekündigt.

Unser Gastgeber Joël hatte sich ein ganz persönliches Programm ausgedacht (und mir vor der Reise den Tipp gegeben, Schwimmzeug einzupacken): Um meiner Schwimmlust entgegenzukommen, fuhren wir mit seinem Auto eine Stunde über entzückende Örtchen nach Vianden, dort gibt es auf einem Berg ein Freibad mit 50-Meter-Bahn. Und vor allem mit einer sensationellen Aussicht.

Zwischen Freibadberg und der stattlichen Burg liegt ein Tal mit dem Ort Vianden, der allein schon sehenswert schnucklig war – und ganz anders als daheim aussah, was ein intensives Urlaubsgefühl erzeugte.

Das Becken war eine halbe Stunde nach Öffnung noch recht leer, so konnte ich auch ohne Teilungsschnüre Bahnen ziehen. Allseitiges Schwimmen, ich beschränkte mich auf 1.200 Meter, um nicht so lang zu verschwinden.

Nächster Programmpunkt war die Burg Vianden, eine der größten Europas, und wie ich unter anderem lernte, in den 1970ern und 1980ern von einer Ruine zur jetzigen Pracht rekonstruiert.

Besonders begeisterten mich einige der museumspädagogischen Konzepte. Zum Beispiel ein Raum ganz am Anfang der geführten Route, der auf der ersten Ebene der Burg die verschiedenen Bauschichten und -phasen der Anlage offengelegt hatte.

Darüber schwebte ein Gang, von dem aus man die Mauerschichten sah, die mit ebenfalls aufgehängten Tafeln erklärt wurden, auf dem man an wiederum aufgehängten Vitrinen mit Grabungsfunden vorbeikam.

Blick hinauf zur Kapelle.

Kapelle.

Blick hinunter zum Hinauffotopunkt.

Blick hinüber zum Freibad.

Von solch einer Burg hat man schon einen besonders weiten Blick. Zum Beispiel zur Staumauer.

Und natürlich auf den Ort Vianden.

Burg vor der Rekonstruktion.

In einem Raum auf der obersten Ebene war ein Modell der Burg zu sehen. Mit einer eigenen Augmented-Reality-App konnte man daran die Form der Burg durch die Jahrhunderte sichtbar machen. Ein Bild an der Wand bot in Kombination mit der App sogar die Möglichkeit, virtuell durch die Räume in verschiedenen Epochen zu gehen.

Im Café des Besucherzentrums aßen wir einen kleinen Snack, bevor Joël uns in seinem Cabrio weiterfuhr: nach Clervaux.

Dort wird im Schloss die Fotoausstellung “Family of Men” gezeigt,1 die Edward Steichen 1955 für das Museum of Modern Art in New York zusammengestellt hatte. Sehr interessant gehängt, manchmal nicht ideal ausgeleuchtet brachten mich die Bilder (viele alte Bekannte, aber auch sensationelles Neues) aufs Nachdenken über das Verhältnis von Fotografierten und Fotografierenden, auf die Wirkung scheinbar kontextloser Aufnahmen in diesem Kontext. Unter anderem.

Resultat: Ich bat Herrn Kaltmamsell innig, mich in möglichst jede Fotoausstellung im Kunstfoyer Versicherungskammer Bayern in München zu zwingen. So viele habe ich in den vergangenen Jahren an mir vorbeiziehen sehen, fast jede faszinierte mich, in keine einzige habe ich es geschafft. Weiteres Resultat:

Nach dem Besuch von Fotoausstellung muss man versuchen, ein besonderes Foto zu machen.

Joël fuhr uns zurück nach Luxemburg Stadt. Nach einem Stündchen Ausruhen spazierten wir durch Innenstadtgassen, -plätze, -straßen mit vielen Menschen vor Cafés und Restaurants zum Abendessen in die Weinbar Dipso. Auf einer herrlich romatisch gelegenen Terrasse gab es Sauvignon, dazu bretterweise Brotzeit.

Luxemburgisches.

Mediterranes mit viel Antipasti-Gemüse. (Und dann noch ein Käsebrett.)

Amüsement über die luxemburgische Version des bayerischen “Mia san mia”.

Heimweg in inzwischen nächtlicher Frische um halb zwölf, auf den Straßen und Plätzchen immer noch viel Feiervolk, Sommernacht.

  1. Angebot an die Macher der Website: Soll ich Ihnen das mal Korrektur lesen? []

Journal Donnerstag, 22. August 2019 – Luxemburg mit Parks, Verkehrsmitteln und EU

Freitag, 23. August 2019

München verabschiedete uns morgens mit Sonne. Am Bahnhof kauften wir Brotzeit beim Bäcker, setzten uns damit um halb neun in den ICE, der uns pünktlich nach Mannheim brachte. Die heutzutage wegen Verspätungsgefahr knapp bemessenen zehn Minuten Umsteigezeit dort reichten also bequem, eine Regionalbahn brachte uns nach Saarbrücken.

Schwäbische Alb sieht nach einem attraktiven Wandergebiet aus.

Augustfarben.

In Saarbrücken wartete unser Luxemburger Gastgeber mit Auto auf uns, praktischerweise hatte er hier gestern vormittag einen beruflichen Termin. Wir kamen also um die Suche nach dem Bus fürs letzte Stück nach Luxemburg herum. Um halb vier waren wir da.

Nach Einchecken in unserem “Studio” eines Apartmenthotels trafen wir uns in der Gastgeberwohnung ums Eck auf einen Kaffee. Wir bewunderten die sehr schöne Wohnung mit weitem Blick über die umliegenden Hügel, bevor wir uns zu einem Spaziergang durch Parks und Verkehrsmittel Luxemburgs aufmachten.

Übergang zum einem der beiden Aufzüge, die Oberstadt und Unterstadt verbinden.

Aufzug von unten.

Pfaffenthal, durch das die Alzette fließt.

Nächstes Verkehrsmittel war die Standseilbahn, die vom Pfaffenthal hoch nach Kirchberg führt: Hier sitzen die EU-Behörden, hier liegen aber auch die neue Philharmonie, das Museum für moderne Kunst und wunderbar restaurierte Befestigungsanlagen.

Altes und neues Luxemburg auf einen Blick.

Blick von der Festung hinüber übers Tal auf die Oberstadt.

Mit der neuen, wunderschönen Tram und der Standseilbahn fuhren wir hinunter zum neuen Bahnsteig Kirchberg. Ein Zug brachte uns in den Stadtteil Dommeldange und zum Restaurant Grunewald, wo wir auf der Terrasse neben Kräutern und Weinstöcken saßen. Zwei Luxemburgerinnen und ein sympathischer Hund gesellten sich zu uns. Über Plauderei aßen wir gut, außerdem lernte ich den weißen lokalen Wein Auxerrois kennen.

Artischocke, Kabeljau aus dem Bananenblatt. Nachtisch war ein sehr zu Recht angepriesener Baba au rhum.

Eine Freundin des Gastgebers war mit dem Auto da und brachte uns alle zurück in die Stadt (ich ergatterte den Beifahrersitz inklusive Hundekuscheln).

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Neue Folge von Sibylle Bergs Interviewreihe “Nerds retten die Welt”:
“Gespräch mit Elizabeth Anne Montgomery, Professorin für Pathologie und Onkologie an der Johns Hopkins School of Medicine in Baltimore, USA.”

Unter anderem über den Unterschied zwischen Pathologinnen in Fernsehserien und im Labor, die Rolle von KI in ihrer Arbeit, Fortschritte und Stagnation in der Krebsforschung.

Journal Mittwoch, 21. August 2019 – Bitte noch kein Herbst

Donnerstag, 22. August 2019

Morgens versuchte ich es wieder mit Schmerzmedikation – und in den darauffolgenden Stunden verschwand mein Hinken ganz, ich ging wieder mit Elan. Wenn das reproduzierbar wäre und ich die Angelegenheit mit 600 mg Ibu alle fünf Tage im Griff behalte – wäre das für die nächste Zeit wirklich klasse.

Emsiger Arbeitstag unter gemischtwolkigem Himmel, aus dem es auch mal regnete. Ich löste ein technisches Problem systematisch und konnte zu meiner Freude Kolleginnen damit weiterhelfen. Mich allerdings auch zum Vollhorst gemacht, weil ich die IAA in Hannover verortete statt in Frankfurt (das MAN-Girl ist immer noch stark in mir).

Mittags aß ich ein Laugenzöpferl sowie Latwerge mit Quark – ich werde mit etwas mehr Einsatz die eingekochten Zwetschgen 2018 wegfuttern müssen, bevor der Jahrgang 2019 anrückt.

Auf dem Heimweg Einkaufsabstecher in der neuen Mall auf der Theresienhöhe. Ich bin weiterhin gespannt, ob sich Kundschaft für all die Bekleidungs- Süßigkeiten- und Schnickeldi-Läden dort findet. Selbst kaufte ich in der Drogerie und im Vollcorner ein, die hier für mich wirklich praktisch liegen.

In meinem Internet werden seit Tagen Herbstanzeichen (Geruch, Licht) gesucht und gefeiert. Bei aller Liebe zum Herbst: Ich bin noch nicht so weit! Mir fehlen noch unter anderem: Maria Einsiedel, Hirschgarten, tinto de verano, mindestens fünf Balkonkaffees, mindestens zwei Eisdielen, Wassermelone mit Minze und Feta, etliche Sandalentage, Rosé auf dem Balkon, mehrere Wochen ganztägig offene Fenster.
Die Herbsterwartung mag hier in Bayern schon deshalb deutlich in den September verschoben sein, weil die Sommerferien bis dahin reichen.

Herr Kaltmamsell empfing mich wieder mit einem Festmahl.

Hähnchenbrust a la Kim mit gebratenen Pilzen und cremiger Polenta – köstlich. Dazu im Glas ein spanischer Sauvignon Blanc Saxum aus Rueda mit schönen Noten von Waldmeister und weißem Campino-Bonbon.

Kofferpacken für Luxemburg. Es ist durchgehend schönes Wetter angekündigt, ich beschränkte mich also auf Sommersachen.

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Nochmal von vorne und die ganze Geschichte. Mit – das ist fast das beste daran – sinnlichen Autorenfotos.
“Wir schafften es bis nach Amerika! So wurde #dichterdran zum Twitter-Phänomen”.

Auch lesenswert ist der Verlinkte Artikel im Atlantic zum Thema Feuiletonbewertungen von Schriftstellerinnen:
“The Hazards of Writing While Female”.

Ich musst sehr an The Power von Naomi Alderman denken, in dem ein fiktiver Schriftwechsel zwischen einem männlichen Autor und einer weiblichen Herausgeberin vorkommt – mit umgedrehtem Machtverhältnis, was sich deutlich auf die Tonalität auswirkt.

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Wir dürfen nicht aufhören, das Gebaren von Donald Trump als komplett unakzeptabel anzusehen. Doch die Gefahr besteht, absurd Lächerliches auf dieselbe Stufe zu stellen wie Schädliches und Bösartiges. Dieser Tage hat Trump Dänemark öffentlich angeboten, ihnen Grönland abzukaufen. Und als die Regierungschefin öffentlich ablehnte, seinen Staatsbesuch dort im September abgesagt. Doch wenige Tage vorher musste ihm ein Bundesgericht untersagen, weiterhin internierten (!) Kindern (!) von illegal Eingewanderten Seife, Zahnbürsten und saubere Betten zu verweigern.

Sascha Lobo untersucht, was Trumps unablässige Grässlichkeiten in der Wahrnehmung anrichten können:
“Wir verlieren den Kampf um unsere Köpfe”.

Das Spektakuläre sticht das Schlimme. Keine neue Erkenntnis, dass Trump einen wahren Monstrositätenhagel niederprasseln lässt, in dem die einzelne Großmonstrosität in der Masse untergeht. Es handelt sich um eine erprobte, rechtsextreme Kommunikationsstrategie, weiter zu eskalieren, bis die schiere Menge der Monstrositäten unbewältigbar wird.

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Doch nochmal Brexit. Schon ein bisschen her, aber immer noch schön: Die Geschichte der Rentnerin, die in England beim Beschreiben von Wänden mit Parolen gefilmt wurde.
“Pensioner worried about ‘wronged’ grandchildren sprawls anti-Brexit graffiti around town”.

She said: ‘Had I known I was being filmed I would have dressed up a bit more.’

Gute Öffentlichkeitsarbeit hat sie gleich mal für Außenwerbung genutzt.

Journal Dienstag, 20. August 2019 – Regen und Anstrengung

Mittwoch, 21. August 2019

Ein regnerischer Tag. Morgens kam ich noch schirmlos in milder Luft in die Arbeit, hatte aber zur Vorsicht Sandalen gegen Halbschuhe getauscht. Doch dann regnete es den Tag praktisch durch.

Menschlich anstrengender Tag, isch möschte das nischt. In so wenig Verantwortung kann ich mich gar nicht runterarbeiten, dass ich nicht vor Befindlichkeitskabbeleien davonlaufen muss.

Nach Feierabend hatte ich den nächsten Termin zum Reha-Sport. Die Gruppengymnastik war diesmal ein Witz: Frau Physio (eine andere als die letzten beiden Male, diese kam schon mal fünf Minuten zu spät, machte dafür fünf Minuten früher Schluss, blieben 20 Minuten für Gymnastik und Aufräumen) machte nur bruchstückhafte Ansagen, erklärte nichts dazu (wozu dient die Übung? wo soll ich die Bewegung spüren? worauf muss ich achten?), schaute nicht hin, korrigierte nichts (selbst als Laiin sah ich aus dem Augenwinkel gefährliche Fehlhaltungen) – da ist jedes YouTube-Video gründlicher.

Anschließend absolvierte ich meine Runde durch den Gerätepark, das 60-Minuten-Programm dauerte wieder knapp anderthalb Stunden. Nach der Schmerzpause am Wochenende ging es mir gestern den ganzen Tag schlechter.

Fußmarsch nach Hause durch zeitweiliges Tröpfeln. Daheim erwartete mich Herr Kalmamsell mit vielerlei Leckereien, ich öffnete zur Entspannung eine Flasche Bordeaux.

Scharfe Auberginen, Orecchiette mit Karottengrünpesto, Panisse in Weihnachtsausstecherleformen. Alles sehr köstlich und besänftigend.

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Laurie Penny arbeitet seit einiger Zeit als Drehbuchautorin und hat aus dieser Erfahrung interessante Schlüsse gezogen:
“We Can Be Heroes: How the Nerds Are Reinventing Pop Culture”.

(Über die Rolle von Fan Fiction in gesellschaftlichen Entwicklungen hat Laurie Penny schon mal einen beeindruckenden Vortrag auf der re:publica gehalten.)
(Und ich liebe sie für Formulierungen wie “certain chin-strokers of the Twitter-fueled commentariat”.)

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Weil wir gerade bei Drehbüchern sind. Sail Austerlitz schreibt über das Schreiben der Fernsehserie Friends.
“A Party Room and a Prison Cell
Inside the Friends writers’ room.”

via @ankegroener

Friends’ style was adapted from Seinfeld’s interlocked model, in which each episode had an A, B, and C plot (Carol is pregnant; Monica is cooking for her parents; Rachel has misplaced her engagement ring). This created the challenge of intertwining separate stories, but it also prompted an insatiable hunger for story lines. A single season of Friends would require seventy-two separate plots, each with its own introduction and resolution, each with its own array of jokes and emotional moments. And fully plotted stories would regularly be tossed out because they flopped in rehearsals or during a shoot. The sheer volume of polished material that the writers of Friends had to come up with placed inordinate pressure on the writers’ room to work in sync and to pick up each other’s slack.

Journal Montag, 19. August 2019 – Zug statt Flug ist anstrengend

Dienstag, 20. August 2019

Unruhige Nacht, in den frühen Morgenstunden gewitterte es heftig.

Auf dem Weg in die Arbeit brauchte ich zunächst einen Schirm, aber es war mild.

Dichter Arbeitstag, danach musste ich zum Bahnhof. Zu unseren Zugtickets nach Luxemburg hatte ich am Wochenende nämlich eine Nachricht bekommen: “Es liegen Fahrplanaenderungen zu Ihrer Verbindung vor”. Hinter dem Link standen für die Rückfahrt zwei zusätzliche Umstiege in Frankreich, wir hätten also von Luxemburg bis Saarbrücken bereits dreimal umsteigen müssen. Dazu suchte ich nach einer Alternative. Obwohl im Reisezentrum am Hauptbahnhof viel los war, musste ich nicht lange warten: Es waren zwischen 15 und 17 Schalter geöffnet, und das Wartenummernsystem ist wirklich praktisch (auch wenn die beiden freundlichen Herren an der Infotheke es während meiner Wartezeit ca. 15 Menschen erklären mussten). Ergebnis: Es gibt einen Schienenersatzverkehr statt der lustigen Zusatzumstiege, der halt nicht in der Online-Verbindungssuche aufgeführt war, wir müssen lediglich 15 Minuten früher abfahren.
(Aber: Wenn ich nicht zufällig in Fußweite zum Bahnhof wohnte, wäre das ein ziemliches Gefuchtel geworden. Es ist anstrengend den Eindruck abzuschütteln, man werde in fast jedem Detail für die Entscheidung Zug statt Flug bestraft.)

Anschließend holte ich in der Lebensmittelabteilung vom Hertie noch Obst und Gemüse für Bürobrotzeit sowie eine geschnittene Ananas und Schlagsahne zum Nachtisch.

Herr Kaltmamsell kochte uns zum Abendbrot Ernteanteilgemüse (Karotten, Lauch, Kartoffeln), ich bereitete eine Einbrenn für Geschmack dazu, das Ganze gab es mit Ernteanteilpetersilie vermischt.

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Ein weiteres noch aufzuarbeitendes Kapitel der DDR- und Wiedervereinigungsgeschichte: Vertragsarbeiter. Erst kürzlich erzählte mir eine ehemalige Werkskrankenschwester aus Erfurt, wie komplett unvorbereitet und verschreckt sie die Menschen aus Mosambik erlebte. Von Vertragsarbeitern aus Vietnam und ihren Nachkommen in Deutschland hatte ich schon hin und wieder gelesen, gestern brachte mir Twitter den Link zu einem Artikel über Mosambiker:
“Die Ungehörten: DDR-Gastarbeiter aus Mosambik über Lohnbetrug und Rassismus”.

via @beck_zoe

“Ich bin mit leeren Taschen nach Hause gekommen. Man hatte gesagt, mein Geld ist in Mosambik”, so Macau. In seiner Heimat hieß es wiederum, das Geld sei in Deutschland geblieben. Es stellte sich schnell heraus, dass das Einkommen der Gastarbeiter mit den Staatsschulden von Mosambik an die DDR verrechnet wurde.

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Ein wenig John Oliver:

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https://youtu.be/TATSAHJKRd8