Journal Mittwoch, 9. Oktober 2019 – Regentag mit Busgeschichten

Donnerstag, 10. Oktober 2019 um 6:42

Gute Nacht mit wenig Schmerz und tiefem Schlaf.
Ich wachte zu Regenrauschen auf. Also nahm ich wieder den Bus – diesmal mit dem Highlight des stillen, freundlichen Busfahrers in XXL-Format, der eine aufgeregte Auswärtige mit bekrakeltem Zettel in der Hand zur richtigen Haltestelle lotste und ihr nachsah, bis sie auch wirklich in die richtige Richtung lief, der der Mutter mit Kind vor mir aber auch mir beim Aussteigen sanft einen schönen Tag wünschte. (Alles künftige Figuren in dem Roman, den ich nie schreiben werde.)

Einerseits war es nur eine Frage der Zeit, andererseits erstaunt mich, dass das erst jetzt kommt: Ich fuhr an Werbeplakaten vorbei, die Körperpflegeprodukte speziell für tätowierte Haut anpriesen. (Dann wieder: Seit vielen, vielen Jahren tragen junge Mädchen und junge Frauen ihr Haar fast ausschließlich lang – und erst seit ca. zwei Jahren werden gezielt Langhaar-Pflegeprodukte beworben. Vielleicht ist die Kosmetikbranche so geeicht darauf, körperliche Makel und Probleme zu erfinden, gegen die es dann Produkte verkaufen kann, dass sie erst lernen muss, dass Menschen auch darauf anspringen könnten, Schönes durch Pflege wertzuschätzen?)

Es regnete den ganzen Tag durch, in nassen Gardinen.

Die gute Nacht hieß gar nichts, diesmal war es am Tag, dass mich die Schmerzen am meisten plagten, diesmal ausnahmsweise hauptsächlich im Sitzen.
Ich sehe langsam einen roten Faden. Wenn ich weiterhin der Aussage meines Körpers vertraue, dass es a) die Hüfte ist, b) massive Verspannungen der dortigen Muskulatur – dann waren ja Vorläufer Schmerzen beim Gehen und in der LWS-Muskulatur, die ich versucht habe durch Körperspannung zu kompensieren, vor allem durch Anspannen der unteren Bauchmuskulatur. Wie ich ja grundsätzlich seit vielen, vielen Jahren auf Körperspannung geeicht bin, im Grunde seit meinem ersten Tanzkurs mit 16. Das wurde schließlich in jeder Sporteinheit als Basis vorgegeben und kam meiner hochtourigen, angespannten Grundhaltung entgegen. Dass das als Gegenspieler sozusagen Dehnung und Entspannungstechniken erfordert, ist an mir vorbeigegangen oder wurde von Vorturnerinnen und Vorturnern nicht betont.

Stehen tat meinen Schmerzen gestern nicht gut, aber jetzt habe ich doch diesen höhenverstellbaren Schreibtisch, der mich stündlich erinnert, 5 Minuten im Stehen zu arbeiten, sonst leuchtet ein Licht böse gelb, also stand ich halt jede Stunde. Mehr muss man wahrscheinlich über mich nicht wissen.

Mittags eine Breze und Hüttenkäse mit einer Birne aus Ernteanteil – letztere zwar nicht so saftig, wie ich meine Birnen gerne habe, aber eine Geschmacksbombe.

Wilder Arbeitstag, ich war an Feierabend erschöpft. Da es einerseits weiterhin regnete, andererseits der Süßigkeitenbestand im Hause bedrohlich niedrig lag, nahm ich eine U-Bahn zum Stachus und kaufte dort reichlich Supermarktsüßigkeiten.

Daheim gabe es restlichen Cocido und aufgewärmte Quitte vom Vorabend, dann passten gar nicht mehr so viele Süßigkeiten hinterher.

Die Heißwasserlage war weiterhin unsicher, zum einlaufenden Entspannungsbad kochte ich vorsichtshalber zwei Töpfe Wasser. Bad tat gut, anschließendes Dehnen bleibt nahezu unmöglich.

§

Wie war das nochmal mit Geschlechtsunterschieden bei kleinen Kindern, die hormonell bedingt sein sollen?
“Das Märchen vom frühen Testosteron-Anstieg”.

via @fraeulein_tessa

Daten aus einer großen kanadischen Studie, für die Hormonspiegel von 1234 Heranwachsenden zwischen null und 18 Jahren gemessen wurden, belegen: Nach dem ersten Lebenshalbjahr ist bis zur Pubertät auch bei den Jungs erst einmal Testosteron-Flaute. Der Testosteron-Spiegel liegt während dieser gesamten Hauptphase der Kindheit nahe null.

(…)

Etwas anderes ist für die Neurowissenschaftlerin dafür umso klarer: „In einer Welt, die im Baby zuallererst ein Mädchen oder einen Jungen sieht, verstärken sich Geschlechterdifferenzen, so subtil sie zunächst auch sein mögen, sehr rasch.“

§

Hilflosigkeit und Trauer: Gestern wurde in Halle eine Synagoge brutal angegriffen. Für den Spiegel erklärt Veronique Brüggemann
“Ausgerechnet Jom Kippur”.

Antisemiten wollen jüdisches Leben in Deutschland unmöglich machen:

die Kaltmamsell

6 Kommentare zu „Journal Mittwoch, 9. Oktober 2019 – Regentag mit Busgeschichten“

  1. Madame Graphisme meint:

    Große Liebe für Ihr “Schönes wertschätzen” bei Tattoos! :)
    Und anekdotische Evidenz zum Dehnen: Ich bin auch so körpergespannt und war völlig von den Socken, dass mir Yoga (“laaangweilig!” … “Oh, ist ja doch anstrengend, dann gildet dat als Spocht!”) die Kalkschulterschmerzen wegdehnen half.
    Als Kraftsportler ist man da ja manchmal büsschen komisch.
    Aber, alter Falter, Balance! Da hat man auch beim Squatten was von.

  2. Hauptschulblues meint:

    Der Staat hat viel zu wenig nach rechts geschaut, statt dessen sich auf die gesamte Linke konzentriert. H. hat das selbst schmerzlich erfahren, seit den späten 60ern. Und damals waren noch Kriegsverbrecher und Nazis in Regierungen und Behörden, untergebracht durch Seilschaften. Rechte stellen den Staat nicht in Frage (außer Reichsbürgern, die wollen allerdings das Deutsche Reich), während Linke in Konsequenz ein völlig anderes System wünschen, den existierenden Staat abschaffen wollen.
    Jetzt haben wir ein Riesenproblem, das wahrscheinlich schon entwachsen ist. Polizei, Bundeswehr, Behörden werden still unterwandert. Die Antifa wird knallhart verfolgt.
    Aktuell aus Spiegel Online:
    “Demnach ist in dem Dokument(des mutmaßlichen Täters)davon die Rede, “vorzugsweise Juden” zu töten. Auch Muslime oder Linke werden als potenzielle Ziele erwähnt.”
    https://www.spiegel.de/panorama/justiz/halle-was-ueber-den-anschlag-und-den-verdaechtigen-stephan-b-bekannt-ist-a-1290760.html

  3. Trulla meint:

    @Hauptschulblues
    Sie haben absolut recht.
    Furchtbar schlimm, wenn der rechte Mob mordlüstern auf Jagd geht. Noch schlimmer, wenn staatliche Institutionen nicht eindeutig dagegen angehen. In den vergangenen Jahren hat der Staat mehr als einmal versagt bei der Aufklärung und Verfolgung. Der Eindruck, dass eine faschistisch geprägte Unterwanderung teilweise schon stattgefunden hat, kommt nicht von ungefähr. Das ist mehr als besorgniserregend!

    Mir fallen einige schreckliche Vorfälle ein, die das zu bestätigen scheinen.

    Ein Lichtblick war die Ablösung des Herrn Maaßen als oberster Verfassungsschützer. Damit keimt Hoffnung auf, dass das rechte Auge nun wieder sehend wird, das so lange offensichtlich blind war bzw. das Auge fest zugekniffen hat.

  4. kritiker meint:

    ist der tagesspiegelartikel mies. es wird gar nicht die konkrete studie mit daten aus kanada verlinkt. dieses internet ist auch 2019 irgendwie noch neuland für die journaille.
    wahrscheinlich ist doi:10.1515/cclm-2015-0027 gemeint. dafür wurden daten von 471 kindern ausgewertet und je nach alterskohorte gab es teilweise recht wenig proben mit 43-180 männlichen kindern. entsprechend hoch sind teilweise die unter- und obergrenzen der männlichen referenzintervalle der alterskohorten.

  5. Hauptschulblues meint:

    @kritiker:
    Mies ist der Artikel nicht. Was erwarten Sie von einem feuilletonistischen Artikel?
    Unterhaltsam, anregend, mit Lesehinweisen. Z. B. das Caliper Projekt.

  6. Defne meint:

    Den Roman den Sie nie schreiben werden:
    Ich würde mich freuen wenn der Roman geschrieben würde, Alltagsgeschichten sind immer wieder spannend.
    Leider bin ich so gar keine “Schriftgelehrte” sonst hätte ich auch genügend Stoff vor allem auch mit den vielen Fahrten mit der MVG.

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