Journal Dienstag, 7. April 2020 – Ferdinand von Schirach, Kaffee und Zigaretten

Mittwoch, 8. April 2020 um 6:23

Eigentlich gut geschlafen, aber dann doch mit Angst vor dem Arbeitstag um fünf aufgewacht.

Nach der Runde Kraftübung doch nochmal ein Yoga-Versuch mit Adriene: Leider waren das Übungen im Stehen – ich konnte fast 90 Prozent nur auf einer Seite mitspielen, weil mein rechtes Bein durch die wehe Hüfte nicht trägt. Und so nervte mich plötzlich auch das pausenlose Geschnatter.

Herrliche Radfahrt in die Arbeit durch einen milden Frühlingsmorgen (und wie so oft erwies sich, dass frisch aufgepumpte Reifen das Treten deutlich erleichtern).

Mittelhöllischer Arbeitstag, in der jetzigen personellen Situation kann ich halt nicht ungestraft zwei Tage frei nehmen. Ich war emsig bis Feierabend, nahm mir aber die Zeit für eine Mittagspause mit Käse, zwei Birnen und einer Tageszeitung.

Nach Feierabend brauchte ich nicht mal eine Jacke. Ich radelte zur Hofbräuhausmühle und kaufte Kuchenmehl nach (Type 405).

Daheim servierte Herr Kaltmamsell Flammkuchen mit Ernteanteil-Lauch, ich hatte zur Nachspeise Quarkfein gemacht.

Familien-Osterfrühstück findet heuter über Jitsi statt, erfolgreicher Testlauf mit meinem Bruder.

Zur gewohnten Stunde Treffen unserer Leserunde, diesmal über Google Hangout (ich bin die Plattform seit Jahren so gewohnt, dass ich nicht mal mehr wusste, dass man zur Teilnahme einen Google Account braucht). Allen geht’s gut, die einen genießen das Arbeiten von daheim aus, die anderen sind dadurch sehr angestrengt.

Wir sprachen über Ferdinand von Schirach, Kaffee und Zigaretten, eine Sammlung von Kurz- und Kürzesttexten, non-fiction aus dem Leben des Autors. Sehr nett und anregend zu lesende Geschichten und Gedanken, darüber waren wir uns einig. Auseinander ging die Rezeption des lakonischen und gutbürgerlich-distinguierten Duktus’: Manche mochten ihn und seinen aus der Zeit gefallenen Zauberberg-Hauch sehr, andere – darunter ich – verspürten Unbehagen bei diesem personifizierten Zeit-Feuilleton im maßgeschneiderten Dreiteiler mit rahmengenähten Schuhen. Zum einen fehlten mir die Brüche an dieser Persona (die andere Mitlesende durchaus sahen), zum anderen, das wird mir erst jetzt klar, ein wenigstens manchmal spielerischer Umgang mit all der Bildung und all dem privilegierten Hintergrund, der für mich immer von Reflexion zeugt und den Gebildeten in Verhältnis zum Erlebten und Gelernten gesetzt hätte. Der Duktus ist quasi prä-modern.

Am Ende diesmal also kein Heimweg, der in der lauen Abendluft sicher wunderschön gewesen wäre, sondern nach dem Abschied lediglich ein Ausschalten.

§

Die Rechten hört man zur Corona-Epidemie praktisch nicht. Nein, die Medien ignorieren sie keineswegs: die Öffentlich Rechtlichen lassen auch sie in der Riege aller gewählten Parteien zu aktuellen Aspekten dieses Themas in die Kamera hineninmeinen. Aber sie melden sich nicht von selbst zu Wort, es ist geradezu brüllend still. Faschismus-Expertin Natascha Strobl hat sich also dorthin begeben, wo die Rechten miteinander reden und hat ihre Haltung zur Epidemie herausgefunden, hier der Twitter-Thread. (Zusammenfassung: Sie haben nichts dagegen, wenn “das Schwache” durch eine Seuche ausgemerzt wird.)

die Kaltmamsell

4 Kommentare zu „Journal Dienstag, 7. April 2020 – Ferdinand von Schirach, Kaffee und Zigaretten

  1. arboretum meint:

    Hm. Bei einem intelligenten Menschen, dessen prominenter Großvater im NS-Kriegsverbrecherprozess in Nürnberg wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt wurde, vermute ich schon ein paar Brüche. So ein Nachname klebt doch an einem wie Teer.

  2. Frau Irgendwas ist immer meint:

    Ich bewundere Sie sehr fürs radeln, hier gibt es noch immer (fadenscheinige) Gründe fürs Auto (und im Momnet eher nicht den ÖPVN) zu nehmen.
    Bleiben Sie gesund, samt allem Familienanschluss, frohe Ostern!

  3. die Kaltmamsell meint:

    Menschen sind verschieden, Frau Irgendwas ist immer: Für mich wäre es eine Strafe, nicht radeln zu können. (Zumindes das, wenn ich schon nicht mehr überallhin zu Fuß gehen kann.)

  4. Margarete meint:

    Fürwahr – – wir hatten es bis dato noch nicht gewusst:
    Es lebe die Individualität und Divergenz im Denken und Tun!

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