Bis sieben geschlafen, das machte die unruhige Phase mittendrin wieder wett.
Der Himmel war morgens bedeckt, die Temperatur perfekt für das gestrige Vorhaben: Wandern von Kirchseeon nach Aying.
Während Herr Kaltmamsell den Vormittag noch zum Arbeiten nutzte, trank ich meinen Morgenkaffee auf dem Balkon und bloggte.
Foto: Herr Kaltmamsell.
Sogar für eine Runde Yoga war noch Zeit, bevor ich mich wanderfertig machte. Zum Frühstück gab’s ein Stück Mangold-Coca vom Vorabend und eine Banane.
Mittlerweile war es auch sonnig geworden.
Die S-Bahn-Fahrt nach Kirchseeon wurde zu einem kleinen Abenteuer: Im U-Bahnhof Stachus lasen wir die Anzeige, dass unsere S6 Richtung Ebersberg erst ab Ostbahnhof fahren würde. Kein Problem, an den Ostbahnhof fahren reichlich Bahnen. Dort war die gewünschte S6 auch für in wenigen Minuten angezeigt. Doch eine Durchsage schickte uns an ein entferntes Gleis (“heute abweichend”). Mit zahlreichen anderen Passagieren hasteten wir also an dieses Gleis – und standen eine Weile ratlos herum, denn es kam keine S-Bahn, auf der Anzeige stand lediglich eine Regionalbahn. Ich lief zurück zum vorherigen Gleis und erfuhr vom Durchsage-Herrn (Kabuff mit Gegensprechanlage), dass die nächste S6 nun doch am angekündigten Gleis abfahren würde, es aber an dem entlegenen Gleis keine Lautsprecher für Durchsagen gebe. Also rannte ich zurück dorthin und machte die Durchsage persönlich. Und zwar mehrmals bei an verschiedenen Stellen des Bahnsteigs, damit auch alle die Info mitbekamen. Ab dann verlief die Fahrt aber reibungslos.
Das Wandern war sehr schön, auch wenn ich die Strecke schattiger in Erinnerung hatte. Es war erfreulich wenig los, und mit den Radler*innen arrangierten wir uns größtenteils gut.
Bei Deinhofen wurde schon geerntet (was nur?). In dieser Gegend ließen wir auch mehrfach schicke Traktoren mit Anhänger vorbei, Landwirtschaft kennt halt kein Wochenende.
Teich mit Seerosen und deutlich hörbaren Fröschen. Wer hat bloß festgelegt, dass die im Deutschen “quak” sagen? Das ist sehr weit weg vom tatsächlichen “räbb”.
Villa am Rand von Moosach, die ich jedesmal bewundere und im Geiste mit Schriftstellerinnen und Malern im 19. Jahrhundert bevölkere.
Problematisch war auch dieses Mal wieder der Abschnitt zwischen Oberseeon (gleich hinterm Steinsee, an dem gestern eine Menge Badevolk war) und Schlacht: Wir haben immer noch keinen wirklich guten Weg gefunden (der in der ursprünglichen Wanderbeschreibung existiert nicht mehr), diesmal kamen wir südlich von Schlacht aus dem Wald auf eine Landstraße, die wir ein ganzes Stück entlang gehen mussten. In Schlacht rasteten wir.
Mit dieser Aussicht.
Aber wie’s halt ist, wenn man Pause beschließt, “sobald die nächste Bank kommt”: Es kommt keine. Diese war die erste 20 Minuten nach Pausenbeschluss.
Bei Kastenseeon hatte ich 2013 meine ersten Belted Galloways gesehen. Mittlerweile scheint dieser Hof einen ganzen Rinderzoo zu haben, selbst ich Laie konnte fünf Rassen unterscheiden.
Ich bin eine lästige Wanderbegleitung: Nicht nur bleibe ich ständig stehen um zu fotografieren, sondern auch, um Beeren zu naschen (gestern erwischte ich eine reife Walderdbeere) und an Rosen zu schnuppern. Doch gestern war ich um letzteres froh: Die obige Rose roch exakt wie das allererste Parfum, das ich je besaß, ein Fläschchen Rosenparfum, das mir meine Oma schenkte. Ich war noch so klein, dass ich nie auf die Idee kam, mich damit zu betupfen (das taten nur Große), schraubte aber immer wieder das Fläschchen auf, um an dem wundervollen Duft zu schnuppern.
Das Familienbad Kastenseeoner See war sehr voll – zumindest die Liegewiesen, im See selbst sah ich nur wenige Köpfe. Bei Lindach blieben wir länger stehen: Über einer Wiese, die gerade gemäht wurde, kreisten fünf mächtige Greifvögel.
Nach knapp fünf Stunden ohne große Mühe erreichten wir Aying, schön wie immer. Nach den derzeit üblichen Pandemie-Formalien ließen wir uns im Biergarten nieder und bestellten die Brotzeitteller.
Übersichtlicher als früher (siehe hier unten, Pressack traut sich wohl niemand mehr), dafür ohne Überfressung zu schaffen. Dazu für mich eine Apfelschorle und eine Halbe Dunkles Bier.
Rückreise mit der S-Bahn ohne Abenteuer, ich freute mich darauf, die sommerliche Wandermischung aus Schweiß, Dreck und Sonnencreme abzuduschen.
§
Nicht nur die bayerischen schönen Landschaften ächzen unter rücksichtslosem Inland-Tourismus (von dem auf der gestrigen Wanderung zahlreiche selbstgemachte Schilder zeugten, mit denen Anwohner wildes Parken, Müllhaufen und scheißende Hunde fernzuhalten versuchten, an Stalleingängen sah ich rot-weißes Absperrband – was IST mit den Leuten?!). Mein favorite shepherd James Rebanks schreibt im Guardian über die Zustände im englischen Lake District:
“Camper vans, crowds, hanging dog poo bags: can the British countryside cope this summer?”
Like many who live in tourist honeypots, we have long bemoaned the impact of visitors. We grumble about their driving, their parking, and their aimless milling about in inconvenient places. During lockdown, people felt that they had got their community back. No procession of tourists past their front door with Alpine walking sticks and enough mountaineering kit for an assault on Everest. No folks peering into their home. No camper vans blocking their drive, or knocking their wing mirrors off in the narrow lanes. No noisy crowds on the village green, eating ice-creams. No idiots jostling elderly residents with their backpacks in the post office. No dog mess hanging from trees in “recyclable” plastic bags, waiting for the dog-poo fairies to bin it. No one urinating on their drive late at night, heading back to B&Bs from the pub. And no dickheads using satnav to climb mountains, then having to call out (and risk the lives of) mountain rescue volunteers when they get stuck on rocky crags in the freezing rain wearing only T-shirts and trainers. There was a sense of relief to be done with all those hassles for a while.
(…)
Places of beauty are always “contested”; they have layers of use and meaning to a whole range of people. With so many demands on a landscape, perhaps we need to think more creatively about how to manage those tensions. Charging for entry and using technologies such as number-plate recognition could make things easier; we could use the proceeds to help manage the area, supporting local communities and traditional farming, repairing footpaths, and undertaking ambitious environmental restoration projects.
Als Nutzerin von teilweise spektakulär angelegten und ehrenamtlich gepflegten Wanderstrecken in ganz Europa hätte ich überhaupt nichts gegen eine Gebühr (siehe Kurtaxe?).