Archiv für November 2022

Lieblingstweets/-tröts November 2022

Mittwoch, 30. November 2022

Erst mal Lieblingstweets. Möchte sich noch jemand darüber lustig machen, dass ich meine Lieblingstweets immer als Screenshots veröffentliche statt mit einer Software, die sie sich aus Twitter zieht? Na? NA? (Nur dadurch kann ich sowas wie die Best-of-the-best-Sammlung zusammenstellen.)

Erste Male: Nun auch Lieblinge von Mastodon (wobei auffallend oft uralte Tweet-Späße recyclet werden, die kennen Sie ja schon). Ich hoffe, ich war sorgfältig genug beim Beachten der verschiedenen Öffentlichkeitsstufen.

Journal Dienstag, 29. November 2022 – Der Bruch mit John Irving

Mittwoch, 30. November 2022

Ein regnerischer Morgen, ich marschierte unterm Schirm in die Arbeit – auch wenn es nur tröpfelte, wollte ich nicht feucht werden.

Mittags gab es Äpfel und Geflügelsalat (immer noch der Truthahn), der mir ausgezeichnet schmeckte.

Emsiger Arbeitstag ohne Überwältigendes.

Ich hatte Sportzeug dabei: Da Herr Kaltmamsell abends aushäusig verabredet war, plante ich eine Sporteinheit auf dem Crosstrainer des Vereins. Auf dem Weg dorthin nieselte es immer noch, richtig unangenehmes Wetter. Die Wege in dem historischen MTV-Gebäude zu Umkleide und von dort auf die “Fitnessgalerie” sind für mich immer noch verwirrend, zurück gleich wieder – ich bilde mir nie wieder ein, einen guten Orientierungssinn zu haben. Die Stunde Strampeln war ok, Musik auf den Ohren, in der Halle unter mir Badminton-Training, aber ich kam nicht so richtig in Schwung.

Eine der Jugendstiltore von Umkleiden zu Sporthalle.

Dafür ließ ich es daheim krachen: Ich gönnte mir fast eine halbe Stunde Heizung im Bad zu Duschen und Körperpflege. Abendessen: Rest Kimchi-Suppe vom Montag, Rest Süßkartoffel-Bake vom Samstag, der ist jetzt auch weg. Nachtisch Schokolade.

Mein erster Ernteanteil vom adoptierten Crowdfarming-Orangenbaum war eingetroffen: Ich sichtete die zehn Kilo, um Exemplare mit weichen Stellen zum schnellen Verzehr auszusortieren (alle in Ordnung). Es sind wohl drei verschiedene Sorten, zum Glück wird das mit der “Adoption” eines Baums nicht wörtlich genommen (ist halt solidarische Landwirtschaft, in der die Verbraucherin sich bereits an den Produktionskosten beteiligt und eine Abnahmegarantie gibt).

Gestern beschloss ich, die Lektüre des neuen Irving The Last Chairlift nach gut drei Wochen abzubrechen: Keine einzige Figur interessiert mich wirklich, und passieren wird nach gut der Hälfte des Romans ohne interessante Begebenheiten sehr wahrscheinlich auch nichts Interessantes. Die schludrige (nicht im guten Sinn) Geschichte aus der Sicht von Adam, einem Schriftsteller (echt jetzt? schon wieder?) über ihn in den USA der 50er bis 80er (danach hörte ich auf) mit seiner Mutter und ihrer Partnerin, seiner Kusine und deren Partnerin, seinem Stiefvater, der zur Frau transitioniert, mit seinem skurrilen Sex mit skurrilen Frauen – las sich lieblos zusammengewürfelt. Ganze Passagen bis Absätze tauchten mehrfach auf, die Beschreibungen und Handlungen ergingen sich seitenweise in irrelevanten Details, der Roman hätte dringend ein Lektorat benötigt.

Das war’s für mich dann wohl mit John Irving – über den ich einst meine Magisterarbeit schrieb, Thema “John Irving in der Erzähltradition von Charles Dickens”, darin bearbeitet alle seine Romane bis 1994.
Erst kürzlich stieß ich auf dieses Foto:

Ich 1994 bei der Arbeit an meiner Magisterarbeit an meinem ersten PC, geerbt von einem befreundeten Physikstudenten, der ihn selbst zusammengebaut hatte, schon damals sehr veraltet (286er?). In der schönsten Wohnung der Welt.

Wobei der eigentliche Rechner gar nicht auf dem Bild ist: Den hatte ich wohl auf den Boden gestellt, die Kabel aus dem Bildschirm legen das nahe (ich habe keine Erinnerung daran). Ich weiß noch, dass er eine ca. 15 cm hohe Kiste war, halb so groß wie der Tisch, darin mit viel Platz dazwischen die eigentlichen Bestandteile des Computers (man konnte die Kiste mit zwei Druckknöpfen einfach öffnen). Draufgestellt wäre der Bildschirm viel zu hoch gewesen. Die Tastatur sieht so schwebend aus, weil ich sie etwas tiefer auf die ausgezogene Schublade des Tischs stellte, einen alten Küchentisch. Wenig später richtete ich mir mit Ziegelsteinen und Brettern am Fenster (rechts außerhalb des Fotosausschnitts) einen halbwegs ergonomischen Arbeitsplatz ein. An dem ich unter anderem nächtelang Lemmings spielte, das einzige Computerspiel, dass mich je packte.

Neue Lektüre im Bett: Kristine Bilkau, Nebenan.

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Im Guardian nutzt Laura Spinney ein deutsches Phänomen um zu recherchieren, welche Mechanismen Gesellschaften und Individuen zur Verarbeitung schlimmer Vergangenheit oder Erlebnisse anwenden: Nämlich den Umstand, dass die meisten Menschen, über die es Stasi-Akten gibt, diese nicht einsehen wollten.
“If the secret police had a file on you, why wouldn’t you want to see it? Ask the Germans spied on by the Stasi”.

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Sind Sie auch mit dem Verfluchen von “Industriezucker” aufgewachsen, Kampfbegriff der 1980er-Vollwert-Bewegung? Dabei muss man das Zuckerherstellen aus unserem guten heimischen Zuckerrüben (ich erinnere mich an die Waggons voll Zuckerrüben in meiner Kindheit; wenige hundert Meter von meinem Elternhaus entfernt wurden die stillgelegten Gleise der Rübenbahn zu Spazierwegen ausgebaut) gar nicht der Industrie überlassen: Aus Zuckerrüben kann man Zucker selbst herstellen. (Schönes selbstgemachtes Weihnachtsgeschenk?)

Journal Montag, 28. November 2022 – Theresienwiesenblicke

Dienstag, 29. November 2022

Nach gutem Nachtschlaf und gutem Morgenkaffee startete ich gelassen in die Arbeitswoche.

Als ich mich nach Kreuzen der Theresienwiese umdrehte, blickte ich in eine Farb-Explosion aus Orange und Pink.

Das Hochfahren meines Arbeitsrechners beseitigte die Gelassenheit erstmal: Am Wochenende war wieder heftig gearbeitet worden. Ich hetzte hinterher, um vor meinem ersten Besprechungstermin um 9 zumindest einen Teil geliefert zu haben. Zwischen zwei weiteren Besprechungen haute ich ebenfalls eine Menge Holz weg.

Mittags verließ ich das Haus zum Einkaufen: Der Vermentino San Donato hatte mir so gut geschmeckt, dass ich diese Sonderaktion des Vollcorner nutzen wollte – und ich fürchtete, dass der Aufsteller seit vergangenem Donnerstag leergekauft sein könnte. Der Marsch zum Forum Schwanthalerhöhe war trotz düsterem Hochnebel angenehm. Ich sicherte mir vier Flaschen des Weißweins. Auf dem Rückweg buchte ich eine Restaurantreservierung für meinen Chef um, wenn ich schon an dem Lokal vorbei kam.

Zurück am Schreibtisch gab es als Mittagessen Apfel, Truthahn, Orangen.

Die nachmittägliche Arbeit war nicht ganz so druckvoll. Nach Feierabend ging ich direkt nach Hause.

Das Winter-Tollwood auf der Theresienwiese wirkt dieses Jahr viel mehr wie eine Stadt als in den Jahren zuvor. (Vor allem kann ich es aber schier nicht fassen, welche Fotoqualität mittlerweile mit einem Smartphone möglich ist: Ich habe einfach draufgehalten und einmal abgedrückt, auf dem Ergebnis sind selbst die Türme der Frauenkirche gut zu erkennen.)

Zu Hause war ich froh, den schweren Rucksack abzulegen. Eine Runde Yoga, dann bekam ich Abendessen in mehreren Gängen: Herr Kaltmamsell servierte erst mal den Ernteanteil-Grünkohl als kale chips aus dem Ofen, dann den weiter vor sich hin fermentierten Kimchi als Suppe mit Ernteanteil-Pakchoi, Champignons, Truthahnfleisch (köstlich und in der Kälte genau richtig), dazu Kartoffelbrei-Reste als Jumbo-Kroketten aus der Pfanne (schön knusprig, aber inzwischen schmecke ich aufgewärmte Kartoffeln überall raus), dann auch noch ein Schälchen von dem Geflügelsalat, den ich mir aus dem restlichen Truthahnfleisch gewünscht hatte. Trotzdem passte noch Schokolade hinterher.

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maiLab befasst sich, wieder herrlich systematisch, mit der Frage: “Wie viele Geschlechter gibt es?”

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https://youtu.be/8fraZlsmCio

(Die Kollegin, die mich auf das Video hinwies, betonte zurecht: Die Kommentare unter dieser Folge auf YouTube sind eine einzige Flausch-Welle, lesen Sie sie zur Rückgabe von Glauben an die Menschheit.)

Journal Sonntag, 27. November 2022 – Frostig-sonniger erster Advent

Montag, 28. November 2022

Gut geschlafen, erfrischt früh aufgewacht.

Vorm Haus sah ich Raureif auf den Autos, jetzt hatte es doch den ersten Frost gegeben. Beim Bloggen sah ich zu den kahlen Bäumen des Parks vor klarem Morgenhimmel – und als Schattenspiel eine Eichhörnchenjagd um Stämme und über Äste, mit mindestens drei Beteiligten.

Der Sonnenlauf ist jetzt, an den kürzesten Tagen des Jahres, so tief, dass ich die Rolläden nur kurz brauchte: Die Strahlen kamen nicht über die Bäume des Parks.

Ich hatte große Lust auf eine Schwimmrunde, auch auf das Radeln zum Olympiabad. Dafür packte ich mich warm ein.

Meine Augenpartie ist derzeit noch asymetrischer als eh, weil ich seit einer Woche einen Entzündungsknubbel in der Unterseite des rechten Lids habe. (Ich setze darauf, dass er von selbst verschwindet.) Und der Janker verabschiedet sich: Schon nach der ersten Saison hatten die gestrickten Ärmel Flusenwülste, die “Pilling” eine komplett neue Dimension gaben, nach nur drei weiteren hat der Rucksack zwei Stellen am Rücken bis kurz vor Loch gescheuert. Vier Jahre ist eine definitiv zu kurze Lebenszeit, der nächste (Janker gehören seit über 30 Jahren zu meiner Grundausstattung) wird wieder ein ganz traditioneller aus Walkstoff. Aber halt nicht als “Tracht”, sondern als regional lang erprobte Standard-Winterjacke. Es wird wieder schwierig werden.

Der Weg zum Olympiabad war dann auch sehr schön.

Die Treppe zu den Umkleiden.

Trotz weniger als ideal warmem Wasser wurde es eine erfreuliche Schwimmrunde. Die Bahnen waren relativ belebt, doch man vertrug sich. Ich schwamm leicht und nahm mir Gelassenheit gegenüber der geschafften Strecke vor. Erst um die 2.000er-Marke fröstelte ich, doch das gab sich auch wieder, setzte nur hin und wieder ein: Ich bekam meine 3.000 Meter.

Gegenschuss: Aufgang von den Umkleiden.

Im Olympiapark lag im Schatten noch weiß der Raureif.

Ich radelte gemütlich und mit Genuss nach Hause. Um mal wieder nach ihr zu sehen, nahm ich die Strecke an der Ostseite der Hauptbahnhofs-Baustelle entlang – und fand nicht heraus, wie die Wegführung für Fahrräder am Eck zur Arnulfstraße eigentlich gedacht war: Es sah aus, als sei Geradeausfahren für Radln nicht vorgesehen, ich verließ den Radweg und wechselte über die Rechtsabiegerspur der Autos auf die Pkw-Geradeausspur.

Frühstück um halb drei: Apfel, Kalamata-Oliven und Grissini, Orangen mit Joghurt, ein erstes Weihnachtsplätzchen (Walnusskringel von Mama, köstlich).

Am Nachmittag zog Hochnebel über die Sonne. Ich las die Wochenend-Süddeutsche, das SZ-Magazin vom Freitag. Zwei Paar dicke Socken, T-Shirt, Pulli, dicke Wolljacke, die Heizung an (nicht voll, das sollte es bei Plusgraden draußen noch nicht brauchen) – mir war trotzdem kalt. Herr Kaltmamsell brachte mir einen Heiz-Umhang, den ich als Decke über die Beine legte. Der schaffte endlich warme Hände.

Abends eine Runde Yoga, die ebenfalls ein wenig wärmte. Nachtmahl nochmal Thanksgiving-Reste, in der Mikrowelle erwärmt (manchmal fällt mir diese Heizmöglichkeit ja doch rechtzeitig ein): Truthahn, Süßkartoffel-Bake, der Rest Füllung, der Rest Cornbread (es wird langfristig eine Diskussion um frische Maiskörner drin geben: ich finde sie super, Herr Kaltmamsell bevorzugt Maiskorn-freies Cornbread), die sensationellen Cranberries. Nachtisch war ein Rest Pumpkin Pie, dann noch Schokolade.

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ZDF-Korrespondentin Diana Zimmermann erklärt in Inside PolitiX, für wen es das neue Bürgergeld gibt, was daran problematisch ist und wie die jetzige Endversion zustande kam.

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https://youtu.be/i9gZ1SNzFSI

Journal Samstag, 26. November 2022 – Wir spielen Thanksgiving

Sonntag, 27. November 2022

Unruhige Nacht, weil neben mir jemand schnarchte – und zwar in einer Heftigkeit, dass ich Angst hatte, er könnte nicht genug Sauerstoff bekommen. Beim x-ten Abstupsen zog er doch in sein eigenes Bett, ich bekam ein paar Stunden Tiefschlaf.

Zumal der Wecker des Herrn um sechs klingelte: Er hatte einen riesigen Truthahn zu füllen und in den Ofen zu schieben. Und auch sonst ein reichhaltiges Thanksgiving-Menu vorzubereiten: Um 12 waren die Gäste angekündigt, um 14 Uhr sollte serviert werden. Nach Morgenkaffee und Bloggen richtete ich Tisch und Wohnung her.

Für letzte Einkäufe zog ich in die Innenstadt (Last-Minute-Panik, dass man die Leute doch nicht zwei Stunden ohne irgendwelche Kleinigkeiten zu knabbern hungrig halten konnte). Am Sendlinger Tor und in der Sendlinger Straße wurden die Christkindlmarkt-Stände bereits in Betrieb genommen; ich stellte anhand der Schilder sicher, dass ich auch diesen Advent eine Regensburger spezial bekäme.

Stühle 5 und 6 sind erst für nächsten Mittwoch angekündigt, doch auch so mussten wir nicht auf Klappstühle ausweichen – dank Herrn Kaltmamsells hervorragender Idee, die Balkonbank hereinzuholen. Wir stellten fest, dass wir am ausgezogenen Tisch bequem zehn Personen unterbringen, mit ein wenig Kuscheln auch zwölf: Familien-Weihnachtsessen oder -Ostertafel kann es also auch bei uns geben, größere Dinner Partys sind eine Option – wie schön!

Kurz vor 12 klingelte die Ingolstädter Familie, die mit einem Auto gekommen war: Meine Eltern, Bruder und Schwägerin mit dem erwachsenen Neffen 2. Wir bekamen Weihnachtsgebäck, eine Pflanze, Craft-Biere, Süßigkeiten. Die lieben Schwiegers, die ich viel zu lange nicht mehr gesehen hatte, reisten wegen Parkplatzmangel in unserer Straße mit der Bahn an, für Herrn Schwieger nach eigenen Aussagen die ersten Zugfahrt seit über 20 Jahren. Sehen Sie, man ist nie zu alt für Abenteuer.

Auch hier Austausch von Weihnachtsgebäck, außerdem bekam ich einen wunderschön blauen Kaschmirpulli durchgereicht. Große und allgemeine Freude über Wiedersehen, ein Gläschen Prosecco.

Herr Kaltmamsell hatte das Essen dann doch ein wenig vorverlegt. Am Braten arbeitete er mit teilweise Alufolienabdeckung, der Vogel garte sechs Stunden bei 180 Grad und wurde perfekt – der definitiv beste Truthahn, den ich je gegessen habe, alle Teile saftig, aromatisch, zart.

Ich übernahm das Tranchieren, wegen perfekten Garpunkts ganz einfach. Die Familie erfüllte ihre traditionelle Rolle, von der Seitenlinie zu System, Ansatz, Geschwindigkeit des Tranchierens klugzuscheißen.

Dazu gab es (von oben in Uhrzeigerlauf und alles von Herrn Kaltmamsell selbst erstellt):
Kartoffelstampf, Cranberries, grüne Bohnen (ich hatte auf einer grünen Komponente bestanden, Herr Kaltmamsell recherchierte eine classic green bean casserole), Süßkartoffelauflauf mit Marshmellows, corn bread, zweierlei Gravys (also extra gekochte Bratensauce, fleischig und vegan). Die Semmel-Zwiebel-Apfel-Salbei-Füllung vergaßen wir erst mal, reichten sie nach.

Es gab ein Päuschen für Schnaps und Espresso. Dann servierte Herr Kaltmamsell zweierlei vegane Pies zum Nachtisch mit Schlagsahne (Neffe 2 hatte sich bei Letzterem nützlich gemacht, er ist ohnehin sehr koch-interessiert und holte viele Infos über die Zubereitungen).

Der Pumpkin Pie traditionell, der Pecan Pie erwies sich beim Servieren als ausgesprochen unkooperativ und musste löffelweise ausgeteilt werden. Schmeckte beides hervorragend.

Um 16 Uhr Aufbruch der Ingolstädter Delegation: Menschen mit Basketballtrainerleben hatten ein Spiel. Wir plauderten noch ein wenig mit Schwiegers, bis sie sich auf den Weg zurück zum Bahnhof machten.

Gemütlicher Ausklang des Nachmittags mit gemeinsamem Rückräumen und Spülen: Das Goldrandgeschirr und die Weingläser sind nicht spülmaschinentauglich, doch dieses Werkeln im Anschluss an Geselligkeit mag ich eh sehr. Wir sind ja kein Gasthaus, das auf Effizienz und Geschwindkeit angewiesen ist.

Abends hatte ich Lust auf eine Yoga-Folge, mein Magen war sogar aufnahmefähig für die erste von sicher einigen Reste-Mahlzeiten.

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Ein Tweet löste mal wieder eine wunderbare Anekdotensammlung aus:

“Das Geheimnis, das Wissenschaftler vor Ihnen verheimlichen wollen” (Beliebte Betreffzeile von Spam-Mail) Alta, hast du schon mal einen Wissenschaftler getroffen? Meine Wissenschaftlerfreunde wollen unbedingt, dass ich von den Veränderung des Paarungsverhaltens Marmorierter Baumwanzen erfahre. Sie brüllen so laut sie können und erzählen dir ALLES darüber.

Unter diesem Tweet sammeln sich die schönsten Geständnisse von Wissenschaftler*innen und Geschichten über Freund*innen aus der Forschung.

Journal Freitag, 25. November 2022 – Herannahendes Familien-Thanksgiving

Samstag, 26. November 2022

Wieder gut geschlafen (nur um das im Gegensatz zu all den Jahren mit klimakterischen Schlafstörungen festzuhalten). Mit dem Rad und früh in die Arbeit aufgebrochen, der letzte Verhandlungstag des aktuellen Gerichtsprozesses mit mir als Schöffin stand an.

Ich entschied mich für dieses Outfit und war gespannt, ob ich damit auf dem Rad sehr frieren würde: Überhaupt nicht, der wärmende Janker plus Mütze, dicker Schal, Handschuhe waren wohl wichtiger.

Im Büro eine Stunde lang ordentlich was weggehauen, dann Schwung aufs Rad und ab Richtung Gericht. Dort trafen sich der andere Schöffe und ich mit der Richterin zur Beratung. Eine halbe Stunde später gingen wir in den Verhandlungsraum; erst mal wurde noch ein Beweismittel verlesen, das die Verteidigung eingereicht hatte. Anschließend Rückzug des Gerichts zur Urteilsfindung. Die Richterin gab das Ergebnis bekannt, begründete es dann ausführlich. Die Gerichtsreporterin der Süddeutschen saß (als einzige Besucherin) im Saal, ich bin sehr gespannt, wie sie darüber schreiben wird. Vorgriff: Das hat Susi Wimmer berichtet.

Wir Schöffen warteten noch auf unsere Bescheinigungen (ich möchte meinem Arbeitgeber ja belegen können, wo ich freigestellt war), bei der Personalknappheit in der Justizverwaltung hat ein Krankheitsausfall wie in diesem Fall der Protokollantin weitreichende Konsequenzen (ein Ersatz hatte gefunden werden müssen). Zurückradeln ins Büro, mittags gab es Bananen, Orange, Hüttenkäse.

Nachmittägliche Büroarbeit, dominiert von Weihnachtsorganisatorischem.

Heftiger Regen bei pünktlichem Feierabend. Ich strich meine Einkaufspläne, denn ich würde wo auch immer nass ankommen. Also radelte ich direkt nach Hause, wo ich umgehend die nasse Kleidung ablegen konnte.

Eine Runde Yoga, diese mit eher entspannenden Übungen, wo ich eigentlich auf Warmwerden durch Bewegung gehofft hatte.

Am Samstag ist seit Wochen großes Thanksgiving-Essen geplant: Die liebe Schwägerin hatte erwähnt, dass sie noch nie eines erlebt habe, Herr Kaltmamsell und ich werden das ändern. Da dieser vierte Donnerstag im November bei uns kein Feiertag ist, hatten wir das darauffolgende Wochenende festgelegt (so kannte ich das auch von vorherigen Thanksgiving-Einladungen), der Samstag hatte die größere Schnittmenge. Gestern bügelte ich dafür schon mal Tischwäsche. Herr Kaltmamsell hatte in den vergangenen Tagen nicht nur dafür eingekauft und kochte seit Donnerstag.

Den Truthahn hatte er beim Herrmannsdorfer bestellt, er ist also aufgewachsen praktisch mit Alpenblick. (Nein, Sie wollen nicht wissen, was Herr Kaltmamsell dafür gezahlt hat. Aber weniger als für ein Sternemenü, siehe aspekte-Doku unten.)

Sondern er hatte auch (das “nicht nur” steht zwei Absätze weiter oben, falls Sie suchen) bereits eine Hühnerkarkasse für Brühe ausgekocht, die extra abgepackten und mitgekochten Truthahn-Innereien als Snack zu den Martinis serviert, die ich (ist ja nicht so, als trüge ich GAR nichts bei) als Wochenendeinläutung gerührt hatte. Und er kochte unser Abendessen: Rigatoni mit Ernteanteil-Lauch, Champignon, Crème fraîche. Dazu machte ich einen toskanischen Vermentino San Donato auf, den ich im Vollcorner entdeckt hatte: mineralisch, vielschichtig, leicht bittere Note, genau sowas mag ich derzeit, möglichst weit weg von parfümiert und fruchtig. Zum Nachtisch gab es Schokolade.

Re: Spaltung der Gesellschaft.
Ich habe den Eindruck, dass sich diese in puncto Klimakatastrophe verschärft.
Die einen, die den Klimawandel als eigentliche globale Bedrohung sehen, die der Ansicht sind, dass politisch zu wenig getan wird um ihn einzudämmen, und die deshalb großes Verständnis für Protest dagegen haben.
Die anderen, die Maßnahmen gegen den Klimawandel als die eigentliche Bedrohung sehen, die der Ansicht sind, die Politik habe ihre aktuellen Wünsche zu priorisieren, und die deshalb den Protest als Terror empfinden.
Einem Kommentar auf Mastodon entnehme ich, dass es zudem Bürger*innen gibt, die eine “Anpassung” an den Klimawandel auf nationaler Ebene anstreben; diese müssten auf die Proteste ebenfalls mit Unverständnis reagieren.

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The past is a foreign country; they do things differently there.

(Quelle)

Als Schriftsteller*innen sich noch aufbrezelten.

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Eine aspekte-Doku über den derzeitigen kulturellen Stand von Ernährung (u.a. wird Ottolenghi dazu befragt).
“Gut Speisen – Wie prägt Essen unsere Gesellschaft?”

Ich fand die behandelten Aspekte gut gewählt, mir fehlte allerdings (schließlich spielte die soziologische Perspektive ausdrücklich eine Rolle) die moralische Distinktionsmöglichkeit durch “richtiges” Essen, also durch regionalen Einkauf, Veganismus etc.

Journal Donnerstag, 24. November 2022 – Mittagspause im Gyn-Stuhl, Marketing in Blogs

Freitag, 25. November 2022

Die Tageslänge ist mittlerweile in der Phase Im-Dunklen-hin-in-die-Arbeit-im-Dunklen-zurück. Mpft.

Emsiger Vormittag. Draußen regnete es immer wieder.

Ich nahm eine ausgedehnte externe Mittagspause und stempelte für einen Gyn-Termin in der Stadtmitte aus. U-Bahn zum Odeonsplatz, Fußmarsch unterm Regenschirm, Termin absolviert (alles in Ordnung, ich sang Hymnen auf die Hormonersatztherapie).

Zurück am Schreibtisch gab’s als Mittagessen Bananen sowie Birchermuesli mit Joghurt. Nachmittägliches Wetter windig und regnerisch, der Himmel hatte interessante Farben.

Nach Feierabend auf dem Heimweg Einkäufe im Vollcorner für den Abend und das große Thanksgiving-Essen am Samstag mit Familie. Zu Hause eine Einheit Yoga, dann machte ich aus Ernteanteil-Radicchio Salat mit Roquefort. Den gab es vor einigem Käse: Kürzlich war die diesjährige Lieferung meiner adoptierten Crowdfarming-Schafe südlich von Madrid eingetroffen (es gibt derzeit noch Käse, auch ohne Adoption können Sie bestellen). Der junge Semicurado roch bereits beim Öffnen der Plastikverpackung nach Schafstall – ich mag das ja. Nachtisch Schokolade.

Übrigens befinde ich mich gerade in einem vielversprechenden E-Mail-Austausch mit einer Anbieterin von “redaktionellen Artikeln” in meinem Blog – für die aber die Anbieterin bezahlen will. Es ging wie so oft los mit einer E-Mail-Anfrage “Wir liefern Artikel mit einem hohen Mehrwert für die Leser”.
Wie ebenso oft reagierte ich mit Interesse: “Welche Themen schlagen Sie vor?” Und machte klar, dass es für redaktionelle Artikel natürlich Honorar geben würde.
Doch zurück kamen vergangenen Sonntagabend keine Themenvorschläge, sondern Textbausteine: “Wir verfassen Artikel entsprechend des jeweiligen Contents der Website so dass auch die Leser ei-nen hohen Mehrwert haben.
Unsere Artikel sind unique und werden nicht weiter veröffentlicht.” Wieder sollte für die Veröffentlichung gezahlt werden. Das nenne ich “Werbung” im Gegensatz zu redaktionellen Artikeln, und man muss mich nicht eigens anschreiben um zu erfahren, ob ich sowas verwende.

Wir sind jetzt von meiner Seite an den Punkt angekommen, an dem mich am meisten der Job der Anfragerin interessiert. Also bot ich ihr an:

Ich sehe tatsächlich einen spannenden Text – nämlich über Ihren Job. Was machen Sie da eigentlich? Und wie erfolgreich? Sie müssen offensichtlich sogar am Sonntag arbeiten – ist das bei Ihrem Arbeitgeber üblich? Blogs sind ja eigentlich ein Auslaufmodell: Lohnen sich Ihre Standard-Anschreiben? Wie hoch ist Ihre Erfolgsquote? In welcher Art Online-Publikationen haben Sie den größten Erfolg mit Ihrem Modell? Wie viel verdienen Sie damit? Und wer sind Ihre Kunden, die sich auf diese Art von Marketing einlassen? Für einen gut geschriebenen Artikel (ohne Marketing-Bullshit) zu diesem Thema würde ich durchaus zahlen.

Mal sehen, ob Sie schon bald hier einen Gastbeitrag zu diesem Thema lesen.

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Corinna Funke hat in ihrer Doktorarbeit untersucht, warum Deutschland so viel länger als andere Länder braucht, um seine Verwaltung zu digitalisieren. Freundlicherweise hat sie die Ergebnisse in einem Twitter-Thread zusammengefasst.

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Und wenn wir schonmal bei essenzieller Forschung sind: Ein Twitter-Thread hierzu (mit Bildern!).

via @klugscheisser

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Mein Liebling aus dem aktuellen Programm von Pigor & Eichhorn ist inzwischen online! “Rente gehn”.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/bkpe-Tn4Cxc

(Wird echt Zeit für die nächste Generation.)