Archiv für November 2022

Journal Mittwoch, 23. November 2022 – Am Amtgericht, georgisches #Lindwurmessen

Donnerstag, 24. November 2022

Zackiger Morgen daheim: Ich wollte früh loskommen, um im Büro noch einiges wegzuschaffen, bevor ich meinen Schöffinneneinsatz bei Gericht antrat. Gehobene Laune, weil mir eine schöne Kleidungskombi eingefallen war (Foto vergessen).

Der Morgen war trocken und freundlich, ich radelte ohne nass zu werden oder zu frieren in die Arbeit (ohne Fahrrad vom Büro zum Gericht zu kommen, wäre umständlich). Dort eine gute Stunde Zackigkeit, bevor ich zum Justizzentrum Stiglmaierplatz radelte.

Angekündigt war ein langer Verhandlungstag, es mussten Zeugenaussagen nachgeholt und zusätzliche Zeugen befragt werden, außerdem stand ein medizinisches Gutachten an. An einer Stelle musste ich die Richterin neben mir auf einen Formfehler ansprechen. Ich hatte ihre Aufmerksamkeit nach mehreren “Ahem”s erst durch Zupfen am Ärmel ihrer Robe – es war mir peinlich, mich so sichtbar zu machen, doch die Sache war wichtig, und sie bedankte sich auch herzlich für den Hinweis.

Alles verlief ohne Komplikationen, wir hörten die Plädoyers, es wurde dann doch kein langer Verhandlungstag (Urteil ergeht Freitagmorgen): Schon um halb zwei saß ich wieder am Schreibtisch, war durch schönes Herbstwetter geradelt, hatte kurz am Bäcker gehalten, um mir eine Käsestange als Mittagessen zu holen. Außerdem gab es zwei Äpfel.

Nachmittags ruhiges Abarbeiten, das war angenehm.

Nach Feierabend radelte ich direkt nach Hause. Ich holte Herrn Kaltmamsell ab zum nächsten #Lindwurmessen.1 Wir spazierten über den Kaiser-Ludwig-Platz und an der Theresienwiese entlang zu unserer letzten Station vor der Lindwurmbrücke:

Iveria, das derzeit einzige georgische Restaurant in München, denn das wunderbare Lokal in der Leonrodstraße, in dem ich georgische Küche lieben gelernt habe, gibt es nicht mehr (Google nennt als georgisches Restaurant auch neu ein Website-loses Impler in der Valleystraße – kennt das jemand?). Wir waren vor einem Jahr schon mal hier gewesen, hatten es zu laut und voll gefunden, die Speisen im Vergleich zum Neuhauser Vorbild weniger besonders. Diesmal waren wir so früh dran, dass das Lokal nur zur Hälfte belegt war, die Lautheit kündigte sich lediglich an.

Herr Kaltmamsell hatte Lamm- und Rinderhack vom Grill mit Pommes und Salat, ich einen Hähnchenspieß mit Salat und Reis, alles gut, besonders das Salatdressing, zwischen uns steht wunderbar käsiges Megruli (stehen nicht als Khachapuri auf der Karte – anderer Name?), dazu trank ich eine knallsüße, aber intensive georgische Birnenlimonade.

Zurück daheim gab’s noch ein wenig Schokolade.

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Wie Seesterne sich fortbewegen.

  1. Wir futtern uns nacheinander durch alle Lokale an der Südseite der Lindwurmstraße von Sendlinger Tor westwärts bis Stemmerhof, dann an der Nordseite wieder zurück. []

Journal Dienstag, 22. November 2022 – Bürofrieren

Mittwoch, 23. November 2022

Ein kalter und regnerischer Tag, ich brauchte für den Weg in die Arbeit einen Schirm. Auf dem Regenradar sah ich, dass es ein paar Dutzend Kilometer südlich und damit höher schneite.

Eine Info von der Theresienwiese: Darauf ist bereits seit drei Wochen der Christbaumverkauf aufgebaut, wenn auch noch nicht eröffnet. Sollten Sie davon ausgegangen sein, dass Ihr Mitte Dezember gekaufter Weihnachtsbaum frisch geschlagen ist, irren Sie sich: Anscheinend ist die Ernte bereits im Oktober, die Bäume waren als Erstes aufgetürmt.

Gehetzter Arbeitsanfang im Büro, da ich ab 9.30 Uhr an einer Tagung über MS Teams teilnahm und vorher noch Dinge wegschaffen musste, auch unvorhergesehene.

Die Tagung war hochinteressant. Nachteil und Vorteil des Online-Formats: Man kann – muss aber auch nebenher Querschüsse auffangen und wegarbeiten. Bis zum Nachmittag, dessen Tagungsinhalte aber auch nicht mehr so relevant waren für mich, überwog dann die Büroarbeit.

Mein Körper ist derzeit so verklemmt, dass selbst ein tiefes Einatmen die Gelenke krachen und knacken lässt. Außerdem hatte ich nach Langem mal wieder richtig böse Bauchschmerzen. Nach dem Mittagessen (Mango, Quark mit Joghurt) wurde es besser.

Die Pulloverlücke in meinem Kleiderschrank ist dann doch nicht schlimm: Ich werde fürs Büro die sehr warmen brauchen, um nicht zu frieren. Und bald mal eine Wärmflasche mitnehmen. (Mit geschlossener Tür ging’s. Aber bei geschlossener Tür bekomme ich ob der Zimmergröße Legehennen-Syndrom, außerdem habe ich viel Durchgangsverkehr.)

Nach Feierabend regnete es nicht mehr, aber es blieb kalt. Auf dem Heimweg Einkäufe im Vollcorner, daheim Yoga.

Zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell meinen liebsten Herbstsalat: Kürbis, Champignons, Äpfel, Ruccola, Salbei, Käse – alles Gemüse allerdings zugekauft, wir haben keine Hoffnung auf einen weiteren Kürbis. (Dabei sind auf meiner Kürbisliste noch Kürbis-Curry und Kürbis-Lasagne offen, wir werden weiter zukaufen müssen.) Nachtisch viel Schokolade.

Journal Montag, 21. November 2022 – Wochenanfang in Grau

Dienstag, 22. November 2022

Der Morgen war dunkelgrau, doch es regnete nicht: Ich kam auch ohne Schirm trocken in die Arbeit. Die winterliche Bürokleidung war jetzt Kashmir-Hoodie mit langärmligem Unter-Shirt.

Andere hatten das Wochenende durchgearbeitet, der Büromorgen bestand erst mal aus gehetztem Abarbeiten der dadurch entstandenen Jobs. (Wo ich doch zum freitäglichen Feierabend alles so schön aufgeräumt und erledigt hatte.)

Emsigkeit in hohem Tempo. Ich konnte mir aber Zeit für eine Mittagspause mit Zeitunglesen nehmen, es gab einen Apfel sowie restliche Rote Bete und Belugalinsen vom Samstagabend.

Nachmittags weitere konzentrierte Emsigkeit, diese Woche wird sportlich bis ungemütlich. Und eine weitere Kleidungsschicht wird nicht schaden, warm war mir gestern den ganzen Tag über nicht. Bei dieser Gelegenheit bemerkte ich, dass es in meinem wirklich reichlichen Kleidungsbestand sehr wenige mittelwarme Pullover gibt: Ich besitze ein paar Baumwollpullis (nicht wärmend), ein paar ganz dicke Wollpullis (sehr wärmend). Dazwischen eigentlich nur zwei. Wird reichen müssen, ich möchte nicht noch mehr Kleidung.

Nach Feierabend ein paar Supermarkteinkäufe, die Kälte biss mich in die Wangen. Zu Hause eine Runde Yoga. Als Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell auf meinen Wunsch die Reste des Sonntagessens (Kartoffelbrei, Erbsenbrei, in Brühe gegartes Pökelschwein) als Suppe. Nachtisch viel Schokolade.

Ich beteiligte mich mal wieder an einem Crowdfunding, diesmal an einem ganz kleinen: Das Museum Wagenschwend hat einen Film gedreht über das Schicksal der polnischen Zwangsarbeiterin Hanka Szendzielarz, die in Wagenschwend im Februar 1945 bei einer Schießerei ums Leben kam. Mit “gebildet und adlig” ist Hanka zwar sehr weit entfernt von meiner derben polnischen Großmutter, die nicht mal richtig lesen und schreiben konnte und die im Krieg als Zwangsarbeiterin im schwäbischen Burlafingen landete – doch Zwangsarbeit und Verschleppung sind immer ein Verbrechen. Und ich halte es für wichtig, ihre Opfer nicht vergessen zu lassen. Der Film soll ins Polnische übersetzt werden, dafür sammelt das Museum Geld.

Hier die deutsche Version.

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https://youtu.be/X0gpDFxAo2k

Journal Sonntag, 20. November 2022 – Sonntag voller emsiger Kleinigkeiten

Montag, 21. November 2022

Herrlich lang ausgeschlafen. In der letzten Schlafphase geträumt, dass ich Joël in Luxemburg besuchte. Ich begleitete ihn in einen Designerladen, wo er sich unbedingt ein Fahrrad kaufen wollte, er hatte mir bereits begeistert davon erzählt. Dieses Fahrrad war aus leicht angerosteten Wasserrohren zusammengesetzt, sonst nichts, “ganz minimalistisch”, wie Joël schwärmte. Ich riet ihm dringend, das Rad vor Kauf probezufahren, da ich vermutete, ihm würden mit dem komplett ungefederten Fahrzeug schon nach wenigen Metern alle Knochen schmerzen. Tatsächlich konnte ich ihn zu diesem Proberadeln überreden, doch leider wachte ich auf, bevor ich das Resultat erfuhr.

Nach Morgenkaffee und sonntäglich zusätzlichem Morgentee wollte ich nach dem Puderzuckern die beiden Weihnachtsstollen einwicklen, doch ALUFOLIENALARM! Wie sonne Anfängerin hatte ich vergessen, vor Stollenbacken den Alufolienbestand zu checken. Jetzt entdeckte ich, dass er nicht mal für eine Schicht des einen reicht. Ich musste Herrn Kaltmamsell für Montag einweisen, damit er das an meiner Stelle nachholte – wo doch Stollen MEINE streng geschützte Kernkompetenz ist! Doch das Gebäck musste Montagmittag traditionell eingewickelt vorliegen: Ich hatte auch dieses Jahr einen Stollen für Herrn Putzmann mitgebacken, der am Montag zum letzten Mal vor Weihnachten kommen (ab dann der Kollege, mit dem er sich abwechselt) und ihn dann nach Polen zu seiner Familie mitnehmen würde.

Das Wetter war windig und kalt, der Himmel wurde überflogen von gemischten Wolken. In Winterjacke, mit Sportmütze und -handschuhen ging ich raus zum Laufen, über Alten Südfriedhof an die Isar nach Thalkirchen.

Ich lief leichtfüßig und schmerzfrei.

Frühstück um zwei: Mandarinen, Rote-Bete-Salat, eine Körnersemmel mit Butter und Blaubeermarmelade.

Wochenend-Süddeutsche gelesen. Wie sich in den Todesanzeigen für Wolf Schneider, aus dessen Büchern, allen voran Deutsch für Profis, auch ich so viel gelernt habe, alle um knappestmögliche Formulierung bemühen – das ist die eigentliche Würdigung.

(Vielleicht besteht meine Lebensleistung dann doch darin, dass Wolf Schneider an einem Pressetext von mir, den ich für einen Workshop eingereicht hatte, nichts aussetzte.)

Eine kurze Runde Bügeln, dann las ich das SZ-Magazin vom Freitag hinterher, die Kunst-Ausgabe Edition 46 (€). Sie stellte sich als besonders lesenwerte Ausgabe heraus, denn mal wieder fühlte ich mich sehr dumm: Selbstverständlich gibt es unter Behinderten Künstler*innen, manche davon große solche (hätte ich auf Frage geantwortet). Doch darüber hatte ich mir noch nie Gedanken gemacht und auch noch nie darüber, dass sie sehr wahrscheinlich auf dem Kunstmarkt keine Chance haben – wenn überhaupt, dann unter dem Etikett “behindert”, was an Kunst vorbei geht. Selbst die Interviews mit den vorgestellten Künstler*innen fand ich bereichernd.

Sonnenuntergang um halb fünf – und wir sind noch nicht mal in Sichtweite längerer Tage.

Genuss-Sonntag: Eine Runde Yoga. (In Adrienes 30-Tage-Programm “Dedicate” war inklusive dieser Folge 12 noch keine dabei, die ich wiederholen wollte.)

Sonntagsbraten: Herr Kaltmamsell hatte ein Stück Schweinefleisch (Oberschale) gepökelt und jetzt gekocht, servierte es mit Mushy Peas (mit Minze!) und Kartoffelpü.

Fleisch wohlschmeckend und saftig, Erbsen und Kartoffeln ein Genuss.

Abend…äh…unterhaltung: Die neueste Folge Anstalt, über die aktuellen Geschehnisse im Iran (und die historische Rolle Deutschlands dabei – stellt sich unter anderem heraus, der traditionelle muslimische Antisemitismus ist gar nicht traditionell).

Seit einigen Tagen mache ich mir Gedanken, wie eine deutlich optimalere Kücheneinrichtung in unserer Wohnung aussähe, also statt dieser. Wir haben sie, weil nur wenige Jahre alt, den Vormietern abgekauft (wir wollten sie nicht im Handstreich zu Müll machen), aber sie entspricht wirklich, wirklich nicht unseren Wünschen.

Nachdem wir in der alten Wohnung erst bei Küche kaputt und mit akutem Bedarf einer neuen Küche begannen, uns Gedanken zu machen, möchte ich diese Mal bei Einsatz einer wirklich nötigen Planung bereits eine Liste mit Ideen und Grundsätzlichem haben. Zum Beispiel haben wir jetzt einen Essplatz vorm Fenster, wo die Vormieter eigenen Aussagen zufolge alle Mahlzeiten einnahmen (ihr Esszimmer, unsere heutige Bibliothek, nutzten sie nur für Einladungen). Über die vergangenen anderthalb Jahre hat sich erwiesen: Da sitzen wir nie, weder zum Essen noch zu sonst irgendwas. Dieser Platz würde also in einer optimierten Küche für Anderes genutzt – vielleicht für eine Arbeitsfläche mit natürlichem Licht. Als notwendig und genutzt wiederum hat sich der Schrank mit Putzgerät gleich bei der Tür herausgestellt, den wird es wieder geben. Ein großer Wunsch ist mehr Stauraum für Vorräte: Dafür hatten unsere Vormieter das Kammerl genutzt, in dem wir wiederum Schuhe, Schmutzwäsche, weiteres Putzgerät aufbewahren. Fortsetzung folgt.

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Wien wird in den vergangenen Jahren immer wieder als städteplanerisches Vorbild für Metropolen angeführt, seine Gemeindebauten, der Umgang mit öffentlichem Raum. Anscheinend aber gelingt auch dort nicht alles.
“Der neue Neue Markt in Wien: Ein autofreundliches Durcheinander”.

“Es gibt in der Tat einen Shift von der Versiegelung hin zu mehr Grün, aus ökologischen Gründen wie auch aus psychologischen und ästhetischen”, bestätigt auch Lilli Lièka, Landschaftsarchitektin und Professorin an der Boku Wien. “Die Architekten haben lange dafür gekämpft, dass ein leerer Platz als Ultima Ratio gilt, aber heute realisiert man, dass sich befestigte Flächen viel zu stark aufheizen.” Bei 40 Grad ohne Schatten schafft es eben auch der härteste Flaneur nicht mehr, mit der Espressotasse in der Hand italienische Sprezzatura zu performen.

Riesige Tiefgaragen in der Innenstadt, die zwar die parkenden Automassen unsichtbar machen sollen, aber sie dann doch erst mal in die Stadt locken, erweisen sich heute überall als jüngere Fehlentscheidungen.

Die Neugestaltung eines 800 Jahre alten Platzes um den Anachronismus einer Tiefgarage herum zu konstruieren – darauf wird man vermutlich schon in wenigen Jahren mit ungläubiger Ratlosigkeit zurückblicken.

Journal Samstag, 19. November 2022 – Saisonale Häuslichkeit

Sonntag, 20. November 2022

Guter Schlaf, schöner Morgen.

Küche in Erwartung des Stollenbackens.

Ich füllte meine Bettwäsche in die Waschmaschine, gestern stellte ich endlich um auf winterliches Federbett und warme Winterbettwäsche.

Zu einer zusätzlichen Tasse Tee las ich ausführlich Internet, bevor ich mich auf den Weg zur geplanten und befreuten Schwimmrunde machte (vorheriger Innencheck, find what feels good, ob ein sportfreier Tag mit mehr Zeit mir mehr Freude bereiten würde: nein).

Windige Radlfahrt hinaus ins Olympiabad unter gemischtem Himmel.

Sinkendes Herz beim Gleiten ins Wasser: Es war kälter als die beiden Male zuvor. Kurz vor Ende der ersten 2000 Meter fröstelte mich leicht. Ich beließ es bei einer Strecke von 2500 Metern, auch weil meine Schultern schmerzten, Waden und Zehen immer wieder mit Krampf drohten. Außerdem waren die Bahnen zu rege beschwommen, als dass ich entspannt hätte durchziehen können.

Verräterisch für die Wassertemperatur: Ich genoss die heiße Dusche und wärmte mich darin auf. Von den letzten beiden Schwimmrunden und von früher kenne ich, dass ich Hallenbadduschen eher kühler stelle.

Das Heimradeln war ein Wettrennen mit den Regenwolken – unter unfairen Bedingungen, denn auf der Schleißheimer Straße juckelt man sich als Radlerin von einer roten Ampel zur nächsten, die Regenwolken hingegen hatten freie Fahrt. Einmal wurde ich kurz angeregnet. Licht und Wolkenfarbe sahen nach Schnee aus, doch die Luft fühlte sich dafür nicht kalt genug an – wir hatten hier ja noch nicht mal Nachtfrost.

Kurzer Stopp zum Semmelholen, kurz vor zwei gab es Frühstück mit Apfel aus Ernteanteil (einfach reinbeißen, so schön!) und Semmeln – darauf Blaubeermarmelade aus norddeutscher Freundinnenhand, köstlich.

Buchen sind solche Herbst-Poserinnen!

Während Herr Kaltmamsell den Balkon einwinterte (obwohl immer noch kein Nachtfrost angekündigt ist), machte ich mich ans Backen der ersten beiden Thüringer Weihnachtsstollen.

Auch mich kriegt man mit Rabatt-Code: Nochmal zwei Stühle bestellt, da geht das VG-Wort-Geld hin. Dann haben wir sechs davon, unsere letzten Esstisch-Stühle jemals.

Ich gönnte mir noch eine schöne Runde Yoga, passend zum Schwimmen mit Schulterdehnung.

Zum Nachtmahl gab es aus Ernteanteil Rote Bete mit Kreuzkümmeljoghurt und Koriander (als der sich der angekündigte Kerbel herausstellte, man ist ja flexibel), Belugalinsen mit Lauch und Karotte, von mir den nochmal letzten kleinen Salatkopf mit Knoblauch-Vinagrette.

Dazu schmeckte mir der nordspanische Albariño Marisa – mag ich auch immer größere Probleme mit spanischen Rotweinen haben, spanische Weiße mag ich immer lieber.

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Die deutsche Vogue hat Ministerin Aminata Touré auf dem Cover und zieht mit immer stärkerem Gewicht auf Politik der seit Jahren immer politischeren Teenage Vogue nach. Ich sehe ein Szenario, in dem sich Frauen hinter dem Deckmantel von Gesprächen über Kosmetik und neuester Mode – auf die niemand achtet und die alle als oberflächlich abtun – zur Revolution verabreden.

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Mehr zu Twitter: Heavy Userin Nicole Diekmann legt ihren Ansatz dar.
“Twitter – was machen wir denn jetzt?!”

Ein Gedanke allerdings: Wenn die meisten Twitter-Angestellten, die sich echt auskennen, rausgeflogen sind, könnten sie mit ihrem Wissen doch Twitter neu wieder aufmachen, nur halt unter anderem Namen.

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Morgens sah ich mir ein halbstündiges Interview mit Greta Thunberg in der britischen Sendung The Russell Howard Hour an.

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https://youtu.be/62ECkYYbPlA

Anlass ist die Veröffentlichung eines Buchs mit Fakten und Erklärungen zum Klimawandel, das Thunberg herausgegeben hat: Das Klima-Buch. Mir ist klar, wie gefährlich die Personalisierung des zentralen Zukunftsthemas Klima auf Greta Thunberg ist (was auch sie betont), doch wenn sich schon mal die Aufmerksamkeit auf sie konzentriert, nutzt sie diese fürs Bekanntmachen des wissenschaftlichen Hintergrunds. Und das Interview ist durchaus auch sehenswert, weil Russel Howard sie sehr zum Lachen bringt.

Letzthin sah ich wieder ein altes Auto mit dem Aufkleber “Fuck Greta Thunberg”: Um wie viele Ecken muss man denken um anzunehmen, ohne Greta Thunberg hätten wir keine Probleme mit dem Klimawandel?

Journal Freitag, 18. November 2022 – Französischer Abend im Rue des Halles

Samstag, 19. November 2022

Ich gönnte mir ein wenig mehr Schlaf: Als ich um fünf kurz aufwachte, stellte ich den Wecker um 20 Minuten vor. Dennoch kam ich fast wie gewohnt los: Der gestrige Blogpost war nahezu fertiggeschrieben, die frisch gewaschene Wäsche bereits am Vorabend aufgehängt, Brotzeit für gestern war fertig im Kühlschrank, es stand keine komplizierte Körperpflege an – dann geht so ein Morgen auch mal flott.

Der graue Himmel machte gerade Regenpause, ich kam ohne Schirm trocken im Büro an. Dort werkelte ich einen emsigen Vormittag lang, unterbrochen durch überraschend viele externe Anrufe (durchaus mit Komik, Marketing-Bullshit wird nie aufhören, mich zu amüsieren).

Mittags aß ich Birchermuesli mit Joghurt, außerdem die letzten Granatapfelkerne.

Nachmittags wurde mir frierend klar, dass ich mich ab sofort für die Arbeit dicker anziehen muss. Ich wusste, dass das dieses Jahr so sein würde (ist auch völlig in Ordnung, ich fand es eher seltsam, dass ich im Büro ganzjährig im Blüschen arbeiten konnte), und es beginnt jetzt.

Pünktlicher Feierabend. Jetzt dann doch mit Schirm marschierte ich zum Kräuterparadies an der Blumenstraße (perfekte Adresse or what) für Nachschub an Bürotee.

Zu Hause legte ich nur kurz die Rosinen für den Weihnachtsstollen in Rum ein, dann zog ich mit Herrn Kaltmamsell los: Ich hatte uns einen Tisch im Haidhauser Rue des Halles reserviert. Auf einem meiner Spaziergänge war ich daran vorbeigekommen, die Speisekarte erweckt Vertrauen (klein, mit saisonalen Noten), und ich wollte ein wenig den Frankreich-Teil unseres Urlaubs nachklingen lassen.

Wir fuhren mit der U-Bahn zum Max-Weber-Platz, wurden im Gastraum herzlich aufgenommen. Erst mal ein Gläschen Cremant rosé, der hervorragend schmeckte, genau das richtige zum Einläuten des Wochenendes. Die Weinkarte war nach Geschmacksrichtungen kategorisiert, von weiß “Leicht und mineralisch” über Abstufungen bis zum schwersten Roten – eine gute Idee, das ist für Laien deutlich leichter nachzuvollziehen als die traditionelle Sortierung nach Anbaugebieten. Ich entschied mich für eine Flasche Muscadet Clisson Famille Lieubeau, sehr schön blumig.

Als Vorspeise wählte Herr Kaltmamsell die Waldpilzsuppe mit Petersilienöl, ich hatte Lust auf den Salat mit Ziegenkäse in Filoteig. Sehr gut.

Herr Kaltmamsell ließ sich dann ein “Trou” servieren, das normannische Loch: Trou Normand-Granny Smith Sorbet-Calvados.

Als Hauptgericht aß ich Lammcarré in einer schön scharfen Senf-Kräuterkruste, Herr Kaltmamsell bekam Bouillabaisse – wir waren beide sehr zufrieden (und ich nutzte das gute Brot, um die köstliche Rotweinsauce mit ihren Weihnachtsaromen bis zum letzten Tropfen zu bekommen).

Mein Tages-Nachtisch, Tarte tatin, wurde am Tisch mit Calvados flambiert und schmeckte hervorragend, Herr Kaltmamsell rühmte seine Crème Brulée als “comme il faut”.

Um uns herrschte den Abend über entspannte Gemütlichkeit, ich mochte sehr, dass die Tische nicht Frankreich-typisch eng standen, sondern mit reichlich Platz im schönen Raum.

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Die Süddeutsche berichtet über die Bürgerversammlung Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt vom Mittwochabend und ordnet einige Anträge kundiger ein als ich:
“Experimentierfeld der Verkehrswende”.

Journal Donnerstag, 17. November 2022 – Beifang aus dem Internetz

Freitag, 18. November 2022

Müder Morgen: Ich hatte nach der Bürgerversammlung nur schwer einschlafen können, mein Hirn lief noch zu hochtourig. Gleichzeitig fühlte ich mich gehetzt: Der Blopost über die Bürgerversammlung wollte geschrieben werden.

Arbeitsweg wieder unter Regenschirm, es nieselte.

Mittags hatte der Himmel aber aufgerissen, ich spazierte zu einem Cappuccino bei Emilio.

Als Mittagssen gab es Mango und Granatapfelkerne mit Hüttenkäse.

Auf dem Heimweg kaufte ich nach Feierabend im Vollcorner Zutaten für Weihnachtsstollen ein, am Wochenende wird die erste Runde gebacken.

Zu Hause eine bewegungsreiche Runde Yoga, das tat gut. Dann entkernte ich mühevoll die letzten beiden Granatäpfel der Crowdfarming-Lieferung. Mein Bedarf an arbeitsaufwendigem Obst ist erst mal gedeckt. Jetzt gerne wieder Obst, in das man einfach reinbeißen kann – Äpfel zum Beispiel!

Auch für das Nachtmahl war ich zuständig: Es gab den Zuckerhut aus Ernteanteil mit einem Satsuma-Tahini-Dressing. Dann Käse, dann eine Ensaimada mit Cabello-de-angel-Füllung zum Nachtisch.

Dazwischen Wäscheaufhängen, Papierpost checken – irgendwie kein rechtes Feierabendgefühl.

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Von wegen Bürgerversammlung: Die Münchner Bezirksausschüsse gibt es heuer seit 75 Jahren, die Stadt München hat dazu eine schöne Multimedia-Website gebaut.

Darin auch die Möglichkeit für Münchner*innen herauszufinden, in welchem Bezirk sie eigentlich wohnen.

Mein Appell: Wenn Sie in München wohnen und ein lokales Anliegen haben, wenden Sie sich an Ihren Bezirksausschuss! Wenn Sie Ideen für lokale Veranstaltungen, Kunstprojekte etc. haben, sind Sie dort ebenfalls an der richtigen Stelle – München ist reich, die Bezirksausschüsse verfügen über eigene Budgets. Jedes “man müsst hier mal” ist eigentlich etwas für den Bezirksausschuss. Oder haben Sie eine Frage? Mit E-Mails an meinen Bezirksausschuss habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht.

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Schon lang nicht mehr ins Supermarktblog geschaut, das mir früher so faszinierende Einblicke hinter die Kulissen der Alltagseinkäufe verschaffte. Jetzt folgte ich einem Hinweis von @niggi auf einen ausführlichen Artikel über
“Sinkende Umsätze, fehlendes Personal: Die ungewisse Zukunft der Frischetheken im Supermarkt”.

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Thematisch anschließend eine gegeteilige Meldung aus dem Schweizer Wohnblock-Blog blogk:
“Mehr plaudern”.

Seit gestern gibt es in Basel, u.a. beim Orangen Riesen, die wunderbare Erfindung einer Plauder-Kasse. Da dürfen die Kund*innen jeden Alters ohne schlechtes Gewissen ein paar Worte mit dem Menschen an der Kasse wechseln. Wenn nötig, bekommt man sogar Hilfe beim Einpacken.

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Ein Twitter-Thread erzählt von der wenig bekannten Komponistin und Computermusik-Pionierin Wendy Carlos, die unter anderem hinter der Musik von Clockwork Orange und Tron steht.

via @midoridu

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“Twitter: Wollen wir hier bleiben?”

Die Stimme von Anne Roth, Online-Fossil wie ich.

Schluss mit lustig. Elon Musk hat Twitter übernommen, und es fühlt sich ein bisschen an, als hätte er uns die Eigenbedarfsklage für einen Ort auf den Tisch geknallt, den viele für ihr virtuelles Zuhause hielten.

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Qualtinger geht eigentlich immer. Also – außer auf nüchtern Magen.
(Nicht mit der “Der Papa wird’s schon richten”-Version von Peter Alexander verwechseln.)

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https://youtu.be/hTS6-lt9UBo

Das Lied hatte den Rücktritt des österreichischen Nationalratspräsidenten Felix Hurdes zur Folge: dessen Sohn war in einen Autounfall mit Todesfolge verwickelt, was Hurdes zu vertuschen versuchte.

via @sauer_lauwarm

Zur weiteren Verwendung merken: “Mir war’n, wie man so sagt, aprés.”