Journal Mittwoch, 5. Juli 2023 – Brighton 2 mit Uferlauf, Stadtbummel und Sussex on a plate

Donnerstag, 6. Juli 2023 um 10:03

Ahhhhh – eine richtig gute Nacht. Selbst nach einem Aufwachen um fünf konnte ich mit etwas Geduld nochmal einschlafen.

Ich stand auf zu Sonnenschein – und sensationell dreckigen Fenstern.


Aber mit sea view, die Agentur hatte nicht gelogen.

Morgen-Milchkaffee aus der mitgebrachten Cafetera, ausführliches Bloggen von fast Null, weil ich am Vorabend keine Lust mehr gehabt hatte.

Da ich mich körperlich weiterhin superfit fühlte, plante ich eine erste Laufrunde an der Uferpromenade und ein Stück den Undercliff Walk entlang, legte aber vorsichtshalber eine Runde Lauf-Aufwärm-Yoga davor. Das Laufen selbst genoss ich dann, besichtigte viele Neuerungen seit 2019. Auf dem Hinweg war es mit Rückenwind und Sonne richtig warm, auf dem Rückweg mit ordentlich Gegenwind und nur wenig Sonne angenehm frisch.

Auf dem Undercliff Walk kam ich durch einige sehr kalkige Matschabschnitte, Resultat weißmatschige Laufschuhe und Wadenspritzer.

West-Pier-Reste, die den Horizont stützen.

Wie ganz früher wollte ich von meiner Laufrunde in Brighton Herrn Kaltmamsell Zeitung mitbringen, doch auch hier hatte sich die Erde weitergedreht: Ich suchte zunächst vergeblich nach Newsagents, selbst die Corner Shops hatten nicht verlässlich Zeitungen. Als ich dann einen fand, griff ich zum Lokalblatt, denn Guardian und Independent, die früher Herrn Kaltmamsells erste Wahl gewesen waren, gibt es nicht mehr als Druckausgaben, und online hatte er sie bei meiner Rückkehr längst gelesen.

Großes Wäschewaschen, während ich mich duschte und dann Brighton-Kleidung bügelte, die wir eine gute Woche im zweiten Koffer dabeihatten. Der Nachmittag war für Stadtbummeln eingeplant, Start war kurz vor drei ein Frühstück für mich und ein Snack für Herrn Kaltmamsell im nahegelegenen Café Boudica, das ich mir als Empfehlung notiert hatte.

Einmal Eggs florentine, einmal Mandel-Croissant.

Bummeln durch frischen Wind und unzählige Schulklassen aus der halben Welt.

Vieles noch da, Manches nicht mehr, erste Einkäufe – den Süßkram-nach-Gewicht-Laden gibt es immer noch (founded in 1988), dieser Einkauf wurde gleich mal verkostet.

Zurück zur Ferienwohnung gingen wir über Umwege durch den Stadtteil Seven Dials, um Neues zu sehen.

Für den Abend hatte ich einen Tisch im Isaac At reserviert, ein hochklassiges Restaurant, das nur mit Zutaten aus der Region kocht (“Sussex on a plate”) und dazu englische Weine einschenkt. Bei unserem letzte Brighton-Besuch waren wir davon begeistert gewesen, diese ist genau meine liebste Sorte Restaurant: Im Mittelpunkt stehen beste saisonale und lokale Zutaten, die Zubereitung stellt sich in ihren Dienst und verkünstelt sich nicht.

Als wir das Haus verließen, setzte heftiger Regen ein. Wir beide auf Pünktlichkeit geeichte Deutsche musste uns mit Gewalt zwingen, untergestellt den Guss abzuwarten (das Blau am Rand der Regenwolke war am Himmel sichtbar) und dann halt ein paar Minuten zu spät zu kommen. Wir nahmen wieder einen unbekannten Weg.

Und verbrachten einen wunderbaren Abend mit köstlichem Essen und interessanten Weinen.

(von oben links im Uhrzeigersinn) Der Gruß aus der Küche war eine Tomaten-Consommé mit rosa Pfeffer, dann gab es strawmatos (eine Kreuzung aus Erdbeeren und Tomaten – Nachtrag: So sagte der Koch, aber das stimmt wohl nicht) und Gurken mit einem Lammpflanzerl, gefolgt von Scholle mit Algen-Hollandaise, Dill und Seekräutern, frisches Brot mit dreierlei Butter (gesalzen, Bärlauch, Röstzwiebel).

Schon zu den Buttern hatten wir zwei Weine eingeschenkt bekommen, einen roten und einen weißen, mit der Aufforderung zu probieren, welcher uns besser dazu und zum Fleischgang gefiel. Das war bei mir eindeutig der weiße, ohnehin mein Favorit des Abends: Stopham Estate Pinot Blanc 2020, ungewöhnlich zitrusfruchtig bunt in der Nase, viel Pink Grapefruit im Mund.

Fleisch war Wagyu-Rind mit Schimmelkäse-Schaum, Puree aus roter Paprika und Pimientos de padrón, dann hatten wir drei örtliche Käse mit Apfel-Zwiebel-Chutney und besonders guten Crackern. Erstes Dessert links unten war ein Rhabarber-Sorbet mit Custard-Spänen, dann kam (rechts unten) ein Scone mit Erdbeeren, Sahne und Basilikum (wunderbare Kombination) – dazu als Süßwein ein alter Cider.

Wir wurden sehr aufmerksam vom Service umsorgt, plauderten vor allem mit Restaraunt Manager Connor Harris – und erfuhren leider von ihm, dass Isaac At Ende August schließen wird.

Heimweg über die immer noch windumtoste Uferpromenade, auch deutlich nach zehn war der Himmel nicht ganz dunkel.

§

“Klimaaktivisten füllten Löcher auf spanischen Golfplätzen mit Zement”.

“In Spanien werden 437 Golfplätze täglich bewässert”, kritisierte die Klimaschutzgruppe. Damit hätten die Golfplätze einen höheren Wasserverbrauch als die Bevölkerung von Madrid und Barcelona zusammen. Golf spielten aber nur knapp 0,6 Prozent der Bevölkerung.

Teile Spaniens sind nach Angaben von Experten so trocken wie seit tausend Jahren nicht mehr. Nach dem heißesten und trockensten Frühling seit Beginn der Wetteraufzeichnungen herrschte Anfang Juni nach Angaben der Europäischen Dürre-Beobachtungsstelle in 60 Prozent des Landes Alarmzustand, weil Regen fehlte und die erste Hitzewelle des Sommers für Rekordtemperaturen von mehr als 44 Grad Celsius sorgte.

die Kaltmamsell

9 Kommentare zu „Journal Mittwoch, 5. Juli 2023 – Brighton 2 mit Uferlauf, Stadtbummel und Sussex on a plate

  1. Anke meint:

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    Gerne gelesen

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  2. Wiesel meint:

    Den Guardian habe ich vor drei Wochen noch als Druckausgabe gekauft, in Südengland…

  3. die Kaltmamsell meint:

    Tatsächlich, Wiesel, danke für die Korrektur! Ich war sicher, schon vor Wochen im Guardian-Newsletter vom Einstellen der Druckausgabe gelesen zu haben.

  4. Croco meint:

    Die Idee mit den Golfplatzlöchern ist genial.
    Die Anarchistin in mir lächelt leise.
    Und doch sind es auch die Obst- und Gemüseplangtagen, die das Wasser abziehen. Manchmal überlege ich, ob die holländischen Tomaten nicht doch ökologisch sinnvoller sind.
    2019 waren wir im Nationalpark Coto de Doñana bei Cádiz. Er ist umgeben von Erdbeerfeldern und Heidelbeerplantagen, die durch illegalen Brunnen mit Wasser versorgt werden. 2022 ist die Lagune dann vollständig ausgetrocknet.

  5. Poupou meint:

    Auf die englischen Weine wäre ich neugierig. Weiß jemand eine Bezugsquelle in Deutschland? (Online oder Laden zB in Berlin)?

  6. Hauptschulblues meint:

    Dreckige Fenster sind gut, weil dann die Vögel nicht reinfliegen. Deswegen putze ich Fenster fast nie, allerhöchstens einmal im Jahr.

  7. TomInMuc oder Tomate meint:

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    Gerne gelesen

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  8. Bleistifterin meint:

    Isso!

  9. Sabine meint:

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    Gerne gelesen

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