Archiv für Juli 2023

Journal Montag, 24. Juli 2023 – Unprofessionelles Wetter

Dienstag, 25. Juli 2023

Überraschendes Regengeräusch beim Aufwachen. Das Bearbeiten der Bilder für den gestrigen Blogpost hatte ich aus Müdigkeit vom Vorabend auf den Morgen geschoben – und schon kam ich mit meinem Zeitplan in Verzug. Das Resultat: Zehn Minuten später als sonst im Bürohaus eingestempelt.

Die Regenschauer am Vormittag standen auch nicht in der Wettervorhersage. Mit kühl, windig, durchsetzt von Regenschauern war das Gesamtwetter des Tages weit weg von der Prognose noch am Morgen: Trocken, bis 27 Grad. Es hatte offensichtlich ins Briefing nicht mal reingeschaut! War DAS professionelles Verhalten? Für meinen Mittagscappuccino ging ich deshalb nur zum Nachbarn, ein Spaziergang durchs Westend war nicht attraktiv genug.

Zum Mittagessen gab es ein großes Glas Kichererbsensalat vom Vorabend, mit seinen frischen Kräutern bereitete es mir große Freude.

Nach einem mittelanstrengenden Arbeitsnachmittag eher später Feierabend. In der einen sonnigen Phase des Tages spazierte ich zum Hauptbahnhof, um dann doch mal wieder ein Automatenfoto für mein Langzeit-Projekt aufzunehmen. Diesmal hatte ich Glück: Der Automat nahm meine Münzen, fotografierte, lieferte einen Abzug, hurra! Weiter zum Stachus für Körperlotionkauf beim Body Shop (an dem Haus in Brighton, in dem Anita Roddick 1976 ihren ersten aufmachte, hängt übrigens inzwischen eine offizielle blaue Gedenkplakette).

Zu Hause eine Runde Yoga-Gymnastik mit Jessica Richburg, ging gut.

Als Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell die Roten Bete aus Ernteanteil nach Ottolenghi gebacken mit Ingwer-Erdnussbutter-Sauce – und eine Hälfte zum Vergleich mit Haselnussmus-Sauce. Beides ganz hervorragend.

Zum Nachtisch unsere letzten Erdbeeren der Saison und Schokolade.

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Gestern ersetzte Twitter – oder wie auch immer Elon Musk seine Plattform jetzt nennt – das Vogel-Logo durch ein X.
Zum Abschied verlinke ich den Thread eines der Schöpfer des Vögelchens über seine Entstehung. (Die Logo-Vorgänger kommen auch drin vor.)

Im Guardian bietet Cartoonist The First Dog on the Moon einen Ratgeber an:
“Twitter is burning, Bluesky is smug. Where is the best place to do your pathetic doomscrolling?”

Journal Sonntag, 23. Juli 2023 – Bisschen Hochsommerwandern an der Amper

Montag, 24. Juli 2023

Nicht ganz so lang geschlafen, wie ich es nach dem späten Zu-Bett-Gehen gerne gehabt hätte, aber gut.

Ich wachte zu einem sonnigen, milden Morgen auf, Milchkaffee und Bloggen auf dem Balkon. Für den Tag hatte ich Herrn Kaltmamsell eine kleine Wanderung vorgeschlagen, er suchte eine aus einem alten Büchl Wandern mit dem MVV nördlich von München von Röhrmoos nach Dachau heraus.

Vorbereitungen in aller Ruhe und Gemütlichkeit, erst um zwölf verließen wir das Haus und spazierten zum Stachus. Kurzer Brotzeitkauf, dann nahmen wir die S-Bahn nach Röhrmoos. Als wir ausstiegen, war da draußen plötzlich hochsommerliche Hitze, selbst der Wind fühlte sich warm an.

Gleich mal Symbolbild für bayerischen Landtagswahlkampf.

In der Landwirtschaft herrschte Hochbetrieb, es wurde geerntet, wir sahen vor allem Getreideernte und wichen immer wieder Traktoren aus. Auf freiem Feld und im Wald war die Temperatur schon angenehmer, der Wind kühlte.

Mariabrunn. Im Angebot auch “Geweihte Kerzen”.

Der Biergarten von Mariabrunn ist wirklich besonders schön (Parkplatz dazu fast so groß wie das Klostergelände), doch nach nicht mal einer Stunde war es uns zu früh zum Einkehren.

Direkt hinter Mariabrunn eine spektakuläre Aussicht auf München. Ohne Dunst sicher noch spektakulärer.

In Ampermoching sahen wir uns die Kirche aus dem 14. Jahrhundert an, interessanter fand ich allerdings mal wieder die Grabsteine davor.

Jetzt kamen wir endlich an die Amper und wanderten diese nach Süden.

Mündung der Würm in die Amper. Hier machten wir gegen drei Brotzeit, ich frühstückte ein Brot mit Avocado und Mozzarella.

Rapsernte. Den Staub davon hatten wir schon von Weitem als Wolke über der Amper gesehen.

Der nächste Weg-Abschnitt direkt am Fluss war eher abenteuerlich und sah nicht sehr genutzt aus – manchmal hat es Folgen, nach einem 20 Jahre alten Buch zu wandern.

Aber wir schafften es nach Dachau und dort durch den Ort auch zur S-Bahn, waren etwa 13 Kilometer in dreieinhalb Stunden gegangen.

Mittlerweile war der Himmel wie angekündigt zugezogen, daheim las ich auf dem Balkon gemütlich die Wochenend-Süddeutsche. Es war auch noch Zeit für eine Runde Yoga-Gymnastik, diesmal wieder mit Jessica Richburg.

Als Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell einen Kichererbsensalat mit Stangensellerie und Kräutern (hervorragend), dazu Grünkern-Bratlinge (gut) und auf meinen Wunsch Bratwurst. Zum Nachtisch gab’s bread pudding mit Vanilleeis, dann Schokolade.

Arbeitstag vorbereiten, Wohnung für Einsatz Putzmann zurechträumen.

Journal Samstag, 22. Juli 2023 – Der rosa Cowboy-Hut. Mit Glitzer. Und Federn.

Sonntag, 23. Juli 2023

Nicht so gut geschlafen, weil ich nachts mehrfach Beinkrämpfe bekam, wenn ich mich streckte (dass ich mehrfach nachts das Bedürfnis hatte, meine Beine zu strecken, ist aber auch nicht normal).

Zu einem frischen und bewölkten Morgen aufgewacht. Die Wettervorhersage verhieß aber Sonnenschein im Lauf des Vormittags, ich hielt an meinen Schwimmplänen fest. Recht früh spazierte ich über Alten Südfriedhof und Isar zum Schyrenbad, war noch deutlich vor zehn im Wasser.

Doch schon als ich mich vom Beckenrand in dieses ließ, merkte ich: zu kalt, auch wenn es nicht ganz so kalt war wie im Energie-sparenden Vorjahr. Zwar schwamm ich wirklich fröhlich los, rechnete aber jederzeit mit Frieren. Besonders flottes Tempo konnte das nicht verhindern, mit Zähnezusammenbeißen und dem guten Zureden, dass das ja jetzt nur das eine Mal war, schaffte ich 2.700 Meter, dann musste ich meine Raspel-taugliche Gänsehaut und die gefühlten blauen Lippen aus dem Becken schaffen (ich brauchte die Leiter, für ein Hochziehen über Beckenrand schlotterte ich zu sehr). Es dauerte lange, bis ich mit heißer Dusche und dann auf der Liegewiese in der Sonne wieder aufgewärmt war. Das ist sehr schade, denn damit zerstob auch meine Hoffnung, in den nächsten Sommerwochen mal nach der Arbeit für eine Schwimmrunde hierher zu radeln.

Ein paar Lebensmittel-Einkäufe auf dem sonnigen und milden Weg zurück, daheim gab’s zum Frühstück Weißbrot mit den Antipasti vom Vorabend sowie richtig gute Kirschen.

Jetzt startete das eigentliche Programm des Tages und die eigentliche Geschichte: Vor vielen Monaten erreichte mich aus dem Freundeskreis Bloggen die Einladung zum großen gestrigen Fest “Last Night of the Goths”, gefeiert im Tonwerk Dorfen. Um entsprechende Kleidung wurde gebeten. Dass ich Mottoparties besonders mag, erwähnte ich bereits; das liegt daran, dass ich mich gerne verkleide (deshalb bin ich auch große Freundin des Münchner Faschings – BÄLLE! -, bloß dass der mir zeitlich jedes Jahr wieder ungelegen kommt).

In England gibt es Läden für Party-Ausstattung in vielen Geschmacksrichtungen; als ich in Brighton an solch einem vorbeikam, nutzte ich ihn als Inspiration für das Goth-Fest. Ergebnis: Ich würde als Goth Barbie auftreten. Zentrales Element der Verkleidung war ein sensationeller rosa Cowboy-Hut mit Glitzer und Federn.

Doch den musste ich ja auch zerstörungsfrei nach Deutschland schaffen. Sicherste Transport-Variante: Auf meinem Kopf. Auf der Rückreise sah ich also so aus.

(Spiegel-Selfie auf einem Klo des Flughafens London Heathrow.)
Und was soll ich sagen: Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so viele Komplimente an einem Tag bekommen wie damit. Als ich am Flughafen erstmal an einem Costa Cappuccino für uns kaufte, begeisterte sich der Barista sofort für den Hut, wir tauschten in Smalltalk Woher und Wohin aus, zu den Cappuccinos schob er mir dann ein Stück Karottenkuchen rüber: “That’s on me.”

Auf allen Wegen durch den Flughafen begleiteten mich fröhliche Blicke, erfreute Bemerkungen: “Love your hat!” Ich musste an all die attraktiven Frauen denken, die verletzt darauf hinweisen, über 50 würden sie unsichtbar – es gibt ein Gegenmittel! Sogar als ich das rosa Trumm mit Glitzer und Federn in München beim Aussteigen aus dem Flugzeug in der Hand trug, leuchteten die Augen der drei draußen wartenden Service-Herren auf, und einer rief: “Wow, toller Hut!”

Na gut, in Wahrheit hat also der Hut die Komplimente bekommen, nicht ich. Aber den Kuchen bekam ICH spendiert! Und das ist es doch, was wir Frauen wirklich wollen: Kuchen.

Zur Komplettierung der Goth Barbie hatte ich im englischen Party-Laden einen rosa Tutu und ein rosa Kunstbast-Röckchen gekauft, in München pinke Sandaletten sowie Lidschatten in Glitzerpink. Gestern komplettierte ich das mit rosa Oberteil, fuchsia Laufhose, der Tutu erwies sich als eher lahm, ich entschied mich für das Bast-Röckerl.

Ich war mit dem Ergebnis zufrieden. (Über meine eigene Barbie-Vergangenheit als Kind schreibe ich noch, vorab: Ja, es gab eine intensive. Meine war die Zuckerfee-Barbie.)

Die Party-Location war optimal ans Bahnnetz angebunden, der Zug nach MarktoberdorfMühldorf brachte mich nach Dorfen – schon recht früh, den losgefeiert wurde um fünf. Schon am Bahnsteig fiel im sommerlichsten Sonnenlicht das Grüppchen in Tiefschwarz auf.

Party-Location gleich ums Eck vom Bahnhof Dorfen. Und dort verbrachte ich ein paar wundervolle Stunden. Es war so schön, alte Bekannte wiederzusehen – teilweise, wie wir feststellten, nach Jahren, weil Pandemie. Doch ich lernte auch neue Leute kennen, großartigerweise kam ich in den Party-Modus, den ich eigentlich verloren glaubte, der mich Unbekannte aus echtem Interesse schlicht mit: “Dich kenne ich noch nicht. Wer bist denn du?” ansprechen ließ.

Die Gäste kamen aufs Herrlichste aufgebrezelt, ich sah atemberaubende Kleider an Herren und Damen, wunderschönen Schmuck, beeindruckendes Make-up.

Die beiden Gastgeberinnen (später trat noch eine Band auf).

Der supernette und aufmerksame Service bot gefährlich süffige Drinks an (ich blieb beim Basil Smash, den ich ab der Hälfte jeweils mit Sprudelwasser aufgoss), bald ein reichhaltiges Grill-Buffet mit Fleisch, Fisch, Vegetarischem, Veganem, viel Gemüse, Salaten dazu.

Neuerlicher Auftritt der Gastgeberinnen: Nach dem Verschicken des Save-the-date sei die häufigste Frage gewesen, ob sie heirateten. Das sei zwar nicht der Anlass, doch eines der klassischen Elemente von Hochzeiten wollten sie unbedingt auch.

Torte.
Das war der zentrale Nachtisch, und er schmeckte sensationell. Ich nahm mir ein Stück der obersten Ebene, Schoko-Buttercreme, und eines von der untersten, Quark-Beeren – ausgesprochen köstlich. Schon das war eigentlich zu viel, die mittlere Ebene, von der Koster*innen als Zitronentorte berichteten, musste ich auslassen.

Ein weiteres Bild meines Huts auf instagram.

Auch wenn für Mitternacht eine Überraschung angekündigt war, nutzte ich den letzten Zug zurück nach München schon vorher und schaukelte samt Hut nach Hause – müde-fröhlich und vor allem erfreut, dass ich also doch noch Spaß mit mehr als ganz wenigen Menschen haben kann.

Nachtrag: Mehr Fotos!

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Hier hat’s schon zu lange keine Tanzfilmchen mehr gegeben. Deshalb heute: Long board dancing von @valeriya_gogunskaya.

via @hotelmama

Journal Freitag, 21. Juli 2023 – Endspurt zum Wochenende mit Installateursaufregung

Samstag, 22. Juli 2023

Verschlafen. Das war mir zuletzt (*checkt Blog*) vor zwei Jahren passiert – aus demselben Grund: Ich hatte vergessen, meinen Wecker zu stellen. (Da ich meine Weckzeit immer wieder um ein paar Minuten hin- oder herschiebe, habe ich keine automatische Wiederholung eingestellt.) Zum Glück steht Herr Kaltmamsell auch in seinem Sabbatical früh auf, er weckte mich rechtzeitig. Vor lauter Verschlafen-Wiederreinholen kam ich so früh los wie die ganze Woche nicht. Kühle Luft, gemischter Himmel.

Vormittags ordentlich was weggeschafft, Mittagscappuccino in der Nachbar-Cafeteria, mein Mittagessen bestand aus Quark mit Joghurt, ein paar Pflaumen und Flachpfirsichen.

Aus der Büro-Ferne verfolgte ich einen Installateurs-Einsatz in unserer Wohnung: In der Küche war das Wasser seit einiger Zeit nicht mehr richtig abgeflossen, stieg auch bei Nutzung von Wasch- und Geschirrspülmaschine durch den Waschbecken-Abfluss nach oben. Alles deutete auf eine Verstopfung im dahinterliegenden Rohr, für deren Beseitigung lieber ein Experte sorgte. Herr Kaltmamsell organisierte und beaufsichtigte (in Abstimmung mit der Hausverwaltung) und tickerte live die Entwicklungen. Es gab eine Extrarunde, weil Verstopfungsbeseitigungs-Installateur den Siphon nicht mehr zusammenbekam (ob er den Tipp gebraucht hätte: “Beim Auseinanderbauen vielleicht von jedem Schritt ein Foto machen, damit man’s auch wieder zusammenkriegt”?), das richtete später sein zusätzlich georderter Kollege. Bis dahin befürchteten wir, übers Wochenende die Küchenspüle nicht nutzen zu können, merkten uns für die Zukunft: Solche Aktionen nie am Freitag.

Ein nachmittäglicher Blick in meinen Kalender erinnerte mich an einen belastenden Arbeitstermin Montagnachmittag, schon verdunkelte sich meine Stimmung. Hätte ich ihn nicht gestern gesehen, hätte er mich sehr wahrscheinlich Montagmorgen mit einem dumpfen Hieb in den Bauch überrascht. Zum ersten Mal aber fragte ich mich: Was von beidem empfinde ich eigentlich als weniger schlimm? Ein mittelgraues Wölkchen überm Gemüt für drei Tage oder diesen Überraschungshieb?

Aufgeregte Vorfreude auf ein lange angekündigtes und vorbereitetes Fest am Samstag – erwarten Sie Fotos! Ich habe mich in einem Party-Shop in Brighton (sowas kenne ich in Deutschland gar nicht) dafür eingekleidet und musste Teile davon aus Transportgründen im Flugzeug tragen.

Zu Feierabend wurde der Himmel nochmal ganz düster, es kündigte sich ein zweites Gewitter nach dem gegen 15 Uhr an. Ich steckte meinen Notfall-Schirm ein und schaffte es gerade noch in den schützenden Biosupermarkt Vollcorner, bevor ein heftiger Gewitterregen herabstürzte. Nach meinen Einkäufen musste ich eine Weile warten, zwischen einem halben Dutzend Kund*innen in derselben Situation, bis sich der Regen auf ein Schirm-kompatibles Maß beruhigt hatte. Allerdings hatte ich dann keine Lust mehr, an Standeln oder beim Eataly nach gutem Obst zu suchen und ging direkt heim.

Zu Hause nochmal die Yoga-Gymnastik vom Vortag, tat sehr gut. Dann war endlich richtig Wochenende.

Erster Aperol Spritz der Saison. Ich hatte mich sehr auf Alkohol gefreut, das erste Glas war schnell geleert.

Herr Kaltmamsell schaffte es, angetrunken das Abendessen zu finalisieren und zu servieren.

Es gab auf einem Tellerchen Antipasti: Zucchini und Auberginen aus Ernteanteil mit Knoblauch, ein wenig Chilli und frischem Oregano aus Ernteanteil, serviert auf einem Spiegel aus Haselnussmus – das Mus inspiriert von einem Teller, den wir in Brighton bekommen hatten. Das Haselnussmus schmeckte hervorragend, doch so intensiv, dass es den zarten Geschmack des Gemüses überdeckt. Wir werden weiter experimentieren. Außerdem gab es Freitags-typisches Entrecôte mit gebratenem Rote-Bete-Grün (Sie erinnern sich: Ist botanisch dieselbe Pflanze wie Mangold). Sehr gutes Essen.
Zum Nachtisch Schokolade.

Am Wochenende darf man bekanntlich noch früher ins Bett als sonst, wir waren beide so müde, dass wir das taten.

Ich hatte mich noch nicht umgewöhnt von Hitzeaussperren zu Kälteregulierung in der Wohnung, musste für Entscheidungen zu Fensteröffnen sehr nachdenken.

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Bov Bjerg hat einen weiteren Roman geschrieben, hurra, er ist ab Ende August erhältlich: Der Vorweiner. Die Zusammenfassung der Handlung liest sich vielversprechend, genau meine Kragenweite nicht-realistisches Erzählen. Und doch möchte ich die Marketing-Abteilung von Ullstein gerne schmerzhaft zwicken für den Klappentext und seine Formulierungen wie “kühner Wurf” (will heißen: “Er wollte einfach nicht auf uns hören und wir wissen nicht, ob’s dafür überhaupt ein Publikum gibt”?) oder gar “preiswürdiges Erzählkunstwerk” (will heißen: “Hoffentlich gefällt’s wenigstens irgendeiner prätentiösen Jury”?).

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Vor zehn Jahren ist Wolfgang Herrndorf gestorben. Dieses rare Interview mit seiner Frau Carola Wimmer (“C.”) im Süddeutschen Magazin erinnert mich daran, wie tief das Lesen seines Blogs “Arbeit und Struktur” mir damals ging (€):
“‘Alles, was Wolfgang gemacht hat, hat er sehr radikal gemacht'”.

Journal Donnerstag, 20. Juli 2023 – Langweilig, brauchen’S nicht lesen

Freitag, 21. Juli 2023

Eine unruhige Nacht, in der mich böse Kopfschmerzen plagten, als sei ich mit dem Gesicht gegen eine Wand gerannt. Nur dass ich nie genug aufwachte, um eine Tablette dagegen zu nehmen. Beim Weckerklingeln aktivierte sich der Mechanismus, der seit Migräne bei allen Kopfschmerzen gerne mal Übelkeit zuschaltet. Dabei hatte ich stressige Träume, die zum Teil in England spielten, und zwar im heruntergekommenen 1980/90er-England, ich war wieder für irgendwas Organisatorisches verantwortlich.

Nach dem Aufstehen half eine Ibu ziemlich schnell gegen das Kopfweh, noch ein Glück. Draußen war es düster und kühl, so kühl, dass ich Kleidung umplante. Auf dem Marsch in die Arbeit dachte ich an genau dieses Wetter während unseres Wanderurlaubs zurück.

Emsiger Vormittag inklusive Besprechungen. Beim Korrekturlesen eine Menge gelernt, nämlich über Materialien und Qualitätssicherung in der Automobilproduktion.

Mittags ging ich für Einkäufe auf den Markt am Georg-Freundorfer-Platz, besorgte Fassbutter und Käse. Am Himmel gemischte Wolken, unten perfekte Temperatur für ohne Jacke. Mittagessen war später am Schreibtisch Vollkornbrot mit Butter (super), außerdem Pflaumen und Flachpfirsich (so lala).

Nachmittags mehr Arbeit, mehr Termine – ein Arbeitstag halt, was erwarten Sie.

Nach Feierabend ging ich auf direktem Weg nach Hause, derzeit und bis auf Weiteres unter Umgehung der Theresienwiese, weil dort die Brauerei-Kathedralen fürs Oktoberfest aufgebaut werden.

Daheim turnte ich die Abschlussfolge 30 von Adrienes Programm Move, mein bislang liebstes Programm, von dem ich bei diesem Durchgang jede Folge mindestens zweimal gemacht hatte. Abschlussfolge heißt aber immer: Keine Ansagen, nur Hingucken. Ging gestern überraschend gut, auch der Balance-Teil.

Der erste Ernteanteil nach Urlaub, hatte ich sehr vermisst. Aus dem Kopfsalat und einer Gurke machte ich mit Knoblauch-Joghurt-Dressing Salat, außerdem gab’s Käse. Nachtisch Schokolade.

Sehr früh ins Bett, um noch viel Zeit zum Lesen zu haben: Josef Bierbichlers Mittelreich gefällt mir auch so gut, wie alle sagen. Irritiert bin ich nur über die Schriftart: Ich habe “Verlagsschrift” voreingestellt, und die ist hier kursiv – kann sich nur um einen technischen Fehler handeln. Anfangs ging ich lange davon aus, dass ich eine Vorrede oder Rahmenhandlung las, denn – Typografie hat immer auch Bedeutung – die wird üblicherweise durch eine andere Schriftart oder Kursivsetzung gekennzeichnet. Jetzt aber habe ich die Hälfte des Romans gelesen und die Schrift ist immer noch kursiv.
Nachtrag: Ich habe den Roman zum Gegencheck im Browser aufgerufen statt auf meinem Smartphone – auch hier erscheint der Text kursiv. Hat jemand von Ihnen die Papierausgabe zur Hand? Würden Sie bitte nachsehen, ob auch darin der Text kursiv gesetzt ist und mir Bescheid geben? Danke!

Journal Mittwoch, 19. Juli 2023 – Abschied vom grauen Lappen und ein griechisches Erlebnis

Donnerstag, 20. Juli 2023

Einerseits hat sich noch keine rechte Morgenroutine nach dem Urlaub eingestellt, zum Beispiel musste ich mich aktiv an Zeitungholen und -einpacken sowie an meine Bank- und Seitstütz-Einheit vor dem Duschen erinnern. Andererseits fühlte sich schon am gestrigen Mittwoch die Arbeitswoche ganz schön lang an.

Nachts hatte es wieder wunderbar abgefrischt, der Fußmarsch ins Büro war ein Genuss.

Kurz vor Mittag DER Termin: Neuen Führerschein abgeholt, gleich ums Eck von der Arbeit. Unterwegs konnte ich noch einem Herrn helfen, der mich nach genau dieser Adresse fragte: “Kommen’S einfach mit.”

Abschied. Erinnerung daran, wie stolz ich seinerzeit auf ihn war. An die Fahrstunden in der Fahrschule Krajak beim gütigen, geduldigen Herrn Krajak. Und Dank an die verstorbene Oma, die sie 1985 finanzierte.

Zu Mittag gab es Vollkornbrot mit Butter, Mango mit Dickmilch.

Im einem Berufstelefonat NICHT laut “FALKE!” gerufen, obwohl einer sich gerade vor der Kulisse des Nebengebäudes im Flug mit einer Krähe kabbelte: DAS ist Professionalität.

Nicht zu später Feierabend, weil ich einen Bein-Wachs-Termin hatte – Freude über glatte Beine.

Fürs Abendessen war ich mit Herrn Kaltmamsell verabredet: Ich hatte auf unsere Wochentags-Auswärtsessen-Liste ein griechisches Lokal in unserem Viertel gesetzt, an dem ich seit vielen Jahren immer wieder vorbeigehe: Bis vor Kurzem ein eher uriges Nachbarschafts-Beisl in der Landwehrstraße, nur bei genauerem Blick als griechisches solches erkennbar, vergangenes Jahr aber neu und schick eingerichtet, jetzt auf ganz andere Weise nur bei genauerem Blick als griechisches Lokal identifizierbar. Arkadi heißt es aber immer noch.

Wir teilten uns einen Grillteller mit sehr guten Pommes. Und wo ich sonst einen Ouzo aufs Haus gewohnt bin, gab’s hier ein Tellerchen mit herrlichen Trauben zum Abschluss. Doch das eigentliche Erlebnis war die Atmosphäre, um uns aßen Touristen, aber auch feine alte Leute, die Gäste an den Außentischen auf dem Gehweg wirkten wie Bauarbeiter zu Feierabend.

Daheim gab’s noch Schokolade.

Im Urlaub habe ich mir ein Parfum gekauft. Ich hatte gelesen, dass die Firma (von der ich noch nie etwas gekauft hatte) auch einige wenige Parfums anbietet und hatte mich seltsamerweise gerade dafür interessiert. Im Laden in Brighton roch ich an dreien davon und entschied mich innerhalb von Sekunden für eines, Eidesis, zahlte dafür so viel wie noch nie für einen Duft. Als ich es am nächsten Tag auflegte, wusste ich aber nicht mehr, warum ich es haben wollte, und fühlte mich sehr, sehr dumm.

Seither trage ich Eidesis jeden Tag (DES GEYD!), indem ich morgens nach dem Duschen und vor dem Anziehen durch den Nebel von zwei Sprüh-Stößen gehe. Und seit gestern sind wir zusammengekommen, als ich ihn acht Stunden nach Benutzung an mir erschnupperte: Einen so holzigen Duft hatte ich noch nie, denke auch viel an schöne Holzmöbel, aber zu meiner Überraschung passt das, selbst im Hochsommer. Vielleicht bin ich doch einfach Generation Sandelholz. Vielleicht war ich ja doch nicht dumm, sondern Instinkt-geleitet, und dieser Leitfaden des Herstellers zur sorgfältigen Wahl eines Parfums (der auch meine bisherigen Duftentscheidungen beschreibt) – ist nicht der einzige Weg.

(Mein zweit-seltsamster Weg zu einem Duft-Liebling ging so: Am Start meines ersten Mallorca-Urlaubs vor 25 Jahren besprühte mich eine Duty-free-Shop-Angestellte gründlich mit Kenzo Jungle. Ich mochte den Duft überhaupt nicht, hatte aber viele Stunden keine Möglichkeit, mich davon zu befreien. Danach roch ich jahrelang schon von Weitem auch geringe Spuren davon. Bis ich zunächst einen Miniatur-Flakon damit kaufte – und feststellte, dass er mir an mir sogar besonders gut gefiel.)

Journal Dienstag, 18. Juli 2023 – Noch ein Lerchenlauf

Mittwoch, 19. Juli 2023

Wecker auf Fabrik-Frühschicht: Im Juli geht die Sonne noch früh genug für einen Morgenlauf vor der Arbeit auf, dann ist es bald zu dunkel dafür.

Beim Klingeln war ich wie gewohnt sofort knallwach, goss noch Pflanzen und trank Milchkaffee, bevor ich an die Wittelsbacherbrücke radelte. Schon in diesem ersten Morgenlicht hörte ich die Mauersegler um die Häuser schrillen.

Neue Streetart unter der Brudermühlbrücke kurz vorm Jahrestag des rassistischen Massenmords im OEZ am 22. Juli.

Neues Radl-Warnschild.

Ich lief mittelleicht, genoss vor allem die Luft. Mit kurzer Laufhose und ärmellosem Oberteil war ich genau richtig gekleidet. Es war überraschend wenig los auf den Isarwegen, möglicherweise haben sich die anderen Läufer*innen bereits an die Hitze gewöhnt.

Nach zackiger Körperpflege radelte ich in die Arbeit, traf so etwa 20 Minuten später als sonst ein.

Dass ich nicht genug Schlaf bekommen hatte, merkte ich am Vormittag im Büro, als ich durch einen leichten Dunst arbeitete. Nach dem ersten großen Schwung ging ich auf einen Cappuccino in die Cafeteria der Nachbarfirma. Zu Mittag gab es später Hüttenkäse und eine vorgeschnittene Netzmelone: Ich hatte eine halbwegs reife gefunden und beduftete damit mein Büro.

Nachmittags prasselte überraschend Regen ans Fenster, dadurch wurde der Tag weniger heiß als angekündigt.

Tüchtiger Nachmittag, es wurde eher spät. Auf dem Heimweg Abendessenseinkäufe beim Vollcorner, nach einer Runde Yoga-Gymnastik zu Hause gab es als Nachtmahl restlichen englischen Käse, einen großen Teller Ochsenherztomaten als Salat und frisches Wurzelbrot, Nachtisch Schokolade.

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Fotorückblick:

Vor zehn Jahren im damaligen Badspiegel.

Aus den Jahren 2003 und 1993 gibt es keine Hochsommerfotos von mir.

Aber eines von vor 40 Jahren auf dem Klassenfoto der 10. Klasse. (Wenn ich mir die Kleidung ansehen, wurde es sehr wahrscheinlich nicht im Sommer aufgenommen – egal).

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Was ich schon im Urlaub durch Zeitungslektüre mitbekommen hatte und was mich sehr bewegt: An der Isar in München wurden bei Renovierungsarbeiten am Großhesseloher Wehr (an dem ich immer wieder vorbeilaufe, unter anderem gestern) Überreste der ehemaligen Münchner Hauptsynagoge gefunden. Hier ein Bericht auf der Website des Bayrischen Rundfunks:
“Überreste der Münchner Hauptsynagoge entdeckt”.

Die Baufirma, die damals die Synagoge abriss, Leonhard Moll, hat das Haus gebaut, in dem ich heute wohne. Ein Nachbar erzählte mal, er habe herausgefunden, dass auf dem Grundstück zuvor die Villa der Familie gestanden habe, das konnten aber weder Herr Kaltmamsell noch ich je verifizieren.