Journal Dienstag, 9. Dezember 2025 – München hat jetzt ein Denkmal für die Familie Mann
Mittwoch, 10. Dezember 2025 um 6:17Es sind wieder die Zeiten, in denen ich meine nächtliche Beißschiene eigentlich auch im Büro tragen müsste.
Aber der Weg in die Arbeit bot zauberhaft Ansichten: Über der Theresienwiese im ersten Morgenblau an klarem Himmel riesige und laute Krähenschwärme, beim Blick zurück der Scherenschnitt der Stadtsilhouette vor einem Hauch Rosa.
Am Arbeitsplatz Überraschungen, aber ich bekomme ja alles davon mit demselben (guten!) Stundenlohn bezahlt.
Das sonnige Draußen lockte mächtig, also versuchte ich einen Marsch zu Mittagscappuccino, obwohl ich auf Abruf war (Telefon auf Privathandy umgestellt). Der seit drei Stunden erwartete Anruf erreichte mich 100 Meter vor Mittagscappuccino, also schnell umgekehrt, nach erfüllter Tat Cappuccino aus der Haus-Cafeteria (wenigstens heiß).
Zu Mittag gab’s Orangen, die letzte Crowdfarming-Avocado (gut!), Trockenpflaumen.
Der Nachmittag hielt einen ordentlichen Schreck bereit, ich entdeckte einen Wasserschaden. Den meldete ich an die entsprechenden Stellen, rettete gemeinschaftlich ein wenig Dinge (und machte beim Rumklettern meine schwarze Hose ordentlich dreckig) – sonst konnte ich eh nichts tun.
Termin nach Feierabend, auf den ich mich sehr freute: Das Denkmal am Salvatorplatz für die Familie Mann wurde endlich eröffnet. Ich hatte durch die Bekanntschaft mit dem Künstler Albert Coers in den vergangenen Jahren mitbekommen, wie viele Hürden zwischen Konzept und Umsetzung gestanden hatten – und das für jemanden, der ohnehin keine Routine im Umgang mit Baufirmen hatte (wer hat das schon?). Das Konzept für das Denkmal hinterm Literaturhaus, “Straßen, Namen, Leuchten”, kannte ich also schon lang, jetzt fuhr ich zum Odeonsplatz, um es zu Leben erweckt zu sehen.
TADAAAA!
Die Reden fand ich kurzweilig und interessant (es war meine erste Eröffnung von Kunst im Öffentlichen Raum), Albert Coers schlug die Brücke zwischen den sieben Jahren auf Thomas Manns Zauberberg und den sieben Jahren, die zwischen Beginn und Vollendung des Denkmals lagen.
Herr Kaltmamsell guckt Kunst.
Natürlich bin ich ein wenig befangen, doch mir gefällt diese Idee für ein Denkmal für die Familie Mann ganz ausgezeichnet:
Das Kunstwerk besteht aus Schildern von Straßen und Plätzen u. a. in München, Frankfurt, Zürich, Rom und São Paulo, die nach Mitgliedern der Familie benannt sind, sowie aus Straßenleuchten von Orten, an denen die Manns lebten bzw. im Exil waren, wie Lübeck, Nida, Sanary-Sur-Mer, New York, Los Angeles oder Kilchberg.
Erst vor wenigen Tagen hatte Albert auf instagram auf eine Besonderheit des Kunstwerks hingewiesen:
Eine Bestandsleuchte am Salvatorplatz wird Teil des Ensembles des Denkmals für die Familie Mann. An der Leuchte angebracht ist das neu geschaffene Straßenschild “Katia-Mann-Platz”. Katia, “Frau Thomas Mann”, nach der bisher keine Straße und kein Platz benannt ist, bekommt so ihren Platz innerhalb der Familie, wird im Bezug zur Stadt sichtbar. Sie entstammte der jüdischen Familie Pringsheim, die, wie die Manns, emigrieren musste, deren Haus vom NS-Regime abgerissen wurde, um dort das NS-Verwaltungszentrum zu errichten. In München gibt es wenig, was an sie erinnert.
Die Leuchte bleibt am Stromnetz der bestehenden Straßenbeleuchtung, ist deshalb jetzt schon an, noch vor der Eröffnung am 9.12.25. Katia Mann wird so für einige Tage besonders sichtbar. Und danach wird sie auch sichtbar bleiben, wenn die Leuchten des Denkmals ab 23 Uhr abgeschaltet werden, sie aber weiterhin bis zum Morgen ihren Schein verbreitet, als Bestandteil der regulären Straßenbeleuchtung.
Und jetzt endlich live und in Echt zeigte sich zusätzlich, wie wunderbar Konzept und Ort zusammenpassten, nämlich der Salvatorplatz – den das Denkmal nicht nur aufwertet, dem es auch nur wenig Platz wegnimmt. Ich bin schon sehr gespannt darauf, das Denkmal zu verschiedenen Jahres- und Tageszeiten zu sehen.
Der Künstler ließ sich geduldig vor seinem Werk fotografieren. Es wurden Glühwein und Punsch angeboten (angemessen für Dezember, nur halt nicht für die gestrigen immer noch fast 10 Grad am Abend), ich sah einige bekannte Gesichter, freute mich sehr über das Treffen.
Jetzt aber nach Hause, ich hatte Hunger. Herr Kaltmamsell hatte aus Ernteanteil bereits Wirsing gekocht und Kartoffeln geschält, unterwegs besorgten wir noch eine Kabanossi dazu, auf die ich sehr große Lust hatte.
Zu Hause Wäscheversorgung, Brotzeitvorbereitung, dann gab es deutlich später als sonst sehr wohlschmeckendes Nachtmahl. Nachtisch Schokolade.
§
Ich beantrage hiermit, dass dieses instagram-Filmchen zur Illustration des Berufs “Influencerin” auf Wikipedia verwendet wird.
Wir debattierten auf Mastodon länglich, ob das Satire ist, doch die Kommentare darunter und ein Blick in das sonstige Angebot der Absenderin lassen keinen anderen Schluss zu, als dass das ernst gemeint ist. Ich wünsche ihr ganz viele Werbeverträge, solche komplett fremden Welten müssen im Internet unbedingt erhalten bleiben.
12 Kommentare zu „Journal Dienstag, 9. Dezember 2025 – München hat jetzt ein Denkmal für die Familie Mann“
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10. Dezember 2025 um 7:15
Wow – das Denkmal bzw. die Idee dahinter ist großartig! Beim nächsten München Besuch werde ich das auf jeden Fall anschauen!
10. Dezember 2025 um 8:21
Über das Instagram-Filmchen habe ich herzlich gelacht und auch über so manchen Kommentar dazu.
10. Dezember 2025 um 8:21
Vorweg: das Kunstwerk von Albert Coers mit der zugrundeliegenden Idee finde ich sehr bemerkenswert.
Der Nimbus allerdings, den diese zutiefst gestörte Familie Mann insgesamt hat, macht mich etwas ratlos.Thomas Mann musste zu seiner späteren Haltung gegen das NaziRegime erst durch die Bemühungen seiner älteren Kinder “getragen” werden. Und mit welcher Berechtigung gerade “Frau Thomas Mann” so viel Ehre verdient haben soll ist mir schleierhaft. Als dienende Ehefrau eines großen Schriftstellers, aber menschlich eher kleinen Persönlichkeit, hat sie sicher ihre Verdienste, als Mutter aber hat sie in meinen Augen weitgehend versagt. Dass Klaus und Erika Kinder Drogen konsumierten, Monika innerfamiliär missachtet wurde, Golo sich separierte, Klaus und Michael sich das Leben nahmen, muss auch ihr angelastet werden.
Und ganz sicher gibt es Familien, die mehr erlitten haben durch die Vertreibung aus Nazi-Deutschland. Die Manns haben zweifellos Unrecht erlitten, hatten es aber stets kommod.
Ohne Frage ist es natürlich eine Familie von Interesse, weswegen ich auch viel über sie und von Ihnen gelesen habe.
Die Instagram Dame ist Satire: Realsatire!
10. Dezember 2025 um 8:35
Wozu erzählen Sie mir das, Trulla?
10. Dezember 2025 um 8:39
Was für eine wundervolle Idee für das Denkmal!
10. Dezember 2025 um 8:40
Also das Filmchen kann ich nicht ernst nehmen; aber vermutlich ist es ernst gemeint.
10. Dezember 2025 um 9:00
Weil es mir so in den Sinn kam bei Ihrem Bericht, Frau Kaltmamsell. Und ich noch sehr unter dem Eindruck der kürzlich gelesenen Bücher von Illies und Lahme stehe. Lesen oder veröffentlichen müssen Sie es ja nicht.
10. Dezember 2025 um 9:04
Doch, Trulla, hier meinen Kommentaren muss ich es lesen – ich bin für alles in diesem Blog verantwortlich. Wenn Sie es in Ihr eigenes Blog schreiben würden, müsste ich es nicht lesen.
10. Dezember 2025 um 9:04
Und wieder wird das innerfamiliäre Schicksal der Mutter zugelastet, ein Urteil von außen gesprochen, zu dem niemand außer den Kindern ernsthaft befähigt ist.
10. Dezember 2025 um 11:02
Womöglich hat ein*e Leser*in Spaß am Kommentar.
10. Dezember 2025 um 11:04
Kochen in fusseligen Roben sollte mehr promotet werden!
Diese Dame hat es perfektioniert. Das ist DRAMA!
https://www.tiktok.com/@shiadanni/video/7347803138423803142?lang=en
https://www.tiktok.com/@shiadanni/video/7486262707524472070?lang=en
10. Dezember 2025 um 11:05
Frau Kaltmamsell, ich bedaure, unbeabsichtigt die Kommentarfunktion missbraucht zu haben.
Mir ist offensichtlich die Fähigkeit, ausschließlich Beifall zu spenden, nicht gegeben.