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Journal Sonntag, 28. Mai 2023 – Heimkehr aus Nierstein, Martin Arz, Street Art München

Montag, 29. Mai 2023

Nachts weniger Kampf mit dem dicken, riesigen Hotel-Kopfkissen, doch beim Aufwachen fühlte sich meine Wirbelsäule an mehreren Stellen gebrochen an.

Draußen herrlichster Frühsommer, ich hörte vorm Hotelbalkon Entengeschnatter (für meine Ohren ein angenehmes, friedliches Geräusch, wie ich schon am Vortag im Garten von Frau Mutti anhand ihrer Asylenten lernte) und wie schon am Vorabend deutliche Falkenrufe.

Gemütliches Bloggen, gestern begleitete ich Herrn Kaltmamsell zum Frühstück und genoss zwei Cappuccinos (für Vollautomat ausgesprochen gut – vielleicht eine Frage der Automaten-Einstellung).

Flüssige Rückfahrt mit zweimal Umsteigen, die beide problemlos klappten. Wenig Aussicht aufs sonnige Maien-Draußen, durch das der ICE brauste, denn der Fensterplatz war wieder mal einer mit Mittelstrebenwand.

Bei Heimkehr musste ich nach drei dann doch mal was essen: Partyreste, also Tomätchen und Pumpernickel, gestern mit dick Butter. Dann Geschäftigkeiten in der Wohnung, Zeitunglesen auf dem Balkon (!), eine Runde Yoga-Gymnastik.

Wenn das Wetter schon endlich schön ist, wollte ich zum Nachtmahl in einen Biergarten – zumal ja sogar noch die Kastanien blühen! Das Wetter stellte sich auf unserem Spaziergang zum Flaucher sogar als traumhaft heraus: Nur so warm, dass es in der Sonne angenehm war, eine leichte Brise.

Ich aß eine halbe Schweinshaxe (auf das halbe Hendl, das mir lieber gewesen wäre, hätte ich 40 Minuten warten müssen, denn es war noch nicht gar), trank dazu ein alkoholfreies Weißbier. (Die Halbe Bier oder Radler im Biergarten mittlerweile bei 5,20 Euro – ich wünsche mir sehr, dass die Preiserhöhung in die Gehälter des Personals fließt.)

Auch der Heimweg war wunderbar – allerdings bereits recht frisch, ein Jäckchen wäre angenehm gewesen.

Westermühlbach.

Alter Südfriedhof.

Daheim noch eine Runde Schokolade. Dazu Fernsehen: Auf 3sat lief Wie angle ich mir einen Millionär. Ich sah den Film zum ersten Mal synchronisiert – und als im eleganten Restaurant auf einer Tür die Beschriftung “Powder Room” auftaucht, übersetzt der Untertitel tapfer: “Pulverraum”.

Mich im letzten Abendlicht auf den Balkon gestellt, bis ich Fledermäuse sah (dauerte nicht lang).

§

Auf der Rückreise las ich Martin Arz, Street Art München. Ich scherze ja gerne, dass in München selbst Graffiti sauber und hübsch ist – ich ahnte ja nicht, dass es sich um eine Folge von Vorreitertum handelt:

Kaum noch jemand schien sich daran zu erinnern, dass die deutsche Graffiti-Szene einst größtenteils von München ausging und über Jahrzehnte wichtige Impulse bekam.

(…)

Die Münchner Szene feierte einige Premieren: Der Güterwagon, den Ray 1984 bemalte, gilt als erster seiner Art in Deutschland, Don M. Zaza besprühte den ersten Intercity der DB und Cheech H verewigte in Herrsching erstmals ein Graffito auf einer deutschen S-Bahn.
Im März 1985 dann gestalteten sieben blutjunge Burschen eine S-Bahn der Linie S4, die im Bahnhof Geltendorf für die Nacht abgestellt war. Der sogenannte Geltendorf Train galt als der erste Wholetrain – ein von vorne bis hinten besprühter Zug, in diesem Fall bis zur Fensterhöhe – in Europa.

Und München gehörte demnach früh zu den wenigen Städten, die Streetart offiziell förderten. Seit 1996 sind die Flächen unter der Brudermühlbrücke legalisiert, 1999 eröffnete der Kreisjugendring München-Stadt die Färberei unter der Leitung von Astrid Weindl, seitdem eine Anlaufstelle für Graffiti und Streetart in München. Mittlerweile vergibt das Kulturreferat Geld für Streetart-Projekte.

Zudem wurden diese schon früh dokumentiert:

Nicht zuletzt wegen des Geltendorf Trains gründete die Bahnpolizei die Sonderkommission Graffiti. Der Bahnpolizist Hans Schluttenhofer, beruflich Graffiti-Jäger, privat passionierter Graffiti-Liebhaber, war der Münchner Szene immer dicht auf den Fersen. “Schlutti” erstellte ein umfassendes Archiv mit Tausenden Fotos aus der Münchern Frühzeit.

An dieser Stelle musste ich schon lachen.

Martin Arz sortiert seine Foto-Beispiele mal thematisch, mal nach Projekten, mal nach Örtlichkeit. So zeigt er auch typisch Münchner und typische bayerische Motive – aber mein Liebling darunter ist nicht dabei:

Brudermühlbrücke 2008 (so systematisiert Arz seine Fotos, ergänzt um den Hinweis, dass die Jahreszahl die Aufnahme datiert, nicht die Entstehung) – doch auch wenn ich durch das Buch jetzt einige Namen mir vertrauten Streetart-Stilen zuordnen kann (z.B. Flin und Beastystylez), kann ich nicht sagen, von wem das ist.

Mehr ist in der Munich-Abteilung von streetartcities.com gesammelt.

§

Der Solinger Glumm hat seine persönlichen Erinnerungen an den Brandanschlag in Solingen aufgeschrieben, der sich am 29. Mai zum 30. Mal jährt – aus denen hauptsächlich Ratlosigkeit spricht, auch Hilflosigkeit, auch gegenüber der persönlichen Farbe der Erinnerungen.
“30 Jahre Solinger Brandanschlag: ‘Unser Türkenhaus brennt'”.

Selbst war ich damals in Wales im Urlaub – und erfuhr von all dem erst nachträglich (Internet war damals noch keine Nachrichtenquelle).

§

Einem Hinweis auf einen Artikel in der taz gefolgt – und gleich wieder vergessen, vom wem er kam: Vielen Dank ins Blaue!
“Armut in Deutschland:
Ein Erdbeben, und niemand schaut hin”.

Ein Fünftel aller Menschen in Deutschland ist von Armut bedroht. Mindestens. Doch selbst die Betroffenen, die am lautesten sind, werden kaum gehört.

Mich schmerzt immer wieder, wie wenig diejenigen Menschen, die in unserer Gesellschaft in Wohlstand leben, sich Leben in Armut vorstellen können oder auch nur mögen. Ein Leben, in dem es nur einmal im Monat für den Cappuccino im Café reicht, nie einfach so nebenher, in dem solche Kurzausflüge mit Hotelübernachtung, wie ich ihn gerade nach Nierstein hatte, komplett unerreichbar sind. In dem Pfennigfuchsereien wie Museumsbesuche an Eintritts-freien Tagen oder Vorratseinkäufe bei Lebensmittel-Sonderangeboten kein Sport sind, sondern bittere Notwendigkeit. Nur zum Beispiel.

Mich schmerzt noch viel mehr eine implizite Grundhaltung vieler Menschen ohne Geldsorgen, dass Armut meist Folge eines Fehlverhaltens sei, eigene Schuld, weil “wenn ich arm wäre, wäre ich nicht lange arm”.

Was ich selbst gegen diesen Missstand tue? Da es sich um ein strukturellen Problem handelt: Zumindest vor Wahlen die Wahlprogramme der Parteien daraufhin abklopfen, ob sie zur Lösung des Problems beitragen oder es verschärfen, siehe “Every billionaire is a policy failure” (übersetzt: Jeder Milliardär bedeutet ein politisches Versagen.)

Journal Freitag, 26. Mai 2023 – Fahrt zum Rheinhessischen Wein

Samstag, 27. Mai 2023

Aufgestanden zu BLAUEM! Himmel. Das war wirklich schön. Letzte Absprachen mit Herrn Kaltmamsell zu unserem Pfingst-Ausflug ins Rheinhessische, wir verabredeten uns kurz nach Mittag am Bahngleis.

Auf meinem Marsch in die Arbeit war die Luft noch recht kühl, völlig in Ordnung für einen Maienmorgen. Ich sah, dass der Holler um die Theresienwiese zu blühen beginnt.

Im Büro hohe Schlagzahl, die Entscheidung vom Vortag zog weitere Bewegungen nach sich.

Mittags huschte ich schnell raus auf einen Cappuccino beim nahe gelegenen Quiche-Lokal – doch das hatte gestern geschlossen. Mangels Zeit für weitere Wege wurde es also doch wieder ein Hallenbad-Cappuccino aus dem Büro-Automaten. (Sie erinnern sich vielleicht, was mein größter Schmerz während der ersten Corona-Schließungen vor drei Jahren war? Dass die Cafeteria zu hatte und ich keinen guten Cappuccino bekam?)

Feierabend kurz nach freitäglicher Kernzeit, U-Bahn zum Münchner Hauptbahnhof. Mit einem voll besetzten ICE ging es bis nach Mannheim. Herr Kaltmamsell hatte mir zu meinem Apfel als Mittagessen eine Bento-Box zusammengestellt: der Rest Mairübchen-Curry vom Vorabend, frisch gebratener Pakchoi aus Ernteanteil, dazu Reis – köstlich.

Draußen vorm Zug herrliche Mai-Farben.

Schon hinter Stuttgart (ICE verspätet, Anschluss nach Paris verpasst, knallvoll) sagte die Zugscheffin heiter und unverwüstlich durch: „Wir wünschen Ihnen die bestmögliche Reise, die wir Ihnen anbieten können.“ Wir waren gelassen, hatten ja Zeit.

In Mannheim schafften wir sogar unsere S-Bahn an den Zielort Nierstein – die dann einige zusätzliche Zeit erst mal herumstand.

Angekommen checkten wir gemütlich im Hotel ein (direkt gegenüber dem Weingut St. Antony, mit dem ich in einem früheren Leben beruflich zu tun hatte), packten kurz aus, sahen uns dann in Nierstein um.

Gemüseeinkäufe für Samstag auf dem Wochenmarkt – der mir mit seiner heiteren Atmosphäre wie die minimalste Version des Freiburger Markt erschien: Im Zentrum der Weinstand, an dem sich fröhliche getroffen wurde, von allem sonst genau je ein Stand (minus Käse- und Wurststand, vielleicht ja nur diesmal). Wir gingen gleich weiter spazieren und fanden Nierstein ganz entzückend.

Herr Kaltmamsell dachte lange nach, woran ihn dieser Anblick erinnerte, landete bei Cornrows.

Vom Kirchhof der Kilianskirche hatten wir einen herrlichen Blick auf den Rhein.

Durch die alten Gässchen mit vielen Weingütern spazierten wir zurück ins Hotel, brachen aber bald zum Abendessen auf: Ich hatte einen Gutsausschank ausgesucht, der eine Winzer-Vesper anbot – das sah nach dem örtlichen Pendant zum bayerischen Brotzeitbrettl aus.

War es dann auch, obwohl die Kellnerin unsere Bestellung nicht verstand und wir ihr den Posten in der Karte zeigen mussten: Das habe noch nie jemand bestellt. Schmeckte aber sehr gut.

Dazu tranken wir uns durch einige Weine der Winzerei Staiger: Von Gewürztraminer, Rotem Riesling, Grauburgunder und Sauvignon Blanc fand ich den Grauen Burgunder am interessantesten.

Um die Martinskirche flogen Falken, Dohlen, Mauersegler. Festgestellt: Hier sind die Kastanien schon mit Blühen durch, der Holler tut es mit aller Pracht.

Auf Süßes zum Nachtisch hatte ich auch noch Lust und lotste uns zu einem Eisladen am Rhein: Ich hatte die Sorten Salzkaramell und Joghurt.

Unerklärliche Anführungszeichen haben offensichtlich eine sehr lange Tradition.

§

Der Trailer zum Barbie-Film sieht wirklich gut aus. (Und gibt mir Ideen für das Kostümfest, zu dem ich im Juli eingeladen bin.)

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https://youtu.be/oRzCR5YKWUk

Journal Dienstag, 14. März 2023 – Weiterer Pizza-Test

Mittwoch, 15. März 2023

Sehr gut geschlafen, das Weckerklingeln störte.

Das Draußen aber hatte auf trübe gewechselt, zurück zu Mütze und Handschuhen.

In der Arbeit war der Druck nicht mehr so hoch, ich konnte emsig wegarbeiten. Mittags hatte ich sogar Zeit für einen Cappuccino-Ausflug.

Es beginnt der Abschied von Beaver Coffee – der Betreiber wechselt zum 1. April. Noch habe ich Hoffnung bis Erleben des Gegenteils auf ähnlich guten Cappuccino.

Zurück am Schreibtisch Mittagessen: eine Körnersemmel, restliche Avocado mit Grapefruit vom Vorabend.

Der Büro-Nachmittag ein wenig durcheinander und mit Ärger – es half, regelmäßig ans Gehalt zu denken.

Auf dem eher späten Heimweg (abgestimmt mit Regenradar, es gab immer wieder Sturmphasen, die dichte Tropfen warfen) füllte ich beim Aldi unsere Süßkramkiste auf. Fürs Abendessen war ich mit Herrn Kaltmamsell verabredet: Wir testeten die Pizza beim Neuhauser.

Die gspritzten Tupfen sind Schafskäse der Pizza Capra. Für eine dünne Pizza zu dick, für eine nicht vor allem dünne Pizza zu wenig Rand – nichts Besonderes. Ich aß davor einen gemischten Salat, trank dazu ein alkoholfreies Weißbier (das mir gestern sehr gut schmeckte). Daheim wartete Schokolade.

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Herr Kaltmamsell nutzt sein Sabbatjahr für viele haushaltliche Dinge, vor denen wir beide uns seit Jahren drücken: Unter anderem hat unser Rumpelkammerl endlich einen Vorhang, und unter anderem gibt es jetzt eine ROTE MAPPE – also die vom Katastrophenschutz empfohlene Mappe mit allen wichtigen Dokumenten, die man im Fall von Brand, Hochwasser, Bombenentschärfungsevakuierung, Erdbeben, Zombie-Apokalypse schnell greifen kann. Ich bin ihm sehr dankbar dafür.

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Vielleicht sollte ich nicht Yoga nennen, was ich seit drei Jahren treibe und was mir so gut tut.
“Meine Yoga-Krise”.

via hmbl.blog

Eigentlich schalte ich bei einer Formulierung wie “wahre Bedeutung und richtige Lehre von Yoga” sofort ab, dazu weiß ich zu viel über die Beeinflussbarkeit und den Wandel jeder Lehre (und bin zu wenig, nämlich null religiös oder spirituell – was meiner Ansicht nach zu den Eigenschaften gehört, die man sich nicht aussucht).

Mich zieht an dem, was ich Yoga nannte, die konzentrierte und oft kraftvolle Ruhe an, das immer wieder neue Erfahren meines Körpers, seiner Fertigkeiten und seiner Grenzen, sei es durch ungewohnte Abfolgen oder durch die Wiederholung vertrauter. Die vielen Bewegungsabläufe, auf die ich ohne die Übungen nie käme. Und das Dehnen und Strecken, mal mit Loslassen, mal mit Energie, was immer schon der Teil an sportlicher Bewegung war, den ich vernachlässigte – weil ich dieser kostbaren Zeit lieber etwas mit Power und Spaß sportelte. Bis meine damals kaputte Hüfte und die Corona-Schließungen mir die Möglichkeit zu Spaßsport nahmen und ich nach etwas suchte, was noch ging.

§

Endlich Zeit gefunden, die Oscar-Fotos durchzusehen – wie immer am liebsten bei Gofug, weil die Damens einfach die besten Bildtexte machen, zum Beispiel. Dieses Jahr viel helles Glitzer, neu waren voluminöse Ausbeulungen. Und ja: Stephanie Hsu war die bessere Schauspielerin in Everything, Everywhere All At Once (EEAAO), sie war sogar atemberaubend – aber Jamie Lee Curtis freut sich so hinreißend über ihren Nebenrollen-Oscar, gucken Sie mal.

Die Süddeutsche schrieb gestern über die Hintergründe der Produktionsfirma A24, die EEAAO gemacht hat – und so manchen weiteren innovativen Film mit Oscar-Auszeichnungen in den vergangenen Jahren (€), z.B. Room:
“Wir sind die Sekte”.

Und nachdem ich gestern im Fernsehen Deep Impact von 1998 laufen ließen, genau die Art von formelhaftem Blockbuster, der bis heute das Kino beherrscht, formelhaft in Drehbuch, Besetzung, Kamerafahrt, Schnitt, Ton – einfach allem: Everything, Everywhere All At Once ist praktisch ein 139-Minuten-Katalog von Beispielen, wie man das alles auch ganz anders machen kann.

Noch ein bisschen Academy Awards. Hatte ich hier zwar schon mal im Blog, finde es aber nicht mehr, und jetzt hat “Naatu Naatu” den Oscar für den besten Filmsong bekommen – ich bin mal wieder SO Mainstream!

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https://youtu.be/OsU0CGZoV8E

Journal Donnerstag, 15. Dezember 2022 – Bavaria in Weiß

Freitag, 16. Dezember 2022

Ich wachte auf zu einem weißen Schneeparadies inklusive Schneefall. Paradiesisch halt für Leute, die sowas mögen.

Zumindest machte der Neuschnee die Wege griffig, ich konnte gutes Stapf-Tempo vorlegen. Wie wohl die Menschen in den orangen Wagen und Wägelchen das Wetter finden, die Schnee räumen und in großen Mengen Split streuen?

Beim Autobesitzer unter verschneiten Ästen, der Schnee und Eis von seinem Wagen schaufelte und kratzte, beobachtet von einem zitternden Rehpinscher in Hundemäntelchen, kann ich es mir ungefähr vorstellen (oder projiziere ich mal wieder und Autofahrer können Autohaben so super finden, dass ihnen winterliches Schaufeln und Kratzen nichts ausmacht?).

Also gut, bitteschön, einmal im Jahr ist das ja ganz hübsch.

Umtriebiger Arbeitsvormittag, ich konnte es mir im Büro halbwegs warm machen. Mittagessen Pumpernickel mit Butter, Clementinen.

Nachmittags weiter dicht mit Arbeit, zudem aber auch mit Schwindel. Eine seltene Heißhungerattacke, genau dafür habe ich Flapjacks in der Schreibtischschublade, von denen ich einen verschlang (Chia, Dattel und Pistazie). Auch deshalb eine gute Idee, weil sein Mindesthaltbarkeitsdatum anstand.

Gleichzeitig fiel mich eine superüble Laune an, destruktiv schwarz in alle Richtungen.

Zu Feierabend hatte der Schneefall aufgehört, auf dem Heimweg nur noch unangenehme Kälte.

Zu Hause die vorletzte Folge Yoga aus Adrienes Programm “Dedicate” – die so viele überraschende Wendungen enthielt, dass ich sie dann doch noch mal ohne Überraschungen turnen möchte. Gerade aufs Balancieren möchte ich bitte ein bisschen vorbereitet werden.

Den eben abgeholten Ernteanteil verwandelte Herr Kaltmamsell zu großen Teilen zu Ofengemüse und servierte ihn mit Kresse-Sauerrahm. Sehr gut. Nachtisch viel Schokolade.

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Mir ist der Weihnachtsklassiker Love actually ja leider vor ein paar Jahren abhanden gekommen, weil ich mich plötzlich bei fast allen dargestellten Beziehungen unwohl fühlte und weil die Kitsch-Ebene nicht mehr zur Verbrämung reichte.

Der Psychotherapeut Jonathan Decker analysiert warum.

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https://youtu.be/vCtW4hgm9SM

via @stedten*hopp

Decker benennt das Hauptproblem: Der Film “treats infatuation as love”. Womit der Film natürlich in einer sehr langen Tradition steht (winkt Romeo und Julia heran).

§

Tango – ganz anders: Vanessa Gauch.

Journal Freitag, 2. Dezember 2022 – Erb-Stellvertretung für Tischwäsche

Samstag, 3. Dezember 2022

Ein weiterer dunkelgrauer Dezembertag. Gedämpfte Freitagsfreude: Am Montag geht’s ja weiter.

Verfrorene Büroarbeit in Langarm-Shirt unter Wollpullover, Wolltuch um die Schultern, dennoch mit hell-lila Fingernägeln. In meiner 80er-Jahr-Jugend waren Fingerhandschuhe mit halben Fingern ein beliebtes Styling-Element. Ob ich das wiederaufnehme? Nachmittags schlüpfte ich zusätzlich in meine Büro-Notstrickjacke, dann war’s mir endlich warm

Gegen elf wurde es kurzzeitig so hell draußen, dass ich das Deckenlicht ausschaltete. Hielt aber nicht mal eine Stunde an.

Vormittag mit viel Datenbank-Kram und einer Katastrophen-Minimierung, die durch eine menschliche Fehleinschätzung nötig geworden war.

Mittagessen Apfel, Pumpernickel mt Butter, Orangen.

Nachmittags setzte auch noch Regen ein, es war richtig supergreislich. Bei Feierabend nieselte es aber nur wenig, ich kam ohne Schirm nach Hause. Und zu meiner Erleichterung setzte sogar echte Wochenendefreude ein.

Zu Hause gab es Prosecco mit selbstgemachtem Waldmeistersirup aus dem Frühsommer, der richtig intensiv nach frischem Waldmeister schmeckte. Als Nachtmahl stellte Herr Kaltmamsell einen plato combinado zusammen:

Ruccola und Bratkartoffeln aus Ernteanteil, dazu Spiegelei (warum auch nicht?), und wir teilten uns ein Entrecôte. Nachtisch viel Schokolade und Weihnachtsgebäck.

Abendunterhaltung war auf Tele5 Die Hexen von Eastwick: Ich hatte den Film seinerzeit sehr geliebt, die Musik kann ich dank oftmaligem Hören auswendig. So richtig gut gealtert ist er allerdings nicht. Als in einer Eingangszene mal wieder behauptet wird, Freundinnen unterhielten sich bei Treffen vor allem über Männer, schlug ich Drehbuchautor und Vorlage nach: Michael Cristofer und John Updike, wenig überraschend zwei Männer.

§

Ein Erbe durchzubringen kann ja verschieden aussehen. Ich habe das Glück, dass eine meiner ältesten Web-Bekanntschaften, noch aus der Blog-Phase, ihres mit mir teilt, nämlich die Weißwäsche aus Familienerbe.

Sie hatte auf meine Frage reagiert, wo man in der Münchner Innenstadt am besten Tischdecken bekommt: Ob ich Interesse an Stücken aus dem Überseekoffer voller Weißwäsche hätte, an den sie aus familiärem Nachlass gekommen sei und für die sie keine Verwendung habe? Oh ja, hatte ich mit großer Dankbarkeit: Schon als Studentin hatte ich Tischdecken aus dem Erbe der Vorfahren von Mamas Freundinnen gerettet und damit eingedeckt – nur dass die für unseren jetzigen Tisch zu klein sind.

Das Paket war schon am Mittwoch eingetroffen, doch ich wollte auf einen ruhigen Moment zum Auspacken warten. Was eine gute Idee war, denn ich war völlig überwältigt.

Die Schenkerin hatte sogar noch ganze Stapel Servietten und Geschirrtücher beigelegt: Monogrammierte Geschirrtücher? How posh does it get?! Sie konnte mir sogar ein Foto von der prächtigen Hochzeit zeigen, zu der diese Aussteuer gehörte, der Bräutigam in Frack und mit Zylinder.

Webmuster in Elfenbein sind so ziemlich das Edelste, was ich mir an Tischwäsche vorstellen kann – und diese floralen Muster gefallen mir ausgezeichnet. Ich fühle mich sehr geehrt, dass ich dieses Erbe antreten darf. Die Tischdecken haben ein paar Gilb-Flecken; für die suche ich mir eine Wäscherei mit Heißmangel, im deutschen Zentrum der Poshizität München wird es ja wohl sowas geben (die Tischdecken tragen sogar noch alte Wäschemarken).

§

Anklicken auf eigene Ohrwurm-Gefahr.

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https://youtu.be/QTXyXuqfBLA

Brian Jay Jones hat herausgefunden, woher diese Musik urspünglich war und wie Jim Henson sehr wahrscheinlich darauf stieß.

§

Jetzt bin auch ich an der Live-Kamera einer Wasserstelle in der namibischen Wüste hängen geblieben (nachdem ich gestern bei Christian las, dass er sie seit zehn Jahren als Startseite hat).

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https://www.youtube.com/watch?v=ydYDqZQpim8

Als ich gestern draufklickte, stand eine Herde Oryx-Anthilopen drumrum, von der ein Tier gerade trank. Von rechts kam ein Strauß ins Bild, spreizte seine Flügel und stolperte über die eigenen Füße.

Kurz darauf sah ich zum ersten Mal in meinem Leben Strauße trinken: Runterbeugen, zwei bis drei Mal mit offenem Schnabel Wasser anschaufeln, Hals aufrichten (ich nehme an um zu schlucken).

INTERNET IST TOLL!

Journal Samstag, 12. November 2022 – Nebelfilter und Black Panther: Wakanda Forever

Sonntag, 13. November 2022

Gut und ausgeschlafen, früh munter gewesen. Als ich die Augen aufschlug, sah ich draußen Nebel – und freute mich auf eine durch Nebel malerisch gezeichtene Laufstrecke.

#ungestellt – Herr Kaltmamsell besuchte vormittags Familie, nachmittags waren wir im Kino verabredet, also bereitete er das Nachtmahl morgens gleich ofenfertig vor: Lasagne.

Fortsetzung meiner Tüchtigkeit: Weitere Gardinen gewaschen. Das Aufhängen wurde ein Kampf: Die Maler haben vor unserem Einzug die Vorhangschienen so zugepinselt, dass die Vorhanggleiter unmöglich gleiten können. Bis abends hatte ich so lange verzweifelt daran herumgezerrt, dass zahlreiche Stoffschlaufen gerissen waren und ich komplett von vorne anfangen muss. (Erst mal schief hängen gelassen, weil frustriert.)

Als ich nach zehn zum Laufen aufbrach, war der Nebel in der Innnstadt fast weg. Die Herbstkälte blieb aber, deshalb erster Lauf in Winterhose und mit Mütze.

Ich nahm eine U-Bahn zum Odeonsplatz und lief über Hofgarten, Monopteros und Chinesischen Turm zur Isar.

Der Chinesische Turm bekommt ein neues Dach.

Ab dem Föhringer Wehr bekam ich dann aber doch noch meinen Nebelfilter.

90 Minuten problemloses Traben. Vom Tivoli nahm ich eine Tram zurück. Ich stieg eine Station früher aus, um beim Bäcker Wimmer Semmeln zu holen.

Daheim gab es sie zum Frühstück um halb zwei, dazu eine große Portion Granatapfelkerne. Ich beobachtete auf unserem Balkon eine Blaumeise beim energischen Bad in der Vogeltränke (die Schale war danach fast leer), so ein Anblick macht praktisch alles gut.

Mit Herrn Kaltmamsell war ich nachmittags am Cinema verabredet, ich marschierte zu Fuß hin. Wir entdeckten, dass das Kino neu bestuhlt war – schön und bequem. Ich rechnete nach: Meine Güte, in dieses Kino gehe ich seit über 30 Jahren, die ersten Male bereits zu Studienzeiten, angefahren aus Augsburg. Es ist bis heute mein liebstes Kino in München – und sei es, weil sie vor der Vorstellung bis heute mit ihrer Soundtechnik angeben (hieß mal THX, ich habe den Anschluss verloren, welche Bezeichnung die aktuelle hat).

Wir sahen Black Panther: Wakanda Forever. Vergnügliche zweieinhalb Stunden, doch das world building des ersten Black Panther ist halt nicht zu wiederholen, die Beschreibung dieses wundervollen geheimen Reichs Wakanda mit all seiner Technik, seiner Kultur, seiner Ästhetik. Das Drehbuch war bei dieser Fortsetzung sogar ausgesprochen unterdurchschnittlich: Ja, man stand vor dem Problem, nach dem Tod des Hauptdarstellers Chadwick Boseman erst mal ohne die Figur des Black Panther weitermachen zu müssen. Doch das Ergebnis enthielt so viel Überflüssiges respektive Vergeudetes: Aus the scientist und mit Agent Ross (Morgan Freeman) hätte man entweder wirklich etwas machen müssen oder sie besser gleich weglassen. Ich hatte auch keine rechte Freude an noch einem Fantasievolk, hätte viel lieber mehr über Wakanda erfahren. Alles Geschmackssache, der Film wird sehr positiv besprochen.

Kommentaren auf Twitter/Mastodon entnehme ich, dass die deutsche Übersetzung zu so grusligen Ausdrücken wie “Wakanda über alles” greift – das ist durch die deutsche Geschichte eigentlich so schwer belastet, dass ich mich wundere.

Nach Hause nahmen wir die U-Bahn, um schnell den Ofen anschalten zu können.

Zur Lasagne (klassisch mit Hackfleisch und gut) gab es einen weiteren Rotwein aus Navarra: Einen Tempranillo Viña Zorzal 2020, der ok schmeckte.

Zum Nachtisch hatte ich beim Heimkommen Apple Crumble aus Ernteanteil-Äpfeln fertiggestellt und nach der Lasagne in den Ofen geschoben, servierte ihn mit flüssiger Sahne.

Im Fernsehen ließen wir E.T. laufen. Den habe ich wahrscheinlich nur das eine Mal 1982 im Kino gesehen – was habe ich geheult, als E.T. starb!

Journal Freitag, 11. November 2022 – Filmdreh an der Theresienwiese

Samstag, 12. November 2022

Das Weckerklingeln kam mir gestern zu früh, löste Vorfreude aufs wochenendliche Ausschlafen aus.

Nochmal ein herrlich klarer Morgen, doch ich hätte eine Mütze vertragen.

An der Theresienwiese wird seit einigen Tagen gedreht, ich war ein paar Morgen an einer lange Reihe blauer Kleinlaster mit der Aufschrift “Filmbau” vorbeigekommen. Gestern sah ich sie näher an und entdeckte, dass laut Schildern nicht nur “Zoe”, “Franz” und “Vater Renald” eine Garderobe haben, sondern auch “Toter”.

“Tote brauchen keine Umkleide” wird hiermit von der Liste der Titel für den Roman, den ich niemals schreiben werde, gestrichen. Auch bei uns am Nußbaumpark hatte ich diese Woche immer wieder die markanten blauen Kleinlaster “Filmbau” gesehen – kann jemand von Ihnen mit den Namen an der Garderobe etwas anfangen?

Die Oktoberfestreste auf der Theresienwiese verschwinden nach und nach, nur noch zwei Festzelt-Gerippe stehen. (Dafür sind die Zelte fürs Tollwood längst aufgebaut.) Vielleicht kann ich schon nächste Woche meinen Arbeitsweg wieder auf Luftlinie ausrichten.

Ruhige und geordnete Arbeit in der Arbeit. Mittags spazierte ich zu einem Cappuccino. Weil ich eh wieder Espresso für daheim brauchte, ging ich zur Rösterei Emilio am Anfang der Gollierstraße.

Doch, das ist derzeit mein Lieblingscappuccino in München.

Zurück im Büro gab es als Mittagessen Apfel, Pumpernickel mit Butter, Granatapfelkerne mit Joghurt.

Freitäglich pünktlicher Feierabend. Auf dem Heimweg erledigte ich kurze Besorgungen, für daheim hatte ich mir Tüchtigkeit vorgenommen (Herr Kaltmamsell war aushäusig verabredet), fühlte mich auch bei Ankunft danach: Gardinen waschen und aufhängen, Streusel für Apple Crumble vorbereiten, Granatäpfel entkernen, Wasserfilter tauschen. Dazwischen baute ich eine Runde Yoga ein, wie immer konzentrierte sich Tag 6 des 30-Tage-Programms von Adriene auf die Bauchmuskeln (mit durchaus spannenden Übungen).

Zum Nachtmahl machte ich mir den Ernteanteil-Salat mit Tahini-Dressing an, dann gab es noch reichlich Käse, ein paar Nüsschen und Schokolade. Ich hörte vor Bauchdrücken oder Übelkeit auf, der Erfolg des Tages.

Nicht immer nur Verschlechterungen berichten: Meinem zwickenden Kreuz geht es erheblich besser. Weil die Besserung deutlich merkbar nach der Schwimmrunde vor zwei Wochen einsetzte, beschließe ich mal kurz Kausalität: Kraulschwimmen tut meiner LWS gut.

§

Nein, ich glaube nicht, dass der neue Alleineingentümer “Twitter nicht verstanden” hat. Es ist ihm einfach egal, was Twitter bislang war; er macht es jetzt zu dem, was er will. In einer Mitarbeiterversammlung hat er gestern Fragen des Teams beantwortet, aus denen zumindest ungefähr hervorgeht, was das ist (eine Content-Verkaufsplattform mit angeschlossener Bank – halt nicht mehr “social”, also für zwischenmenschlichen Austausch).
The Verge veröffentlicht den Wortlaut der Mitarbeiterversammlung (eine Kommunikationsabteilung, die Inhalte professionell und im Sinn des Unternehmens vermittelt, gibt es ja nicht mehr bei Twitter).
“Inside Elon Musk’s first meeting with Twitter employees”.

§

Frau… Mutti hat sich vor anderthalb Jahren mit Corona infiziert und ist nicht mehr gesund geworden. Hier fasst sie zusammen, wie es ihr gerade geht:
“Long COVID”.

§

Ein weiteres Portrait von Jamie Lee Curtis – immer lesenswert, dieses in der New York Times.
“Under the Skin of Jamie Lee Curtis”.

Es freut mich sehr dem Artikel zu entnehmen, dass Everything Everywhere All at Once als Award-Favorit gehandelt wird – und verstehe immer noch nicht, warum das deutschsprachige Feuilleton so lauwarm darauf reagiert hat.

Curtis had a lot of input into Deirdre’s distinctive look, which includes red rectangular eyeglasses, a mustard turtleneck and a potbelly that many assumed to be a prosthetic but is actually the actress’s own. Showcasing that figure onscreen was the natural result of her let-it-all-hang-out mantra. “I said I would like to not be sucking my stomach in for the entire movie, because I’m a 64-year-old woman,” Curtis told me, slapping her belly with panache.

HAHAHAHAHA!

§

Der John Lewis-Werbespot 2022 ist da – die Weihnachtszeit hat offiziell begonnen.

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https://youtu.be/1z0jfP2gCIs


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