Theater

Journal Donnerstag, 25. Mai 2023 – Nachdenken über Bestätigungstheater

Freitag, 26. Mai 2023

Ich hatte mir nach dem Theaterabend ein wenig mehr Schlaf gönnen wollen, wachte aber sogar früher als sonst auf.

Auf dem Weg in die Arbeit (dass Wetter weiterin konsequent grau und kühl, buhuhuhu) ging mir durch den Kopf, was diesen Theaterabend mit A scheene Leich möglicherweise kennzeichnete: Bestätigung. Er brachte nicht auf neue Gedanken, sondern bestätigte bereits vorhandene Perspektiven und Horizonte, und das auf nicht-überraschende Weise. (Was völlig in Ordnung ist!)

Die Monologe von national treasure, na gut: Bavarian treasure Gerhard Polt (in der Rolle des Bestattungsunternehmers) über die Veränderungen der Zeit und wie es früher war – über genau sowas tauschen wir alte Leute uns aus und sind beruhigt, dass auch andere Altersgenoss*innen darüber stolpern, uns gar bestätigen, dass das Neue doch eh alles a Schmarrn ist (daraus speisen sich mittlerweile die gesamten Programme von Monika Gruber). Es gab Zeiten, in denen Polt dem Publikum hinterfotzig genau daraus einen Strick drehte.

Die im Stück dargestellte und satirisierte Welt von Pflege und Bestattung war ausschließlich die mehrheitliche: eine weiße, bayerische, eher ländliche, heterosexuelle – die Welt, in der auch der Komödienstadel spielt. Die einzige Minderheit, von der zumindest gesprochen wurde, war die Altenpflegerin aus Osteuropa: Sie habe sich als einzige wirklich gekümmert und sei nun nicht mehr da. Dabei, so ging mir weiter durch den Kopf, sind doch jetzt auch die Einwander*innen der Gastarbeiter-Generation im späten Senioren- und damit im Pflegeheim-Alter. Dabei gibt es auch in der dargestellten Dorfgesellschaft Menschen aus sehr nicht-bayerischen Kulturen, die zum Beispiel in den Chorszenen hätten auftauchen können. Dabei gibt es in Pflegeheimen inzwischen offen Schwule und Lesben, die durch ihre schiere Existenz zum Umdenken zwingen. Vor allem aber: In all diesen Nicht-Mainstream-, Nicht-Bestätigungs-Aspekten steckt enormes komödiantisches Potenzial. Ich erinnere mich mit Amüsement an die Erzählungen einer Kollegin, die bei ihren türkischen Einwanderer-Eltern in einem kleinen schwäbischen Dorf aufwuchs, unter anderem wie sie ihre Teilnahme am Kindergarten-Fasching erbettelte. Ein buntes Autor*innen-Team hätte sicher lustige Ideen.

Aber schon merke ich, dass ich mir als Anreicherung des Abends all die Elemente wünsche, die laut Christine Dössel das Publikum aus den Kammerspielen vertreiben.

Dann wieder: Während ich direkt nach der Vorstellung noch schulternzuckend dachte, dass solche Theater-Nettigkeiten mir am wenigsten bringen, hat diese also doch ein Nachdenken angestoßen.

Ein Arbeitsvormittag mit viel Druck, gleichzeitig musste ich anderen zum Weiterarbeitenkönnen verhelfen (Aufgaben bekommen bei mir automatisch eine höhere Prio, wenn von ihnen das Weiterarbeiten anderer abhängt). Und ich traute mich nicht weg von meinem Arbeitsplatz für einen Mittagscappuccino, bemühte also den traurigen Vollautomaten Marke Hallenbad mit Münzeinwurf.

Mittagessen bestand aus einem Apfel sowie Sahnequark mit Joghurt.

Nachmittags neben Routinearbeiten gespanntes Warten auf Entscheidungen, die kurz vor Feierabend fielen. Mittlerweile hatte der Himmel aufgerissen und zeigte Blau. Ich spazierte erledigt in Sonnenschein nach Hause, unterwegs ein paar Einkäufe im Vollcorner.

Zu Hause zackige Geschäftigkeit: Pediküre, Chocolate Chip Cookies backen, dazwischen Pflanzen gießen, zu packende Kleidung und mitzunehmendes Geschirr fürs Treffen rauslegen, Koffer aus dem Keller holen, füllen.

Als ich mit all dem durch war, war es deutlich später als geplant. Doch ich wollte nicht auf meine Yoga-Gymnastik verzichten, also gab es halt mal Abendessen nach der Tagesschau, die ich erst nach neun als Aufzeichnung nachholte. Herr Kaltmamsell verarbeitete möglichst viel vom gestern geholten Ernteanteil, wir würden ja erst am Sonntag daran weiteressen können. So gab es ein Mairübchen-Curry (super), Spinat, ich machte den Salat mit einem Orangen-Dressing an. Danach Schokolade.

Journal Mittwoch, 24. Mai 2023 – Publikums-Vergnügen in den Kammerspielen: A scheene Leich

Donnerstag, 25. Mai 2023

Gut geschlafen mit nur einmal Aufwachen, zuletzt geträumt von Fahrradfahren in einem fremden Land, in dem das unüblich war. Ich stellte mein Radl vor einer Schule ab und nahm einen beruflichen Termin wahr; als ich damit wieder los fuhr, stellte ich fest, dass der Sattel hochgestellt war und Teile des Radls abfielen, weil einige Schrauben entfernt worden waren.
Wie fragte bei solchen Traum-Erzählungen immer die letzte von den beiden Analytikerinnen, mit denen ich zu tun hatte: “Und was verbinden Sie damit?”
Dass mein Fahrrad in meinem Leben eine wichtige Rolle spielt.

Das Draußen war unverändert grau, dafür ein paar spürbare Grad kühler als am Montag.

Vormittags Ringkampf mit dem deutschen Vergaberecht, mein Ausruf, als ein Beteiligter meine Ergebnissse hinterfragte: “Oh Gott, Sie wollen dem doch nicht etwa mit Logik beikommen?!” (Weil nur Auswendiglernen und stures Anwenden gefragt ist, auch wenn es noch so unlogisch erscheint.)

Als Mittagscappuccino testete ich einen unweiten Quiche-Laden, in dem ich eine mächtige Siebträger-Maschine erspäht hatte.

Schmeckte mir überdurchschnittlich gut, das hier könnte meine Anlaufstelle bei nicht so schönem Wetter werden. (Bis es hoffentlich irgendwann wieder eine Quelle im Büro-Haus gibt.)

Mittags kam zu Wolken und Kühle auch wieder Regen. Zu essen gab es selbstgebackenes Roggenschrotbrot und Hüttenkäse mit Banane.

Ich zwang mich zu ganz frühem Feierabend, denn ich hatte für den Abend eine Theaterkarte: Nachgeholte Vorstellung für den Abo-Abend, an dem ich um Urlaub war.

Daheim nutzte ich die Zeit für Zubereitung des Teigs von Chocolate Chip Cookies, Buffet-Beitrag für das Treffen in Rheinhessen am Samstag (lassen sich auch im Arbeitsalltag herstellen, überstehen Bahnreise und 48 Stunden ohne Kühlung). Auch für Fußpflege und eine Runde Yoga-Gymnastik war Gelegenheit, bevor Herr Kaltmamsell das Nachtmahl servierte: Senfeier mit Salzkartoffeln. Schmeckten sehr gut, auch wenn seine elaborierte Sauce weit entfernt von der Kantinen-Version war, an die ich mich mit Genuss erinnere.

Abmarsch ins Theater (Herr Kaltmamsell ging allein in den Lindy-Hop-Tanzkurs): In den Kammerspielen wurde A scheene Leich gegeben, Komödie von Gerhard Polt, den Well Brüdern und Ruedi Häusermann.

Ich wusste ja schon vorher, dass das der Zuschauerraum-Füller der Spielzeit war, ich komplettierte ein Silber-Meer an grauen und weißen Häuptern, dazwischen wenig jüngeres Volk eingestreut (Familienausflüge). Das Publikum war enorm vergnügungswillig, jedes Wort von Gerhard Polt rief Gelächter hervor. Das Stück – ja mei. Nett und niederschwellig, das Thema Lebensende in unserer Gesellschaft (Pflegeheime, Bestattungsinstitute) wurde nicht wirklich originell verarbeitet, die Beobachtungen und Scherze tanzten leichtfüßig durch offene Türen. Doch auch ich wurde unterhalten, vor allem von der Musik der Well Brüder und ihren Geschichten aus Kindheit und Jugend, als sie die Beerdigungen bei ihnen im Dorf musikalisch umrahmten (in meiner musizierenden Jugend nannten wir das “Gruft-Muggen”, wobei “Mugge” für Musikalisches GelegenheitsGEld stand).

Ich kam spät wieder heim, Herr Kaltmamsell schlief schon.

Stelle fest, dass es mir bei Mastodon immer gemütlicher wird. Die schnellen und launigen Interaktionen steigen, ich bekomme immer mehr den Input an Neuigkeiten, wie ich ihn in guten Zeiten bei Twitter schätzte. War ja klar, dass das nicht sofort so sein würde, mein Twitter hat sich ja auch über Jahre entwickelt. Vielleicht gab es dort anfangs auch noch Gezicke in Richtung anderer Online-Autauschplattformen, wie er mich jetzt auf Masotodon in Richtung Twitter nervt, vielleicht habe ich das einfach vergessen.

§

Die Kandidat*innen des diesjährigen Bachmannpreis-Wettlesens stehen fest, und es zwickt mich durchaus, dass ich Klagenfurt verpasse. (Letztmöglicher Drei-Wochen-Urlaub mit Herrn Kaltmamsell außerhalb der bayerischen Sommerferien vor der Rente.) Nein, ich kenne niemanden davon, das ist einer der Zwick-Faktoren.

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Ms Marmitelover, langjährige englische Foodbloggerin und Foodjournalistin, beschreibt einen Gastro-Trend in UK, der sie als Vegetarierin schmerzt: Anscheinend setzen immer mehr Lokale auf vegane Angebote als Alternative zu Fleisch oder Fisch und lassen vegetarische Gerichte mit Milchprodukten ganz aus:
“Vegan v Vegetarian”.

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@formschub hat eine Sammlung von Obsttüten aus Papier im Web entdeckt (seht ihr, liebe Kinder, dafür wurde das Internet erfunden). Gestern hatte ich sogar eine davon in meinem Arbeits-Rucksack:

(Ich versuche, jede Obsttüte mehrfach zu verwenden – was bei den dünnen Plastiktüten allerdings erheblich besser geht, die verwende ich sicher zehn Mal, bis sie löchrig werden und ich sie wegwerfen muss.)

Journal Donnerstag, 4. Mai 2023 – SONNE! LICHT! (Und Theaterdiskussion)

Freitag, 5. Mai 2023

Guter Nachtschlaf, ich wachte vor dem Klingeln des Weckers auf, der mir eine halbe Stunde mehr ermöglicht hätte.

Draußen zeichnete sich der angekündigte Sonnentag ab, ich freute mich sehr.

Spannender Weg in die Arbeit, unter anderem wegen Sonnenlicht.

Das Schneckerl am Bavariapark hat eine Kunstwerk-Erweiterung bekommen: Den Schneckengarten.
(Ich setze hiermit „mit Augenzwinkern“ auf die Liste der Floskeln, die ich Textautomaten verbieten würde.)

Zum Mittagscappuccino testete ich eine neue Quelle.

Der Cappuccino war ok, aber den arg weiten Weg nicht wert, zudem bekam ich ihn nur mit Bedienung (bin Thekentrinkerin) und im Glas.

Das Draußen war weiter herrlich, außerdem gerade mal zwischen kurzen und langen Ärmeln warm – mein liebstes Wanderwetter.

Beim Zurückkommen sah ich überm Bürohaus einen (unseren?) Falken, Tag noch mehr gerettet.

Mittagessen: Apfel, Pumpernickel mit Butter, Birne.

Der Nachmittag war intensiv, aber erfolgreich. Nach Feierabend spazierte ich (durch immer noch Sonnenschein) zum Beine-Enthaaren. Enthaarerin wohlauf und weiterhin berstend vor Temperament.

In freier Wildbahn blüht der Flieder bereits wie verrückt – aber Herrn Kaltmamsell verkauft man am Viktualienmarkt immer noch keinen.

Zu Hause Yoga-Gymnastik, dann war ich fürs Abendessen zuständig – wie ich das immer donnerstags während der Salat-Saison bin.

Aus Ernteanteil: Eichblattsalat, Radieserlblätter, Schnittknoblauch mit Joghurtdressing und Eiern. Köstlich. Dann noch ein wenig Käse, gefolgt von reichlich Schokolade.

§

Da auch ich diese Woche einen erschreckend leeren Zuschauerraum in den Kammerspielen erlebt hatte, holte ich einen Artikel der alteingesessenen Theaterkritikerin der Süddeutschen Zeitung, Christine Dössel, vom 8. April nach, der viel Widerhall in den Medien gefunden hatte (und mal wieder nur für mindestens den Preis eines Tagesabos zu lesen ist – €).
“Münchner Kammerspiele:
‘Da geh ich nicht mehr hin'”.

Als ich Dössels Diagnose las, fiel mir allerdings doch das Gesicht runter – und ich verstand den Applaus von Menschen mit Neigung zu gesellschaftspolitischem Revisionismus wie Jan Fleischhauer.

Intendantin Barbara Mundel fährt mit ihrem Ansatz von Diversität, Inklusion und Artivismus einen Kurs woker politischer Theaterkorrektheit, der kaum ankommt.

In Dössels Liste von Stammtisch-Reizwörtern fehlt nur noch “feministisch” (das holt sie später nach) (und “Gutmensch”?) – und ich wünsche mir sehr, sie möge mir “woke” definieren. Dieser Erklärungsansatz ist nun wirklich nicht hilfreich.

Dabei hätte sie Analysen wie diese weiterverfolgen können:

Man hat einen interessanten Ansatz – hier: den vergessenen Friedenskongress, den mutige Frauen 1915 während des Ersten Weltkriegs organisierten -, findet dann aber keine ästhetisch überzeugende, über simples Bekenntnistheater hinausgehende Umsetzung.

Sie führt weitere nachvollziehbare Kritikpunkte aus: Zu viel Englisch, “fade Video-Einführungen”. Dass Dössel sich dann aber an Programmerklärungen in einfacher Sprache stößt, verrät peinliche Wissenslücken.

Man kann sich davon auch, wie so oft an diesem didaktisch und moralisch bevormundenden Theater, unter Niveau angesprochen fühlen.

In diesem Mechanismus liegt der Schlüssel, ihn habe ich oft erlebt: Viele Menschen, die auf die Einseitigkeit gewohnter Sichtweisen hingewiesen werden, auf den Schaden und die Marginalisierung, die diese anrichten – fühlen sich angegriffen und bevormundet, ihr Reflex ist um sich zu schlagen.

Es ist hier alles sehr gut gemeint, aber im Ergebnis oft nicht gut gemacht. Ästhetisch und inhaltlich ist vieles sensationell dürftig. Langweilig, vordergründig, sofort durchschaubar.

Jetzt ist Dössel wieder auf dem Feld ihrer Expertise und nachvollziehbarer Kritik. Doch dass dabei selbst die Nora-Inszenierung unter die Räder ihres Furors gerät, geht an mir vorbei: Ich fand sie ausgesprochen kunstfertig (und Dössel selbst gibt zu, dass diese ein Publikumsrenner ist). Ja, ich finde es sehr notwendig, über den künstlerischen Stand der Münchner Kammerspiele zu sprechen (und darüber, wie und warum die Erfolgsgeschichte wohlgemerkt vom vorherigen Intendanten Matthias Lilienthal kaputt geschlagen wurde, inklusive Fortgang vieler Schauspiel-Stars). Aber Dössel macht den Missstand zum Ziel eines Angriffs, der mehr mit ihr als mit Theater zu tun hat.

Journal Mittwoch, 3. Mai 2023 – Theaterstückvermissung in den Kammerspielen

Donnerstag, 4. Mai 2023

Gut geschlafen, puh.

Als es hell wurde, Überraschung vor dem Fenster: Nebel. (Ähnlich in St. Gallen.)

So ganz wiederhergestellt nach der brutalen Nacht auf Dienstag fühlte ich mich aber nicht, mir war immer noch ein wenig schwach und schwindlig. Für Deutschland hatte die Tagesschau am Dienstagabend warmes Sonnenwetter angekündigt, die heiteren Wölkchen im Süden auf der Karte manifestierten sich in einer geschlossenen Hochnebeldecke, wie ich sie sonst von den Endmonaten des Jahrs gewohnt bin.

Mittags aber wurde es endlich wirklich hell, sogar mit ein paar Sonnenstrahlen.

Mittagessen: Pumpernickel mit Butter, eine Birne.

Ganz früh Feierabend gemacht, sogar mit Unterstunden, denn ich hatte abends einen Theatertermin. Auch wenn ich es mir mal wieder nicht vorstellen konnte und mich um halb vier noch voller Energie fühlte: Wenn ich normal Feierabend mache, schaffe ich es nicht mehr ins Theater. Ich vertraute also meiner eigenen Empirie und ging. (Das geht! Geht doch!)

Erst mal spazierte ich im jetzt wirklich warmen Sonnenschein in die Maxvorstadt.

Typoliebe.

Im St. Lucas kaufte ich Espresso, auf dem Weg weitere Lebensmittel.

Daheim Yoga-Gymnastik: Nach 14 Einheiten Anstrengung (in Adrienes Programm “Move” turnte ich wieder jede Folge zweimal) kam mir diese halbe Stunde Ausruhen entgegen – wiederholen werde ich sie allerdings nicht.

Herr Kaltmamsell war aushäusig, fürs Nachtmahl hatte ich mir Rahmspinat besorgt, es gab ihn mit zwei gekochten Eiern. Danach war noch Zeit für Schokolade, bevor ich zu den Kammerspielen spazierte, um Der Sprung vom Elfenbeinturm zu sehen.

Ein Abend gegen deine spießbürgerlichen Phantasien, deine Lebenslügen und deine Kompromisse
Nach Texten von Gisela Elsner
In einer Fassung von Pınar Karabulut und Mehdi Moradpour

Dass die Kammerspiele Theaterstücke inszenieren, ist ja mittlerweile die Ausnahme; eher kommt alles andere auf die Bühne.

Ein Publikumsmagnet war dieser “Abend” schonmal nicht, nur etwa ein Viertel des Zuschauerraums war besetzt. In zweieinhalb Stunden (ohne Pause – was bei dieser Spiellänge immer den Verdacht erzeugt, man wolle die Leute davon abhalten zu gehen) sah ich wilde Kostüme, interessante Konstellationen, spannende Darstellungseinfälle (ein Teil wurde als Film gezeigt, Dialoge mit Tanz- oder Pferdebewegungen untermalt), großartige Schauspieler*innen (Highlight: Annette Paulmann rappte! und es war nicht peinlich). Mit Texten, die auf mich zum Teil ein wenig angestaubt wirkten – angestaubt in derselben Art wie der Begriff “spießbürgerlich” im Untertitel der Inszenierung. Noch muss ich die anstrengenden zweieinhalb Stunden wirken lassen, doch ich nehme schon mal mit, dass der Blick Gisela Elsners (1937-1992) auf die Nazis der Nachkriegszeit repräsentativ für den einer ganzen Generation ist – aber mittlerweile erklärungsbedürftig.
Nachtrag: Ich empfehle Maximilian Sippenauers Besprechung der Uraufführung 2021, “Leuchtendes Düsterland”.

§

Im New Yorker schreibt Kathryn Schulz über Jeanne Manford, die Anfang der 1970er Vorreiterin für Schwulen- und Lesbenaktivismus war:
“How One Mother’s Love for Her Gay Son Started a Revolution”.

via Bingereader

What made Jeanne Manford different—and what made her actions so consequential—is that, until she started insisting otherwise, the kind of child she had was widely regarded as the kind that not even a mother could love.

(…)

There was no mystery about what that kind of traditional, law-abiding woman was supposed to think about gay people in 1968. At the time, homosexual acts were criminal in forty-nine states, with punishments ranging from fines to prison time, including life sentences. Same-sex attraction was classified as a mental illness by the American Psychiatric Association and routinely mocked and condemned by everyone from elementary-school kids to elected officials. Those who lost their jobs, homes, or children owing to their sexual orientation had no legal recourse. Political organizing was virtually impossible—one early gay-rights group that attempted to officially incorporate in New York was told that its mere existence would violate state sodomy laws—and positive cultural representation was all but nonexistent; there were no openly gay or lesbian politicians, pundits, religious leaders, actors, athletes, or musicians in the mainstream.

§

Mal wieder interessante Überlegungen von Antje Schrupp: Sie untersucht das Thema Leihmutterschaft aus feministischer Sicht.
“Die Freiheit, über den eigenen Körper zu bestimmen”.

§

Special interest: Hartmut Zohm vom Max-Planck-Institut für Plasmaphysik über 5 Irrtümer zur Kernfusion.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/PR2PaqHmh8g

Ganz ohne Gimmicks, mit nur einer Grafik, dafür nüchtern und praktisch – gut verständlich.

Journal Mittwoch, 1. März 2023 – Kleine Scheiterungen

Donnerstag, 2. März 2023

Auch diese Woche fühlt sich durch zahlreiche außerarbeitliche Termine durcheinander an, ich musste mehrfach über den aktuellen Wochentag nachdenken.

Wieder eine gute Nacht, ich hätte den Schlaf gern länger genossen. Und wieder ein frostiger, grauer Morgen, sehr bald werde ich mit Mosern anfangen und Frühling einfordern.

Mittags raus auf einen Cappuccino.

Zurück am Schreibtisch Mittagessen: Schwarzrettich-Karotten-Salat (Ernteanteil), Pumpernickel mit Butter, Orangen.

Ich machte sehr früh Feierabend, wieder mit Unterstunden, diesmal wegen eines Theaterabends, vor den ich einen Friseurtermin gesetzt hatte. Und es begann eine kleine Reihe des Scheiterns, alles ging ein wenig daneben – wie ich beim Einschlafen verdutzt feststellte, als auch diese Pläne nicht geklappt hatten und es deutlich später als geplant worden war.

Nach dem Haareschneiden hatte ich im Supermarkt Blumen besorgen wollen (wo sie mich doch in der Wohnung immer so freuen), außerdem Chicoree für einen Chicoree-Orangensalat (Herr Kaltmamsell war aushäusig), von dem für Donnerstag gleich Brotzeit übrigbleiben würde: Es gab keinen Chicoree und keine auch nur annähernd akzeptablen Blumen in der sehr kleinen Auswahl.

Daheim guckte ich in den Spiegel und stellte fest, dass ich mir mit dem frischen Haarschnitt nicht gefiel, anders als beim abschließenden Friseurspiegelblick – ich hoffte, das würde sich nach dem ersten Haarewaschen ändern.

Ich machte ich mich ans Backen, es sollte aus Crowdfarming-Mandeln und -Orangen Acetani geben, die ich schon mal mit köstlichem Ergebnis ausprobiert hatte. Ihnen war im Grunde bereits ein Scheitern vorausgegangen: Die Nussmühle, die ich als Aufsatz für unsere Kenwood-Küchenmaschine gebraucht gekauft hatte, mahlt viel zu grob (ja, ich hatte mich mehrfach versichert, dass das der richtige Einsatz war), das Ergebnis sind gehackte Mandeln. Ich hatte für fein gemahlene Mandeln mit der vorhandenen Gewürzmühle nacharbeiten müssen. Und nun wurde der Teig diesmal zu Brei.

Während der Kühlphase des Teigs turnte ich eine kurze Yogafolge (ok), buk dann die Orangen-Mandel-Kekse: Sie flossen auseinander statt aufzugehen, wurden außen bereits dunkelbraun, als sie innen noch roh aussahen.

Nachtmahl vor dem Theaterbesuch: Ein Stück Gemüsequiche vom Vorabend, dazu machte ich mir Ruccolasalat mit Orangendressing (Saft der Orange, deren Schale ich für die Acetani gebraucht hatte) statt Chicoree, schmeckte gut. Bei der Schokolade zum Nachtisch hielt ich mich wohl zu lange auf, auf dem Weg zum Theater musste ich mich ganz schön beeilen.

In der Kammerspielen gab es Wer immer hofft, stirbt singend, “Reparatur einer Revue, nach Geschichten und Motiven von Alexander Kluge (UA)” – und das war nach vielversprechendem Anfang so lala. Das Stück erzählte fast eine Geschichte, allerdings nicht durch die Handlung (die zum Teil live in der Kantine der Kammerspiele stattfand und gefilmt auf eine Leinwand vor der Bühne übertragen wurde), sondern durch eine Off-Stimmme. Leni Peikert ist die Tochter eine Zirkusdirektors, der vor Beginn des Stücks ums Leben gekommen ist, und überlegt daran herum, ob und wie der Zirkus weiterzuführen ist. Dazu sah ich viele schöne Dinge auf der Bühne, aber nichts wirklich Fesselndes.

Sehenswert wie immer Schauspielerinnen und Schauspieler, die gestrige Entdeckung war für mich Johanna Kappauf, die personifizierte königliche Anmut. Auffallend und wirklich besonders: Einige zentrale Schauspieler*innen hatten sichtbare Behinderungen, ich zog anfangs innerlich die Schultern hoch, weil das gerade beim Thema Zirkus Anklänge an die furchtbaren Freak Shows von Wanderzirkussen hat. Funktionierte aber, ich entspannte mich.

Was mich wirklich freute: Der Zuschauerraum war sehr gut besetzt. (Um mich wie fast immer Theatervolk, wie ich den Gesprächen entnahm.) Ja, ich trug wieder Maske (wie auch weiterhin in Öffis und im Zug): Wer morgens als Team-Assistenz derzeit immer erst mal einen kleinen Stapel Krankmeldungen verarbeitet und täglich viel Zeit damit verbringt, Termine wegen Erkrankungen komplex zu jonglieren, hat vielleicht eine spezielle Sicht auf die Infektionslage, nicht nur die mit Corona. Und mir verhagelt ja schon eine gewöhnliche Erkältung die Laune, selbst ohne Fieber und Arbeitsunfähigkeit, mehr Krankheit möchte ich bitte vermeiden.

Als ich heimkam, das nächste kleine Scheitern: In der Geschirrspülmaschine, die ich vor Verlassen des Hauses eingeschaltet hatte, war das Fach mit dem Spülmittel nicht aufgegangen. Ich sortierte, welcher Inhalt dennoch sauber geworden war, steckte den schmutzigen wieder zurück. Brotzeit und Kleidung vorbereiten – es war bereits nach elf, als ich ins Bett kam.

§

Catatonique urlaubt auf den kanarischen Inseln und blogt Lesenwertes darüber:
“Von Geschichte, Reibeisen und Höllenqualen”.

§

Fuchsbrom hat eine der vielen nützlichen Anwedungen von Texterstellung der KI ChatGPT durchgespielt: Foodblogs müssen endlich die “endlosen Labertextfahnen vor den eigentlichen Rezepten” nicht mehr selbst erfinden.
“Künstliche Zusatzstoffe”.

Journal Mittwoch, 4. Januar 2023 – Nora an den Münchner Kammerspielen

Donnerstag, 5. Januar 2023

Am zweiten Arbeitstag des Jahres war ich nicht mehr völlig allein auf dem Büroflur, es wurden gute neue Jahre gewünscht.

Die Schlagzahl war allerdings bereits wieder so hoch, dass ich zügig wegarbeitete, um nicht durch Querschießendes in Hektik zu geraten. Zumal ich gestern besonders früh gehen wollte (also so richtig mit Minusstunden), um abends das Wahrnehmen meines Theaterabotermins wahrscheinlicher zu machen.

Der Tag startete mit Sonne und wärmte mein Büro, bewölkte aber mittags immer mehr.

Mittagessen Mango mit Joghurt, Pumpernickel mit Butter.

Danach legte ich einen Zahn zu bei der Arbeit, um auch wirklich schon um halb vier zu gehen. Das klappte dann wegen eines Querschusses nur um eine Viertelstunde nicht.

Heimweg im Hellen mit einem Einkaufsabstecher für Drogeriewaren und Lebensmittel. Zu Hause las ich alte Zeitungen auf, zog mich dann um (“Hop into something comfy”) für das diesjährige 30-Tage-Yogaprogramm von Adriene, “Center”. Aus Erfahrung mit den anderen Programmen checkte ich erst mal den Anfang – und übersprang die ersten fünf Minuten Sitzen und besinnliches Geplapper. Danach bekam ich eine halbe Stunde Dehnen und Halten mit immer noch genug Yoga-Besinnlichkeit.

Frühes Abendessen, Herr Kaltmamsell servierte spanische Tortilla und hatte dafür auf meinen Wunsch erstmals mit gekochten Kartoffeln gearbeitet, wie es viele zeitgenössische spanische Rezepte tun. Schmeckte gut und nach Tortilla. Davor hatten wir uns eine Dose callos a la madrileña geteilt, danach gab es nur ein wenig Süßigkeiten.

In Milde und Wind marschierte ich zu den Kammerspielen, auf dem Spielplan stand Nora. Als Herr Kaltmamsell das erfahren hatte, bewarf er mich umgehend mit dem angestaubten Witz
“Mögen Sie Ibsen?”
“Keine Ahnung, ich habe noch nie geibst.”
(Im Englischen funktioniert er mit Kipling.)

Für diese Inszenierung werden als Autor*innen allerdings angegeben: Sivan Ben Yishai, Henrik Ibsen, Gerhild Steinbuch, Ivna Žic. Der Website entnehme ich auch, dass die Theaterwelt mittlerweile nicht mehr dekonstruiert, sondern interveniert; mal sehen, wann auch dieser Begriff bis in die Speisekartenwelt verwässert (“an drei Interventionen vom Rosenkohl”).

Der Zuschauerraum war so voll, wie ich ihn schon lange nicht mehr gesehen hatte, fast jeder Sessel besetzt.

Ich sah gut zwei Stunden spannendes Theater. Vor dem Ibsen-Teil setzten sich die Darsteller*innen am Bühnenrand an einen Tisch, erklärten als Darstellende der Rollen dem Publikum, wessen und welche Geschichte das Stück eigentlich erzählt, hinter ihnen projiziert das Bild eines Puppenhauses, das langsam verschneit, der Tonfall war kommödiantisch. In diesem Prolog wurden die Inhalte thematisiert, die heutigen Betrachter*innen sofort auffallen – und gleich mal abgefeiert, unter anderem mit einem fulminanten und brutalst überzogenen Ausbruch der Nora-Darstellerin inklusive “FUCK PATRIARCHY!”

Dann erst begann Ibsens Nora, doch auch darin Selbstgeschriebenes wie eine Szene, in der die Kinder auf die Ereignisse zurückblicken, Lieder, die Hauptdarstellerin Katharina Bach singt (die auch das großartig und in verschiedenen Musikstilen konnte, Highlight “S.O.S” von ABBA als düsteres Industrial-Stück, wie sie an diesem Abend ohnehin atemberaubend schauspielte und körperliche Artistik bewies). Außerdem eine Szene, die mir sehr nach Improvisation aussah: Ich mache meinen Verdacht daran fest, dass die eine oder andere Minute lang weder Licht noch Ton oder Filmprojektion eingesetzt wurden – wo ich doch seit Jahren einen tiefen horror vacui in Theaterinszenierungen diagnostiziere.

Diese Anreicherungen von Dramen bin ich vor allem bei Klassikern gewohnt und sie funktionieren oft sehr gut, auch hier. Überrascht bin ich, dass die Anreicherinnen hier als Co-Autorinnen auftauchen, im Grunde sind das doch fast immer die Dramaturgin oder der Dramaturg einer Inszenierung.

Eine sehr dominante Rolle spielte das Bühnenbild: Eine schräge Ebene in Form eines auf den Kopf gestellten Hauses, die Oberfläche mit griffigen Matten bedeckt. Darauf turnten und liefen die Darstellenden raumgreifend (oder eben nicht wie der tastend unsichere Krogstad, gespielt von Thomas Schmauser) – mir kam es vor, als hätte Bühnenbildnerin Viva Schudt ein Stück im Stück geschrieben (und mag das eigentlich nicht).

Alle Darstellenden beeindruckten mich sehr, Svetlana Belesova als Frau Linde merke ich mir besonders.

Viel Schlussapplaus. Den ich auch für mich beanspruche, weil ich es bereits in meine ersten beiden Abo-Abende der Spielzeit 2022/23 geschafft habe. (Immer noch kein Fitness-Tracker für Kultur auf dem Markt? Für bewegungsfreudige Leute mich mich, die keinen inneren Schweinehund für Sport kennen, aber für Theater- und Ausstellungsbesuche? Obwohl sie – parallel zum inneren Sport-Schweinehund – doch wissen, dass sie sich danach immer besser fühlen?)

Heimweg durch weiter milden Sturm, aufgekratzt vom Abend schlief ich nur schwer ein.

Journal Mittwoch, 14. Dezember 2022 – Freier Tag mit Schwimmen, Eisregen und Theater

Donnerstag, 15. Dezember 2022

Wohlig ausgeschlafen bis fast sieben, ich hatte ja freigenommen.

Nach Bloggen zu Milchkaffe gab es eine Kanne Tee und Internetlesen.

Zum Schwimmen wäre ich am liebsten geradelt. Doch es war überfrierender Regen angekündigt, die nassen Straßen sahen auch genau so aus. Also erfüllte ich den explizit getwitterten und getröteten Wunsch medizinischen Personals aus zusammenbrechenden Kliniken, sich bitte, bitte nicht zu verletzen und nicht auf glatten Wegen zu radeln (die Bitte lautete tatsächlich: “Bleibt daheim!” – aber ich hatte doch einen freien Tag!): Ich kaufte eine MVV-Tageskarte und nahm die U-Bahn Richtung Olympiabad (der zuverlässigste Transport, auch Trambahnen und Busse waren durch das Eis beeinträchtigt).

Erster Blick vor die Haustür: Eis.

Die Wege waren gut gestreut, ich ging trotzdem in weiterem Regen vorsichtig.

Das Schwimmen fühlte sich nach erster Anstrengung im nicht sehr warmen Wasser gut an. Doch wieder fröstelte mich, ich beließ es bei 2.500 Metern, machte dafür auf den letzten 500 Metern Tempo.

Aufwärmen unter der Dusche und beim Haarefönen – die Zeiten, in denen ich dampfend aus dem Hallenbad kam, sind (vorübergehend?) vorbei.

Aber es ist schon ein besonders schönes Bad.

Draußen schmolz das Eis auf den Wegen, es regnete aber weiter unangenehm. Tram in die Maxvorstadt und zum Frühstück im Café Puck. Ich kam ziemlich durchfeuchtet an, wurde auch dort trotz Schneestiefeln, langem Shirt und Kaschmirpulli nicht richtig warm (auch hier Heizungsparen?).

Ich aß alles auf. Dann Zeitunglesen und Nachdenken über Geschenke.

Das Wetter blieb supergreislich und regnerisch, statt dem geplanten Bummel über die Hohenzollernstraße zum Christkindlmarkt an der Münchner Freiheit ging ich nur (wärmend schnell, half aber nicht wirklich) für Espressobohnen zum San Lucas und nahm dann eine U-Bahn nach Hause. Ich bin die, die auch nach Wegfall der Maskenpflicht in diesen dichten Menschenmengen Maske trägt, gar nicht mal so wegen Corona, sondern wegen all der superekligen Atemwegs-Infekte, die gerade einen beeindruckenden Anteil der Bevölkerung mit beeindruckender Wucht ins Bett fegen. Dieses Jahr hatte ich bereits Magen-Darm (2x), Corona und Erkältung: Danke schön, das reicht. Und da leiderleider keine Lehre aus der Pandemie ist, dass kranke Menschen eine Maske aufsetzen, schütze ich mich.

Daheim wärmte ich mich mit weiteren Socken, Jacken, heißem Tee und an der Heizung.

Gegenstück zum Schwimmen sollte eine Runde Yoga sein, drittletzte Folge des 30-Tage-Programms “Dedicate” von Adriene (ich hatte noch bei keiner einzigen Folge das Bedürfnis nach Wiederholung, aber Durchziehen will ich es aus Prinzip). Als das besinnliche Anfangs-Geplapper im Schneidersitz wieder kein Ende nehmen wollte (bei mir kommt es an wie die Lehrerinnen-Laute in den Peanuts), spulte (schob) ich einfach vor zur Bewegung in Minute 6.

Zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell aus Erntanteil Lauchnudeln mit Thymian und Zitrone. Und dann – nahm ich zum ersten Mal seit Februar 2020 mein Kammerspiel-Abo wahr: Erst hatte mich die Corona-Schließung abgehalten, dann Verwirrung über Termine, zuletzt spontane Trägheit. Doch der gemütliche Tag gestern erhielt meine Aufnahmefähigkeit, außerdem schien mir der Weg mit U-Bahn-Fahrt und vorsichtigem Gehen in Turnschuhen unfallsicher.

Dreimal oben: Foyer und Bühnenraum.

Um Maskentragen wurde gebeten, Garderobe und Programm jetzt gratis. Dennoch nahmen viele ihre dicken Mäntel mit rein, behielten sie zum Teil auch an – dabei war ausreichend geheizt (endlich!), ich musste ohne Mantel nicht schon wieder frieren.

Der Zuschauerraum war nur zu höchstens einem Drittel besetzt. Gegeben wurde die Uraufführung Like lovers do von Sivan Ben Yishai, deutsch von Maren Kames. Ich bekam erst mal ein wirklich hässliches Bühnenbild und fünf Darsteller*innen in Kostümen, die mich heftig Flash Gordon von 1980 assoziieren ließen, es wurde getanzt und sich vielsagend bewegt. Schließlich kam aber Text dazu, Beschreibungen von Sex und sexualisierter Gewalt, von Liebes- und Sexphantasien in immer neuem Rahmen – mal als Erinnerung an Kindheit und Jugend in einem Freundinnenkreis, mal als Empfindungen, monumental gegen Ende der Monolog einer weiblichen Stimme mit Forderungen an einen männlichen Partner, gesprochen und gespielt von einem Mann, Bekim Latifi. Wie ohnehin das Geschlecht der Stimmen nicht dem der Darstellenden zugeordnet wurde (alle beeindruckend). Dazwischen in Passagen auch Reflexion über das eben Geschehende, wie Anprangern und Trigger-Warnungen voyeuristische Haltungen erst erzeugen können. Viel Musik dazu, aber ohne kommt wohl keine Inszenierung mehr aus.

Auffallend: Die Bewegungen (oft tänzerisch) und Kostüme in Kontrast zu den Texten völlig ent-sexualisiert.

Ich fühlte mich angeregt und unterhalten, in der Süddeutschen bringt Christine Dössel den Abend in eine Struktur: “Dieses Lied den Liebenden”.

§

“Steinkäuze im Main-Taunus-Kreis:
Wo ist der Kauz aus Röhre sechs?”

Von der Autorin Andrea Diener getrötet mit der Erkenntnis: “Besser wird es dieses Jahr beruflich nicht mehr.”

Wenn von den Eulen gesprochen wird, die man nicht nach Athen tragen soll, dann ist eigentlich der Steinkauz gemeint.

§

Deutschungshoheit.*

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https://youtu.be/yp-Q2FRVwcY

via @sixtus

* Welch großartige Wortschöpfung. Genau das meinte ich, als ich schon vor Jahrzehnten darauf hinwies, dass auch Leute mit Namen wie meinem z.B. als Guides in der KZ-Denkstätte Dachau normal sein sollten, denn wenn wir (selbstverständlich) zu Deutschland gehören, gehört auch dieser Teil zu uns und wir zu ihm – ich beanspruche die Deutschungshoheit.
(Gleichzeitig macht mich das Video aus einem ganz abwegigen Grund fertig: Alle essen Bananen in einem Reifegrad, in dem ich sie nur noch in Form von Bananenmilch oder -kuchen ertrage – GAH!)


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