Wandern

Journal Faschingsdienstag, 13. Februar 2024 – Winterwanderung zwischen Ammer- und Starnberger See

Mittwoch, 14. Februar 2024

Diesmal wieder eine recht zerhackte Nacht, doch endgültig wachte ich erholt auf.

Das angekündigte freundliche Wetter nutzten Herr Kaltmamsell und ich für eine erste Wanderung: Die Route zwischen Herrsching am Ammersee und Tutzing am Starnberger See waren wir noch nie im Winter gegangen.

Nach kurzem Brotzeitkauf (Bäckereiangestellte alle zumindest angedeutet maskiert) nahmen wir die S-Bahn nach Herrsching. Dort starteten wir mit einem guten Cappuccino (in lokaler Bäckerei, da die beiden italienischen Cafés/Eiscafés Richtung See geschlossen waren) und gingen erstmal fast eine Stunde am See entlang.

Das wurde eine schöne Wanderung in kühler Luft (ich brauchte fast durchgehend Mütze und Handschuhe, mit Thermo-Rolli und Fleece-Jacke unter der superduper Wanderjacke und in Winter-Jogginghose war ich richtig gekleidet), wir bekamen auch Sonne zu sehen. Doch es war eine eindeutige Winterwanderung: Keine Düfte, die einzigen Blümchen Schneeglöckchen, nur wenige Vögel hörbar und sichtbar. Zu Anfang sahen wir allerdings Milane, später eingezäunte Hirsche, einen ansitzenden Habicht (?), zu meiner Überraschung Kühe.

Eingezäunte Hirsche, im Hintergrund Erling und Andechs.

Wir sahen viel Schnee- und Windbruch, kein Wunder.

Brotzeitpause nach knapp drei Stunden, ich hatte Mango mit Sojajoghurt im Glas dabei, aß außerdem ein Laugenzöpferl.

Ein weiterer gescheiterter Versuch, wie in der Wanderkarte ausgewiesen zwischen den Deixlfurter Seen durchzukommen. Am Ende dieser Wiese hätte wir uns wieder ohne sichtbaren Pfad rechts quer durchs Gestrüpp schlagen müssen, das ließen wir diesmal bleiben, kehrten um und folgten der Straße.

Auf diesen Ausblick auf den Starnberger See freue ich mich jedesmal.

Gut 20 Kilometer in fünfeinhalb Stunden mit einer Pause waren vielleicht etwas überambitioniert für den Start in die Wandersaison gewesen, wir fühlten uns beide recht erledigt. Zurück nach München brachte uns eine schnelle Regionalbahn, vom Hauptbahnhof nach Hause genehmigten wir uns eine Tram (darin zahlreiche Maschkerer).

Für Abendessen sorgte wie geplant Herr Kaltmamsell: Er verwandelte den Wirsing aus Ernteanteil mit Zwiebel, viel Käse, Sahne, Eiern zu einem Auflauf.

Schmeckte sehr gut, ich freute mich schon auf die zweite Hälfte am Mittwochabend. Nachtisch Schokolade.

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Im Techniktagebuch: Telefonieren ist einerseits einfacher geworden, andererseit komplizierter, vor allem aber verschieden kompliziert für Menschen aus der Generation Stationärapparat und aus der Generation Smartphone.
“Telefonieren ist fast kostenlos. Meistens. Aber man sollte trotzdem aufpassen”.
“Andere Generationen, andere Fragen über das Telefonieren”.

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Fotograf Maxime Michelet inszeniert Geschwister und ihre Beziehung zueinenander, mit interessanten Ergebnissen.
“‘I got the sense the youngest child would always win’: sibling relationships – in pictures”.

Journal Mittwoch, 1. November 2023 – Allerheiligen überm Tegernsee

Donnerstag, 2. November 2023

Yep, das war zu viel Alkohol am Vorabend gewesen, ich wachte trotz reichlich begleitendem Wasser mit Kopfweh und Kater auf. Und das wird wieder passieren: Wenn ich dann mal wirklich Lust auf Alkohol habe und die Gelegenheit, viele spannende Weine kennenzulernen, dann möchte ich das auch nutzen.

Für gestern hatten Herr Kaltmamsell und ich eine Wanderung geplant, weil erstens beide Zeit (das ist bei einem Vollzeit arbeitendem Lehrer an einem Feiertag nicht selbstverständlich), zweitens schönes Wetter angekündigt. Ausgesucht hatte ich den südlichen Tegernseer Höhenweg, weil der nicht allzu lang ist und wir ihn noch nicht im Herbst gegangen waren.

Wir nahmen einen Zug nach Tegernsee um elf, der sehr gut gefüllt war, manche mussten stehen. In Tegernsee ließen wir den Strom an Wanderer*innen vor, setzten uns erst noch auf einen Cappuccino in ein Café. Der tat mir wirklich gut: Nach starker Müdigkeit auf der Fahrt (der Kater) wurde ich jetzt munter. Die Landschaft war in diesem Licht und zu dieser Jahreszeit ein Genuss.

Blick nach Bad Wiessee und auf die Klinik, die mich nach der Hüft-TEP Reha-versorgt hatte.

Blick nach Rottach-Egern.

Eine Herde kleiner, sehr langzotteliger Rinder mit langen Hörnern, von denen einige die Hörner aneinander ausprobierten.

Kurz nach zwei Brotzeit in Rottach-Egern auf einem Bankerl an der Rottach: Ein Apfel und die Quarktasche, die ich frisch am Bahnhof gekauft hatte. Obwohl die erste Mahlzeit des Tages, war das zu viel gewesen, ich fühlte mich überfressen.

Gut zwölf Kilometer in gut drei Stunden.

Der Zug zurück nach München war schon 15 Minuten vor Abfahrt knallvoll, wir waren froh um bequeme und stabile Stehplätze. Doch ich hatte ja meine aktuelle Lektüre dabei, Achtsam morden von Karsten Dusse, und freute mich über die Gelegenheit, darin länger am Stück zu lesen. Ich bin immer noch ausgesprochen angetan, bei dieser Art Humor hätte man noch vor wenigen Jahren anerkennend gefragt: “Der ist doch bei Twitter!” Weil zumindest in meiner Timeline diese (vorgebliche) Weltsicht und Scherze typisch waren.

Daheim Häuslichkeiten und eine Runde Yoga-Gymnastik. Als Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell auf meinen Wunsch LINSEN, diesmal Beluga-Linsen mit Pasta.

Ganz köstlich. Nachtisch mit Herzen-Sterne-Brezen – die gehen ja nur in Dreier-Einheiten.

§

Mayim Bialik versucht zu vermitteln, wie sie sich als Jüdin seit dem 7. Oktober fühlt, wie sich wahrscheinlich sehr viele Juden in den USA (und auf der ganzen Welt) fühlen, die erleben müssen, dass nach dem Hamas-Massaker Tausende Menschen in ihrer Heimat und an ihren Heimat-Universitäten die Auslöschung des jüdischen Volks fordern. Ich mag mir nicht ansatzweise vorstellen, wie das ist.
Hier ihr Video auf instagram.

via @eliyahhavemann

Journal Samstag, 23. September 2023 – Oktoberfestflucht mit Jungbrunnen-Weg und Folgen unterlaufener Urlaubsgegenden

Sonntag, 24. September 2023

Gestern musste ich mich mehrfach daran erinnern, dass Samstag war – diesen Grad der Verurlaubung hatte ich seit vielen Jahren nicht mehr erreicht, ich weiß IMMER, welcher Wochentag ist.

Nacht wieder mit Mosquito-Unruhe, obwohl ich mich diesmal bereits vor dem Zu-Bett-Gehen flächendeckend mit Anti Brumm eingesprüht hatte. Und gestochen hat mich mindestens ein Vieh auch!

Ab sechs Angst und Sorgen (all die Details, die ich noch für den Berlin-Aufenthalt regeln musste!) (in Wirklichkeit genau ein Kontakt zur Ferienwohnungs-Vermieterin), ich stand lieber auf.

Für den Tag war trockenes Wetter angekündigt, allerdings ein paar Grad niedrigere Temperatur (einstellig) als in der mittelfristigen Vorhersage. Ich zog lieber zwei Shirts unter meine Wanderjacke, startete kurz vor zehn eine wieder längere Tour, nämlich den Jungbrunnen-Weg.

Er führte vor allem baumlose Höhen entlang, was immer wieder weite Ausblicke ermöglichte, allerings pfiff mir dabei auch ein unangenehm schneidender Wind um die Ohren. Die Wege waren schön und abwechslungsreich, ich kam durch Ortschaften mit samstäglicher Umtriebigkeit, wurde herzlich gegrüßt.

Überraschung: Schon zu meiner ersten geplanten Pause um zwölf hatte ich derart Hunger, dass ich mein erstes Pumpernickelbrot mit Frischkäse aß – gestern hatte ich zum Glück zwei dabei. Mein Körper spielte hervorragend mit, nicht mal der Nagel des linken kleinen Zehs, der am Vorabend vor Schmerzen getobt hatte (Ursache rätselhaft, in den Wanderschuhen hat er doch sogar besonders viel Platz), muckte auf.

Nach Pausen musste ich mich jeweils durch eine Weile zackiges Marschieren aufwärmen, erst gegen Ende des Wegs hatte die Sonne wirkliche Wärmkraft. Wirkung des kalten Winds: Zurück in der Wohnung glühte mein Gesicht noch Stunden nach. Na gut, ein bisschen bin ich bereit für Herbst.
(AUF DEM FELD
DIE KÜRBEN)

Viele Greifvögel gestern am Himmel, ich sah immer wieder Falken, einmal sogar drei gleichzeitig. Und ein paar Krähen auf einem kahlen Baum gegen den Himmel als Scherenschnitte – so gehört sich das. Außerdem wie schon in den Tagen davor: Schmetterlinge, ganz viele! (Vielleicht sogar ein Trauermantel.)

Aufbruch im Düsteren, Blick zurück auf Bad Steben.

Doch die ersten blauen Flecken zwischen den Wolken zeigten sich bald.

Auch gestern viel toter Wald. Wir können halt Romantik.

Im Hintergrund vor den Windrädern ein dominanter Solarpark.

Auf der Frankenwarte war ich ebenfalls schon vor vier Jahren gewesen.

Ich passierte aber auch lebendigen Fichtenwald.

Auf diesem Bankerl über Bobengrün (wenn die Grüns auch noch mit dir verwandt sind, Sabine, solltest du unbedingt mal vorbeischaun) machte ich um halb drei richtig Brotzeit mit Apfel und Pumpernickel. Auch hier schnitt der Wind unangenehm, ich zog zum Schutz die Kapuze hoch.

Brotzeitblick.

Auch gestern: SO VIELE ÄPFEL!

Herrlich federndes Moos unter den Stiefeln. Nach 21 Kilometern in gut sechs Stunden mit zwei Pausen war ich zurück in der Ferienwohnung – und kam zum ersten Mal nicht ins Kalte: Die Heizung hatte ich nur auf niedrigster Stufe angelassen, möglicherweise wärmten die umliegenden, ebenfalls geheizten Wohnungen? Diesmal hätte ich eine weitere Stunde Wandern gut geschafft – war dennoch froh ums Hinsetzen und Schuhe-Ausziehen.

Zum Abendessen brauchte ich Reste auf. Und lernte unter anderem, dass in Rührei mit Käse gar nicht beliebig viel Käse passt. Schwedenspeise freestyle erledigte restliche Milch, Joghurt, Frischkäse – na gut, Puddingpulver musste ich extra kaufen, irgendwas ist ja immer.

Abendunterhaltung: Sigrid Nunez, A Feather on the Breath of God ausgelesen (wunderbar geschrieben und etwas ganz Besonderes, dass ich unwillig über schon wieder unerwartet Autofiktion statt wirklich Erfundenes war, ist nun wirklich kein fachlicher Kritikpunkt), eine weitere Folge This is going to hurt (and hurt it did – ich identifiziere mich ungenehm mit Adams autodestruktivem Beziehungsverhalten). Im Bett begann ich neue Lektüre: Für Patrick deWitt, The Librarianist hatte ich mich in der Stadtbibliothek auf die Warteliste eingetragen, jetzt stand es zur Verfügung. Und jetzt aber wirklich völlig Ausgedachtes.

Fazit von vier Tagen Wandern um Bad Steben: Das hier ist eine wirklich schöne Gegend und für Wanderfreudige großartig. Auch am gestrigen Samstag (Wochenende!) begegnete ich keinen anderen Wandersleuten – wenn ich mal die kleine und die große Gruppe ganz am Anfang ausnehme, die aber andere Routen liefen. Das ist ein deutlicher Gegensatz zu den Wandergegenden südlich von München oder zum Bayerischen Wald, in denen ich zudem ständige Radler*innen ausweichen muss. Große Empfehlung für Menschen, die von überlaufenen Wandergebieten genervt sind. Zumal der gute Bahn-Anschluss weitere verlockende Gegenden in der Nähe auch ohne Autofahrten erschließt.

Allerdings haben diese Ruhe und dieses Für-sich-sein einen Preis (wie ich ihn auch vor fünf Jahren auf dem herrlich einsamen und wunderschönen Westerwaldsteig zahlte): Abwesenheit von Gastronomie, vor allem unterwegs. Am Wochenende mag man noch Glück haben, dass Gaststätten in durchwanderten Orten geöffnet sind, wenn überhaupt vorhanden. Doch an Werktagen keine Chance: Ausflugslokale lohnen sich halt erst ab einem gewissen Grad der Überlaufenheit. Wenn man in einem Kurort wie Bad Steben unterkommt, ist zumindest abends für anständiges Essen gesorgt, kulinarische Offenbarungen (oder auch nur saisonale, lokale Zutaten) sollte man aber nicht erwarten.

Journal Freitag, 22. September 2023 – Oktoberfestflucht mit Bergknappenweg und Nachdenken über Frisurzwänge nach Altersgruppen

Samstag, 23. September 2023

Etwas zerstückelte Nacht, weil mich immer wieder Stechmücken-Surren wach hielt: Das Vieh / die Viecher ließen sich auch nicht durch nachträgliche Ganzkörper-Besprühung mit Anti-Brumm fernhalten. (So bekam ich auch nächtliches Regentröpfeln mit.) Doch ich bin ja im Urlaub, nach Aufwachen um sechs schlief ich nochmal anderthalb Stunden tief.

Ich hatte endlich ein Normalnull an Wohnungsgeruch hergestellt: Als ich aus dem Flur ins Wohnzimmer kam, roch ich lediglich meinen Morgenkaffee – ahhhh!

Für diesen als kühl und regnerisch angekündigten Tag hatte ich die kürzeste der vier recherchierten Touren geplant, den Bergknappen-Weg. Ich ließ mir Zeit mit dem Fertigmachen, turnte eine Runde Yoga-Gymnastik (Vorwärmen des Wohnzimmers mit Heizlüfter ermöglichte mir das sogar ohne Socken und Sweatshirt).

In voller Wandermontour ging ich auch erstmal auf einen Cappuccino; von meinem Aufenthalt vor vier Jahren erinnerte ich mich, dass der in der örtlichen Eisdiele gut gewesen war.

Eine kurze Wanderung war genau das Richtige für gestern, ich spürte die lange Strecke vom Vortag. Anfangs wurde ich ein wenig angetröpfelt, dagegen klappte ich die Kapuze über den Kopf. Richtig vergnügt machte mich, dass es auf halber Strecke kurz so richtig regnete: Ich war gerade im Wander-Flow und freute mich, dass meine Superduper-Wanderjacke die Tropfen so zuverlässig von mir abhielt, dass mir der Regen überhaupt nichts ausmachte.

Wieder hatte ich die gesamte Wanderung über die Wege für mich, begegnete nur um (Hundegassi) und in Siedlungen anderen Menschen.

Düsterer Himmel.

Thierbach mit der derzeit dominierenden Straßenlaternen-Deko.

Übrigens sehen die Apfelbäume hier wirklich ganz anders aus als bei uns in Oberbayern, sie sind voll der herrlichsten Früchte – hier vor der Thierbacher Mühle.

Über Naila. Wäre Donnerstag der Schlechtwettertag gewesen, hätte ich den Wochenmarkt in Naila mitgenommen: Das Städtchen ist größer und hat deutlich mehr Leben und Infrastruktur als Bad Steben. Inklusive einem Freibad, in dessen 50-Meter-Becken ich vor vier Jahren zweimal ausgiebig schwamm.

Der Bergknappen-Weg führte einmal quer durch Naila. Erstmal natürlich durch das neueste Einfamilienhaus-Gebiet, jedes Haus versehen mit einem weiteren halb so großen Haus – für die Autos.

Mein Blick blieb am Friedhof an einem Denkmal hängen.

“Den Opfern der Kriege”. Wie nah das durch den russischen Überfall auf die Ukraine wieder ist. Auch weil ich morgens diesen Theaterbericht von @Herzbruch gelesen hatte, der mich mitnahm: “CN-Krieg”. (Kurze Erinnerung, dass ich diese Nähe nur durch die geografische Nähe fühle, weltweit waren diese Kriege nie weg.)

Jetzt war es kurz nach eins, die Straßen und Bushaltestellen Nailas voller Schüler*innen. Und wieder fiel mir etwas an der aktuellen, aber schon seit Jahren bestehenden Mode auf. Es wird ja regelmäßig behauptet, das Styling von älteren und alten Frauen sei besonderen gesellschaftlichen Zwängen unterworfen.1 Zum Beispiel würden an alten Frauen lange Haare als unangemessen angesehen. (Wann ist eigentlich der Oma-Dutt aus den Stereotypen verschwunden?) Meine Beobachtungen, unter anderem dieses Jahr in Brighton hingegen ergeben: Es sind junge Mädchen und Frauen, die einem viel größeren Druck ausgesetzt sind, nämlich ihr Haar unbedingt lang zu tragen. Seit vielen Jahren sehe ich einen erheblich höheren Variantenreichtum in der Haartracht junger Burschen und Männer: Die tragen ihr Haar mal lang, mal kurz, mal halblang, mal teilrasiert, mal lustig ins Gesicht frisiert. Mädchen und junge Frauen hingegen: Langes Haar, stufenlos lang, egal welches Haar, und fast immer in der Mitte gescheitelt. Die seltenen Abweichungen, zum Beispiel auf Schulfotos, die Herr Kaltmamsell heimbringt, fallen extrem auf.

Regen im Froschgrüner Park von Naila.

Solche Räuberhöhlen-Unterführungen liebe ich.

Kurz vor zwei, der Regen hatte aufgehört, machte ich im Selbitz-Tal auf dieser Bank Brotzeit: Apfel, Pumpernickel mit Frischkäse, der Keks, der mit dem Cappuccino serviert worden war. Untermalt vom geliebten Rauschen der Silberpappeln am Bach.

Hinter Marxgrün bei der Modelsmühle mehr prächtig tragende Apfelbäume.

In Hölle folgte ich der Empfehlung des Wanderführers, einen Abstecher zum Mineralbrunnen der Höllenquelle zu machen.

Ich kostete auch brav: Yep, schmeckte genau so greislich metallisch, wie ich auch das Heilwasser in Bad Steben in Erinnerung hatte.

Der letzte Abschnitt folgte der Alten Bad Stebener Straße, die für den Autoverkehr gesperrt wurde.

Der lag auf der Straße, echt ehrlich! Und schmeckte so sensationell, dass ich umkehrte und versuchte, den Baum durch Astschütteln dazu zu bringen, weitere von sich zu werfen – vergebens.

Nach 16 Kilometern in gut vier Stunden war ich zurück am Startpunkt, das reichte aber auch für gestern. Kurzer Einkauf im Edeka.

Zurück in der Ferienwohnung stellte ich fest, dass die Heizung in Betrieb genommen worden war, hurra.

Als Abendessen gab’s Linsen (aus der Dose) mit angebratenem Knoblauch und mitgebratener roter Paprika. Schmeckte leider bei Weitem nicht so gut wie die kalte Version (ich hatte mir bei dieser Kälte was Warmes gewünscht). Wie gut, dass ich im Supermarkt heimische Elisenlebkuchen gekauft hatte, mit den haselnussigen aß ich mich satt.

Abendunterhaltung Lesen, Sigrid Nunez, A Feather on the Breath of God fast fertig.

§

Never gets old: Die Aufregung, wenn ich herausfinde, dass eines meiner Internet-Idole weiß, dass es mich gibt.

§

Wie ein Tierfilmer einen rennenden Hamster filmt, und das Ergebnis in Zeitlupe. Doch, das wollen Sie sehen.

  1. Manchmal halte ich es für möglich, dass ich persönlich so furchterregend wirke, dass sich niemand mir gegenüber blöde Bemerkungen zu Alkoholfreiheit/Kinderlosigkeit/Altern-ohne-Würde erlaubt. Oder ich gehe einfach wenig genug unter Leute? []

Journal Donnerstag, 21. September 2023 – Oktoberfestflucht mit den fränkischen Attraktionen Humboldtweg und Schäufele

Freitag, 22. September 2023

Lang geschlafen, auch ohne Ohrstöpsel und obwohl nachts erst Sirenen heulten, außerdem das Regionalbähnla in jeder Kurve mit Pfiff vor sich warnte.

Kunstduftquellen in der Ferienwohnung so weit wie möglich reduziert. Und so dachte ich: Wenn ich jetzt noch die Badtür konsequent schließe und so oft wie möglich Fenster öffne, könnte es allmählich einfach sauber riechen und nicht mehr wie eine Drogerieabteilung.

Die Vermieterin, die gleich nebenan wohnt, brachte einen Heizlüfter vorbei, weil doch am Freitag das Wetter kalt werden soll – und scheuchte mich mit ihrem Klingeln gerade vom Duschen abgetrocknet in die nächstbeste Kleidung zum Türöffnen. Ich hoffe, die Heizkraft macht das wett.

Ich kam ein wenig später los zu meiner Wanderung, weil Kleidungsverunsicherung. Erst war ich in kurzen Ärmeln startklar, doch in der Wohnung fror ich damit so, dass ich dann doch in meine Jacke schlüpfte. Gleich vor der Haustür lag die Außentemperatur aber deutlich über Wohnungskälte, durchaus T-Shirt-geeignet, also zog ich die Jacke wieder aus und verstaute sie im Rucksack.

Für gestern, den Tag mit dem schönsten Wetter, hatte ich als Wanderung die längste meiner Oktoberfestflucht ausgesucht: den Humboldtweg. Wieder war der GPS-Track besonders hilfreich, zumal ich allen Empfehlungen für Extra-Abstecher folgte. Einmal verlief ich mich trotzdem, weil ich eine Wegmarkierung falsch interpretiert hatte. Ein Routine-Check zehn Minuten nach der Abzweigung erwies meinen Irrtum, ich kehrte um.

Das Wetter superherrlich, die Strecke abwechslungsreich (wenn auch für meinen Geschmack zu viele Straßenabschnitte drin waren). Eine erste Pause machte ich recht früh, da meine Wanderschuhe reichlich Pflanzenfragmente eingesammelt hatten und ich eine Bank für Schuhe-Ausleeren und ein wenig Ausruhen nutzte.

Gestern hatte ich sogar Gesellschaft und begegnete einer anderen Wanderin, außerdem ein paar Radler*innen (einem ausgerechnet beim ein Mal Pinkeln – nicht weit ab vom Weg, weil ich davor anderthalb Stunden lang überhaupt niemanden gesehen hatte).

Ich fühlte mich munter und fit, genoss die Bewegung und die Ausblicke sehr, kam bei Steigungen ins Schwitzen und freute mich über meine Körpertüchtigkeit, die sie mir ermöglichte, sah interessante Gesteine (u.a. Diabas – Geolog*innen haben einfach die besten Wörter), außerdem wieder viele Eichelhäher, aber auch Bussarde, Falken, einen Rotmilan, ein Eichhörnchen mitten im Wald. Und einmal erschreckte ich ein Reheinen Hirschen – und dieser mich, als gefühlt nur einen Meter links von mir im Unterholz ein sehr großes Tier Fluchtgeräusche machte.

Vom Bad Stebener Bahnhof aus Richtung Hölle – ich bin mir sicher, dass jeder, wirklich jeder Witz mit diesem Ortsnamen bereits gemacht ist.

Wetterchen!

Ich verlottere im Alleinurlaub völlig und schminke mich nicht mal.

Abstecher 1: Rundweg zur Schutzhütte Wolfsbauer.

Oben Aussicht.

Unten Hölle. Dann ging’s fast eine Dreiviertel-Stunde auf einem Rad- und Fußweg eine Laster-befahrene Straße entlang.

Und zwar nach Issigau, berühmt für den Typografie-Unfall am Ortseingang (vielleicht) und eine ganz besondere Dorfkirche (sicher).

Abstecher 2: Die Kassettendecke von St. Simon und Judas aus dem 17. Jahrhundert zeigt 66 Bibelszenen.

Blick über Kemlas hinweg wieder auf viel toten Wald.

Abstecher 3: Wiedeturm, leider wegen Vandalismus geschlossen.

Hier machte ich um halb zwei Brotzeit: Ein Apfel, eine Nektarine, wenig Pumpernickel mit Frischkäse – das war gerade recht.

Manche toten Fichten können nicht ganz gefällt werden, weil sie eine Zusatzfunktion als Halterung für Wegmarkierung erfüllen.

Blankenstein, ich befand mich in einer historischen Bergbaugegend.

Den Lohbach entlang nach Lichtenberg hinauf.

Bitteschön: Diabas (es stand ein Schild davor). Ich schmeiß mich immer weg bei den Geologie-Erklärungen auf Wikipedia, die aus lauter Begriffen bestehen, die ich auch erstmal erklärt bräuchte.

Oben: Lichtenberg.

Mit Aussicht.

Der Ort Lichtenberg selbst ist auch sehr schmuck.

Die letzte Stunde der Wanderung ging ich direkt gegen die herbstlich tiefe Sonne und guckte eher auf den Meter Boden vor mir.

Nach Bad Steben kam ich aus einem ungewohnten Winkel zurück.

Wenn schon, denn schon: Abschließender Abstecher zum Humboldthaus.

Das waren dann 25 Kilometer in sechseinhalb Stunden mit einer kleinen und einer großen Pause. Dann doch anstrengend, zumal die Strecke einige knackige Auf- und Abstiege verlangt hatte. Wenn man am Ende einer Wanderung aus Sicherheitsgründen noch fit genug für eine weitere Stunde sein soll – hätte ich das gestern nur mit ordentlichem Zusammennehmen hinbekommen.

Die Haustür öffnete ich wieder in einen Kühlschrank, schlüpfte umgehend in mein Sweatshirt. Und jetzt entfernte ich auch die Duftbombe aus der Kloschüssel, die mittlerweile den Gesamtgeruch dominierte, und sicherte sie in einer Tüte auf der Terrasse (muss ich ja vor Auszug alles re-installieren). Ich kalkuliere durchaus die Möglichkeit ein, dass ich mich lediglich anstelle und eine Prinzessin-auf-der-Erbse-Nase habe, denn schließlich sehe ich doch an der Fernsehwerbung, dass künstliche Wohnungsbeduftung Mainstream ist.

Als Abendessen wünschte ich mir Schäufele, wenn schon Franken (auch wenn ich weiterhin verdorben bin durch das selbst gemachte Schäufele aus fränkischer Freundeshand). Was sich bei der Recherche als gar nicht so einfach herausstellte, das Lokal sollte ja fußläufig sein: Die seriöse Gastronomie hier ist vor allem italienisch, das Wirtshaus, in dem ich vor vier Jahren Schäufele gegessen hatte (so lala), gibt es nicht mehr, viele Gasthäuser öffnen unter Woche nicht. Laut deren Website servierte aber das Restaurant des Hotels Panorama das Gericht, nach einer Stunde Ausruhen spazierte ich dort hin.

Das Schäufele war sogar besonders gut: Zartes, saftiges Fleisch, resch-leichte Kruste (über Beilagen und Sauce reden wir einfach nicht). Dazu gab es ein besonders gutes alkoholfreies Weißbier. Um mich herum wenig Gäste, fast durchwegs Halbpension des Hotels.

Zurück in der Ferienwohnung passte nur noch wenig Schokolade zum Nachtisch rein.

Respekt: Der Heizlüfter tat seinen Job wirklich gut, ich schaltete ihn nur zweimal für wenige Minuten an, das reichte und ich brauchte keine Flauschdecke um die Schultern.

§

Auf instagram gesehen, dass es Rachel Roddys A to Z of Pasta jetzt auch auf Deutsch gibt:
Pasta von Alfabeto bis Ziti.
(Wenn Ulrike Becker die Übersetzung nicht verkackt hat: Empfehlung.)

Journal Mittwoch, 20. September 2023 – Oktoberfestflucht: Frankenwald-Steigla Grenzer-Weg mit verschwindendem Frankenwald

Donnerstag, 21. September 2023

Nachtschlaf ganz ok, ich verstopfte irgendwann dann doch meine Ohren, weil mich bei aller Draußen-Ruhe die Hausgeräusche nervten und sich in meine Träume schlichen (vermutlich müsste ich mir Schlaf ohne Ohropax erst wieder mühsam antrainieren). Irritierend beim Einschlafen ein weiterer künstlicher Duft, wahrscheinlich ein weiterer Weichspüler in den Bettüberzügen, ich imaginierte sogar eine Minz-Note.

Nach gemütlichem Morgen mit Bloggen, Milchkaffee, Internetlesen war ich um zehn startklar. Wetter wie angekündigt sonnig und immer wärmer.

Externe Wasserflasche, weil ich diesmal ja allein unterwegs war und niemanden regelmäßig bitten konnte, mir die Flasche in der Seitentasche des Rucksacks zu reichen. Und nicht ständig den Rucksack abnehmen wollte.

Vertrauter Anblick in Bad Steben.

Ich hatte mir für gestern den Frankenwald-Steigla Grenzer-Weg ausgesucht, stellte unterwegs fest, dass ich zumindest Teile davon vor vier Jahren schonmal gegangen sein musste. (Check ergab: Richtig, genau den war ich mit Herrn Kaltmamsell bei seinem Besuch gewandert.) Das Wetter war wundervoll, schon bald legte ich meine Wanderjacke ab und ging in kurzen Ärmeln.

Der Start der Strecke lag im Bad Stebener Ortsteil Carlsgrün, zu dem ich eine halbe Stunde spazierte. Schon jetzt zeigte mir der Ausblick auf die Gegend, in der ich wandern würde, dass auch der Frankenwald heftig unter Borkenkäfer und Trockenheit gelitten hatte – nicht ganz bis zur Mondlandschaft, die ich im Harz gesehen hatte, aber die reinen Nadelwaldabschnitte sahen schlimm aus.

Auf der gesamten Strecke begegnete ich weder Wanders- noch Radelleuten (nur einmal sah ich zwei Wanderer weit hinter mir, doch die folgten wohl einem anderen Weg), die einzigen Menschen waren Waldarbeiter, die tote Bäume fällten, schnitten, stapelten, transportierten – das allerdings an vielen Stellen.

Am Anfang der Route sah ich oft Vögel auffliegen, an deren markanten Farben ich zumindest festmachen konnte, dass ich sie nicht kannte. Später hörte ich ein paar Mal Mäusebussarde und sah sie auch am Himmel kreisen. Viele Eichelhäher waren unterwegs.

Eine Nacht in der Garderobe mit Kunstpfirsich-Beduftung hatten gereicht, um meine Wanderkleidung durchzuriechen: Zwischen dem Geruch des Springkrauts, der Sonne auf dem Weg oder der Rinde frisch gefällter Bäume stieg mir immer wieder eine Pfirsichnote in die Nase. Ich musste dringend alle Kunstduftquellen in der Wohnung wegbringen.

Gerade am Anfang der Strecke war ich dankbar für den GPS-Track, den ich mir aufs Smartphone geladen hatte, denn die Wegmarken der Beschreibung (Sportplatz, Bächlein) hatten nichts mit dem ausgeschilderten Weg zu tun. Außerdem war der Wald oft nicht mehr da, von dem in den Beschreibungen die Rede war. Die Ausschilderung war den größten Teil der Strecke sehr hilfreich, doch eben bei den Zweifelsfällen konnte ich den GPS-Track zu Hilfe nehmen.

Hinunter an die Muschwitz.

Nach zwei Stunden die erste Pause. Ich hatte in meiner Wander-Thermoskanne Milchkaffee dabei – und stellte fest, dass der mich nicht freute.

Im Wald kurz vor Schlegel – mit zeitgenössischem Hinweis.

Der Baum hat das Schild weitergefressen, siehe vor vier Jahren.

Im Ort Schlegel fiel mir diese ChrysanthemenDahlien-Pracht auf. Dahinter saß ein Mann, der meinen Blick auffing und mit dem ich ins Gespräch kam (spätestens an seinem Dialekt wurde mir bewusst, dass ich jetzt in Thüringen war).

Auf den Marienberg.

Blick auf Seibis – und weiteren Ex-Wald.

Zurück entlang der Muschwitz.

Kurz nach zwei machte ich in diesem Häusl an der Krötenmühle Brotzeit: eine Nektarine, Pumpernickel mit Frischkäse. War wohl zu viel, ich fühlte mich überfressen und sehr müde.

Von dort war es aber nicht mal mehr eine Stunde Wanderung. Insgesamt gemessene 19 Kilometer in fünfeinhalb Stunden mit zwei Pausen. Abschließend machte ich einen Abstecher in den Edeka, Roibuschteekauf.

Bei der Rückkehr in die kalte Wohnung gleich mal in dicke Socken und Sweatshirt geschlüpft, um leicht schweißfeucht nicht zu frieren. Doch ich konnte mich sogar noch ein halbes Stündchen auf die kleine Terrasse der Ferienwohnung in die wärmende Sonne setzen. Auf die Terrasse stellte ich auch die Kunstpfirsich-Geruchsbombe aus der Garderobe.

Als die Sonne von der Terrasse verschwand, nutzte ich meine Wander-Thermoskanne für heißen Tee, Wärmen funktionierte damit hervorragend.

Eine Runde Yoga-Gymnastik. Zum Nachtmahl gab’s Tomaten, Gurke, Paprika, Knoblauch mit Joghurt, frisch gekochte Nudeln untergemischt.

Was auf keinen Fall Nudelsalat war, denn Nudelsalat mag ich ja nicht. Nachtisch Schokolade.

Abendunterhaltung waren zwei weitere Folgen This is going to hurt, Freude über das Wiedersehen mit Harriet Walter, die sich mir als Fanny Ferrars Dashwood in der Sense and Sensibility-Verfilmung von 1995 unvergesslich gemacht hatte. Hier spielt sie die Mutter der Hauptfigur.

Journal Samstag, 16. September 2023 – Ausflug nach Landsberg: Der Keiler und ich

Sonntag, 17. September 2023

Paarmal war ich nachts aufgewacht, schlief nach Herablassen des Rollladens aber bis nach sieben. Das Wetter draußen durch und durch sonnig, aber morgenkalt.

Herr Kaltmamsell war am Freitag auf einem Betriebausflug nach Landsberg und ins dortige Wildgehege gekommen. Das hatte ihm mit seinen omnipräsenten Rehen und Hirschen so gut gefallen (Beweisstück ein Gruppenfoto mit Kolleg*innen, in dessen Hintergrund nur wenige Meter entfernt ohne Zaun gemütlich ein Reh graste), dazu eine Suhle voller Wildschweine samt Frischlingen, dass er es mir zeigen wollte: Er schlug diesen Spaziergang als Samstagsunternehmung vor. Also ließ ich meine Laufpläne möglichst weit weg vom Oktoberfestausbruch fahren und fuhr mit ihm nach Landsberg – ebenfalls schön weit weg vom Oktoberfest.

Wir gingen gegen den Strom von Bayern-Cosplayer*innen in Billigstverkleidung zum Bahnhof, mit einmal Umsteigen in Kaufering kamen wir problemlos und pünktlich nach Landsberg – das sich gleich beim Einbiegen von der Bahnhofsstraße in schönster Pracht zeigte.

Rätselhafte Übersetzung ins Englische – ein hochspezieller Fachterminus oder einfach der nächstbeste Begriff aus dem Wörterbuch?

Wir bogen in den Lechweg gen Süden und Richtung Wildgehege. Vom zugehörigen Parkplatz strömten allerdings so viele Familien mit Hunden und lauten Kindern, dass Herr Kaltmamsell alle Hoffnung auf gelassene Reh- oder Hirschbegegnungen fahren ließ.

Doch wir genossen die herrliche Spätsommersonne, das Licht durch Mischwald. Die vielen Familien verstreuten sich nach einer Weile, und am Wildschweingehege kamen wir dann doch auf unsere Kosten.

Von Herrn Kaltmamsell eine Aufnahme: Der Keiler und ich.

Im weiteren Verlauf des Spaziergangs wurden die Wege noch ruhiger – und ich bekam mein erstes Reh zu sehen.

Herr Kaltmamsell steuerte die Wirtschaft Teufelsküche an; mit Blick auf den Lech, hier übrraschend weitläufig, bekam ich meinen Mittagscappuccino. (Das ebenfalls bestellte alkoholfreie Weißbier gegen Durst allerdings nicht – wir waren mitten in die Mittagessenszeit geraten, es war viel los, da geht schon mal was durcheinander.)

Ein Blick auf mein Smartphone zeigte, dass mehrfach dieselbe unbekannten Nummer angerufen hatte. Ich erwartete keinen Anruf (Arzt, Friseur, Spedition), schon gar nicht am Wochenende, da musste sich jemand verwählt haben. Aber offensichtlich handelte es sich um ein dringendes Anliegen, also rief ich zurück um Bescheid zu geben. Es meldete sich jemand sehr erleichtert, “dass wir endlich zusammenkommen”, doch der Name sagte mir nichts. Nach einer Weile (in solch einem Fall weigere ich mich, meinen Namen zu nennen) stellte sich heraus: Das war die Vermieterin meiner Ferienwohnung für den Wanderurlaub, die auf diesem Weg meine Ankunftszeit nächste Woche erfahren wollte. Ich vertröstete sie auf eine E-Mail nach Möglichkeit, diese Zeit nachzuschlagen (“ich bin unterwegs” – d’uh!), wehrte Ansinnen ab, mich am Bahnhof abzuholen (meine Recherchen hatten zehn Minuten Fußweg ergeben).

Was für eine Aufregung, zumal ich mich gleich im Anschluss grämte, weil ich so unfreundlich gewesen war. Es wird Zeit, zumindest an meinem privaten Handy die Anrufbeantworter-Ansage meiner Träume einzurichten: “Bitte legen Sie auf und schreiben Sie mir eine Nachricht.”

Wir waren noch nicht ausspaziert, die Sonne schien weiter aufs Herrlichste und mittlerweile auch sommerlich heiß. Also gingen wir noch den Lech-Zufluss Teufelsküche hoch, oben weiter bis zum nächsten Ort Pöring.

Auf dem Lech mehrere Dutzend Schwäne, die hin und wieder auch flogen.

Schloss Pöring mit leider geschlossener Schlosskirche Maria von der Versöhnung (da frage ich mich ja schon: Was hatte sie denn ausgefressen?) (und ob es wohl den spanischen Frauennamen Maria del Reconcilio gibt? “Reco” gerufen?).

Schloss von unten, denn jetzt gingen wir hinunter an den Lech und zunächst dort entlang zurück nach Landsberg, machten aber wieder die Schleife übers Wildgehege – und diesmal begegneten wir vielen Rehen.

Bis zur Rückfahrt des Zugs war noch Zeit für ein bisschen Umschaun in Landsberg, Herr Kaltmamsell gab weiter, was er am Vortag über das Städtchen erfahren hatte.

Es herrschte eine sympathische und sehr lebendige Atmosphäre, besonders gefiel mir das Leben am Fluss – ich bin ja in Ingolstadt mit einem ausgegrenzten Fluss großgeworden, habe studiert in einer Stadt, die sogar zwei Flüsse nicht wirklich ins Leben einbindet, nämlich Augsburg.

Beim Warten auf die Rückfahrt aß ich um halb vier dann doch mal was, auch wenn ich weiter keinen Appetit hatte, nämlich einen mitgebrachten Apfel (aber sicher bin ich essgestört, allerdings nur minimal mehr als die Mehrheit unserer Gesellschaft). Reibungslose Heimreise mit einmal Umsteigen, wir trafen in München noch vor größeren Oktoberfestausschreitungen ein.

Zeitunglesen auf dem Balkon, eine Runde Yoga-Gymnastik, erstmals Ansetzen der legendären Frühstücksbrötchen von @melaniegywer.

Während Herr Kaltmamsell den ersten Ernteanteil-Blumenkohl der Saison in ein sahniges Curry verwandelte, machte ich uns als Aperitif Gin Tonics.

Im Hintergrund Oktoberfest-Rückkehrende.

Das Curry schmeckte mir gut, auch wenn Aloo Gobi mein Favorit bleibt. Dazu ein geschenkter Rosé-Winzersekt, der mir mit Rosenparfum und Himbeerkaugummi zu künstlich schmeckte. Zum Nachtisch probierte ich endlich den Zwetschgenkuchen.

Gut! Und Schokolade.

Im Bett Endspurt des Besoffen-Buchs von Eva Biringer. Sie schildert, wie viele negative Charaktereigenschaften an ihr verschwanden, als sie nüchtern wurde – die ich fast durchwegs an mir wiedererkannte, nur dass ich sie leider nicht einfach durch Alkoholaufgabe ausschalten kann.