Journal Mittwoch, 20. September 2023 – Oktoberfestflucht: Frankenwald-Steigla Grenzer-Weg mit verschwindendem Frankenwald

Donnerstag, 21. September 2023 um 8:37

Nachtschlaf ganz ok, ich verstopfte irgendwann dann doch meine Ohren, weil mich bei aller Draußen-Ruhe die Hausgeräusche nervten und sich in meine Träume schlichen (vermutlich müsste ich mir Schlaf ohne Ohropax erst wieder mühsam antrainieren). Irritierend beim Einschlafen ein weiterer künstlicher Duft, wahrscheinlich ein weiterer Weichspüler in den Bettüberzügen, ich imaginierte sogar eine Minz-Note.

Nach gemütlichem Morgen mit Bloggen, Milchkaffee, Internetlesen war ich um zehn startklar. Wetter wie angekündigt sonnig und immer wärmer.

Externe Wasserflasche, weil ich diesmal ja allein unterwegs war und niemanden regelmäßig bitten konnte, mir die Flasche in der Seitentasche des Rucksacks zu reichen. Und nicht ständig den Rucksack abnehmen wollte.

Vertrauter Anblick in Bad Steben.

Ich hatte mir für gestern den Frankenwald-Steigla Grenzer-Weg ausgesucht, stellte unterwegs fest, dass ich zumindest Teile davon vor vier Jahren schonmal gegangen sein musste. (Check ergab: Richtig, genau den war ich mit Herrn Kaltmamsell bei seinem Besuch gewandert.) Das Wetter war wundervoll, schon bald legte ich meine Wanderjacke ab und ging in kurzen Ärmeln.

Der Start der Strecke lag im Bad Stebener Ortsteil Carlsgrün, zu dem ich eine halbe Stunde spazierte. Schon jetzt zeigte mir der Ausblick auf die Gegend, in der ich wandern würde, dass auch der Frankenwald heftig unter Borkenkäfer und Trockenheit gelitten hatte – nicht ganz bis zur Mondlandschaft, die ich im Harz gesehen hatte, aber die reinen Nadelwaldabschnitte sahen schlimm aus.

Auf der gesamten Strecke begegnete ich weder Wanders- noch Radelleuten (nur einmal sah ich zwei Wanderer weit hinter mir, doch die folgten wohl einem anderen Weg), die einzigen Menschen waren Waldarbeiter, die tote Bäume fällten, schnitten, stapelten, transportierten – das allerdings an vielen Stellen.

Am Anfang der Route sah ich oft Vögel auffliegen, an deren markanten Farben ich zumindest festmachen konnte, dass ich sie nicht kannte. Später hörte ich ein paar Mal Mäusebussarde und sah sie auch am Himmel kreisen. Viele Eichelhäher waren unterwegs.

Eine Nacht in der Garderobe mit Kunstpfirsich-Beduftung hatten gereicht, um meine Wanderkleidung durchzuriechen: Zwischen dem Geruch des Springkrauts, der Sonne auf dem Weg oder der Rinde frisch gefällter Bäume stieg mir immer wieder eine Pfirsichnote in die Nase. Ich musste dringend alle Kunstduftquellen in der Wohnung wegbringen.

Gerade am Anfang der Strecke war ich dankbar für den GPS-Track, den ich mir aufs Smartphone geladen hatte, denn die Wegmarken der Beschreibung (Sportplatz, Bächlein) hatten nichts mit dem ausgeschilderten Weg zu tun. Außerdem war der Wald oft nicht mehr da, von dem in den Beschreibungen die Rede war. Die Ausschilderung war den größten Teil der Strecke sehr hilfreich, doch eben bei den Zweifelsfällen konnte ich den GPS-Track zu Hilfe nehmen.

Hinunter an die Muschwitz.

Nach zwei Stunden die erste Pause. Ich hatte in meiner Wander-Thermoskanne Milchkaffee dabei – und stellte fest, dass der mich nicht freute.

Im Wald kurz vor Schlegel – mit zeitgenössischem Hinweis.

Der Baum hat das Schild weitergefressen, siehe vor vier Jahren.

Im Ort Schlegel fiel mir diese ChrysanthemenDahlien-Pracht auf. Dahinter saß ein Mann, der meinen Blick auffing und mit dem ich ins Gespräch kam (spätestens an seinem Dialekt wurde mir bewusst, dass ich jetzt in Thüringen war).

Auf den Marienberg.

Blick auf Seibis – und weiteren Ex-Wald.

Zurück entlang der Muschwitz.

Kurz nach zwei machte ich in diesem Häusl an der Krötenmühle Brotzeit: eine Nektarine, Pumpernickel mit Frischkäse. War wohl zu viel, ich fühlte mich überfressen und sehr müde.

Von dort war es aber nicht mal mehr eine Stunde Wanderung. Insgesamt gemessene 19 Kilometer in fünfeinhalb Stunden mit zwei Pausen. Abschließend machte ich einen Abstecher in den Edeka, Roibuschteekauf.

Bei der Rückkehr in die kalte Wohnung gleich mal in dicke Socken und Sweatshirt geschlüpft, um leicht schweißfeucht nicht zu frieren. Doch ich konnte mich sogar noch ein halbes Stündchen auf die kleine Terrasse der Ferienwohnung in die wärmende Sonne setzen. Auf die Terrasse stellte ich auch die Kunstpfirsich-Geruchsbombe aus der Garderobe.

Als die Sonne von der Terrasse verschwand, nutzte ich meine Wander-Thermoskanne für heißen Tee, Wärmen funktionierte damit hervorragend.

Eine Runde Yoga-Gymnastik. Zum Nachtmahl gab’s Tomaten, Gurke, Paprika, Knoblauch mit Joghurt, frisch gekochte Nudeln untergemischt.

Was auf keinen Fall Nudelsalat war, denn Nudelsalat mag ich ja nicht. Nachtisch Schokolade.

Abendunterhaltung waren zwei weitere Folgen This is going to hurt, Freude über das Wiedersehen mit Harriet Walter, die sich mir als Fanny Ferrars Dashwood in der Sense and Sensibility-Verfilmung von 1995 unvergesslich gemacht hatte. Hier spielt sie die Mutter der Hauptfigur.

die Kaltmamsell

13 Kommentare zu „Journal Mittwoch, 20. September 2023 – Oktoberfestflucht: Frankenwald-Steigla Grenzer-Weg mit verschwindendem Frankenwald“

  1. Friederike meint:

    Sieht die „Chrysanthemen-Pracht“ nicht doch eher nach Dahlien aus?
    Schönen Uralub weiterhin!

  2. die Kaltmamsell meint:

    DAHLIEN! Natürlich, Friederike, ich kam ums Verrecken nicht drauf, wie die andere Herbstblumen heißen, die nicht Astern sind.

  3. Friederike meint:

    ;-)
    Und das, wo die Bezeichnung doch viel einfacher ist …

  4. Claudia meint:

    Achtung bei den Duftgerätschaften. Es gibt recht unscheinbare die nur auf Bewegung reagieren, d.h. sobald Bewegung wahrgenommen wird, wird gesprayt

  5. Jenny meint:

    Ich hasse diese Beduftung auch. In einer Ferienwohnung war die Hauptquelle ein Duftding in der Steckdose.

  6. Stephanie meint:

    Hallo, danke für den Tipp mit der Serie! Die ist wirklich sehenswert.
    Ich habe schon Schnott und Wasser geweint. Viele Grüße und einen schönen Urlaub noch!

  7. Lempel meint:

    Ich weiß nicht, ob Sie auch ohne Herrn Kaltmamsell Lust auf gute Küche haben, aber ich möchte Ihnen für eine Einkehr die Harmonie in Lichtenberg ans Herz legen: https://www.harmonie-lichtenberg.de/speisekarte.html
    Einfach, aber sehr gut und regionale Küche:
    http://www.gasthof-adelskammer.de

  8. Rainer meint:

    Falls der Weg an Lauenstein vorbei führt, unbedingt die Seele mit den Lauensteiner Pralinen aus dem Werksverkauf streicheln lassen!!!
    Viel Spaß!

  9. Joriste meint:

    Seit fast drei Jahrzehnten liebe ich das Internet der Menschen genau für solche Momente: durch Zufall Gewissheit und Erleichterung darüber erlangen zu dürfen, dass ich doch nicht die einzige bin, die in Ferienwohnungen erstmal das Duftzeugs auf den Balkon bringt.
    Danke

  10. Sabine meint:

    Ich finde Threads wie diesen interessant zum Thema des vom Borkenkäfer vernichteten Fichtenforsts im Harz, das dürfte für den Frankenwald ähnlich sein.

  11. die Kaltmamsell meint:

    Den Hintergrund kenne ich, Sabine, bezweifle aber im Gegensatz zu @Lotus_edulis (“es wird sehr sicher was besseres entstehen”), dass die (schlicht erschütternd aussehenden) Flächen jetzt automatisch bodenfreundlich, Klimawandel-angemessen und nachhaltig bepflanzt werden: Die Fläche ist ein Wirtschaftsfaktor, sollte früher schon in erster Linie Gewinn abwerfen, soll das jetzt auch. Wie wär’s mit einem lukrativen Solarpark darauf?

  12. lihabiboun meint:

    Verehrte Kaltmamsell, vielen Dank fürs Mitnehmen!

    @lempel: Ohhhh, das sieht fein aus, die Harmonie! Und so mit dem Deutschlandticket ….. Danke für den Tip in meiner oberfränkischen Heimat! ;-)

  13. Markus Kolbeck meint:

    Herrlich, eine neue Arztserie! THX!

    Ich kann im Gegenzug auf zwei hinweisen, die ich sehr mochte:

    1. “The Knick”, zeigt die Ära der medizinischen Entdeckungen und Fortschritte vor 100 Jahren.
    2. “The New Nurses”, dänische KH-Serie, die in den 50er Jahren spielt und u.a. den Einzug männlicher Fachkräfte in die Pflege zeigt.

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