Wandern

Journal Montag, 19. September 2022 – San Sebastián 4: Wandern auf den Biozkorna-Pass

Dienstag, 20. September 2022

Zu unseren Plänen für den Baskenland-Urlaub gehörte unbedingt Wandern, wir hatte die Ausrüstung dabei. Außerdem hatte ich den Rother-Wanderführer Baskenland durchgearbeitet nach Touren, die man mit Öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen kann, vier davon ausgesucht und Herrn Kaltmamsell am Sonntag vorgestellt. Er entschied sich als erste für die anspruchsvollste Tour mit 750 Höhenmetern: Eine Rundwanderung über den Pass von Biozkorna, Start am Bahnhof von Brinkola.

Ich war extra früh aufgestanden, um den Blogpost über den Sonntag fertigzustellen, hatte aber unterschätzt, wie voll der Tag gewesen war, und geriet dennoch in Eile. An den Bahnhof kamen wir auch so früh genug, um unterwegs und dort noch Brotzeit zu besorgen (Äpfel, Empanada de atún) – und nach vergeblichen Versuchen, mit dem QR-Code der vortags per App gekauften Tickets auf meinem Handy-Bildschirm zu den Gleisen zu gelangen, das Personal um Hilfe zu bitten. Stellte sich heraus, dass der QR-Code lediglich dazu dient, am Fahrkarten-Automaten Tickets aus Papier ausgeben zu lassen: Sie erst haben den Magnetstreifen, der die Türen zu den Gleisen freigibt (Personal sehr nett).

Foto: Herr Kaltmamsell.

Mit neuer Wanderhose, die überm Po zwei Gummischlaufen für das Verräumen der Wanderjacke hat: Erwiesen sich tatsächlich als sehr praktisch, die Jacke benötigte ich nämlich letztendlich nicht.

Der Pendlerzug brauchte für die 44 Kilometer nach Brinkola regulär 75 Minuten, weil er unterwegs sehr, sehr oft hielt – aber wir sind ja im Urlaub und guckten viel aus dem Fenster. (Maskendisziplin im Zug bei fast 100 Prozent, auf der Rückfahrt stiegen auch mal zwei Seguridad-Herren zu und kontrollierten).

An der Endstation Brinkola waren wir mit einer weiteren die letzten Fahrgäste. Der Bahnhof besteht aus lediglich einem Durchgang und verfügt nicht mal über einen Fahrkartenautomaten. So einsam sollte es über die ganze Wanderung bleiben: Wir begegneten nur am Anfang einmal weiteren Wanderern, außerdem dreimal Geländeradlern – das war’s, herrlich. Und das Wetter tat uns mit Sonne und lediglich milder Wärme den Gefallen, ideal zu sein.

Die Wanderung selbst erwies sich als wunderschön. Der Aufstieg bot die angekündigten atemberaubenden Aussichten, je höher, desto weiter. Wir sahen Tiere, verschiedene Landschaften von Wiesen über Mischwald bis Nadelwald, dann Gebirgiges, glucksende Bachläufe, alte Häuser. Apropos Tiere: In der Wegbeschreibung war mehrfach von Almen die Rede, wir hörten auch schon bald Kuhglocken. Doch die zugehörigen Tiere erwiesen sich als kleine Pferde, die wir überall in den Wäldern und bis ganz oben auf dem Pass von Biozkorna antrafen. Geboten bekamen wir zudem neben Schafen auch Eidechsen, in der Luft auf den Thermiken Greifvögel, darunter ziemlich sicher auch Geier.

Der Aufstieg war hervorragend markiert. Wir brauchten die Beschreibung aus dem Rother-Wanderbüchl nur, um Sehenswertes nicht zu verpassen (wobei die Reihenfolge auch mal von der tatsächlichen abwich). Doch auf den ersten anderthalb Stunden des Abstiegs wären wir ohne die GPS-Daten, die der Rother-Verlag zum Download bereitstellt, aufgeschmissen gewesen: Es gab keinerlei Markierungen, die Beschreibung war mehr als vage, und alle paar Minuten verzweigte der Weg und erforderte eine Entscheidung. (Aufgabenteilung: Wanderbüchl ich, GPS-Track Herr Kaltmamsell.)

Brinkola.

Der kleine Stausee Barrendiola, den man von oben gut sieht.

Von Weitem sagte ich noch: “Schau mal, ein Gerippe. Mal sehen, von welchem Tier es ist.” Und hielt das für einen Scherz, da ich irgendein Maschinenteil erwartete. Beim Näherkommen stellte sich heraus: Tatsächlich ein Gerippe, und zwar von einem Rind. Einen Tierkadaver von dieser Größe mitten auf dem markierten Wanderweg mitten im Wald hatte ich wirklich nicht erwartet. Er roch auch deutlich.

Die Kuhglockenträger.

Pause machten wir nach zweieinhalb Stunden Wanderung, nämlich auf dem höchsten Punkt, dem Pass. (Was unaufmerksam von mir war, mein Mitwanderer wäre eigentlich bei diesem teilweise recht steilen Aufstieg schon vorher pausenbedürftig gewesen. Was ich erst am Sinken seiner Laune merkte.)

Im Windschutz eines Felsens gab es Apfel und Empanada, beides sehr wohlschmeckend.

Übrigens hier ein Tipp: Wenn Sie auf einem hohen baskischen Berg niedrig wachsende Minze sehen: Nicht die Blättchen herzhaft zwischen den Fingern zerreiben, sind Brennnesseln. #fürSiegetestet

Kurz vor Brinkola kamen wir durch eine kleine Siedlung mit restaurierten und beschilderten Häusern: Eine ehemalige Schmiede.

Am Bahnhof Brinkola mussten wir 40 Minuten auf den nächsten Zug zurück warten, doch wir waren beide erschöpft genug, dass Sitzen schon mal gut tat: In knapp sechs Stunden waren wir 17 bergige Kilometer gewandert, mit einer ausführlichen Pause.

Als Nachtmahl entschieden wir uns für Ferienwohnungsessen. In San Sebastián kauften wir im Supermarkt des Mercado San Martín ein, und so gab es dann baskischen Käse, Tomatensalat (nachgereift vom samstäglichen Markteinkauf) mit Zwiebel (so gut!), Maisbrot (leider enttäuschend), Rotwein extremeño vorm Fernseher.

Nachtisch: Restliche Geburtstagstorte, Schokolade.

Fernsehen war sehr interessant. Zum Beispiel weil der Schwerpunkt der Nachrichten gestern der Jahrestag des Vulkanausbruchs auf La Palma war. Hauptproblem sind demnach die giftigen Gase, die immer noch verhindern, dass viele in ihre Häuser zurückkehren können – und die befragte Vulkanologin erklärte, dass es für diesen Fall einfach noch keine Erfahrungswerte gibt, die Prognosen ermöglichen würden. Zweitwichtigste Meldung: Die spanische Basketball-Männermannschaft hat die Europameisterschaft gewonnen. Berichterstattung über die gestrige Bestattung von Queen Isabel II gab es schon auch, Hauptaugenmerk allerdings darauf, dass der amtierende spanische König Felipe VI direkt neben dem emeritierten Juan Carlos saß, sie wohl ein erstes Mal nach über zwei Jahren zusammen zu sehen waren, dass also das britische Protokoll eingehalten wurde.

Journal Sonntag, 28. August 2022 – Wandern von Herrsching nach Tutzing, vom Regen in die Sonne

Montag, 29. August 2022

Unruhige Nacht, aber nach den vielen guten steckte ich die problemlos weg.

Draußen regnete es. Wir hatten eine Wanderung geplant und waren uns einig, dass die auch bei Regen sehr gut funktionierte: mal wieder vom Ammersee zum Starnberger See. Angekündigt war eh nur leichter Regen, wir besitzen beide eine superduper Wanderjacke, kalt war es auch nicht, also los.

Die Anfahrt nach Herrsching war wegen Stammstreckensperrung (wie an praktisch jedem Wochenende wegen Bauarbeiten – irgendwann müssen sie halt gemacht werden) ein bisschen kompliziert: Eine knallvolle Regionalbahn brachte uns nach Pasing, von dort ging die nur locker besetzte S-Bahn nach Herrsching – dauerte insgesamt halt 20 Minuten länger.

Wie erwartet regnete es in Herrsching leicht. Erst mal sprühte ich mich sehr, sehr gründlich mit Anti-Mückenmittel ein: Auf dieser Wanderung in Gegenrichtung war ich im Jahr zuvor so fürchterlich zerstochen worden wie noch nie im Leben. Auf dem Weg zum See holten wir uns in der Bäckerei Kasprowicz Brotzeit – an den beiden Bäckereien im Münchner Hauptbahnhof (nur zwei wegen Bahnhofumbau, das wird noch Jahre so bleiben) hatten mehr als zehn Meter lange Schlangen gestanden.

Nach dem ersten Stück entlang dem Ammersee ging es links hoch in den Erlinger Forst. Regen mal etwas mehr, mal etwas weniger – nie störend. Schon jetzt zeigte sich der Nebeneffekt des Wetters: Keine Radler*innen, vor allem keine E-Bikes. Auf der gesamten Wanderung mussten wir nur zweimal den Weg mit entgegenkommenden Radwander-Gruppen teilen.

Dafür sahen und hörten wir besonders viele Vögel. Möglicherweise sah ich meine erste Goldammer: ein brauner Vogel mit quietschgelbem Kopf verschwand neben mir im Gebüsch. Außerdem: Ein startender Bussard, zwei rufende im Flug am Himmel, Eichelhäher, Schwalben, Kühe, Damwild, aber auch zweimal wilde Rehe am Waldrand, auf dem Weg Schnecken, darunter mehrfach leuchtend orange Nacktschnecken, die ich fire slugs taufte. Flora: Mit sinkendem Herzen sah ich die ersten Herbstzeitlosen, mit Vergnügen naschte ich Brombeeren, auffallenderweise sahen wir nahezu keine Pilze – es war bislang zu trocken dafür.

Zum Kloster Andechs wanderten wir nicht hoch – wir kennen es ja schon und hatten weder so früh Lust auf Rast, noch würde sich im Regen die Aussicht lohnen. Statt dessen drehten wir eine ausführliche Runde durchs schöne Erling am Fuß des Klosterbergs.

Weiter über die baumarmen Weiten Richtung Machtlfing. Ich genoss das Gehen sehr – aus irgendeinem Grund gingen wir ausgesprochen flott, ich musste uns immer wieder bremsen, schließlich wollten wir ja nicht komplett erschöpft in Tutzing ankommen.

Hier machten wir nach zweieinhalb Stunden Brotzeit. Ich aß Äpfel und eine ganz hervorragende Mohnschnecke. Der Regen war versiegt, ab jetzt wurde es immer heller.

Durch den Kerschlacher Forst nach Gut Kerschlach.

Hier war die sonst komplett zugeparkte Stange rechts Radl-frei. Wir hatten gerade erst Brotzeit gemacht, deshalb auch hier kein Stopp.

Jetzt kam sogar die Sonne heraus. Ein schwieriger Abschnitt war bei jeder unsere Wanderungen zwischen den Seen das Passieren der Deixelfurter Seen. Diesmal fand Herr Kaltmamsell eine sehr schöne Route – nur für das Kreuzen einer Siedlung brauchen wir noch eine Alternative: Beim Verlassen sahen wir an Schildern, dass die Leute, die dort wohnen, das eigentlich nicht möchten.

Wegen dieser abschließenden Aussicht hatte ich diesmal die Richtung Starnberger See gewählt.

Am Tutzinger Bahnhof mussten wir nur kurz auf einen Zug warten.

Auch diese Regionalbahn war sehr voll, aber wir standen mit bequem Platz um uns rum. In gut fünfeinhalb Stunden waren mit mit einer Pause etwa 21 Kilometer gewandert.

Daheim gab’s zum Nachtmahl Reste vom Vorabend (ein wenig Ochsenbackerl mit reichlich Colcannon, Tomaten-Pfirsich-Salat, Flan mit Himbeersauce) sowie Schokolade.

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Seit ich als Teenager dieses ikonische Foto von ihr sah, von der Schönheit gefangen wurde und nicht fassen konnte, dass das eine junge Frau in den 1920er war, faszinierte mich der Stummfilm-Star Louise Brooks. Der New Yorker hat derzeit ein sehr, sehr langes Portrait dieser ungewöhnlichen Person und ihrer Filme freigeschaltet, geschrieben 1979 von Kenneth Tynan, der Brooks auch als 71-Jährige interviewte:
“Louise Brooks tells all”.

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Croco hat eine großartige Tiktok-Liste zu den Filmfestspielen in Cannes zusammengestellt, Thema Kleider aus Autos puhlen:
“Tüll und Wally”.
(DAS LILANE! Das war doch mal ein Wurfzelt?)

Journal Samstag, 30. Juli 2022 – Verkatert am Tegernsee, Pimm’s Trifle

Sonntag, 31. Juli 2022

Ja, das war ein astreiner Kater gestern Morgen, ich büßte ordentlich für den zu vielen Alkohol am Freitagabend. Aspirin und Milchkaffee zum Bloggen, es war zu kühl zum Draußensitzen.

Fürs Abendessen machte ich Kartoffelsalat, auf das Pimm’s Trifle kam die nächste Schicht (custard, wir hatten sogar Bird’s im Haus).

Herr Kaltmamsell und ich hatten eine Wanderung geplant, in Anbetracht unseres körperlichen Zustands (er war auch nicht besser beinander als ich) entschieden wir uns für eine kurze Strecke: den Tegernseer Höhenweg, den wir schon mal im Januar gegangen waren. Bis ich nach Duschen und Packen bereit zum Aufbruch war, ging es mir zum Glück deutlich besser.

Auf dem Weg zum Bahnhof kaufte ich uns Brotzeit. Im Zug zum Tegernsee hatte ich 9-Euro-Ticket-Menschenmengen befürchtet, doch die Wagen war nur licht besetzt. Auch in Tegernsee selbst keine Touristenscharen, die ich in der Hochsaison erwartet hatte.

Beim Bahnhof setzten wir uns zu einem zweiten Morgenkaffee (um eins), dann begannen wir noch im Ort den Aufstieg.

Weil ich wusste, dass wir hier den schönsten Ausblick hatten, setzten wir uns bereits kurz darauf zur Brotzeit. Ich aß Aprikosen und eine Nussschnecke. Und dachte umsummt von Wespen daran, die Schicht Insektenspray aufzulegen, die ich daheim vergessen hatte.

Gemütliches Wandern über und um Rottach-Egern herum, wir begegneten auch nicht mehr Wandervolk als im Januar. Herr Kaltmamsell schnaufte etwas mehr als sonst, meine Wanderfreude wurde ein wenig durch Rückenschmerzen gemindert – ganz fit waren wir halt nicht.

Auch wenn sich immer wieder bedrohliche schwarze Wolkenberge türmten, blieb das Wetter stabil und angenehm. Erst in Rottach-Egern wurden wir ganz kurz leicht angeregnet.

Nach guten drei Stunden gelangten wir wieder an den Bahnhof Tegernsee. Auf der Rückfahrt (auch hier nicht viel los) holte mich der Kater nochmal ein, ich schlief eine halbe Stunde tief. Bei Ankunft in München seltenes Gelüst auf Steckerleis, ich holte mir am Kiosk eines mit Salzkaramell innen und Schoko-Nuss-Ummantelung.

Fürs Abendessen war ja ich zuständig. Ich bereitete den Teig für Fleischpflanzerl vor, schrieb diesmal mein Standard-Rezept im Blog auf. Vor dem eigentlichen Braten hatte ich noch Zeit für eine kurze Runde Yoga, die erwartungsgemäß gut tat.

Dazu allerdings nicht wie geplant den Pittnauer Rosé Dogma Natural Wine, weil ich eigenartigerweise ü-ber-haupt keine Lust auf Alkohol hatte.

Zum Nachtisch das Pimm’s Trifle, das als letzte Schicht gesüßte Schlagsahne bekommen hatte.

Wir stellten fest: Ja, das kann man sehr gut machen! Also dieses Grundrezept, Sherry durch Pimm’s ersetzen, Dosenobst durch frische Aprikosen/Nektarine/Orange/Birne/Erdbeeren, angereichert durch ein Stückchen Gurke in Würfelchen und ein Dutzend Minzblätter.

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Kate Bush hatte gestern Geburtstag – und wieder tanzten Menschen auf der ganzen Welt für sie. Als Kate Bush verkleidet. Zum Beispiel in Sydney, aber auch sonst überall auf der Welt. (So schön! Auch wenn meine Lieblingsversion die vom Ukulele Orchestra of Great Britain bleibt.)

Journal Samstag, 14. Mai 2022 – Isar-/Loisachtalwandern in Maien-Idyll

Sonntag, 15. Mai 2022

Bis fast acht geschlafen, und das auch mit nur wenigen Unterbrechungen – super.

Draußen entwickelte sich wunderbares Wetter – auch das super, weil Herr Kaltmamsell den Tag für eine Wanderung hatte freinehmen können.

Erst mal gemütliches Bloggen und Morgenkaffee, Wäschewaschen, Telefonat mit meiner Mutter.

Ich ging eine schnelle Runde Einkaufen (u.a. Spargel und Erdbeeren für Sonntag, Brotzeit), dann zogen wir los. Eigentlich hatten wir mal wieder vom Starnberger See an den Ammersee wandern wollen, doch wegen Stammstreckensperrung der S-Bahn hätten sich An- und Abreise sehr kompliziert gestaltet. Statt dessen fuhren wir unkompliziert und direkt ab Hauptbahnhof Richtung Wolfratshausen, Wanderung am und im Loisach-/Isartal. Hier waren wir schon oft (zum Beispiel hier beschrieben), diesmal hatte Herr Kaltmamsell eine Erweiterungsschleife um die Loisachmünundung und in der Pupplinger Au recherchiert.

Gegen Sonne und Stechmücken hatte ich mich kräftig gecremt und besprüht, roch wie ein Drogeriemarkt nach Besuch einer Elefantenherde.

Schon die S-Bahnfahrt durch Sonnen-beschienene Maienlandschaft war herrlich. Rapsgelb bekam ich allerdings erst kurz vor Icking zu sehen.

Das Wegstück von Icking durch den Wald ist inzwischen ausgebaut und befestigt: In den Corona-Jahren waren wohl mangels entfernterer Ausflugsziele so viele Menschen durchgekommen, dass das nötig geworden war. Gesten begegneten wir nur sehr wenigen Wanderern oder Radler*innen, vielleicht haben wir jetzt die Wanderwege im S-Bahnbereich wieder mehr für uns.

Ich hatte mich für kurze Wanderhosen und Ärmel entschieden, das stellte sich als genau richtig heraus.

Schlederloh.

Blick auf die Loisachmündung in Frühlingsfarben, hier verlief das letzte Stück unseres Wegs.

Es wurde bereits an vielen Stellen das erste Heu gemacht (hier im Bild der Kreiselheuer, in meinem Hirn spielten Haindling “Mo mah du”).

Vor Dorfen.

Hinter Dorfen, kurz vor der Abzweigung nach links Richtung Wolfratshausen.

Über Wolfratshausen machten wir um halb drei Brotzeit: Ich aß Apfel und Nussschnecke.

Die Loisach in Wolfratshausen. Diese gingen wir wieder ein Stück entlang, doch an der Stelle, an der wir sie sonst zurück kreuzten, gingen wir Richtung Osten und Pupplinger Au / Isartal. Dieser neue Abschnitt stellte sich als besonders reizvoll heraus.

Der Weg mäanderte schmal durch den Auwald und den Bärlauch, links erzähte das Wasser Geschichten, mal mit Gluckern, mal mit Rauschen. Auf dem Weg sahen wir zweimal kleine Blindschleichen, im Wasser Fische.

An der Floßlände Angermeier kreuzten wir die Isar.

Brückenmadonna von Anton Ferstl. Selbst bei solch einer behutsamen Modernisierung griffen die Bürger*innen 1990 umgehend zu den Mistgabeln: Alles was nicht nach Dorfkirche-mit-Zwiebelturm-Holzschnitzerei aussieht, wird hierzulande erbittert bekämpft. (Allerdings nehme ich sehr an, dass auch ein Matthias Grünewald zu Lebzeiten auf solche Reaktionen stieß und fuchteln musste: “KUNST kommt nicht von ‘gefallen’!”)

Vor solchem Uferabbruch warnten Schilder, sie sind typisch für diese Flusslandschaft.

Auf dieser Isarseite gingen wir zurück Richtung Icking.

Weitere Abwechslung in der Landschaft.

Kurz vorm Ickinger Wehr. Vor Rückenkraulen wird gewarnt.

Aus dem Ickinger Wehr.

In Icking gibt es nur ein Wirtshaus. In dem kehrten wir ein.

Wurstsalat und Schweinsbraten (wenn die Wirtshausküchen halt lieber gleich auf Versuche in Kruste verzichten würden, statt unkaubares Hartleder zu produzieren). Ich hatte wieder keine Lust, auf der Rückfahrt dumpf im Kopf zu sein und trank lieber zwei alkoholfreie Weißbiere (Elektrolyte!).

In München holten wir uns auf dem Heimweg vom Bahnhof Nachtisch bei der Nachbarschafts-Eisdiele. Die Streckenlänge (ca. 16 Kilometer in knapp fünf Stunden mit zwei Pausen) war genau richtig gewesen, weder Herr Kaltmamsell und ich hatten auf den letzten Metern Beschwerden.

Journal Sonntag, 10. April 2022 – Palmsonntag mit Schnee und entlang der Würm

Montag, 11. April 2022

Zwischen den Unterbrechungen gut und tief geschlafen, bis fast sieben.

Gemütlicher Morgen, zu unserer Wanderung wollten wir erst am späten Vormittag aufbrechen. Also hatte ich vorher noch Zeit für eine Runde Yoga. Doch als sich abzeichnete, dass es erst mal wieder ausführlich ums Schnaufen gehen würde, ließ ich das Video weiterlaufen, Adriene vor sich hin schaufen, und machte meine Bankstütz- und Seitstützübungen. Erst als sie nach zehn Minuten vom Schnaufen zu table top position wechselte, stieg ich wieder ein.

Das Wetter draußen hatte sich nicht an die Abmachung gehalten, es war genauso wechselhaft wie am Samstag. Egal, ich zog mich warm an mit einer Strumpfhose unter der Wanderhose und meinem dicksten Pulli unter der Wanderjacke, Mütze und Handschuhe eh.

Plan war, die Würm entlang von Pasing Richtung Starnberg zu gehen, so weit wir halt Lust hatten – Einzugsbereich MVV, also mit reichlich Möglichkeiten zur Rückfahrt. Brotzeit besorgten wir erst in Pasing, denn der Bäcker unterm Stachus war geschlossen. Wir zogen strammen Schrittes los, sahen viel Frühling, an der Würm Kanadagänse (LAUT!), Bachstelzen, Rotkehlchen, Buchfinken, Grasmücken, Stock- und Mandarinenten, Amseln,  Meisen, hörten unter anderem Wacholderdrosseln. Der seltsame Zweig oben auf dem kahlen Baum, der von der Weite wie ein Vogel ausgesehen hatte, stellte sich von Nahem tatsächlich als Vogel heraus: ein Turmfalke.

Es war nicht viel los, eine positive Folge der düsteren Wolken und regelmäßigen leichten Graupelschauer, die sich mit sonnigen Abschnitten abwechselten. Ich hatte diese Strecke ausgesucht, weil die Wege zum großen Teil gut befestigt sind und ich nach den Niederschlägen der letzten Wochen Matsch befürchtet hatte. Die Sorge war unberechtigt: Es hatte nicht genug für Matsch geregnet, leider.

Nach zwei Stunden machten wir Pause, es gab Nussschnecke und Apfel, außerdem heißen Tee aus der Thermoskanne.

Maibaumwerkstatt der Feuerwehr Gräfelfing, nicht im Bild die Bewachung (-> Maibaumstehlen).

In Gauting, nach gut drei Stunden Fußmarsch, machten wir Schluss. Herr Kaltmamsell fühlte sich nicht wirklich fit (morgens hatten wir uns beide auf Corona gestestet, aber es gibt ja auch noch andere Infekte), der nächste S-Bahn-Halt lag fast zwei Stunden entfernt. Also spazierten wir zum Gautinger Bahnhof und fuhren zurück.

Daheim holte ich über einer Tasse Tee das Süddeutsche Magazin vom Freitag nach, las unter anderem den Artikel von Catrin Lorch über ihr Handweben (€). Handwerklich Hergestelltes kostet Zeit, hohe Fertigkeit, Erfahrung – und doch empfinden viele den Endpreis als Abzocke. Lorchs Artikel liefert mir einen argumentativen Schlüssel:

Der kalifornische Handweber Travis Meinolf hat in einem Interview einmal die Rechnung umgedreht und vorgeschlagen, dass Kunden ihm für einen Schal, den er in dreitägiger Arbeit herstellt, doch bitte bezahlen mögen, was sie selbst in drei Tagen verdienen.

Abendessen war wieder der asturischer Bohneneintopf Fabada vom Vorabend – ist, wie fast alle Eintöpfe, schlecht in kleinen Mengen zu kochen. Am meisten genoss ich darin die weißen Bohnen.

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Schriftstellerin und Kulturwissenschaftlerin Hanna Engelmeier über ihr instagram-Gucken:
“Andere Leben als meines”.

Bei meinen Exerzitien in Fremdscham und Anteilnahme denke ich regelmäßig an den Aufsatz, den ich eines Tages über diese Storys schreiben möchte, und bastele an dem Argument, dass hier ein neuer Werkbegriff her muss, einer, bei dem Autorinnenschaft nicht mit dem Ziel der Erschaffung bleibender Artefakte, sondern dem Aufrechterhalten beständiger Aufmerksamkeit für das eigene Tun verknüpft ist.

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Auf Empfehlung sah ich gestern eine 3sat-Doku über den Schauspieler Christoph Waltz – und empfehle sie hiermit weiter (noch bis 16.4. in der Mediathek).
“Christoph Waltz – Der Charme des Bösen”.

Waltz äußert sich ausschließlich über seinen Beruf und seine Karriere, aber das höchst interessant. Immer wieder betont er, dass er nie besser sein kann als das Drehbuch, und dass sein Job ist, die Tätigkeiten von Drehbuch, Regie (Kamera, Schnitt) zu komplettieren, damit ein Film daraus werden kann. Auch die (bescheuerte) Frage, wie viel von ihm als Person in seinen Rollen stecke, beantwortet er damit: Sein Beruf sei, eine Rolle zu spielen; die Rolle müsse gut geschrieben sein und er die richtige Besetzung dafür – dann werde das Ergebnis gut. Das freute mich vor allem vor dem Hintergrund meiner regelmäßigen Verwunderung, wenn Schauspieler*innen fachlich zu den Inhalten ihrer Rollen interviewt werden, wenn zum Beispiel eine Schauspielerin, die gerade die Leiterin einer Jugendpsychiatrie gespielt hat, zum Stand der deutschen Jugendpsyche befragt wird – und auch noch antwortet. Die Frau ist keine Psychaterin, sie ist Schauspielerin!

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Eine sehr schöne, ungewöhnliche Tango-Filmszene.

Journal Samstag, 29. Januar 2022 – Auf dem Tegernseer Höhenweg in die Sonne

Sonntag, 30. Januar 2022

Eine besonders schlechte Nacht mit Aufwachen zu jeder Stunde und sehr unangenehmen Nebenhöhlenschmerzen.

Um sechs erklärte ich diese Nacht für beendet. Entsprechend erledigt hing ich über Bloggen und Mogenkaffee. Dann doch die bunte Sonderangebots-Sommerhose aus einem offenen Tab bestellt, Futter für die Illusion, den Winter verkürzen zu können.

Herr Kaltmamsell hatte dieses Wochenende frei. Und er war eisern entschlossen, es für eine Wanderung mit mir zu nutzen, Winter und Wetter egal. Das überraschte mich, ich kenne ihn eigentlich nicht so kompromisslos wanderbegeistert, doch ich erfüllte ihm gern den Wunsch. Als Strecke hatte ich eine am Tegernsee recherchiert, von der mir eine Freundin als Winterwanderung um Weihnachten erzählt hatte, nämlich den Tegernseer Höhenweg. Auf das abschließende Übersetzen per Schiff oder Ruderfähre mussten wir allerdings verzichten, da es derzeit auf dem Tegernsee gar keinen Schiffsverkehr gibt.

Ich packte einen Rucksack mit Getränken, Brotzeit holten wir uns am Bahnhof – an einem der wenigen dort verbliebenen Brotzeitstände, denn am Münchner Hauptbahnhof ist inzwischen fast alles außer dem Gleisbereich Baustelle.

Im Zug nach Tegernsee ein verräterisches Verbotsschild am Gepäckfach über den Sitzen:

Gestern allerdings sah ich nur einmal Mensch mit Snowboard auf der Hinfahrt, einen mit Ski zurückzu (der lustige Skistiefel-Gang! als Choreografin würde es mich drängen, einen Tanz daraus zu machen – ähnlich der Taucherflossen-Nummer in Mama mia). Alle anderen Passagiere sahen nach Wandern oder Spazierengehen aus. (Maskendisziplin 1A.)

Die Wettervorhersage hatte für Nachmittag Sonne angekündigt, und so war es dann auch: Wir wanderten unter düsterem Himmel los ins immer Sonnigere. Der Weg war gut ausgeschildert, ließ sich auf sulzigem Schnee in festen Wanderschuhen gut gehen (umfasste allerdings ein paar sehr steile Abstiege), wir begegneten nur wenigen anderen Menschen, Richtung Rottach-Egern immer weniger, und wir hatten immer wieder wundervolle Aussicht.

Blick rüber nach Bad Wiessee. Ich erkannte die Reha-Klinik, in der ich Ende 2019 nach meiner Hüft-TEP so schnelle Heilungsfortschritte machte.

Rottach-Egern mit Wallberg.

Nach zwei Dritteln machten wir kurz vor zwei Brotzeit auf einem Bankerl an der Rottach: eine mächtige Nussschnecke, dazu Kräutertee aus der Thermoskanne – sie hatte ihn wirklich heiß gehalten.

Jetzt wurde es herrlich sonnig und warm, schlagartig waren alle Wege und Bänke voller Menschen.

Blick vom Strandbad Point nach Rottach.

Kloster Tegernsee.

Tegernseer Rathaus.

Zurück nahmen wir einen Zug kurz vor vier (sie gehen zwischen Tegernsee und München zweimal in der Stunde – wirklich bequem). Das waren 14 Kilometer in knapp vier Stunden gewesen. Was ich Herrn Kaltmamsell bis zur Rückfahrt verheimlicht hatte: Beim Gehen schmerzte seit dem Aufstehen am Morgen meine einst kaputte Hüfte mit überraschender Heftigkeit. Ich wollte die Tour trotzdem probieren, und es ging dann auch gut, wirkliche Schmerzen hatte ich immer nur nach Aufstehen vom Sitzen.

Auf der Rückfahrt nutzte ich die Gelegenheit, mal ein Foto von der Großhesseloher Brücke aus auf Gleishöhe aufzunehmen statt beim Joggen ein Stockwerk tiefer.

In München kauften wir auf dem Weg nach Hause noch Zutaten fürs Abendessen. Ich fühlte mich nach der schlechten Nacht unverhältnismäßig erledigt, legte erst mal die Füße hoch.

Herr Kaltmamsell kümmerte sich auch gestern ums Nachtmahl und servierte aus Ernteanteil den letzten Lager-Knollensellerie und Gelbe Bete mit Zwiebeln vom Blech, ich rührte dazu Schnittlauchjoghurt und Tahini-Sauce (mit Meyerzitronensaft) an. Davor gab es Gin Tonic.

Nachtisch große Mengen Süßigkeiten.

Ich gab meiner Erschöpfung nach und war schon um halb zehn im Bett. Draußen hatten Sturm und Regen eingesetzt, wir hatten den richtigen Wochenendtag zum Wandern gewählt.

Journal Sonntag, 31. November 2021 – Isarhochweg über Wolfratshausen

Montag, 1. November 2021

Schon am Samstag hatte mich Twitter verwirrt: Leute führten einander ihre Halloween-Kostümierung und -Deko vor, berichteten von Verhaltensanweisungen zum Trick-or-Treat ihrer Kinder, zeigten die Süßigkeiten für die ab jetzt klingelnden Nachbarschaftskinder. Gestern Morgen fragte ich dann doch mal explizit, ob Halloween nicht die Nacht auf 1. November, also auf Montag sei? Und erfuhr, dass das inzwischen nicht mehr so eng gesehen wird, vor allem in Bundesländern, die nicht wie Bayern praktischerweise den 1. November als Feiertag haben. Halloween ist jetzt also grob die Zeit vor Allerheiligen.

Am Vorabend hatte sich der Plan geformt, den mit herrlichem Wetter angekündigten Sonntag für eine kleine Wanderung zu nutzen: Rundwanderweg Isarhochufer Icking-Wolfratshausen. Ich freute mich bei jedem nächtlichen Aufwachen an der Aussicht darauf.

Nach Korrektur aller Uhren im Haus (jetzt haben wir wieder Normal-, genannt Winterzeit), Bloggen und Morgenkaffee war ich früh startklar, doch weil am Zielort noch 3 Grad angezeigt wurde, wartete ich bis zehn.

Herrliche Aussichten schon auf der S-Bahn-Fahrt nach Icking. Beim Ankommen zeigte sich, dass außer mir noch ein paar andere Menschen genau diese Route gehen wollten. Auch sonst war überraschend viel los auf den Wegen – vermutlich haben einige sonst weiter reisende Leute in den pandemischen Ausgangsbeschränkungen die Wanderungen und Spaziergänge für sich entdeckt, die davor eher eine Sache von Öffi-Langweilerinnen wie mir waren. Das gönne ich selbstverständlich jedem und jeder, doch es verhinderte schön entspanntes Wandern mit gelassenen Sensoren in die Umgebung, das mich zur Ruhe gebracht hätte. Ich genoss die wundervollen Ausblicke und das herrliche Licht durchaus, absolvierte aber eher eine Sporteinheit. Die ohnehin kürzer geriet als erwartet, schon nach drei Stunden war ich trotz ausgiebiger Frühstückspause zurück am Ickinger S-Bahnhof.

Erster Abschnitt hinter Icking.

Hoch nach Schlederloh.

Schlederloh.

Zusammenfluss von Loisach und Isar.

Blick zurück über Dorfen.

Abstieg nach Wolfratshausen.

Wolfratshausen.

Frühstückspause im Riemerschmidpark mit Aussicht, Apfel und Pumpernickel. Zurück entlang der Isar, mit gelegentlichem Ausweichen in die Büsche bei entgegenkommenden Fahrrädern.

In Icking wartete ich dann ziemlich lang auf die Rückfahrt, es gab Probleme auf der S-Bahn-Stammstrecke. Aber ich hatte für genau diesen Fall neben Wasser auch große Teile der Wochenend-Süddeutschen dabei und las halt 40 Minuten in der Sonne. (Eine der weniger thematisierten Alterserscheinungen: Alte Leute wie ich, meiner Beobachtung nach vor allem Frauen, sind für immer mehr Fälle ausgerüstet unterwegs. Vielleicht erinnern Sie sich an die Erfrischungstücher Ihrer Oma, an ihre Hustenbonbons, Taschentücher, zusammengefalteten Plastik-Kopftücher, Nagelfeile, Pflaster und viele andere praktischen Utensilien, die sie scheinbar jederzeit aus ihrer Handtasche zauberte. Stück für Stück werde ich so eine Oma, auch ohne Enkelkinder.)

Den Rest der Zeitung las ich daheim im Sessel mit Ausblick durch die großen Wohnzimmerfenster auf den sonnigen, bunten Nußbaumpark.

Ansetzen des Feiertag-Kuchens: Zur Rückkehr von Herrn Kaltmamsell sollte es am Montag Zitronenschnecken geben. Allerdings stellte ich den Hefeteig wie immer her, mir wollte kein technischer Nutzen eines Vorab-Rührens der Butter oder eines Verklepperns der Eier einfallen.

Abendessen war eine Portion scharfe Sahnelinsen vom Vortag mit Bauernwurscht, zum Nachtisch gab es Eierlikör und Schokolade.

Schon am Vorabend hatte ich Gabriele Tergit, Effingers ausgelesen (hatte mir sehr gut gefallen, mal sehen, ob ich Lust auf Ausführlicheres habe), gestern fing ich die Graphic Novel Parallel von Matthias Lehmann an.

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Fakten und Zusammenhänge sind wichtig, Christina Berndt fasst für die Süddeutsche zusammen:
“Weshalb die Zahl der Impfdurchbrüche steigt”.