Journal Mittwoch, 19. Januar 2022 – Entspannender Brasserie-Abend

Donnerstag, 20. Januar 2022 um 6:49

Bisschen zerstückelte Nacht, doch dadurch sah ich bei einem Aufwachen das Licht des Vollmonds, das mein Schlafzimmer erleuchtete.

Arbeitsweg in hochnebligem Morgen, der Tag blieb bedeckt – doch das bekam ich eh nicht wirklich mit. Halt: Als ich nachmittags meine Cappuccino-Tasse in die Cafeteria zurück brachte, schien ein wenig die Sonne und lockte mich zu einer Außenrunde im Innenhof (aka Hofgang).

Im Büro erst mal alles Neue weggeschaufelt, um bereit zu sein für alles Unvorhersehbare. Tatsächlich war ich dann aber hauptsächlich mit einem neuen System beschäftigt, auf das ich endlich genug Zugriff für gründliches Ausprobieren hatte. Ich fand ganz viel heraus, was ich falsch machen konnte.

Mittags gab es Linsen vom Vorabend, Orangen und Granatapfelkerne.

Zum Glück hinderte mich eine Abendessensverabredung daran, den Arbeitstag zu lang werden zu lassen: Ich traf mich in der Brasserie Colette im Glockenbachviertel. Ein angenehmer Ort (sorgfältige 2G-Prüfung), warmer und aufmerksamer Service, überdurchschnittlich schmackhaftes Essen.

Meine Artischocke war gut, die beiden Dips neben der Crème fraîche aber wirklich außergewöhnlich gut: Die Petersilien-Vinaigrette mit einer Zitrusfrucht aromatisiert, die mir neu war (Yuzu?), die scharfe Majonese raffiniert. Gegenüber gab es Rindertartar und Karottensalat, die beide glücklich machten.

Als Hauptgericht hatte ich Wildente mit einer Bete-Tarte-Tatin (beides sehr gut), gegenüber gab es Zander und Steak frites. Dazu hatte ich ein Glas Côtes du Rhône bestellt, der mir ebenfalls sehr gut schmeckte.

Die Schwestern, die mir gegenüber saßen, waren eine wunderbare Gesellschaft und schufen mit ihren Geschichten aus gemeinsamer Vergangenheit sowie über aktuellen Alltag genau den anregenden Abend, den ich nach dem reichlich angespannten Arbeitstag nötig hatte. Erst jetzt beim Schreiben fällt mir auf, wie selten ich nach Kindheit und Jugend Geschwister zusammen erlebe.

Zeitiger Heimweg, es folgen ja noch zwei Arbeitstage.

§

Merlix (bitte lass mich hin und wieder weiter “Merlix” denken) fasst die gesellschaftliche Stimmungslage zusammen – allerdings ist bei mir viele leidenschaftliche Meinung bereits in Resignation gekippt:

Wir haben eine Phase der Pandemie erreicht, in der fast alle Menschen in dieser Gesellschaft durch etwas verärgert oder enttäuscht, vielleicht sogar verbittert sind. Weil sie einzelne oder viele Maßnahmen des Staates unsinnig oder falsch finden, weil sie das Verhalten ihrer Mitmenschen abwegig oder irrsinnig finden, weil sie irgendwelche Regeln, Einschränkungen, Verbote oder Förderungen gerne etwas anders hätten oder nicht mehr nachvollziehen können oder wollen, was warum entschieden wurde. Es scheint keine zufriedenen Menschen mehr zu geben, in keinem Lager, in keiner Gruppierung. Dem mittlerweile schier undurchdringlichen Dickicht der vielfältigen Regeln und Vorgaben steht ein ebenso wirres Dickicht an Meinungen und Vermutungen gegenüber. Es ist eine verfahrene Situation. Im Bekanntenkreis regen sich alle über irgendetwas auf, im Kolleginnenkreis auch, in den sozialen Medien sowieso, in den Nachrichten, in den Talkshows und im Radio – überall wird geschimpft, gezweifelt, gestritten, und wem will man es verwehren, es gibt doch Gründe genug und auch Gründe für alle.

Doch dann geht der schöne Text ganz anders weiter.
“So gehört das, so muss das sein.”

Das Bedürfnis, endlich mal etwas gut zu finden, kenne ich sehr gut. Herr Buddenbohm hat zum Glück einen Spielplatzprüfer bei seiner Arbeit beobachtet und berichtet – ich schließe mich der umfassenden Gutfindung an.

§

Gutfindung: Eine Biologin findet heraus, wie es zu ihrem Besuch der Insektensammlung an der Universität Berkley im Alter von vier Jahren kam.

§

Mehr Gutfindung (Sie brauchen es doch auch):
“Mehr als 100 Millionäre fordern Vermögenssteuer für Superreiche”.

Zu den Unterzeichnenden gehört auch BASF-Erbin Marlene Engelhorn. Ende Dezember war sie Interview-Partnerin der SZ-Serie “Reden wir über Geld” (€):
“‘In meiner Familie redet man nicht über Geld, man hat es'”.

Vier von fünf Menschen, die heute über ein großes Vermögen verfügen, haben es durch eine Erbschaft erhalten. Das hat mit Leistung doch nichts zu tun. Es ist nicht in Ordnung, Geld zu horten und darauf zu hocken. Ungleichheit gefährdet die Demokratie, und auf die haben wir uns eigentlich geeinigt, und nicht darauf, dass einige wenige die Macht, die mit großen Vermögen einhergeht, bündeln und nutzen, obwohl sie kein Mandat haben.

(…)

Na ja, Ihre Vorfahren haben wahrscheinlich viel geleistet und tolle Dinge erfunden und sind damit reich geworden. Das ist doch verdient.

Nein, es gibt doch weltweit keine wahre Geschichte eines Selfmade-Mannes oder einer Selfmade-Frau. Erfinder und Erfinderinnen sind nie allein, ohne Austausch kommt man auf nichts. Dann braucht es ein Rechtssystem, das die Existenz der Firma sichert, eine Infrastruktur, gut ausgebildete Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und so weiter. Das alles wird von der Allgemeinheit und durch Steuern finanziert. Die Gesellschaft sorgt also dafür, dass es den Gründern oder Gründerinnen gut geht. Warum soll der gesamte Profit dann nur diesen zustehen? Keiner ist selfmade, auch nicht mein BASF-Vorfahre. Über seine Frau, die sich um die Familie gekümmert hat, redet übrigens keiner.

(…)

Sie wollen Ihr Erbe hergeben. Warum spenden Sie die Summe nicht einfach?

Der Versuch, Ungleichheit durch gönnerhaftes Charity-Wesen zu beseitigen, ist nur das Streicheln des eigenen Egos. Schauen Sie sich mal an, wer in diesen Stiftungen am Ende die Entscheidungen trifft. Sie werden da immer dieselben finden. Philanthropen und Philanthropinnen tun nicht immer Gutes, sondern sind in Zielkonflikten. Nehmen Sie Amazon-Gründer Jeff Bezos, der betreibt ein großes Klimaprojekt mit horrenden Summen. Amazon wiederum beutet die Umwelt und die Menschen strukturell aus. Das ist doch auch eine Hybris, die oft vorkommt: “Ich bin reich und ich weiß, was gut ist für die Welt.” Wenn dem so wäre, dann sähe die Welt wohl besser aus, tut sie aber nicht, obwohl eine kleine Gruppe Menschen sich das halbe Weltvermögen teilt. Wir können uns auf deren Wohlwollen und Kompetenz nicht verlassen, und gewählt hat sie auch niemand.

(…)

In Österreich gibt es keine Erbschaftsteuer. Wie wollen Sie also das Geld zum Staat bringen?

Ich werde eine Zeit lange allen auf die Nerven gehen mit meiner Forderung: Besteuert mich endlich (lacht). Nehmen Sie das Modell zur Wiedereinführung einer Vermögensteuer, das die SPD im Wahlkampf in Deutschland vorgeschlagen hat. Diese hätte nur 21.000 Menschen getroffen, eine Minderheit übrigens, die keiner schützen muss, die Steuer kann aus den Kapitalerträgen gezahlt werden. Diese Menschen würden also trotzdem immer noch reicher – Jahr für Jahr -, nur ein bisserl weniger schnell eben.

die Kaltmamsell

Journal Dienstag, 18. Januar 2022 – Ein völlig durchschnittlicher Arbeitstag im Januar

Mittwoch, 19. Januar 2022 um 6:30

Wie: Erst Dienstag?
Wider Erwarten hatte ich gut geschlafen, meine Ängste und ihr Einfluss auf meine Nächte bleiben unergründlich.

Als ich im Bad halbnass ins Badetuch gewickelt wieder nicht nur die Glas-Trennwand, sondern auch die grundgereinigt glänzenden Kacheln rundum sorgfältig abtrockenete, weil sonst Verkalken und Schimmel drohen, was ungefähr so lange dauerte wie das Duschen selbst, fragte ich mich schon: An welcher Stelle sind wir da zivilisatorisch bloß falsch abgebogen?

Draußen waren Straßen und Wege nass, die Temperaturen nur mittelkalt – aber inzwischen weiß ich, dass der Boden zwischen Bavariapark und Verkehrsmuseum genau dann eisglatt sein kann. Ich ging vorsichtig, schlidderte nur wenig.

Arbeitsstart wieder unter großem Druck und mit einigen Unwägbarkeiten.

Mittagessen: Apfel, Avocado (von einem nicht-adoptierten Baum: schmeckt gleich ganz anders) (Scherz) mit Balsamico, Zitrus-Obstsalat (Orange – die Sorte Vaniglia wie von der Verkäuferin angekündigt besonders süß, aber nicht sehr aromatisch -, Mandarine, Grapefruit).

Nachmittags beruhigte sich die Lage, ich konnte ruhig Dinge wegarbeiten.

Auf dem Heimweg kaufte ich noch Granatäpfel ein, auch wenn die Saison merklich zu Ende geht und sie nicht besonders schön waren. Später adoptierte ich für die nächste Saison bei Crowdfarming einen Granatapfelbaum, dieser Früchte werde ich nicht so schnell überdrüssig (Lieferung kommt aber auch in 5-Kilo-Kisten statt in der 10-Kilo-Portion der Orangen).

Daheim Yoga, die Einstiegsfolge in die 30 Tage “Move”, war in Ordnung. Ich bilde mir ein, dass Yoga vor allem für meine heikle und OP-geplagte Hüftmuskulatur genau das Richtige ist.

Abendessen aus der Hand von Herrn Kaltmamsell: Linsen mit Stangensellerie und Guanciale, dazu gedämpfte Ernteanteil-Kartoffeln. Nachtisch Halva und Schokolade.

§

Ein Schultag Distanzunterricht aus Lehrenden-Perspektive.

§

ENTHÜLLUNGEN ÜBER ELVIS!

die Kaltmamsell

Journal Montag, 17. Januar 2022 – Gewichtsverlagerungen

Dienstag, 18. Januar 2022 um 6:33

Zerstückelte Nacht, frühes Aufwachen.

In der Arbeit gleich mal Beschuss (aus dem E-Mail-Verkehr des Wochenendes), hoch getaktet ging es weiter. Die strukturellen Veränderungen führen inzwischen ganz organisch zu massiven Gewichtsverlagerungen in meinen Arbeitsbereichen, ich werde bald Alarm schlagen müssen. Und nein: Ich bin nicht dazu bereit, meine Wochenenden dem Arbeitsleben zuzuschlagen (konkrete, vorher besprochene und offiziell eingereichte Einsätze oder echte Krisen ausgenommen), been there, done that, got the t-shirt. Ziel meines Karrierewechsels war schließlich “The soldier at the back”.

Mittagessen: Lageräpfel aus Ernteanteil, eine Portion Wirsing-Curry aus der Gefriere (in Zimmertemperatur, für Erhitzen in der Mikrowelle fehlte die Zeit).

Der Nachmittag ging grad so weiter, ich rutsche an ungewohnte Schnittstellen, ohne dass meine vorherigen Schnittstellenfunktionen wegfallen. This will all end in tears.

Lichtblick:

Ich freute mich umgehend auf den Zuckerhut.

Nach Feierabend brauchte ich dringend einen längeren Fußmarsch zur Beruhigung und verlängerte meinen Heimweg bis zum Eataly: Unter anderem kaufte ich Orangen der Sorte Vaniglia, die ich noch nicht kenne, echte Mandarinen, eine gelbe Grapefruit (die sind vor lauter pinken mittlerweile rar geworden). Dann schaute ich beim Sport Schuster doch noch nach einer langen Laufhose für diesen Winter, die ich nicht alle paar Meter hochziehen muss. Ja, gab es, aber zu Preisen zwischen 80 und 140 Euro – ich kam nicht drauf, welche Magie darin wohl so viel kostet. Werde also statt dessen zu Nadel und Faden greifen und eine der beiden alten Winter-Laufhosen brutal seitlich einschlagen und enger nähen.

Zu Hause eine ausführliche Runde Yoga, jetzt bin ich mit den 30 Folgen “True” von Adriene vom Anfang 2018 durch. Als nächstes gehe ich ihr diesjähriges 30-Tage-Programm “Move” an.

Zum Abendessen verwandelte Herr Kaltmamsell die Ernteanteil-Rote-Bete auf meinen Wunsch in “Gingery beetroot with peanut dressing”.

Schmeckte sehr gut. Dazu ein wenig grüner Salat, danach die restlichen Sticky Toffee Puddings und Schokolade.

Im Bett las ich weiter an Wolfgang Herrndorfs Sand, mit viel Vergnügen an diesem Gaunerstück von Roman, in dem er mipfleiß möglichst viel tat, was beim ambitionierten Schreiben total verboten ist (weil Klischee, weil unrealistisch, weil sich ernsthafte Autor*innen einig sind, dass das ü-ber-haupt nicht geht) – und doch ein spannendes, originelles und saugut geschriebenes Werk schuf.

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 16. Januar 2022 – Gemütlicher Tag mit viel Sonne

Montag, 17. Januar 2022 um 6:27

Nach dem Ausschlafen (kein Kater, keine Migräne – das ist so schön!) geräumt, draußen herrlichster Sonnenschein. Vor allem anderen aber zog ich mein Bett ab und steckte die Bettwäsche in die Waschmaschine, damit sie über den Tag möglichst viel Zeit zum Trocknen hatte. Klar: Notfalls würde ich halt mit der Sommerbettwäsche überziehen, das Risiko war also nicht allzu hoch.

Gemütliches Bloggen, immer wieder sah ich raus. Zu meiner Laufrunde an der Isar brach ich erst nach elf auf, ich nahm die U-Bahn nach Thalkirchen.

Laufen ging gut und leicht, weder Hüfte noch Wade bereiteten mir Probleme, eher schon die rutschende Laufhose. Ich war sehr froh um meine Sonnenbrille.

Von Thalkirchen lief ich über den Hinterbrühler See hoch zur Großhesseloher Brücke, einmal drüber und zurück, dann über den Flaucher bis zur Wittelsbacherbrücke und nach Hause. Erst nach 100 Minuten wechselte ich am Alten Südfriedhof ins Spazieren.

Von der Großhesseloher Brücke Richtung Innenstadt: Der Isarwehrkanal links führte mehr Wasser als die Isar.

Blick von der Thalkirchner Brücke Richtung Flaucher.

Zu Hause hatte Herr Kaltmamsell Geschirr und Gläser gespült, die Küche in Vor-Gäste-Zustand gebracht. Ich duschte und pflegte mich, erst kurz vor drei setzte ich mich zum Frühstück: Apfel, Salatreste vom Vorabend, eine dicke Scheibe Idiotenbrot. Das machte mich nochmal bettschwer, ich legte mich zu einer Siesta hin (Bettzeug geliehen von Herrn Kaltmamsell).

Freude an den Ranunkeln und ersten Tulpen der Saison des Gastgeschenk-Straußes in der schrägen Wintersonne.

Ich las die Wochenend-Süddeutsche, ein paar liegengebliebene Zeitungsteile, alles gemütlich. Das Tageslicht räumte den Himmel für Wolken und Nebel.

Abendessen war restliche Polenta vom Vorabend, Herr Kaltmamsell hatte dazu eine Tomatensauce gekocht.

Nachtisch war auch noch da (Sticky Toffee Pudding), außerdem Schokolade.

Telefonat mit Bruder, Austausch von Sorgen und Beruhigung.

Die Bettwäsche hatte es nur zum Teil geschafft trocken zu werden: Überzüge ja, Spannbettlaken nein. Aber dafür hatte ich ja Ersatz im Schrank.

die Kaltmamsell

Journal Samstag, 15. Januar 2022 – Die letzte Lampe, endlich wieder Gäste

Sonntag, 16. Januar 2022 um 9:14

Für gestern Morgen hatte ich den Wecker gestellt, denn es gab Programm.

Zum einen reisten vormittags meine Eltern an, bei trockenem, kalten Wetter mit gelegentlich Nebel (auch im Park vorm Haus) ganz entspannt. Der Übergangs-Lichtschalter bekam einen echten, außerdem brachte mein Elektrikerpapa die letzte fehlende Lampe an (aufwändig, weil er erst eine Leitung dafür legen musste).

Diesmal beim Handwerkereinsatz gelernt: Eine Eisenfeile sägt in unter einer Minute eine Aussparung für Kabel in leichtes Metall (mir gleich mal gemerkt, welche ich also meinem Vater für einen eventuell nötigen Gefängnisausbruch ins Brot backen muss). Zudem:
“Immer erst die Erdung.”
(“Und woran erkenne ich die?”
“Gelb-grünes Kabel.”)

Meine Mutter hatte aus ihrem Bestand mögliche Vorhang-Schals fürs Arbeitszimmer dabei. Auch in diesem Fall zeigte sich, dass ihre Anbringung dem Zimmer gut tun würde, meine Mutter wird sie an ihrer Nähmaschine auf die passende Länge bringen und ein Vorhangband ergänzen. Bereits mit dem Mittagsläuten machten sich meine lieben Eltern wieder auf den Heimweg, ich bin SO dankbar für ihre Unterstützung.

Nicht mal ein Jahr nach Einzug hängen/stehen alle Lampen, das finde ich eine echte Leistung. Eingerichtet ist allerdings noch lang nicht fertig, als nächstes kommen der Esstisch und weitere Stühle, ganz oben auf der Erledingungsliste stehen jetzt ein Teppich für unterm Esstisch sowie eine große Pflanze für mein Schlafzimmer.

Ich räumte die Spuren der Handwerkerei auf, warf Verpackungsmaterial weg. Es folgte die Vorbereitung des Abendprogramms: Wir hatten endlich mal wieder Gäste zum Abendessen eingeladen – nahe genug stehende Freunde, denen wir den Balkontisch zur Bewirtung zumuten konnten. Zur Begleitung der Vorspeise buk ich Idiotenbrot, angesetzt am Vortag von Herrn Kaltmamsell. (Wie lang her es mir erscheint, dass mich 20 Stunden Gare noch erstaunten konnten; heute backe ich Brote, deren Vorteige bis zu drei Tage gären.)

Während das Brot abkühlte, ging ich für letzte Einkäufe zum Supermarkt. Frühstück nach zwei. Ich hatte aus Faulheit doch wieder beim Bäcker Mauerer Frühstückssemmeln gekauft: Yep, immer noch so staubtrocken wie seit über 20 Jahren, weshalb ich den Einkauf dort eigentlich meide.

Ein paar gemütliche Stunden mit Internetlesen, bevor ich den Tisch deckte, mich umzog und die Vorspeise vorbereitete: Unsichtbaren Salat (aka Wintersalat mit Datteln), in der Vinaigrette allerdings den Honig, der sich immer so schlecht auflöst, durch Ahornsirup ersetzt. Vorbereitung hieß in diesem Fall: Alles so weit, dass ich vor dem Servieren nur noch Avocado schälen/schneiden musste und die Zutaten mit Dressing vermischen.

Als die beiden Gäste kamen (für die Kulturwissenschaft der Zukunft: es hat sich etabliert, dass man einander vor Treffen ein Bild des negativen Schnelltests schickt, habe ich bereits mehrfach erlebt), war erst mal umfangreiches Wohnungzeigen. Dann gab’s Whiskey Sour mit Meyer Lemon zum Aperitif, bevor gesessen und Salat gegessen wurde. Den Hauptgang hatte Herr Kaltmamsell zubereitet: Ochsenbackerl mit Wirsinggemüse (Ernteanteil), ich steuerte cremige Polenta bei (zum Merken für mich selbst: 700 gr Wasser und 400 gr Milch auf 200 gr Polenta, mit Knoblauchzehe und Lorbeerblatt aufgekocht, vor Quellphase der Polenta ein Essl. Thymian eingerührt, abschließend mit Salz und Pfeffer abgeschmeckt). Auch die Nachspeise hatte Herr Kaltmamsell gemacht: Sticky Toffee Pudding.

Das waren ein paar sehr schöne Stunden, in denen ich endlich wieder ein bisschen vom Leben dieser Freunde mitbekam, ihren freundlichen und wohlerzogenen Hund flauschen konnte (der alle Teppiche mit ausgiebigem Schubbern einweihte), Geselligkeit erlebte.

Nach dem mitternächtlichen Abschied räumten wir noch ein wenig, um die erste Spülmaschine starten zu können.

Wenn wir tatsächlich ohne Wäschetrockner auskommen wollen (vorübergehend oder auf lange Sicht), brauche ich zusätzliche Bettwäsche. Bislang habe ich eine Garnitur für Sommer und eine für Winter, beide in England gekauft, wo 200×200 cm große Bettdecken nicht so preistreibend exotisch sind wie in Deutschland, Kissenbezüge außerdem als Standard für schmale Kissen geschnitten sind und nicht quadratisch. Beide Garnituren auch nach über zehn Jahren Nutzung in tiptop Zustand (na gut, die Sommervariante franst ein ganz kleines Bisschen an den Ecken). Gewaschen wurde bisher am Wochenende oder sonst einem freien Tag: Morgens abziehen und waschen, im Trockner trocknen, wieder überziehen. Doch wenn die Bettwäsche an der Luft in Innenräumen trocknen muss (wir verfügen weder über Garten noch über einen Trockenraum), wird sie nicht verlässlich in zwölf Stunden trocken. Weitere Folge: Ich muss auf flauschige Handtücher und Nicki-Anzüge verzichten.

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 14. Januar 2022 – Produkte fürs Leben

Samstag, 15. Januar 2022 um 8:23

Gut geschlafen, an der Länge arbeiten wir noch.

Der klarkalte Morgen knackte frostig mit hellem Himmel1, über den Kaminen standen im Gegenlicht schräge Rauchsäulen.

Die Arbeit strengte mich gestern sehr an. Zwar gab es angenehm wenige Querschüsse, ich hätte eigentlich Raum für zügiges Wegarbeiten gehabt, doch es fehlte an Konzentration und Energie. Doch ich schaffte das Nötigste, ermöglichte anderen die Weiterarbeit, lernte weitere Details über neue Softwaresysteme.

Und: Gestern fand die Über- und damit Weggabe einer beschwerlichen Aufgabe statt, beim Übergeben bemerkte ich, wie viel ich dabei trotz allem gelernt hatte.

Zu Mittag gab es Pumpernickel, Orange, Grapefruit, das Obst daheim vorbereitet und im Glas dabei: Ich freue mich im Büro immer sehr, wenn ich die Brotzeit nicht erst noch erarbeiten muss, sondern gleich essen kann.

Sonniger Nachmittag, der Januar machte auf hübsch. Und ja: Die Tage sind bereits merklich länger. Beim Verlassen des Hauses zu Feierabend war es nicht mehr so frostig, roch aber eindeutig nach Winter.

Auf dem Heimweg Einkäufe beim Vollcorner.

Zauberhaftes Abendlicht fiel auf St. Paul.

Schmerzliche Familiennachrichten. Dabei soll es doch bitte! allen! gut gehen!

Beim Heimkommen war es war früh genug für eine geruhsame Runde Yoga. Ich machte eine Schüssel Chicorée-Salat zu dem Nachtmahl, auf das ich mich schon den ganzen Tag freute: Herr Kaltmamsell hatte klassische Lasagne angekündigt.

Na gut nicht ganz klassisch: Statt Hackfleisch hatte er Sojabrösel verwendet, da wir schon vor Längerem festgestellt hatten, dass die Funktion in lang geköcheltem Ragú vor allem Textur ist. Die Sauce enthielt aber zudem Leber (Funktion Geschmack), also keine vegetarische Version. Die Lasagne schmeckte sehr gut. Dazu ein Glas Lemberger/Merlot: Auch auf den Alkohol hatte ich mich gefreut, wollte aber nach dem ersten Kick keinen weiteren. Nachtisch zu viel Schokolade, mein Bauch zwickte. (Wenn ich über die fehlende Lernfähigkeit anderer Menschen stolpere, brauche ich nur an meine eigene zu denken.)

§

Ein kleiner Fernseh-Beitrag vom BR über die Werkstatt, aus der mein edler Bräter kommt: Hoffmann Metallgefäße.

via @giardino

Ich bin eine sehr zufriedene Kundin, aber wie Berthold Hoffmann in dem Beitrag konstatiert: Er hat keine Stammkunden, weil fast alle nur einmal im Leben bei ihm einkaufen – die Produkte halten mehrere Generationen. Umso lieber empfehle ich ihn.

§

Apropos Produkte fürs Leben: Herzbruch erzählt die Geschichte hinter dem Ding, das auf Fotos von ihrer Wohnung immer wieder auftaucht und jedes Mal für einen Saugroboter gehalten wird. In Wirklichkeit handelt es sich um das Schlafzimmer ihrer Eltern.

§

Herbert Achternbusch ist gestorben, war Donnerstagabend der Tagesschau eine lange Meldung wert, gestern der Süddeutschen die obere Titelseite. Er war schon was sehr Besonderes.

Bereits von 2016 stammt dieser Beitrag von Kathrin Passig zum Thema.

  1. LYRISCH ODER WAS?! []
die Kaltmamsell

Journal Donnerstag, 13. Januar 2022 – Hausgerätaufstand

Freitag, 14. Januar 2022 um 6:45

Dieses Wegarbeiten-damit-kein-Nachtsorgen klappte gleich mal überhaupt nicht: In der unruhigen Nacht fielen mir noch viel mehr Probleme ein, die sich durch diverse Veränderungen in der Arbeit für meinen Job ergeben. (Oder überhaupt ergeben und für die ich mich in der Wehrlosigkeit des Halbschlafs offensichtlich zuständig fühlte.) Ich hatte zwar gleich Ideen für Lösungen oder zumindest für eine Kommunikation dieser Probleme, doch schlafen ließ mich auch das nicht.

Kurz nach fünf stand ich gerädert auf, betütelte später den angeschlagenen Herrn Kaltmamsell.

Fußweg in die Arbeit durch frostigen Nebel, Augen und Nase liefen.

Arbeit verlief gestern zum Glück in ruhigeren Bahnen. Ich lernte sehr Nützliches, lehrte hoffentlich Nützliches, konnte Kolleginnen unterstützen und sogar Dinge selbst anschieben.

Mittagessen jetzt wieder ganz normal: Pumpernickel mit Butter, zwei Tarocco-Orangen (bei Eataly mit Gold aufgewogen, doch das waren sie wert, mich betörte bereits beim Schälen ihr ganz besonderer Duft). Der Bauch verarbeitete alles nach Vorschrift.

Extra früher Feierabend, denn ich hatte schon um fünf einen Friseurtermin – diesmal zwei Wochen früher als im bisherigen Turnus, weil mir eingefallen war, dass ich mir ja auch am Anfang der Phase, in der ich den Schnitt als rausgewachsen empfand, einen neuen holen könnte. Selbst wenn der nicht eigentlich schlecht aussah.

Ich marschierte durch erste Winterabenddämmerung an den Stiglmaierplatz.

Auf der Hackerbrücke wurde auch bei Kälte gesessen.

Gründlicher Haarschnitt, ich fühlte mich wieder angenehm aufgeräumt. Auch nach Hause ging ich zu Fuß, ich hatte immer noch Bedürfnis nach Frischluft.

Beim Heimkommen sah ich auf der Straße schon von Weitem, dass die Wohnungsfenster dunkel waren. Ich machte mir umgehend Sorgen, denn Herr Kaltmamsell hätte zuhause sein müssen. Twitter-Check (die dortigen Direktnachrichten sind unser üblicher Kurznachrichtenkanal): Keine Nachricht. Vielleicht war er ja so krank, dass er schlafend im Bett lag! Doch als ich die Wohnungstür aufschloss, leuchtete er mir bereits mit seiner Handylampe entgegen: “Stromausfall!” Da ich in anderen Wohnungen im Haus Licht gesehen hatte, lag das Problem ziemlich klar bei uns. Wir räumten den Sicherungskasten leer: Die Hauptsicherung war draußen. Mit Ein- und Ausschalten der Einzelsicherungen kreisten wir den verursachenden Raum ein: Es war der, in dem der altehrwürdige Wäschetrockner stand. Und nachdem wir den ausgesteckt hatte, hielten auch alle Sicherungen. Über die Konsequenzen denken wir wannanders nach.

Aber Herr Kaltmamsell war tatsächlich weiterhin malade. Er machte sich zum Abendessen Moro-Karottensuppe, ich aß Käse und Hefezopf. Und dann reichlich Schokolade.

Früh ins Bett zum Lesen.

die Kaltmamsell