Journal Montag, 27. September 2021 – Wahlergebnisse, divers

Dienstag, 28. September 2021 um 6:48

Eher unruhige Nacht. Beim Blumengießen festgestellt, dass der Morgen milder war als erwartet.

Die Ergebnisse der Bundestagswahl (SPD mit den meisten Stimmen, große Zugewinne / CDU an zweiter Stelle mit hohen Verlusten / Grüne mit Zugewinnen, auch die FDP – sieht im Moment nach ähnlich schwierigen Koalitionsverhandlungen aus wie 2017, hoffentlich dauern sie nicht auch so lange) holte ich mir wie am Vorabend aus Text und Grafiken (plus Überfliegen der Verarbeitung in meiner Twitter-Timeline), Prognosen oder TV-Statements der Akteur*innen interessierten mich genauso wenig ihr wie TV-Wahlkampf. (Ich gehe davon aus, dass das für live Mitfiebernden wie Fußballspielgucken ist, an dem sie ja auch nicht nur der Ergebnis interessiert.)

Nebelfetzen über der Theresienwiese.

Aufschriften auf Zeitungskästen nannten die anstehenden Koalitionsverhandlungen “Poker” – halten die Redaktionen Politik wirklich für ein Glückspiel? (Oder, wahrscheinlicher, ist das halt ein für Überschriften so praktisches kurzes Wort.)

Ich zahlte immer noch für meine herrliche Laufrunde am Samstag: Meine untere Wade schmerzte zwischen Muskelkater und Post-Muskelkrampf, ich hinkte den ganzen Tag.

Über den Tag wurde es nochmal richtig warm.

Zu Mittag gab es Reste von Freitagabend, also ein wenig Mangold mit Couscous, außerdem Nektarinen.

Auf dem Heimweg Lebensmitteleinkäufe beim Edeka, zu Hause erst mal ausführlich Yoga.

Herr Kaltmamsell servierte zum Abendbrot “Asia-G’röschtl” (sein Wort), aus der Pfanne die Gemüsereste von der samstäglichen Suppe plus Ernteanteil-Zucchini, Reis und Ei – gut! Dann reichlich Süßigkeiten.

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Je jünger die Altersgruppe, umso höher ihr Wahlergebnis: Die FDP hat bei der Bundestagswahl bei den Erstwählenden 23 Prozent der Stimmen geholt. Keine andere Partei schnitt hier besser ab.

Die Tagesschau sucht nach einer Erklärung:
“Warum viele junge Leute die FDP wählen”.

Die FDP-Haltung in jungen Jahren kann ich nachvollziehen: Die Grundeinstellung, dass man sich halt anstrengen muss, um was zu erreichen, und dass staatliche Unterstützungsmaßnahmen was für Jammerer sind (z.B. Quoten) – die hatte ich als überdurchschnittlich leistungsfähige Frau mit Anfang 20 auch. Unter anderem deshalb kümmerte ich mich als Studentin nie um Stipendien: Ich hatte das ja nicht nötig, weil ich mich mit meinem vor dem Studium erlernten Beruf auch ohne finanzieren konnte. Erst später begriff ich die Mechanismen struktureller Benachteiligung (und dass es bei Stipendien nicht in erster Linie um Geld geht).

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“Bernardine Evaristo on a childhood shaped by racism: ‘I was never going to give up’”.

Schönes Gegenbeispiel zu oben und Beispiel für systematische Benachteiligung: Booker Prize-Gewinnerin Bernardine Evaristo berichtet über ihr Aufwachsen in Südlondon. Wie ihre Mutter, eine weiße Britin, 1954 das ultimative Tabu brach, indem sie einen schwarzen Einwanderer heiratete, Evaristos Vater kam aus Nigeria. Wie ihre weiße Großmutter die Fotos der acht Enkelkinder nicht aufstellte – außer das ihrer ersten Enkelin, weil die nicht ganz so dunkle Haut hatte. Wie ihre Kindheit geprägt war von rassistischer Erniedrigung:

As a child, you are profoundly affected by this level of hostility without being able to intellectualise or articulate it. You feel hated, even though you have done nothing to deserve it, and so you think there is something wrong with you, rather than something wrong with them.

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Das Outfit aus diesem antiken Foto hätte ich gerne einmal komplett. Was mich daran erinnerte, wie gut mir die Frauenkleidung aus dem Film In Love and War gefiel, der um den Ersten Weltkrieg spielt. Stellt sich heraus: Kostümbildnerin Penny Rose hat für Film von 1996 historisch sehr sauber recherchiert:
“TBT: In Love and War (1996)”.
Hier werden Fotos aus der Zeit den Filmkostümen gegenüber gestellt.

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 26. September 2021 – Geholfen bei der Bundestagswahl

Montag, 27. September 2021 um 6:20

Früher Wecker, denn ich war um sieben mit dem Wahlvorsitzenden zum Aufbau des Wahllokals verabredet. Aber für Milchkaffee reichte es. In der letzten Schlafphase hatte ich erstaunlich tagesaktuell geträumt: Darin war ich im Wahlhilfeeinsatz und hatte alles daheim vergessen, von Unterlagen und Checklisten über Berufungsschreiben bis Handy (was in Wirklichkeit – bis auf Handy – natürlich längst gepackt war).

Wunderschöner Spaziergang durch die Morgendämmerung.

Goetheplatz.

Neues Volkstheater.

Bahnwärter Thiel.

Das Wahllokal war mir neu – und überhaupt neu, nämlich der große Veranstaltungsraum im neuen Kulturzentrum Luise. So hatten wir reichlich Platz für Pandemie-gerechten Aufbau und eine ideale Führung des Wahlablaufs.

Es war dann nicht weniger los als vor vier Jahren, obwohl über die Hälfte Briefwahlunterlagen angefordert hatten – uns war nicht langweilig. Auch sonst erlebte ich einiges Interessantes (und selbstverständlich vertraulich). Was ich wieder beim Einsatz im eigenen Wahlbezirk und in meinem Wohnviertel genoss: Zu sehen, unter welchen Menschen in der Nachbarschaft ich lebe. Viele äußerten sich erfreut, dass sie bei dieser Gelegenheit mal das Luise kennenlernten.

Ausblick aus dem Wahllokal.

Abgelöst wurde ich von der Nachmittagsschicht bereits vor eins – da ich Mittagessen für zwei Uhr bestellt hatte, ging ich noch eine Runde im warmen Sonnenschein spazieren.

An einigen Stellen in München wurde Oktoberfest ohne Oktoberfest gespielt. Auch wenn sich gestern das Oktoberfest-Attentat zum 41. Mal jährte.

Beim Heimkommen filmten zwei junge Menschen vor unserem Haus durch den Zaun ein Eichkätzchen.
Herr Kaltmamsell hatte wie vereinbart Ochsenbackerl zubereitet, er gab an, er habe die Sauce “as rich as possible” gemacht, so reichhaltig wie möglich. Sie schmeckte himmlisch.

Dazu gab’s Kartoffelpü, ich aß anderthalb Portionen.

Siesta – in Kombination mit dem Mittagessen knockte mich das ziemlich aus, ich fühlte mich danach benommen. Aber als ich mich nach ein wenig Lesen auf dem Balkon zum Auszähl-Einsatz fertigmachte, war ich wieder fit.

Das Auszählen lief dann auch wie am Schnürchen, der Wahlkoffer, genauer: der Computer darin gab den Prozess und Ablauf vor, alles klappte. Durch die große Glasfront und die offenen Türen sahen wir, dass der Vorplatz abends reichlich genutzt wurde: Skater, lungernde Gruppen Jugendlicher, Hundebesitzer*innen trafen sich.

Ich wäre tatsächlich wie in der Schulung angekündigt bequem zur Tagesschau daheim gewesen, erklärte mich aber bereit, auf die bereits benachrichtigte Zusperr-Verantwortliche zu warten. Mit ihr verräumte ich alles und ließ mir noch ein wenig über das Kulturzentrum erzählen.

Heimweg zu Donnergrollen und in schwüler Luft.

Auch wenn ich immer noch vom Mittagessen satt war, gab es Abendessen: Gebratene Auberginenscheiben aus Ernteanteil, Käse.

Brotzeitzubereiten für Montag, Wohnung aufräumen für Putzmann. Ich ging zu Bett zu Regenrauschen.

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Außensicht: Die New York Times sieht sich im Deutschland nach 16 Jahren Merkel um.
“Affluent, Anxious and Almost Normal: A Journey Through Merkel’s Germany”.

Being called a normal country might seem underwhelming elsewhere. But for Germany, a nation haunted by its Nazi past and four decades of division between East and West, normal was what all postwar generations had aspired to.

Almost everywhere, however, there was also a nagging sense that the new normal was being threatened by epic challenges, that things cannot go on as they are.

die Kaltmamsell

Journal Samstag, 25. September 2021 – Gelaufen!

Sonntag, 26. September 2021 um 6:06

Lang und gut geschlafen, gemütlicher Morgen mit Blumengießen, Milchkaffee, Bloggen (Herr Kaltmamsell erspähte Eichelhäher in den Kastanien vor der Wohnung!). Keine Zeitung im Briefkasten.

Es wurde hell zu einem herrlicher Sonnentag. Ich hatte mich die ganze Woche auf eine Laufrunde gefreut, die erste seit Monaten.

Und wie ich lief! Ich radelte nach Thalkirchen, hatte sogar eine Jacke dabei – die ich gar nicht gebraucht hätte, es war warm genug. Am Tierpark, vor dem schon eine lange Schlange auf Einlass wartete, ließ ich mein Rad stehen, rollte die Jacke zusammen und sie um den Bauch. Anfangs strengte mich das Laufen noch ein wenig an, doch dann ging’s immer besser. Hinter der Großhesseloher Brücke, oben auf dem Isarhochweg im Wald, da flog ich geradezu, so leicht und schnell fühlte ich mich. Also genehmigte ich mir sogar 80 Minuten Joggen, den Rest spazierte ich aus Vernunftgründen: Meine untere Wade zog ab etwa einer Stunde Laufen. Das war so schön!

Lustige Hose zu Ehren des schönen Wetters.

Weg zwischen Tierpark links und Isar rechts.

Blick vom Marienklausensteg Richtung Thalkirchner Brücke.

Hinterbrühler See.

Ländkanal, auf dem gestern ein Wettbewerb stattfand: Anfeuerndes Publikum, Autos aus ganz Deutschland.

Isarwehrkanal mit Großhesseloher Brücke.

Großhesseloher Brücke.

Blick von der Brücke Richtung München, mit höherer Auflösung sähe man sogar die Türme der Frauenkirche.

Isarhochweg bei Pullach.

Blick nach Pullach mit Wasserkraftwerk.

Auf dem Rückweg zwischen Waldwirtschaft und Großhesseloher Brücke.

Das letzte Stück zurück zum Tierpark ging ich direkt an der Isar.

Als ich wieder zurück an die Thalkirchner Brücke kam, stand die Schlange für den Tierpark fast bis zur U-Bahn-Station.

Zurück radelte ich über den Flaucher, links und rechts vom Steg auf den Kiesbänken viele Nackerte in der Sonne. Stopp beim Bäcker Wimmer im Glockenbachviertel für Frühstückssemmeln, doch es gab kurz nach eins nur noch Brezen (fast wie in meiner Kindheit, nur dass es da vor allem keine Brezen mehr gegeben hätte, die waren als erste aus). Ich radelte also heim, duschte mich und zog die Einkaufsrunde in die Maxvorstadt vor: Gegenüber der angesteuerten Kaffeerösterei San Lucas gab’s auch einen Bäcker Wimmer, der noch große Auswahl hatte (und einen herzallerliebsten jungen Verkäufer, der gerade erst angelernt wurde und den ich zu meinen gewünschten Semmeln lotsen musste).

Frühstück war dann eine Schüssel Tomaten, zwei Marmeladensemmeln (Herr Kaltmamsell hatte auf meinen Wunsch Hollergelee besorgt), Brezenlebkuchen – auf dem sonnigen Balkon.

Während ich Internet las, sah und hörte ich, dass viele Menschen unterwegs waren. Ich mochte mir gar nicht vorstellen, was vorm Haus los gewesen wäre, fände das Oktoberfest statt.

Ein weiterer Corona-Schnelltest, um bei positivem Ausschlag noch rechtzeitig den Wahlhilfedienst absagen zu können. Er war wieder negativ, keine Überraschung.

Fauler Samstag, ich machte eine kleine Siesta.

Aperitif war Gin Tonic, bevor Herr Kaltmamsell das Nachtmahl servierte: Udon-Suppe aus aufgetauter Hühnerbrühe und mit gebratenem Seidentofu, sehr gut.

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Daniel Schreiber aus seinem Buch Allein über die Scham, die so viele ältere schwule Männer niederdrückt, und über die überlebenswichtige Rolle von Freundschaft:
“Tage in Famara”.

via @malomalo

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Gibt einem ein wenig den Glauben an die Menschheit zurück:
Kölner Treff unterhält sich mit Biontech-Gründer*in Özlem Türeci und Uğur Şahin.

https://youtu.be/VzOXLV6pE5g

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Ein sehr kleiner, sehr schneller, sehr niedlicher Hund.

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 24. September 2021 – Sonniger Wochenabschluss, Doraden

Samstag, 25. September 2021 um 8:47

Wieder Blumengießen unter dem Sternbild des Orion, es war ein herrlich klarer Morgen, noch weit von Frost entfernt.

Aber dennoch auf dem Weg in die Arbeit trotz Sonne ganz schön kalt.

Kaiser-Ludwig-Platz vor der Wahl – CSU und SPD hatten hier auf den Plakaten durchgewechselt. Der Text, nehme ich an, richtet sich an die Wahlberechtigten, die Olaf Scholz vergeblich auf ihrem Wahlzettel suchen und sich wundern.

Im Büro hatte ich erst mal Lust auf eine heiße Tasse Schwarztee, auch ein Herbstzeichen. Den English Classic vom Tee-Handelskontor Bremen hatte ich gar nicht so aromatisch in Erinnerung, die frisch aufgebrühte Tasse duftete mich blumig an.

Mittags Apfel, Feigen, Nektarine mit Quark.

Wundervolles Licht draußen, der September spielte nochmal Sommer. Das dichte Laub glänzte, gelbe Blätter nur bei genauem Hinschauen zu entdecken. (Die Miniermotten-gelichteten Kastanien zählen nicht).

Meine Güte: Ich stelle mich inzwischen derart peinlich an, wenn ich mal beruflich unter Druck gerate! Gestern sprang ich als Urlaubsvertretung ein, eigentlich war ich lediglich als Ansprechpartner für einen Termin nächste Woche vorgesehen. Doch um 15.01 Uhr, eine Minute nach Feierabend der zu vertretenden Person, musste der Termin komplett umorganisiert werden – und ich panikte total. Zum Glück habe ich genug Erfahrung in solchen Dingen, die sich automatisch zuschaltet, doch erst als ein paar Stunden später alles geklärt war und ich von daheim aus die letzte Mail dazu absendete, beruhigte ich mich langsam.

Auf dem Heimweg besorgte ich beim Verdi das Abendessen: Wir planten Fisch, und zwar Doraden.

Davor war noch Zeit für eine längere Yoga-Einheit, die eine Möglichkeit für unterstützten Fersensitz enthielt: mit Blackroll unterm Po, in meinem Fall hochkant.

Aperitif sollte Manhattans sein, doch überraschend war kein roter Wermuth im Haus – wurde aus Manhattan perfect halt Manhattan dry.

Ich koche so selten für uns, dass mir einige essenzielle Fertigkeiten fehlen. Zum Beispiel beim energischen Anbraten die Küchentür zu schließen: Jetzt weiß ich, wie der Feuermelder im Flur klingt.

Nach Anbraten kamen die Fische in den Ofen und garten bei 180 Grad 15 Minuten fertig – sie gelangen hervorragend. Serviert wurde mit Ernteanteil-Mangold und mit Couscous von Herrn Kaltmamsell, im Glas der Kleine Bruder vom Weingut Schmalzried, den wir im Berliner Wein-Lobbyisten kennengelernt hatten. Nachtisch Schokolade.

Im Fernsehen lief dazu der immer wieder erfreuliche Men in Black – der ja wohl unmöglich schon 24 Jahre alt sein kann!

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In meiner beruflichen Welt ist das schon lange Forschungsergebnis, doch erst langsam werden auch Appelle an die Politik daraus:
Hört auf, bestehende Gebäude (und Straßen) abzureißen und durch Neubauten zu ersetzen, das ist extrem klimaschädlich! Denn: Die Herstellung von Zement für die Bauwirtschaft ist für acht Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich.

Hier ein aktueller BBC-Artikel:
“Climate change: Construction companies told to stop knocking down buildings”.

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Traurige Nachricht aus dem Müncher Tierpark Hellabrunn: Die vierköpfige Erdmännchen-Gruppe ist tot.
“Trauer in Hellabrunn: Unfall auf der Erdmännchen-Anlage”.

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S’Buberl, s’Mäderl – und alles dazwischen – werden bald mit der Schule fertig (oder sind es gerade) und möchten erst mal was G’scheits lernen?
Wie wär’s mit Gärtner*in? Und das auch noch beim unglaublich rührigen und aufregenden Kartoffelkombinat?
Wir suchen gerade.
(Zudem suchen wir Gärtner*in und helfende Hände.)

die Kaltmamsell

Journal Donnerstag, 23. September 2021 – Lyrischer Morgen

Freitag, 24. September 2021 um 6:45

Wegen Partylärm vorm Haus wieder mit geschlossenem Fenster eingeschlafen, mir zehn Minuten späteren Wecker gegönnt, weil ich ja schon geduscht war.

So ziemlich als Erstes nach dem Aufstehen goss ich die Balkonblumen, gestern unter sternenklarem Himmel, im Süden hinterm Küchenbalkon grüßte mich Orion – samt Schwert und allem. Den ich doch bislang doch als typisches Winter-Sternbild abgespeichert hatte.

Theresienwiese, auf der die Abwesenheit des Oktoberfests für Bodenarbeiten genutzt wird.

Auf dem Weg in die Arbeit ein bisschen französischer Film:
Eine junge Frau mit FFP2-Maske und Blick vor sich, offener Kamelhaar-Mantel über dunklem Abendkleid, schwarze Stöckelsandalen in der Hand, barfuß um halb acht morgens einen Bürgersteig im Westend entlang gehend.
Ich wünschte ihr innig, eine sensationelle Nacht gehabt zu haben.
(Wie man bereits am Bewegungsmuster des Körpers die Barfüßigkeit erahnt.)

Vormittag mit Workshop, zu Mittag Reste: ein Restl Brot, ein Rest Auberginenpüree, die restlichen Reisnudeln vom Vorabend.

Das Wetter war herrlich, in der Sonne sogar warm. Auf dem Heimweg ging ich beim Vollcorner für Einkäufe vorbei, dann bei einem Drogeriemarkt in der Sonnenstraße.

Zu Hause hatte Herr Kaltmamsell das Wohnzimmer umgestellt. Nachdem mich in den vergangenen Monaten eine immer größere Egalizität gegenüber dem Abschluss unserer Wohnungseinrichtung überkommen hatte (in meinem Schlafzimmer stehen die Bilder immer noch auf dem Boden hinter den Vorhängen, das Buchregal steht nicht, ein Sideboard/Nachttisch bleibt ungesucht – im Wohnzimmer fehlen neuer Esstisch samt Stühlen, ein Barschränkchen, ein Sofa, ein Teppich), war er vor einigen Wochen aktiv geworden. Jetzt steht zum Beispiel der alte Esstisch schon mal da, wohin der neue kommen soll.

Nochmal die Kurzeinheit Yoga, dann bereitete ich zum Nachtmahl Salat. Blattsalat war wenig dabei, denn der Kopf aus Ernteanteil war innen faulig – das Wetter war halt zu nass gewesen. Ich füllte mit Gurke und zugekauften Tomaten auf. Zudem gab es einen Käseteller, Nachtisch Süßigkeiten.

Herr Kaltmamsell hatte gestern Wandertag gehabt und einen Falken gesehen. In der Flugvorführung der Falknerei Rosenburg wurde daran erinnert, dass der Einsatz des hochgiftigen Pflanzenschutzmittels DDT in den 1970ern zu einem beispiellosen Wildvogelsterben geführt hat. Mir ist sehr bewusst, dass ich Störche, Kraniche, auch Greifvögel wie Milane und Bussarde tatsächlich erst als Erwachsene in der Natur gesehen habe – in meiner Kindheit gab’s keine. (Und Falknereien wie die auf der Rosenburg gehörten nach eigenen Aussagen zu den Stellen, die den Bestand durch Zucht und Auswilderungen sicherten.)

Im Bett ein neues Buch runtergeladen und angefangen: C Pam Zhang, How Much of These Hills is Gold, ein Wildwest-Roman aus der Perspektive chinesischer Einwanderer.

Mittwochabend hatte ich das antiquarische Buch über die Münchner Brücken ausgelesen. Seit seiner Veröffentlichung 1981 wurden ersetzt: Großhesseloher Brücke, Thalkirchner Brücke, Flauchersteg, Emmeranbrücke – es wird wirklich Zeit für einen neuen Band zum Thema. Der die neuen Erkenntnisse über Hochwasservermeidung berücksichtigt (1981 war das noch 100 Prozent Bändigen, Einbetonieren, Zivilisieren) und vielleicht auch weniger feuilletonistische B-Noten vergibt, bei denen eine funktionale John-F.-Kennedy-Brücke von 1962 (“Dies reine Ingenieurbauwerk, statisch, konstruktiv und bautechnisch sicher eine saubere Lösung, zeigt einmal mehr, daß derartiges allein nicht genügt.”) genauso schlecht abschneidet wie das schöne und fotogene Oberföhringer Wehr von 1924 (“Historische Reminiszenzen an befestigte Flußsperren oder Loireschlösser und die Überzeugung, Technik dürfe nicht allzu augenfällig auftreten, haben dazu geführt, daß hier eine recht kuriose, in ihrer Hilflosigkeit beinahe rührende Architektur einen ernsthaften technischen Anlaß zu beschönigen versucht.”).

§

Ich habe solche Geschichte bislang nicht geteilt, weil es sich wie Nachtreten anfühlte. Doch Amerikanische Wissenschaftler Haben Herausgefunden (AWHH), dass diese Geschichten Impfskeptiker*innen (kein Euphemismus, sondern wörtlich) positiv beeinflussen können. Also hiermit.
“‘Ich war ein Impfgegner, aber das hätte ich nicht sein sollen'”.

Auf der Intensivstation des Schwabinger Krankenhauses in München liegen derzeit nur Patienten, die sich mit Corona infiziert haben. Sie alle haben eines gemeinsam: Sie sind ungeimpft. Ein Ehepaar bereut diese Entscheidung.

die Kaltmamsell

Journal Mittwoch, 22. September 2021 – Segen und Risiken des fehlenden Fortpflanzungstriebs

Donnerstag, 23. September 2021 um 6:42

Wieder gut geschlafen! Dafür musste ich am Vorabend allerdings mein Schlafzimmerfenster schließen: Eine Männergruppe hatte um die nächstgelegenen Bank im Park so lauten Spaß, dass auch keine Ohrstöpsel halfen. Beim Klogang um Mitternacht waren sie immer noch laut fröhlich.

Für den Weg in die Arbeit schlüpfte ich in meinen alten Ledermantel, nächster Herbstschritt.

Mittagessen: Apfel, Stück selbstgebackenes Brot, Rest der dienstagabendlichen Peperonata.

Rechtzeitiger Feierabend, um den Crosstrainer im Verein zu nutzen. Die Theresienwiese war beim Queren sonnig und sehr kühl. Crosstrainerstrampeln zu Musik auf den Ohren, damit verging die Stunde schnell. Terminvereinbarung für ein neues Maschinen-Trainingsprogramm verschoben, weil ich schnell heim wollte.

Zu Hause duschte ich rasch, ohne anschließendes Cremen und Pflegen (außer Deo) geht das erstaunlich schnell. Denn es war mit Herrn Kaltmamsell vereinbart, dass ich uns das Abendessen beim verlässlichen Vietnamesen holen würde. Es gab also zweimal Reisnudelschale mit Gemüse und Kräutern und Frühlingsrollen, fleischlos für mich, mit Fleisch für Herrn Kaltmamsell (nicht wirklich geplant, beim Chi Thu war mords Betrieb und ich nahm’s einfach). Danach Schokolade.

Mal wieder darüber nachgedacht, wie stark es mein Leben und meine Weltsicht prägt, dass mir nicht nur jeglicher Fortpflanzungstrieb fehlt, sondern Schwangerschaft und Kinderhaben immer schon zu meinen ultimativen Albträumen gehören (ich schrieb erst letzthin einem Freund, dass bei mir die Formulierung “hat sich gegen Kinder entschieden” nur Sinn macht, wenn ich mich durch meine Polio-Impfung “gegen Kinderlähmung entschieden” habe). Dass ich deshalb erst sehr spät begriffen habe, dass alle Menschen Kinder haben wollen, alle – zumindest grundsätzlich oder ein bisschen, die meisten deutlich. Auch wenn sie unter schweren Depressionen leiden, die sie regelmäßig an den Rand des Suizids bringen. Auch wenn sie sich nicht für Kinder interessieren oder Kinder eigentlich nicht mögen und vor allem genervt von ihnen sind. Auch wenn sie nicht vorhaben, sich mit ihnen zu beschäftigen, weil sie ganz in ihrem 24/7-Arbeitsleben aufgehen. Immer und immer wieder muss ich mich daran erinnern, dass dieses Kinderwollen bei fast allen Menschen stärker ist als das vielfältige Leiden unter Elternschaft (wo es doch verlässliche Verhütung gäbe!). Dass sich ganz wenige aktiv gegen Kinder entscheiden, und diese fast alle, weil sie anderes in ihrem Leben priorisieren. Dass die allermeisten Kinderlosen das nicht freiwillig sind, sondern keine Kinder bekommen können oder ihnen im relevanten Alter Partner*in fehlte. Aber das kostet mich immer aktives Bewusstmachen.

Ich glaube schon, dass Fortpflanzungstrieb zum Beispiel zu einer anderen Haltung gegenüber Besitz (weil für die Nachkommen) führt. Oder dazu, dass mir immer wieder auffällt, wie in der Diskussion um die Zukunft des Planeten der Faktor Überbevölkerung praktisch nie auftaucht, und wenn, nie in Verbindung mit dem eigenen Verhalten, sondern nur auf anderen Kontinenten. Doch immer wenn ich mich nicht rechtzeitig an dieses grundlegende Kinderwollen aller Menschen erinnere und mal wieder bestürzt bin über von Schwangerschaft zerstörte Lebensträume, muss ich mich auch daran erinnern, dass ich selbst den Segen des fehlenden Fortpflanzungstrieb ja zu nichts genutzt habe. Sondern lediglich der modernen Medizin innig danke, dass ich Sex haben konnte, ohne nahezu zwangsläufig Kinder haben zu müssen.

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Von wegen “Linksrutsch” (yes please): Der britische Guardian berichtet von einer Studie des Institute for Economic Affairs (IEA), nach der junge Britten entschieden nach links gewandert sind.

“Eat the rich! Why millennials and generation Z have turned their backs on capitalism”.

Nearly 80% blame capitalism for the housing crisis, while 75% believe the climate emergency is “specifically a capitalist problem” and 72% back sweeping nationalisation. All in all, 67% want to live under a socialist economic system.

Das sei nicht nur in methodisch sauberen Umfragen sichtbar, sondern auch in Dating Apps.

Dating apps are another, less formal way of seeing where the wind blows. The apps have increasingly become no-go zones for Tory supporters. Given Labour had a 43-point lead among the under-25s in the last election – unlike in 1983, when the Tories had a nine-point lead among our youngest voters – the dating pools of the youthful true blue have shrunk. “No Tories – it’s a deal breaker”, “Absolutely no Tories (the left are sexier anyway, facts)”, “Swipe right if you vote left” and “Just looking for someone to hold hands with at the revolution” adorn profiles on Tinder, Hinge and Bumble.

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Jetzt auch mit Infos zu Corona-Regeln: Alle Antworten der Stadt München zum Bundestagswählen in München am 26.9.

Unter anderem: Wenn Sie Ihre Briefwahlunterlagen erst am Sonntag abgeben möchten, können Sie das hier tun.

Standorte der Behördenbriefkästen:

  • Kreisverwaltungsreferat, Ruppertstraße 11 und Ruppertstraße 19
  • Rathaus, Marienplatz 8
  • Bezirksinspektion Ost, Trausnitzstraße 33
  • Bezirksinspektion West, Landsberger Straße 486
  • Bezirksinspektion Nord, Hanauer Straße 56

Außerdem gibt es am Wahlwochenende Sonderabgabestellen für Wahlbriefe an U-Bahnhöfen. An diesen Standorten stehen gelbe Wahlurnen, die von Sicherheitspersonal beaufsichtigt werden. Dort können am Samstag, 25. September, und am Wahlsonntag, 26. September, jeweils von 8 bis 18 Uhr Wahlbriefe eingeworfen werden. Auch hier ist die letzte Leerung am Wahlsonntag, 26. September, 18 Uhr.

Standorte der Sonderabgabestellen:

  • U-Bahnhof Hohenzollernplatz, Zwischengeschoss, auf der Seite Hohenzollernplatz
  • U-Bahnhof Rotkreuzplatz, Zwischengeschoss, auf der Seite Rotkreuzplatz
  • U-Bahnhof Münchner Freiheit, Zwischengeschoss, vor der Apotheke „Zur Münchner Freiheit“
  • U-Bahnhof Messestadt West, Zwischengeschoss, auf der Seite zur Messe
  • U-Bahnhof Giesing, Zwischengeschoss, zwischen Aufgang Bahnhofsplatz und Schlierseestraße
  • U-Bahnhof Feldmoching, Zwischengeschoss, beim Aufgang zur S-Bahn
  • U-Bahnhof Forstenrieder Allee, Forstenrieder Allee 61a

die Kaltmamsell

Journal Dienstag, 21. September 2021 – “Erhöhtes Risiko”

Mittwoch, 22. September 2021 um 6:30

Der Tag begann damit, dass mir in der Küche zwei schwere Schneidebretter hochkant auf den linken Fuß fielen. Denn: Jemand in diesem Haushalt, der mich allabendlich mit köstlichem Nachtmahl bekocht und dann auch noch selbst die Küche aufräumt, stapelt handgewaschenes Geschirr gerne aufs Abtropfgitter – bis zu einer Höhe, in der es die Tür eines der Oberschränke blockiert. Als ich morgens beim Ausräumen des Geschirrspülers noch etwas schlaftrunken diese Tür öffnete, schob sie die beiden hochgestellten Schneidebretter vom Abtropfgitter und auf meinen Fuß. Danach war ich wach und hatte noch viele Stunden etwas von den Schmerzen. Abends kündigte sich ein beeindruckender blauer Fleck an.

Diesmal trug ich auf dem Weg in die Arbeit eine dicke Jacke gegen die Herbstkühle, es wurde den ganzen Tag nicht warm. Das machte meine Körpertemperatur auch abseits hormoneller Sonderzustände schwierig: Das Büro ist noch nicht winterlich geheizt, Bluse reichte also nicht, ich griff zum Bürojäckchen. (Gilt noch, dass Frauen in Büros standardmäßig eher Wollstolen in Teppich-Design vorhalten und sich bei Bedarf um die Schultern legen? Oder hat sich dieser Brauch wegpandemisiert? Wegen mangelnder Präsenz der Kolleginnen kann ich das nicht anhand von Stola-Stapeln in Büros verifizieren.)

Ich hatte mir Dienstag und Mittwoch eigentlich für eine Schulung geblockt, kurz vor Beginn aber festgestellt, dass sie für mich gar nicht relevant ist. Die schlagartig freiwerdende Zeit konnte ich gut gebrauchen.

Mittags gab es ein Brot mit Frischkäse und einen Apfel.

Auf dem Heimweg durch den kalten, grauen Tag, brachte ich nach Langem mal wieder Münzen zur Bank – in Zeiten hauptsächlicher Kartenzahlung hatte es lange gedauert, bis unser Topf mit Urlaubsgeld, in den wir allabendlich das Kleingeld unserer Geldbeutel leeren, voll geworden war.

Zu Hause ein kurzer, knackiger Yoga-Flow, den ich zum Begreifen sicher nochmal machen werde.

Als Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell ein weiteres Gericht aus Rachel Roddys A to Z of Pasta: Casarecce con peperonata, schmeckte mir sehr gut. Zum Nachtisch Süßigkeiten, diesmal bremste ich mich halbwegs rechtzeitig.

Letzten Freitag zeigte meine Corona-Warn-App “Erhöhtes Risiko” an – zum ersten Mal seit der Umstellung der Risikoberechnung vor einem Jahr. Die letzte Risikobegegnung war demnach am 14.9. gewesen. Zum Glück bin ich doppelt geimpft, also ist keine Quarantäne notwendig. Zudem trage ich unter Menschen weiterhin FFP2-Maske (auch wenn in Bayern seit 2. September die leichten medizinischen akzeptiert werden), habe keine Symptome und schnellteste mich seit der Meldung fast täglich, werde das auch die empfohlenen 14 Tage so beibehalten.

Im Bett las ich weiter in Christoph Hackelsberger, München und seine Isar-Brücken von 1981. Ich hatte es antiquarisch besorgt, weil es wohl nichts Neueres zum Thema gibt, und lese viel bereits historisch gewordenes: Die Großhesseloher Brücke wurde seither komplett neu gebaut, die Thalkirchner Brücke zum größten Teil. Und die Fotos sind schlecht, da hilft keine Großformatigkeit (während meines Zeitungsvolontariats wurde noch über schlechte Bilder gescherzt: “Mach es vierspaltig 210 mm groß – dann ist es Kunst.”). Für ein aktuelles Buch über die Münchner Isarbrücken müsste es doch eigentlich einen Markt geben?

§

Für den ORF haben Nadja Igler (Text), Christian Öser (Bild, Video) Stimmen zum Ost-West-Verhältnis in Deutschland gesammelt – und dazu auch Menschen interviewt, die ich aus dem Internet kenne.
“Deutschland-Wahl
Der Osten trotzt den Klischees”.

§

Florian Aigner auf Twitter über “Selbstverstrohmannung” (wenn sich jemand ständig mitangegriffen fühlt – und damit von der eigentlichen Diskussion ablenkt).

§

Mittlerweile gibt es natürlich auch Wettbewerbe für Dronen-Fotografie – mit spektakulären Einreichungen.
“Spectacular Winners of the 2021 Drone Photography Contest Capture a Bird’s-Eye View of the World”.

die Kaltmamsell