Journal Samstag, 20. März 2021 – Fernsehfund

Sonntag, 21. März 2021 um 7:44

Unruhige Nacht für uns beide. Während Herr Kaltmamsell schon vor sechs aufgab, versuchte ich mit Erfolg nochmal zu einzuschlafen und wachte erst nach sieben auf.

Zubereitung des Morgenkaffees mit diesem Ausblick vom Küchenbalkon.

Ich sehnte mich arg nach schweißtreibendem Sport – aber QuietschKlackerKnarz. Deshalb schob ich den Crosstrainer in die Küche, an den am weitesten von Herrn Kaltmamsells Arbeitsplatz entfernten Ort in der Wohnung. Wozu ich bald um des Herrn Hilfe bat, denn die Rollen am Crosstrainer gaukeln einen deutlich einfacheren Transport vor, als er dann tatsächlich war. Ich strampelte mit schönem Ausblick, immer wieder fiel Schnee.

Mittägliche Einkaufsrunde, draußen war es mindestens so kalt, wie es aussah: Semmeln beim Bäcker, Zutaten fürs Abendessen beim Basitsch, im Blumenladen am Stephansplatz kaufte ich eine Lage Primeln, zu denen mich diese Schüssel gelockt hatte.

Zum Frühstück gab’s eine Semmel mit Avocado und zwei Scheiben Nusskuchen. Mit einer Siesta Schlaf nachgeholt.

Einrichtungsdinge gestern: Ein Loch gebohrt zur Stabilisierung eines Buchregals, im Bad Hinterlassenschaften der Vormieter überm Waschbecken entfernt, und zwar einen riesigen Flüssigseifenspender, einen Magnetseifenhalter und zwei Halterungen, deren Zweck sich nicht erschließen ließ. Nach Internetrecherche entfernte ich die mannigfaltigen Kleberreste mühevoll, aber letztlich erfolgreich mit der Rasierklinge (Werkzeug zur Kochfeldreinigung).

Zeitunglesen im Sessel, bis es Zeit fürs Abendessenkochen war (Herr Kaltmamsell überließ die Küche mir): Es gab Pastinaken und Karotten aus Ernteanteil als Ofengemüse, dazu Sauerrahm mit Kresse. Drinks: Highballs aus Ginger Ale und Canadian Whisky.

Abendunterhaltung: Die Medienseite der Süddeutschen Zeitung hatte mich auf eine norwegische Fernsehserie in der ARD-Mediathek aufmerksam gemacht, deren Grundannahme sich sehr interessant las – Beforeigners. Weltweit tauchen Menschen aus der Vergangenheit im Meer auf, zu vielen tausenden. Die Serie spielt einige Jahre später in Oslo, wo Menschen aus der Steinzeit, der Wikingerzeit und aus dem 19. Jahrhundert Teil der Gesellschaft geworden sind, bei Weitem nicht integriert. Hauptfiguren sind ein Kriminalkommissar mit (natürlich) persönlichen Problemen und die erste Polizistin mit “multitemporalem” Hintergrund. Wir sahen zwei Folgen an, und ich freute mich sehr daran, wie das Thema Einwanderung und Diversität über diese Analogie durchgespielt wird, die Herkunftsort mit Herkunftszeit ersetzt – inklusive nEhMEn uNS dIe fRauEn WEg, falsch ausgesprochenen Namen und völlig un-stereotyper Genderverteilung im Ermittlerpaar (die Zeitreisende war Wikinger-Kriegerin).

(Zweckpessimismus: Wenn die Serie mir gefällt, bedeutet das, dass sie nicht kompatibel mit dem Programmprofil ist und nach der ersten Staffel wieder abgesetzt wird. Meh.)

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 19. März 2021 – Weiterhin Schnee, erstes Kuchenbacken in neuer Küche

Samstag, 20. März 2021 um 8:47

Schon wieder verschlafen (um 10 Minuten), ich muss meinen Smartphone-Wecker näher heranrücken.

Draußen hielt sich der Winter, den ganzen Tag über schneite es immer wieder.

Hübsch, aber an einem 19. März komplett unnötig: verschneiter Bavariapark.

Im Büro ohne Ausweichbewegungen sofort die Panik-Aufgabe vom Vortag angegangen (mir war nachts ein Work-around eingefallen, der zum gewünschten Ergebnis führen konnte): Drei Stunden ultra-konzentriertes Arbeiten, jetzt sollte das hoffentlich erledigt sein.

Der Donnerstag fühlte sich ja abschließend wie Superdeppen-Fiasko an, dabei hatte er mit einem für mich typischen Erfolgserlebnis begonnen: Ich hatte ein komplexes, mittelgroßes Unternehmensproblem gelöst, das kaum jemand als Problem auf dem Schirm gehabt hatte. Gestern wurde ich cc gesetzt, wie jemand meine Lösung gleich praktisch anwendete, und das freute mich sehr. (Doppelte Arroganz: Ich fühle mich ersetzbar, weil ja ohne mich niemand diese Probleme hat, die ich ans Licht zerre. Und wenn sie ohne mich explodiert wären, hätte sie sicher auch niemand als wirklich schlimm empfunden – nur ich, SUPER-SHERLOCKINE, erkenne die ganze Tragweite.)

Heimweg in einem weiteren Schneegestöber, auch solche Anblicke halte ich für unangebracht:

Ich machte mich sofort ans Backen des ersten Kuchens in neuer Küche, eines “So backst du saftigen Nusskuchen besser als deine Oma”. Tatsächlich hatte mir nur das schlichte Rezept gefallen, der Text passt eh nicht dazu und sieht nach 90 Prozent SEO aus zur Maximierung von Traffic, den bereits seit vielen Jahren Algorithmen zusammenstellen statt Redakteurinnen. Nusskuchen besser als meine Oma zu backen, und hier fange ich gar nicht erst mit den Gender-Stereotypen an, die sich selbst 2021 backende Opas nicht vorstellen können, ist die einfachste Übung der Welt, denn meine spanische Yaya buk überhaupt keinen Kuchen (Kuchen kaufte man in Spanien zumindest damals zu besonderen Anlässen beim Bäcker oder in der Pastelería und machte ihn nicht selbst), meine polnische Oma ließ Kuchen grundsätzlich zu lange im Ofen, ihre waren immer sehr trocken.

Herr Kaltmamsell hatte sich Nusskuchen gewünscht, er bekam Nusskuchen (wenn auch mit gemahlenen Mandeln, weil die halt noch da waren). Die Handgriffe und Orte beim Backen müssen sich noch einrütteln in der neuen Küche. Ich fürchte, unser Brotkasten wird rausfliegen: Nimmt viel zu viel Platz weg an strategisch wichtigen Plätzen, wird dafür viel zu wenig genutzt.

Alkohol zum Einläuten des Wochenendes: Prosecco mit Aperol. Herr Kaltmamsell servierte das besonders hübsche und wohlschmeckende Nachtmahl:

Tahini-Hähnchen auf Hummus mit Kichererbsen-Chips, Frühlingszwiebeln und Knoblauch.

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Auch diese Folge maiLab empfehle ich sehr: “Wie sicher ist AstraZeneca wirklich?”

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/oBLQmE-nG60

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In den meisten Hetero-Familien sind es die Mütter, die sich um die Haushaltslogistik kümmern, meist vom Rest der Familie ohne Anerkennung als selbstverständlich hingenommen. Ich weiß, dass sehr viele davon träumen, einfach mal ein paar Tage das ständige Hinterherräumen und -putzen bleiben zu lassen, um diesem Rest vor Augen zu führen, dass es nicht von allein passiert. Eine, @MissPotkin, hat es durchgezogen – und zum Glück für uns alle dokumentierte sie es auf Twitter.

die Kaltmamsell

Journal Donnerstag, 18. März 2021 – Schreiner-Überstürzung

Freitag, 19. März 2021 um 6:52

Die Nacht mit erfreulich gutem Schlaf endete um fünf, ich ruhte noch ein wenig.

Morgenkaffee und Bloggen, während draußen wieder Schnee einsetzte, erst als Leiserieseltder, dann ernsthaft. Die Wettervorhersage verspricht nicht etwa Frühling, sondern sinkende Temperaturen in München, für Sonntag zweistellig unter Null. Kann ich die Option mit Winterschlaf nochmal sehen?

Küchenausblick – ich glaube, der wird mich noch oft entzücken.

Spaziergang in die Arbeit zwischen Schneeflocken.

Bewegung bekam ich im Büro unter anderem durch regelmäßiges Herablassen oder Hochziehen von Rollos, denn mal war das Büro superduster (Wolken, Schneefall), oder mich blendete Sonne. Mittagessen Reisnudeln vom Vorabend mit einer Avocado, sehr erfreulich.

Am Nachmittag stürzte ich in Panik: Zum einen wegen einer Aufgabe, die mich überraschte und die ich ohne Ahnung einer Lösung sehr schnell erledigen muss. Zum anderen wegen Dummheit: Ich hatte mich nachmittags mit dem Schreiner verabredet zu einer Besprechung von Details des Einbauschranls – ich ging aus irgendeinem Grund von einem Telefonat aus. Bis er mich anrief, weil er vor meiner Haustür stand und ihm niemand öffnete. Ich ließ alles liegen, warf mir den Janker über und stürzte in die U-Bahn, angestrengt nach dem schnellsten Weg nach Haus überlegend, denn das letzte Stück der gewohnten Öffi-Strecke wird derzeit wegen Gleiserneuerung nicht bedient. Ich stieg an der Theresienwiese aus und eilte zu Fuß heim. Das ging mit dem Adrenalin im Blut überraschend gut, vielleicht werde ich ja doch wieder joggen können.

Zum Glück besitzt der Schreiner ein völlig anderes Temperament als ich, er hatte freundlich und gelassen gewartet. Er sah sich in der Wohnung um, maß aus, dann setzten wir uns für Details über seiner Skizze und Materialbeispielen zusammen, er begleitete mich durch die Entscheidungen. (Alles mit FFP2-Maske, das ging gut.)

Zwei Stunden nach überstürztem Aufbruch war ich wieder im Büro (selber Rückweg wie Hin-), erledigte letzte Dinge, räumte zusammen. Auf dem Heimweg Einkäufe beim Vollcorner, halb acht ist eine deutlich leerere Zeit als sonst kurz vor sechs.

Zum Abendessen servierte Herr Kaltmamsell mexikanische Tortilla mit Omelette gefüllt zum Asiasalat aus Ernteanteil, Nachtisch viel Schokolade.

Es hatte wieder Nifften-TV auf instagram gegeben, das ich hinterhergucken musste, da ich bei der Sendung am Mittwoch nicht in der Nähe eines Empfangsgeräts gewesen war. Große Rührung über die Bruderfamilie.

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In der neuen Wohnung haben wir ein weiteres Einrichtungsproblem: Wohin mit dem Wäschetrockner? Er stand in der alten Wohnung unauffällig im Wintergarten, dazu gibt es jetzt kein Pendant (siehe Crosstrainer). Derzeit ist er provisorisch in meinem Schlafzimmer geparkt, wird dort aber in den nächsten Monaten vom Einbauschrank verdrängt. Gestern fand ich zumindest schon mal eine mögliche Lösung auf instagram – das mir ja regelmäßig von Einrichtungsfreundinnen und -freunden als Inspiration empfohlen wird, jetzt weiß ich auch warum.

die Kaltmamsell

Journal Mittwoch, 17. März 2021 – Waschmaschinen- und Pflanzensorgen

Donnerstag, 18. März 2021 um 6:33

Aufgeweckt vom Lärm eines Schneeräumfahrzeugs, weitergeschlafen. Bei Weckerklingeln zeigte das erste Licht der Dämmerung nassen Schnee auf den Bäumen.

Unangehme Entdeckung: Die am Vorabend für morgens programmierte Waschmaschine hatte nicht gewaschen, trotz aufgedrehtem Zulauf war kein Wasser geflossen. Ein paar Versuche mit Aus- und Einschalten, Auf- und Zudrehen brachten nichts, wir verschoben Weiteres auf den Abend.

Arbeitsweg mit tropfend nassem Schnee.

Ich hatte zu einem meiner dicksten Wollpullis gegriffen, da ich am Dienstag im Büro gefroren hatte. Nur dass mein Temperaturempfinden wohl derzeit wieder vom Kasperl am Regler abhängt: Ich schwanke lustig zwischen zu warm und Frieren (nein, nicht so wie bei Fieber oder Migräne). (Apropos Migräne: Ich bin kurz vor der Halb-Jahres-Marke ohne. Überlegen Sie sich das als Migränikerin nochmal mit dem Hüft-Implantat aus Titanium: Es hilft wirklich.)

Mittagessen war Hering in Currysoße aus dem Supermarkt-Kühlregal und ein Laugenzöpferl plus Orange.

Angebot der Schreinerei für den Einbauschrank angenommen. Wofür habe ich Ersparnisse, wenn nicht für etwas, womit ich die nächsten 30 Jahre zu leben gedenke?

Nach Feierabend ging ich mit kleinem Umweg heim, ich hatte das Bedürfnis nach Spaziergang. Zu Hause befassten wir uns gleich mit der Waschmaschine. Es lief einfach kein Wasser zu (einmal war die Waschmaschine vor einer Woche problemlos durchgelaufen). Alle möglichen Untersuchungen ergaben: Aus diesem Wasserhahn, an dem der Zulauf angeschraubt wird, kommt derzeit wirklich kein Wasser.

Herr Kaltmamsell bat Twitter um Rat (und erntete einen ganzen Strauß möglicher Fehlerquellen), ich telefonierte mit meinem Vater – ohne Lösung. Um wenigstens eine Maschine waschen zu können, wechselten wir den Waschmaschinenzulauf auf den Hahn der Geschirrspülmaschine – die Schnittstelle genauso aus, aber wenn man aufdreht, fließt Wasser. Es wird wohl ein Handwerker kommen müssen.

Das Abendessen holte ich wieder beim Vietnamesen und freute mich an gebratenem Zitronengras-Tofu, viel frischem Gemüse und Kräutern. Die Reisnudeln stellte ich zur Seite als Brotzeit für Donnerstag.

Dann sah ich meiner Lieblingszimmerpflanze wieder beim Beleidigtsein zu.

Sie ist mein Liebling, weil ich sie schön finde – und weil sie meine älteste ist: Die Urform hatte ich beim Auszug aus dem Elternhaus vor 35 Jahren mitgenommen. Doch sie hasst Veränderungen. Das stellte ich zum ersten Mal schmerzlich fest, als ich die damals noch kleinere Pflanze zu Studienzeiten für eine längere Abwesenheit bei einer Freundin unterstellte: Obwohl die Freundin mir versicherte, dass sie die Pflanze umsorgt und umhegt habe, Gießvolumen immer mit vorherigem Daumentest abgestimmt, warf sie alle Blätter bis auf drei von sich. Diesmal quittiert sie den Umzug mit Blattabwurf, erst werden die Blätter gelb, dann fallen sie ab.

Nach Schulbuch (und Meinung meiner gründaumigen Mutter) müsste sie umgetopft werden, doch auch auf Umtopfen hat sie bislang noch jedesmal mit Blätterabwurf reagiert. Mehr als eine grundlegende Veränderung wollte ich ihr nicht gleichzeitig zumuten. (Ja mei, andere haben Hunde und sorgen sich um jede deren Regungen.)

Aber: Herr Kaltmamsell hatte Tulpen gekauft! In zwei Vasen signalisierten sie den Frühling, den der wiederholte Schneefall vorm Fenster bestritt.

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Wie war es wohl, als Teenager den Zusammenbruch der Sowjetunion zu erleben? Auf Twitter beantwortet @SlavaMalamud diese Frage in einem sehr aufschlussreichen Thread für sich als Beispiel.

die Kaltmamsell

Journal Dienstag, 16. März 2021 – Baumarktbesuch

Mittwoch, 17. März 2021 um 6:44

Dann doch nochmal den dicken Wintermantel aktiviert, weil ich am Montag gefroren hatte. Fußweg in die Arbeit in erst sehr leichtem, dann starkem Schneefall, nasse Flocken.

Den Tag über schneite es immer wieder, es kam aber auch manchmal die Sonne heraus.

Kopfweh und Schwindel, wurde nachmittags zum Glück besser.

Mittagessen Hüttenkäse und Joghurt mit Orange, nachmittags eine Hand voll Nüsse und ein paar Trockenaprikosen.

Über den Tag las ich immer weitere Informationen zu den wissenschaftlichen Hintergründen des Impfstopps mit AstraZeneca – sie erklärten die Entscheidung zumindest, ließen mich allerdings weiter verwundert über die Prioritäten zurück und machten die Mutlosigkeit wenig geringer. Abends erfuhr ich von der Stellungnahme der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA), hier ein Überblick inklusive Hintergrund auf tagesschau.de:
“‘Nutzen von AstraZeneca größer als Risiken'”.
So oder so ist die Impfaktion in Deutschland zusätzlich zu all den organisatorischen Pannen weiter verlangsamt, ich nähme übrigens auch Sputnik, hat eh den besten Namen von allen bisherigen Impfstoffen.

Nach Feierabend ging ich zum nächstgelegenen Baumarkt (Google Maps schlug mir einen genialen Schleichpfad an einem Bahngleis entlang und über ein Betriebsgelände vor, auf den ich im Leben nicht selbst gekommen wäre), um ein paar Dinge für die Wohnung zu besorgen: Seifenablagenlösung an der Dusche; anständigen Putzeimer (der den leeren Farbeimer ersetzen soll, mit dem die Putzmänner seit 21 Jahren hantieren), Klobürste fürs zweite Klo; Vorhangschiene und Gleithaken, Dotzschutz gegen Türklinke für die Klowand. Bis auf den Dotzgummi fand ich alles selbst, und zu dem wurde ich von einem hilfsbereiten Angestellten geleitet.

Herr Kaltmamsell hatte Guacamole aus den nächsten drei reifen Avocados gemacht, mit denen ich meinen ersten Hunger beim Heimkommen stillte. Als eigentliches Abendessen bereitete er den Lauch aus Ernteanteil mit Tofu und schwarzen Bohnen zu einem chinesischen Pfannengericht zu, auch dieses sehr gut.

Die Infektionszahlen steigen weiter, die Schulen bleiben offen, Landkreise beschießen, die Inzidenzgrenzen für Schließungen zu ignorieren, Margarete Stokowksis Hinweis in ihrer Spiegel-Kolumne, bitte nicht auf die vielen Flugbucher nach Mallorca wütend zu sein, sondern auf den Kapitalismus, verlangt geradezu Übermenschliches.

§

Mek, Blogger der ersten Stunde, tagebuchbloggt derzeit, das freut mich sehr.
Ein Nebenprodukt ist diese viel-verlinkte Abhandlung, aus der ich eine Menge über Drogen gelernt habe und nach deren Lektüre ich mich frage, warum ich Mek eigentlich so lange nicht mehr getroffen habe (also bereits vor Corona).
“[die Muskatnuss (und andere Drogen im Südtirol der Neunzigerjahre)]”.

die Kaltmamsell

Journal Montag, 15. März 2021 – Neue Pandemie-Bedrückung

Dienstag, 16. März 2021 um 6:35

Unruhige Nacht, zumindest ohne Pausen.

Ein Tag mit supergreislichem Wetter (Regen/Schneeregen), zum Glück kam ich trocken in die Arbeit.

Mittags Avocado, rote Paprika, ein Stück Käse.

Stand der Corona-Frise.

Ratlosigkeit, wann ich Urlaub nehmen soll. Pause brauche ich, und Urlaub bedeutet für mich keineswegs automatisch Reisen. Aber ohne Aussicht auf wenigstens Ausflüge, Begegnungen mit Freunden und Familie oder auch nur Erledigungen mit gutem Gewissen – wusste ich wirklich nicht. Da ich mich zudem mit Urlaubsvertretung abstimmen muss, wird es wohl auf eine Woche vor den Pfingstferien rauslaufen und vage zwei Wochen irgendwann in den Sommerferien.

Nachmittags der Schlag, dass der AstraZeneca-Impfstoff auch in Deutschland vorläufig nicht verwendet werden soll. Auch wenn ich davon ausgehen muss, dass diese Entscheidung wohlüberlegt war, konnte ich leider die Kriterien nicht nachvollziehen, die das Risiko einer Thrombose, das nicht in entfernte Sichtweite des Thrombose-Risikos etablierter Medikamente kommt (Novalgin, Anti-Baby-Pille), höher werten als die Risiken einer Corona-Erkrankung mit all ihren Folgen. Ich verlor jegliche Hoffnung auf einen Lichtblick in Form von Impfung oder Pandemie-Eindämmung in den nächsten Monaten.

Wahrscheinlich sollte ich mich für dieses Jahr gezielt auf Urlaube daheim und mit Pandemie-Einschränkungen vorbereiten: Fahrrad überholen lassen für Ausflüge, eine Liste mit daheim erreichbaren Filmen machen, die ich gerne sehen möchte, Museen auf Online-Ausstellungen abklappern, Theater auf Online-Vorstellungen, Rezepte raussuchen, kurz: für jeden Urlaubstag Programm aufstellen. Halt ohne Menschen.

Bedrückter Heimweg, zum Glück wieder trocken, Abstecher in einen Supermarkt für Brotzeiten und Süßigkeiten.

Kirche St. Paul.

Daheim eine Runde Yoga, die auch nicht half. Als Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell Linsen mit Roten Beten aus Ernteanteil, zum Nachtisch hatten wir noch Schokoladenspeise vom Vorabend übrig.

Vom angefragten Schreiner trafen Skizze und Kostenvoranschlag für meinen Einbauschrank ein. Ersteres war sehr erfreulich, weil er meine Ideen verstanden hatte, Zweiteres muss ich erst noch verarbeiten.

§

Was passieren kann, wenn man einen Cartoonisten als Nachbarn hat.

§

Nachhaltig impfen mit der Impfmanufaktur. (Schweizer Humor.)

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 14. März 2021 – Pop-up-Kunst im Schlafzimmer

Montag, 15. März 2021 um 6:24

Nach genügend Schlaf zu Schneeregen/Schnee aufgewacht, von kräftigem Wind schräg geblasen.

Nach gemütlichem Morgenkaffee und Bloggen zog ich Sportkleidung an. Plan war, das Bücherregal im Flur zu befüllen und dann endlich mal wieder ausgiebig Reha-Gymnastik zu treiben.

Nach gut zwei Stunden Kistenheben, leere Kisten Falten und Stapeln, Büchereinräumen und -umräumen, Leiter Hoch- und Runtersteigen, volle Kisten Neustapeln, freigewordene Fläche mit Teppich und Sesseln Ausstatten, Stapel leerer Kisten in den Keller Räumen – war das dann doch genug Workout für den Tag und die Sportkleidung verschwitzt. Der Lohn: Aus einem bestimmten Blickwinkel sieht man im Wohnzimmer keine Umzugskisten mehr.

Das Wetter war weiterhin unwirtlich, beim Semmelholen geriet ich in einen Graupelschauer. Den ganzen Tag über wechselten sich Sonne, Schnee, Graupel, Wind und Regen ab – der März übte April.

Blick aus dem Schlafzimmerfenster in einer Sonnenphase.

Zum Frühstück gab es eine der Samstag gelieferten Avocados gleich mal auf Semmel. Dann machte ich es mir im Sessel wirklich gemütlich und las liegengebliebene SZ-Magazine.

Doch noch eine Runde geräumt: Weitere leere Kartons flachgefaltet und in den Keller gebracht (nur vorübergehend, bis alle leeren Umzugskarton über ebay Kleinanzeigen o.Ä. weitergegeben werden können).

Mein Schlafzimmer wird noch eine ganze Weile auf seinen Einbauschrank für ALLES warten müssen. Gestern nutzte ich die bis auf Weiteres leere Wand dahinter, um nach vielen Jahren Besitz diesen großformatigen Druck (180cmx114cm) aufzuhängen.

“Blauer Himmel” von Sandra Anzer. Er ist ein Resultat der Zusammenarbeit des Lehrstuhls für Kunstpädagogik der Uni Augsburg mit (damals noch) MAN B&W Diesel – wo ich zu dieser Zeit arbeitete. Ein Kollege organisierte immer wieder ein Malen in der Fabrik: Studierende des Lehrstuhls kamen in die schönen alten Werkshallen, in denen riesige Schiffsdieselmotoren gebaut wurden, und malten oder zeichneten dort. Damals gehörte auch MAN Roland noch zum MAN-Konzern, auf deren Druckmaschinen wurden von einer Auswahl der Werke Drucke angefertigt – und diesen hier hatte ich für mich erbeten. Bis gestern stand er zusammengerollt in einem Eck und überstand jede meiner Wegwerf-Aktionen; ich mochte das Bild wirklich gern (wer mal in einer der Werkshallen war, erkennt das Orange der riesigen Krane sofort wieder), außerdem bin ich mir ziemlich sicher, dass der Druck unersetzlich ist.

Zum Befestigen verwendete ich englisches Blue-Tack, ich hatte noch den Rest einer uralten Packung. Selbst wenn die Knetklebemasse Flecken auf der Wand hinterlässt: Verschwinden ja hinter dem Einbauschrank. Das Alter des Blue-Tack macht es allerdings wahrscheinlicher, dass der Druck recht bald runterfällt.

Zeit, Muße und Platz (!) für eine Einheit Yoga, ziemlich anstrengend.

Zum Nachtmahl gab es Sauerkraut und Salzkartoffeln aus Ernteanteil, dazu Leber- und Blutwurst (gibt’s die überhaupt noch mit Speckwürfeln? habe ich möglicherweise zuletzt vor Jahrzehnten gegessen). Nachtisch Schokoladenspeise.

§

Ich fange an, Artikel über den aktuellen Streit zu “Identitätspoltik” (wann hat er diesen Titel bekommen?) zu überblättern, weil mir von allen Seiten nur noch unsachliche Zuspitzungen ins Auge stechen, auf den ersten Blick vor allem extreme Einzel-Auswüchse der Gegenseite als Argumente aufgeführt werden und nicht über die unterschiedlichen Prämissen gesprochen wird, die meiner Ansicht nach zu den unterschiedlichen Betrachtungen desselben Sachverhalts führen.

Sibylle Bergs Essay ist ebenfalls anekdotisch, doch sie fasst die derzeitige Lage zusammen, wie auch ich sie sehe:
“Debatte über Identitätspolitik
Lesen hilft!”

Viele fliegen aus der Kurve und verkehren nur noch mit Menschen, die ihnen sehr ähnlich sind. Wie alle gesellschaftlichen Veränderungen braucht auch der aktuelle Kampf für Gerechtigkeit für alle eine Aggressivität, denn viele sind es leid, die gleichen Auseinandersetzungen immer und immer wieder zu führen.

Die Wut, die Lautstärke sind verständlich, denn es ist immer ein Kampf, anderen klarzumachen, dass sie außer Gewohnheiten nichts verlieren, wenn wir teilen. Und zwar alle dasselbe: die Abhängigkeit von Arbeitgebern und die absolute Ohnmacht. Und wenn wir Kleinbürger uns die Augen ausstechen, wird es natürlich nichts mit einem gemeinsamen Gefühl dafür, was eigentlich die Macht der Massen wäre.

(…)

Bernd Stegemann hat aus der Sicht eines weißen Mannes über Wutkultur geschrieben und liefert viele gute Positionen. Die Wichtigste ist: dass hinter all den Forderungen, die im Moment scheinbar zu laut vorgetragen werden, nur eines steht: Alle sollten die gleichen Rechte haben. Gleich im Ansehen, in der Wertung, die gleichen Chancen, sich ausbeuten und unterdrücken zu lassen.

die Kaltmamsell