Journal Samstag, 27. August 2016 – Einkochen; ein Hochsommersamstag in drei Kapiteln

Sonntag, 28. August 2016 um 8:12

Der Samstag war ein Hochsommertag in drei Kapiteln. Nach Kaffee auf dem Balkon mit Bloggen ging ich kurz einkaufen – verlängerte die Runde aber willkürlich, um bei diesem wunderschönen Licht (und bereits beachtlicher Hitze) durch die Gegend zu spazieren.

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Ickstattstraße

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Unterer Anger

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Isartor Sendlinger Tor (ich habe immer noch nicht verinnerlicht, dass die Sendlinger Straße jetzt den Fußgängern vorbehalten ist und schlängle mich erst mal weiter durch die Touristen auf den Gehsteigen)

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Sonnenstraße – bei dieser Hitze sicher nicht die angenehmste Arbeit

Am karg bestückten Klenzemarkt (August halt) kaufte ich ausführlich Käse (bei dem Herrn, der immer höchst Österreichisch fragt: “Brauchen’S a Sackerl?”), unterwegs Laugenzöpferl, beim Body Shop Körpercreme, beim dm Spülmaschinenreiniger und Klopapier.

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Zweites Kapitel war nach dem Frühstück die Fahrt mit Herrn Kaltmamsell (ebenfalls Genossenschaftler) nach Schönbrunn (S-Bahn mit Fahrrad): Gestern kochten wir Kartoffelkombinatler und -kombinatlerinnen wieder Tomatensugo ein, der in den dunklen und Wurzelgemüse-lastigen Winterwochen den Ernteanteil bunter machen soll.

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Ich übernahm einen Posten in der Küche zum Gemüseschnippeln und zerteilte fünf Stunden lang Tomaten, Tomaten, Auberginen, Zucchini, Tomaten, Tomaten. Wie vergangenes Jahr war die Aktion bestens organisiert, Koch Wolfgang sorgte für Professionalität (und Kriegsgeschichten aus mehreren Jahrzehnten Kocherei), wir erzählten einander Geschichten und Gedanken. Und schwitzten ganz beachtlich in der Kombination Hochsommerhitze und Herdfeuer.

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Kapitel 3: Auf der Rückfahrt stiegen wir an der Station Hirschgarten aus und radelten rüber in selbigen. Abendessen in einem Münchenklischee.

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Im Hirschgarten muss man sich den Bierkrug selbst holen.

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Zu meiner großen Freude war ein Tisch direkt an der Tiershow frei.

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Wieder mal fiel mir auf, wie sehr ein Biergarten Bevölkerungsschichten mischt. Ich kenne wirklich niemanden in München, für den Biergartenbesuche nicht zum Sommer gehören. Oktoberfestverächter gibt es nicht nur mich, aber “Nee, Biergarten ist nichts für mich” habe ich noch nie gehört. Entsprechend bunt ist dort das Bild. (Nur so als Tipp für Ethnologinnen auf der Suche nach einem Forschungsthema.)

Während es hier mit Einbruch der Dunkelheit spürbar kühler wurde, radelten wir in die Stadtmitte auch zurück in die Hitze. Aber keineswegs mit so schlaffeindlichen Graden, wie wir es aus dem Sommer 2015 kannten.

§

Maximilian Buddenbohm verlinkt einen lesenwerten Artikel über den Umstand, dass Expertentum inzwischen mehr als lästig denn als nützlich angesehen wird:

“Fachwissen:
Hört auf die Experten!”

(Die) Mehrheit mag sich nicht mehr belehren lassen von denen da oben. Und mit oben sind, anders als früher, nicht nur die Paläste gemeint, sondern immer öfter die Podien. Lieber als auf den Rat der Experten hört man jetzt auf Menschen, die Emotionen wecken, Ängste und Ressentiments. Die Abwägen als Zaudern abtun und Genauigkeit als Erbsenzählerei.

(…)

Das Problem des Experten ist (…), dass er auf die einfachen Fragen nach dem Weg aus der gesellschaftlichen Malaise keine einfachen Antworten hat.

(…)

Für jemanden, der um seine Zukunft fürchtet, klingt dieses Einerseits-andererseits-Gelaber schnell wie ein Nach-Ausreden-Suchen. Lavieren so nicht die Mächtigen, wenn man sie beim Lügen ertappt? Und ist der Experte nicht bloß ihre Marionette, die den Schlamassel entschuldigen soll?

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 21. August 2016 – Garmisch-München

Montag, 22. August 2016 um 6:41

In Garmisch hatte es über Nacht heftig geregnet, das Bergpanorama hing voller Wolken. Aber auch das kann Garmisch.

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An manchen Ecken schien die Zeit stehen geblieben.

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Wir sahen auch an der kleinen Rehaklinik vorbei, die meinen Vater ab Dienstag wieder in vollen Einsatz bringen soll.

Beim Auschecken war ich umschwirrt von Amateurradprofis in hochinteressanter und sehr teuer aussehender Kunstfaserkleidung von den Haarspitzen bis um die Füße, ihre Renngeräte unterm Arm.
Wir frühstückten mit Gepäck wieder bei Hoffmanns, diesmal wegen schlechten Wetters drinnen.

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Pralinenkauf beim Konditor Krönner – wir hörten mit, wie eine Fremdenführerin erzählte, dass dies hier das älteste Konditorengeschlecht Bayerns sei. Die Pralinen stellten sich nach dem Abendbrot als durchaus empfehlenswert heraus.

Diesmal nahmen wir den Bus raus in die Garmischer Klinik, um meinen Vater nochmal zu besuchen. Er ist weiterhin bester Dinge, fühlt sich gut versorgt – ihm fällt aber durchaus auf, dass selbst Schwesternschülerinnen manchmal die 12 Stunden Ruhe zwischen Schichten nicht einhalten: Personalmangel.

Bus zum Bahnhof, Zug heim nach München.

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Zuhause kruschen und räumen, die eine oder andere Stunde Bügeln. Dann brachte ich mal wieder ein Säckchen Urlaubskassenkleingeld zum Einzahlen, verlängerte den Heimweg, um über den frisch Regen-gewaschenen Südfriedhof Pokémon zu jagen. Über einen Pokéstop entdeckte ich ein Grabmal mit frischer Rose – so hieß der Stop.

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Das hier war mir aber schon vor Wochen und ohne Pokéstop aufgefallen.

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Das Abendessen bestritt wieder Herr Kaltmamsell. Er wagte sich nochmal an Spaghetti carbonara – und diesmal waren sie perfekt.

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Wie ist es eigentlich als Online-Redakteur im Lokalen? Michael Würz vom Zollern-Alb-Kurier schildert seine vergangenen beiden Jahre:
“Wie wir mit der Hetze fertig geworden sind”.

Da waren echte Heldinnen und Helden am Werk. Was mich unglaublich erleichtert:

Ich habe mir (…) die Mühe gemacht und auf alle Nachrichten und E-Mails sehr ausführlich geantwortet, erklärt, wann ich von der Auseinandersetzung erfahren habe, was ich dann getan habe, mit wem ich telefoniert habe. Warum es nicht sinnvoll ist, ungeprüfte Informationen zu verbreiten. Und dass eine halbe Stunde eine lange Zeit für jemanden ist, der auf eine Nachricht wartet, aber eine kurze für jemanden, der versucht, die Polizei ans Telefon zu kriegen, die gerade ihren größten Einsatz des Jahres zu koordinieren hat. Mit einigen der Leser hatte ich daraufhin längere Zeit Kontakt; sie zeigten ernsthaftes Interesse an der Arbeit unserer Redaktion, von der sie – teils jahrzehntelange treue Abonnenten – keine große Vorstellung hatten.

Das ist nicht vergnügungssteuerpflichtig, aber auch nicht – wie wir lange Zeit dachten – ein Kampf gegen Windmühlen. Im Gegenteil. Einige der Leser, die uns damals unterstellt hatten, ungefähr alles vertuschen zu wollen, melden sich heute regelmäßig auf der Facebookseite unserer Zeitung zu Wort und machen, wie wir scherzhaft sagen, einen guten Job. Wir beobachten mit Freude, wie sie nunmehr ihrerseits – nicht nur beim Flüchtlingsthema – anderen Lesern erklären, wie wir arbeiten, uns in Schutz nehmen und neuerdings sogar unsere Paywall verteidigen.

Bis dato hatte ich zu meiner Bestürzung annehmen müssen, dass sachliche Erklärungen völlig nutzlos seien. Sind sie wohl nicht immer, zum Glück.

via @spreeblick

die Kaltmamsell

Journal Freitag/Samstag, 19./20. August 2016 – Garmisch

Sonntag, 21. August 2016 um 8:53

Ich hatte mich am Freitag für nach Feierabend mit Herrn Kaltmamsell am Zug verabredet: Plan war, in Garmisch meinen Vater im Krankenhaus zu besuchen (neues Knie) und zu wandern. Allerdings war schlechtes Wetter vorhergesagt, wir würden flexibel sein müssen.

Von Garmisch hatte ich nur vage Vorstellungen. Meine Besuche hatten sich in der Vergangenheit aufs örtliche Kino beschränkt (davon unten mehr), an den Rest hatte ich kaum Erinnerungen (gab es nicht gegenüber vom Kino eine Pizza Hut?).

Unterkunft hatte ich in der Altstadt gebucht; auf der Karte sah der Ort so übersichtlich aus, als könne kein Weg länger als 20 Minuten dauern. Ein Irrtum, wie sich herausstellen sollte. Schon vom Bahnhof (pünktliche Ankunft, allerdings in einem unklimatisierten Backofen) zum Marienplatz gingen wir 20 Minuten – durchgeschwitzt von der Bahnfahrt durchaus anstrengend.

Das Restaurant, dass ich vorher recherchiert hatte, war dann aber wirklich nah: Vaun.
Ich aß Kürbismousse mit Zwetschen, Staffelseerenke mit Kräutersaitlingen und Asiareis, dazu lernte ich Welschriesling aus der Steiermark, von Skoff. Schmeckte mir sehr gut, passte wunderbar zum Kürbis, ist nicht verwandt mit Riesling. (Was die Empfehlerin nicht wusste.)

Am Samstag ausgeschlafen, zu sonnigem Sommerwetter aufgewacht.

Dafür, dass ich aus Oberbayern komme, empfinde ich Alpen-hohe Berge schon als sehr exotisch. Na gut, aus dem nördlichsten Oberbayern. Tatsächlich konnte ich schier nicht mit BOAH!-Fotos aufhören.

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Zudem sieht Garmisch an jedem Eck wie ein 50er-Jahr-Film aus, statt der omnipräsenten Damen in Niquab erwartet man Peter Alexander mit Band auf einem Pferdewagen oder Heinz Erhardt an Pettycoat-Mädel. Vielleicht halt ein 50er-Film von Buñuel.

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Vor allem aber gibt es in Garmisch dieses Kino:

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Als ich Ende der 80er, Anfang der 90er in Augsburg studierte, waren amerikanische Streitkräfte in beachtlicher Stärke in Garmisch stationiert. Und für sie liefen in diesem Kino US-Filme nicht nur unsynchronisiert, sondern auch immer bereits zum US-Start. Regelmäßig packten wir das eine im Freundeskreis vorhandene Auto voll und fuhren auf zwei bis vier Filme nach Garmisch. Mit einer Pause für Pizza in der Pizza Hut gegenüber. Hier sah ich unter anderem Jurassic Park und Sliver.

Gestern frühstückten wir unter Obstbäumen im Garten des Hoffmanns.

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Doch langsam wurde ich unruhig: Wir wollten vor unserer Wanderung über Kochelbergalm und Partnachalm ja noch meinen Vater im Krankenhaus besuchen, und für den Nachmittag war ein Wetterumschwung angekündigt. Der Routenplaner von Google Maps gab trocken an, dass es zur Klinik zu Fuß knapp 4 Kilometer und eine gute dreiviertel Stunde waren. Wir hasteten los.

Tatsächlich wurde das erst mal ein kurzer Besuch: Mein Vater hatte um 11 Uhr einen Physiotermin, er konnte uns gerade noch versichern, dass es ihm gut ging. Wir verabredeten uns für nach dem Wandern.

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So eine Skischanze ist schon ein eher absurdes Sportgerät.

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Kochelbergalm mit Fischweiher (und Hühnern und mächtigen Gänsen und Schweinen).

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Mittagspause auf der Partnachalm: Ich hatte Spaghetti Bolognese, Herr Kaltmamsell abgebräunten Leberkäse mit Kartoffelsalat. Ich hoffe, wir haben den Kellner durch Anwesenheit, Hunger und den Wunsch zu zahlen nicht zu sehr belästigt.

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Verlass dich niemals auf ein Wörterbuch.

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Partnachklamm von oben.

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Wir üben Selfie. (Irgenwann klappte es besser.)

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Partnachklamm von drinnen.

Das Wetter schlug wie vorhergesagt um. Als wir kurz vor vier wieder in die Klinik kamen, hatten uns erste Regentropfen angespritzt.

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Unglaublich, was die Medizin heute kann. Mein Vater stand bereits zwei Tage nach der OP wieder auf eigenen Beinen (unterstützt von Krücken, na gut).

Der Regen war stärker geworden. Doch Herr Kaltmamsell wies darauf hin, dass wir jetzt in geschützter Umgebung testen konnten, wie regendicht unsere Wanderjacken und -hosen tatsächlich waren – wir gingen die knappe Stunde zu Fuß zum Hotel. (Ergebnis: Nach einer halben Stunde Starkregen wird man auch innen nass.)

Und Abendessen gab es aus Nostalgiegründen gegenüber vom Garmischer Kino: in der Pizza Hut. Cheese Crust ist möglicherweise eine der akzeptableren Erfindungen der Nahrungsmittelindustrie.

die Kaltmamsell

Journal Mittwoch/Donnerstag, 17./18. August 2016 – Bankgeschäfte und Beifang aus dem Internet

Freitag, 19. August 2016 um 7:08

Jetzt hebt er dann doch die Hand zum Abschied, der Sommer. Gestern regnete es mehrfach kräftig, war den ganzen Tag düster und bedeckt.

Mittwochmorgen eine halbe Stunde Gymnastik für Bauch und Rücken, fühlte sich anstrengend an.

Mittwochabend nahm ich einen weiteren Schritt meines Kontowechsels in Angriff und schwitzte eine Stunde über der Auflistung aller Stellen, mit denen ich per Lastschrift oder Dauerauftrag in Verbindung stehe. Bankgeschäfte sind halt wirklich keine Routine für mich.

Anschließend gab es zum Nachtmahl Ernteanteil.

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Salat mit Gurken und Tomaten (und einer zugekauften milden Zwiebel), gebratene Zucchinischeiben.

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Am gestrigen Donnerstagmorgen eine Runde Crosstrainerstrampeln – ich komme sonst diese Woche nicht mehr zu Ausdauersport.

Für meine Radlfahrten erwischte ich zum Glück immer Regenpausen. Nach Feierabend Termin in meiner künftigen Bank; jetzt fehlen nur noch wenige Schritte, bis ich nicht mehr an das Thema denken muss.

Zum Nachtmahl mehr Ernteanteil.

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Gebratener Mangold – inklusive dem Grün der roten Beete, die botanisch dieselbe Pflanze ist. Dazu in Schweineschmalz gebratene Bratkartoffeln.
(Zum Nachtisch müssen Sie sich immer Schokolade, Schokonüsse, Fruchtgummi etc. vorstellen.)

Wieder früh ins Bett, um dort noch eine Stunde zu lesen.

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Die erfolgreiche US-Komikerin und Autorin Sara Benincasa reagiert auf die anonyme Frage: “Why did you gain so much weight?”
“Why Am I So Fat?
A man wrote to me to ask why I gained weight. Here’s my response.”

First things first, thank you for not threatening to rape me! I get rape threats because I’m a woman on the Internet.

via @misscaro

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Eine schöne Bahngeschichte bei Spon, Gegengift zu einer dort kürzlich veröffentlichten Bahnnöhlgeschichte.
“Würzburg-Hamburg: Bahn-Mitarbeiter können auch nett sein – und wie”.

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Carolin Emcke hat die Festspielrede zur Eröffnung der Ruhrtriennale 2016 gehalten:
“Vom Übersetzen”.

Selten hatte ich so wenig Zutrauen zu öffentlichen Reden als Instrumenten der Verständigung wie in diesen finsteren Zeiten.

Wann hat das begonnen, dass ungefiltert und hemmungslos jede innere Unanständigkeit heraus gepoltert werden darf, ganz gleich wie verletzend, ganz gleich wie schamlos, ganz gleich wie falsch?

Doch dann spricht sie über Aufklärung und über Anstand. Ihre Rede endet mit einem Appell für saubere Hosen.

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Bedrückend und sehr informativ:
“Leben mit einer Angststörung
Kontrolle, Kontrolle, Kontrolle”

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“Die Schwimmerin, die über ihre Periode spricht, zeigt, wie sehr wir uns nach Normalität sehnen”.

die Kaltmamsell

Journal Montag, 15. August 2016 – Sommer zu Mariä Himmelfahrt

Dienstag, 16. August 2016 um 6:52

Langes Wochenende, da gestern einer der seltsameren bayrischen Feiertage war (und selbst in Bayern nur in den vorwiegend katholischen Teilen): Mariä Himmelfahrt.

Das Wetter blieb sommerlich, über den blauen Himmel schoben sich allerdings immer wieder große Wolken. Nach einem weiteren Morgenkaffee auf dem Balkon plus Bloggen radelte ich zum Friedensengel für eine Laufrunde. Ich ließ das Pokémonspiel angeschaltet um herauszufinden, welche Viecher hier zu fangen waren (einige sehr seltsame, stellte sich heraus). Dass ich immer wieder vom Laufen ins Gehen wechselte, um Pokémons zu fangen, war gestern genau richtig: Ich fühlte mich nicht in Bestform, nach einer Gehpause konnte ich jedes Mal erfrischt weiterlaufen.

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Einer unserer beiden sich abwechselnden Putzmänner war so nett gewesen, trotz Feiertags seinen Montagstermin zu erledigen. Deshalb duschte ich mich nach dem Lauf nicht daheim, sondern griff mir den gepackten Rucksack, die Picknickdecke und Herrn Kaltmamsell, zusammen radelten wir ins Einzelbad. München ist offenbar fast geschlossen verreist: Keine Schlangen an der Kasse, viel freie Fläche auf den Liegewiesen.

Zweimal schwamm/trieb ich den Kanal runter (SCHEISSEKALT!), sah unterwegs nach den Brombeeren, die an einer Stelle an dicken Büschen ins Wasser hängen: Sind noch nicht so weit. Als spätes Mittagessen (oder für mich als Frühstück) hatte Herr Kaltmamsell eine große Schüssel Wassermelone mit Feta und Minze dabei – köstlich. Unter gemischten Wolken mit Sonne lag ich herum, las ein wenig.

Zurück daheim setzte ich mich mit der Wochenendzeitung auf den Balkon (nicht gebügelt, nicht um Kontounterlagen gekümmert). Es war perfekt, nicht zu heiß, nicht kühl. Dieser Sommer darf bleiben.

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Antje Schrupp stöhnt:
“Schon wieder so eine Burkadiskussion”.

Sie legt den Finger darauf, was auch mich am meisten nervt:

Ich möchte nicht in einer Gesellschaft leben, in der ständig öffentlich darüber verhandelt wird, was Frauen (nicht) anziehen dürfen, und wie das am besten gesetzlich zu regeln ist. Was Frauen anziehen, geht die Gesellschaft, den Staat, die Männer und im übrigen auch andere Frauen einen feuchten Kehricht an.

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 14. August 2016 – Sommertag im Chiemgau

Montag, 15. August 2016 um 10:03

Ein weiterer Sommertag; da der Spaß ja jeden Tag vorbei sein kann, steckte ich wieder Programm für zwei rein.

Zweites Mal sehr gut geschlafen in Folge – das ist wirklich schön. Nach Kaffee und Bloggen auf dem Balkon (Eichhörnchen!) spazierte ich zeitig zum Schyrenbad, wieder über den wundervollen Südfriedhof.

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Der neue Schwimmbikini bestand seinen ersten Einsatz, die Hose sitzt sogar besser als das alte Modell. Während ich meine Bahnen zog, dachte ich unter anderem nach über die Merkwürdigkeit vorgeschriebener Schwimmstile bei offiziellen Wettkämpfen. Beim schnellen Rennen ist das Ziel ja einfach, eine bestimmte Distanz in möglichst kurzer Zeit zurückzulegen. Aber beim Schwimmen gilt das nicht, die Form der Bewegung wird vorgeschrieben: Es heißt nicht einfach “200 Meter Schwimmen”, das wäre am ehesten Freistil. Sondern die 200 Meter müssen Kraul, Brust, Schmetterling, Rücken geschwommen werden. (Na gut, ich habe gerade gesehen, dass Gehen immer noch olympisch ist.)

Ich duschte und wusch mich gleich gründlich im Freibad, da ich nachmittags einen zweiten Sommertag vorhatte, legte mich dann noch ein halbes Stündchen in die Sonne.

§

Zweites Sommertagsprogramm am Nachmittag: Meine Leserunde traf sich diesmal in der Sommerfrische, nämlich im Ferienhaus einer Mitlesenden am Chiemsee. Wir fuhren zusammen mit dem Bayernticket im gut besetzten Zug nach Salzburg.

Geredet wurde nebst Kaffee und Kuchen über Bachtyar Ali, Der letzte Granatapfel. In dem Roman erzählt Muzafari Subhdam, einst ein hochrangiger Peschmerga, nach 21 Jahren Einzelhaft in der Wüste befreit, seine Geschichte – und die der Suche nach seinem Sohn. Auf der Suche erzählen ihm wiederum Menschen Stück für Stück, was in den 21 Jahren seiner Abwesenheit geschehen ist. Durch diese Erklärungen entfaltet sich die ganze menschliche und politische Auswegslosigkeit der Lage im kurdischen Irak – wenn nicht sogar im gesamten Nahen Osten.

Ich war die einzige, der der Roman gefallen hatte; die anderen waren durch die Redundanz des manchmal formelhaften Erzählens gelangweilt oder abgestoßen von der toxic masculinity, die sowohl den Hintergrund des kriegerischen Gemetzels in den kurdischen Gebieten Iraks durchtränkt als auch den ausschließlich männlich geprägten Vordergrund, in dem es nur Freund oder Feind gibt, Schwarz oder Weiß, und in dem die Männer einander bei der nichtigsten Gereiztheit grausame Tode an den Hals wünschen. Frauen tauchen nur als mystische Gestalt, Sexspielzeug oder Kindsausträgerin auf.

Dennoch war ich fasziniert gewesen von der ganz ungewohnten Erzählweise, in der die Figuren nicht psychologisch motiviert sind, sondern durch mythische Topoi – die dann in formelhaft variierten Naturbildern geschildert werden. Und ich sah in den drei Saryasi drei Seiten der kriegerischen Auseinandersetzung, mit dem ersten Saryasi, dem “Marschall”, als einzige politisch vernünftige Gestalt.

Wir unterhielten uns recht lange darüber, ob die Erzählerstimme die Geschehnisse und die Kultur dahinter kommentierend berichtet oder lediglich konstatiert. Ich plädiere für eine Schilderung, die eine Einordnung dem Lesenden überlässt (was er und sie ja ohnehin tun). Als Europäer und Europäerinnen sind wir abgestoßen von einer Denkweise, die uns mittelalterlich erscheint; ob das kolonial bevormundend ist, will ich nicht beurteilen.

Vielschichtig ist der Roman auf jeden Fall. Ich empfehle ihn, weise aber auf die abweisenden Reaktionen meiner Mitleserinnen und Mitleser hin. Hier die Rezension von Stefan Weidner in der Sueddeutschen, die mich auf das Buch aufmerksam machte.

Wenn wir schon im Chiemgau und am See waren, wollte die eine Hälfte der Leserunde Baden gehen. Mir war nicht nach einer zweiten Wasserrunde, ich fuhr nur zum Gucken mit an den Langenbürgener See.

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Weiteres Programm: Gestern fand in Prien das jährliche Marktfest statt – das wollten wir sehen. Und zu sehen war einiges, die Straßen und Plätze um den Marktplatz standen voller Bierbänken, Bühnen, Ständen mit Speisen und Getränken. Das Ganze war angenehm schlicht und unkommerziell, hier feierten die Einheimischen und ließen es sich gut gehen, schnickschnackfrei. Zu essen gab es Bratwürste, Schweinsbraten, Leberkäs, Hendl (traditionell schlechte Aussichten für Vegetarierinnen), zu trinken Bier und Wein (plus Wirtshauscocktails an einer Bar), auf den drei Bühnen spielten eine volkstümliche Band, ein 30-köpfiges Blasorchester, eine Partyband. Die örtlichen Trachtenvereine zogen reihum und boten dar.

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Zum Beispiel die Goaßlschnoiza.

Rückfahrt nach München im überfüllten Meridian, Zugerprobte (ich) fanden Bodenplätze.

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Da ich schon berufsbedingt ein großer Fan von Serienbriefen bin

Wortschnittchen erzählt, wie sie den Nachlass ihres Manns bearbeitet und gibt Tipps.
“Nachlasssachen.”

die Kaltmamsell

Journal Samstag, 13. August 2016 – Zurück zum Sommer: Wandern und Draußenessen

Sonntag, 14. August 2016 um 8:28

Und wieder sprang das Wetter über Nacht von saukalt mit Regen auf Hochsommer mit Hitze. Ein Glück ist die Meteorologie inzwischen so präzise geworden, dass man das mit dem Vorlauf von mindestens 24 Stunden weiß – der Samstag war also sommerlich geplant.

Nach Ausschlafen, Morgenkaffe und Bloggen machten Herr Kaltmamsell und ich uns fertig für einen kleinen Wanderspaziergang: Mit Frühstück setzten wir uns in eine S-Bahn nach Kirchseeon, um von dort über Egglburg und die Ebersberger Weiher nach Ebersberg zu gehen.

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Das Getreide war bereits geerntet, aber Heu wurde nochmal gemacht. Wir sahen viele Schwalben – die Jungen müsste ja jetzt alle aus dem Nest sein. Und einen Baum mit roten Mirabellen. Außerdem große thermiksegelnde Greifvögel und ein Reh, das vor uns über eine Wiese hüpfte.

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Egglburger Kirche und Egglburger See.

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In Ebersberg setzten wir erst mal je ein Pokémon in eine dortige Arena (überraschend lebhafte Pokémonlandschaft!). Mittagessen in einer Eisdiele am Rathausplatz, für mich Eiskaffee, der Mitwanderer bestellte einen Mozartbecher.

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Durchaus eine vollwertige Mahlzeit (ja, das sind Marzipanstücke und eine Mozartkugel).

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Für den Abend hatten wir einen Tisch im Romans reserviert. Das Essen ist dort ordentlich, vor allem aber sitzt man wunderschön draußen.

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Wir aßen Überraschungsmenü (das so überraschend ist, dass die Bedienung uns keinen konkreten Wein dazu empfehlen konnte, weil auch sie nicht wusste, was sie servieren würde): Garnelen mit Knoblauch und Salbei, mit Ricotta gefüllte Ravioli mit Tomate, Fischduett mit Pfifferlingen, Schokoladensouffle und Edbeeren.

Wundervolles Heimradeln durch Sommernacht.

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Einerseits ist es in Deutschland politisch gewünscht, dass ein immer höherer Anteil von Schulabgängern studiert. Andererseits wird das Lehr- und Forschungspersonal an den Universitäten völlig in der Luft gelassen. Eine gründliche Analyse und Anklageschrift:
“Exzellente Entqualifizierung: Das neue akademische Prekariat”.

§

Vor allem wenn es um Sex geht: Nein heißt nein und nur ja heißt ja. Weil manche das anscheinend kompliziert finden, erklärt es jemand, die sich wirklich auskennt:
“An Essay On Consent, From A Woman Who Hosts Huge Sex Parties”.

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Ich weiß nicht mehr genau, wer mir Florence Foster Jenkins zu Beginn meines Studiums empfahl, woraufhin ich die CD The Glory (????) of the Human Voice bei Zweitausendeins bestellte. Doch ich hörte sie mit Begeisterung und verteilte Lieder daraus über so manche Mixkassette. Sehr interessant, wie Meryl Streep an die Darstellung der Dame für den Film heranging.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/dDbdKjwIEnU

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Auch gestern fand ich einen Aspekt, der mir die olympischen Spiele interessant machte:
“Why do swimmers break more records than runners?”

Dass sich Schwimmtechnik in den vergangenen 30 Jahren fundamental geändert hat, sehe sogar ich als Laie (und dass beim Brustschwimmen die Technik der Profis immer weniger von Laien imitiert werden kann, weil sie eine Kraft erfordert, die selbst Lieschen 3-Mal-die-Woche-in-die-Muckibude Müller nicht hat). Aber es kommen noch äußere Faktoren hinzu. Sauspannend.

via @AnkeGroener

die Kaltmamsell