Journal Samstag, 31. Oktober – Wandern am Tegernsee

Sonntag, 1. November 2015 um 9:38

Die vergangenen Tage hatte sich München trotz angekündigten schönen Herbstwetters unter einer Hochnebeldecke versteckt. Dem entfloh ich gestern mit Herrn Kaltmamsell, indem wir mit dem Zug hinauf über diese Decke fuhren: nach Tegernsee zum Wandern. Ich hatte ein wenig recherchiert, wo es am Tegernsee überhaupt Bahnhöfe gab (auf den Umstand zusätzlicher Regionalbusse hatte ich keine Lust), und dort Wanderungen gesucht. Nach kurzem Abwägen (Länge der Strecke, Aussicht auf Aussichten) fiel die Wahl auf die Tour Alpbachtal und Neureuth.

Es war sehr schön, aber auch anstrengend: Wandern in den Bergen unterscheidet sich halt doch von dem Wandern vor Bergkulisse, wie wir es bisher gemacht hatten. Vor allem fast eine Stunde einen Forstweg steil abwärts zu gehen (Rodelstrecke Neureuth-Tegernsee) kostete mich so viel Kraft, dass ich öfter Pausen brauchte als während der anfänglichen zwei Stunden Forstweg bergauf. Eine Mischung von Aufwärts und Abwärts ist mir deutlich lieber; ich muss wohl lernen, mir Höhenprofile einer Wanderung anzusehen.

Der Zug vormittags von München nach Tegernsee war übervoll besetzt, Passagiere waren neben Wanderern (schon jetzt fielen mir die vielen Wanderspieße und die im Vergleich zu Flachlandwanderern massiveren Wanderschuhe an den Menschen auf) auch Gruppen von Menschen in Bayernverkleidung und mit offenen Bierflaschen – wahrscheinlich nicht zum Zweck des Wanderns unterwegs. Eine Gruppe junger Frauen in Wanderkleidung richtete erst einmal aus einem richtigen Picknickkorb Frühstück auf mitgebrachten Tischdecken an und vesperte ausführlich.

Aussichten bekamen wir nach dem Aufstieg durch schattigen Wald tatsächlich reichlich geboten – keine Überraschung, dass die Strecke sehr frequentiert war (mir schoss “Touristen-Highway” durch den Kopf). Und das sehr international: Ich hörte Englisch, Amerikanisch, Hessisch, Spanisch, Türkisch, Griechisch.

Auch der Zug zurück nach München war dicht besetzt, allerdings fast ausschließlich mit Menschen in Wanderkleidung. Nach der lauten Fröhlichkeit der Hinfahrt fiel auf, wie ruhig es in den Wagen war; die Atmosphäre erinnerte mich sehr an die Rückfahrten im Reisebus von Tagesskifahrten, fehlte nur noch der Geruch nach feuchten Skisocken, gut gelagerten Wurstbroten und Tee mit Rum.

Apropos Wanderkleidung: Meine zur Wanderhose deklarierte Jeans (weil sie Stretch enthält) desintegriert nun ernsthaft. Ich bin durchaus bereit, mir eine richtige Wanderhose zu kaufen. Nur finde ich, was heute als Wanderhosen verkauft wird, ästhetisch unakzeptabel. Ich hätte bitte gerne eine Kniebundhose, wie sie meine Mutter auf diesem Foto trägt, und dazu die passenden dicken Wanderkniestrümpfe (in diesem Wanderbekleidungsberater wird die damalige “Knickerbocker” zwar noch beschrieben, jedoch nicht erklärt, warum sie von Polyester-Fliesenlegerhosen abgelöst wurde). Ich plane derzeit weder Mehrtages- noch Hochalpintouren – wo bekomme ich wohl Kniebundhosen und Wanderstrümpfe?

151031_01_Tegernsee

151031_02_Tegernsee

Mein Plan ging auf: Ab hinter Holzkirchen sah ich immer öfter blaue Flecken in der Wolkendecke, über Tegernsee knallblauen Himmel.

151031_12_Tegernsee_Alpachalm

151031_15_Tegernsee_Kreuzbergalm

Aussichten von der Kreuzbergalm Richtung Tegernsee…

151031_16_Tegernsee_Kreuzbergalm

… und Richtung Schliersee.

151031_28_Tegernsee

151031_31_Tegernsee

Am Ende des gachen und langen Abstiegs.

151031_35_Tegernsee_Lieberhof

151031_37_Tegernsee_Lieberhof

Abschließend in den letzten Sonnenstrahlen Brotzeit im Lieberhof: Radler mit gemischtem Presssack (sauer mit wunderbar milden Zwiebeln) für mich und Rindfleischsalat für den Mitwanderer.

die Kaltmamsell

Familienalbum – 33: Wanderkleidung

Sonntag, 1. November 2015 um 8:49

1966_Irena_Jesus_wandern

Meine Eltern 1965 oder 1966, auf jeden Fall vor der Hochzeit. Beachten Sie bitte die stilsichere Wanderkleidung meiner späteren Mutter.

die Kaltmamsell

Twitterfavoriten Oktober 2015

Samstag, 31. Oktober 2015 um 19:54

Dass es diesen Monat so wenige sind, lag nicht an den Twitterern, sondern an meiner leseverhindernden Arbeitslast, echt ehrlich.

01_Tweetfav

02_Tweetfav

03_Tweetfav

04_Tweetfav

05_Tweetfav

06_Tweetfav

07_Tweetfav

08_Tweetfav

09_Tweetfav

10_Tweetfav

11_Tweetfav

12_Tweetfav

13_Tweetfav

14_Tweetfav

15_Tweetfav

Anderer Leut’ Twitterfavoriten sammelt wieder Anne Schüßler.

die Kaltmamsell

Journal Donnerstag, 29. Oktober 2015 – Kunst am Bau

Freitag, 30. Oktober 2015 um 10:20

Gaga erlebt medizinische Abenteuer:

Die NaKo (“Nationale Kohorte”) hatte mich und noch 9.999 andere Berliner/innen per Zufallsgenerator ausgewählt, um in einer Langzeitstudie, die vom Bundesgesundheitsministerium in Auftrag gegeben wurde, über einen Zeitraum von dreissig Jahren (oder auch länger) in fünf-Jahres-Abständen mit allen erdenklichen modernen Technologien und Tests und Befragungen, die körperliche und psychische Verfassung, Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu dokumentieren, zu untersuchen, und anhand der Datenfülle Rückschlüsse auf mögliche Ursachen von Volkskrankheiten oder eben Volksgesundheiten abzuleiten.

Jetzt wurde sie dafür ganzkörpergetomografiert und blogt darüber. Sehr spannend.

Nebenthema ist die Berlin Ultrahigh Field Facility. B.U.F.F., unter anderem wegen ihrer Kunst am Bau. Dass das wirklich etwas ist, habe ich erst vor Kurzem gelernt: Der Staat und viele andere Öffentliche Bauherrn verpflichten sich, einen gewissen Anteil der Baukosten öffentlicher Bauten für Kunstwerke zu verwenden. Dem schließen sich oft auch private Auftraggeber an. “Die Kunst am Bau ist dauerhaft fest innen oder außen mit dem Bauwerk verbunden oder befindet sich im Freiraum auf dem dazugehörigen Grundstück.”

Im B.U.F.F. (hihi) ist diese Kunst wohl besonders beeindruckend. Hier die Dokumentation des Künstlers Robert Patz mit vielen Fotos.

§

Lehrreiches Interview mit einem ostberliner Bäcker, der eine westberliner Bäckerei übernommen hat:
“Berliner Bäckermeister entzaubert den Mythos Ostschrippe”.

Es geht unter anderem um den Titel-gebenden Mythos Ostschrippe, darum, wie die Belegschaft reagierte, als er als Ostler einen Westbetrieb übernahm, und um Qualitätsunterschiede beim Brot:

Haben Sie schon mal bei Lidl und Aldi von den Backstationen Ware gekostet?

Klar, ich koste immer und überall, egal, wo ich bin.

Und wie finden Sie es?

Fürchterlich.

Ich kaufe da manchmal, wenn ich nach der Arbeit zu faul bin, den Umweg zum Bäcker zu machen. Ich finde, das schmeckt gar nicht übel.

Frische schlägt Qualität, pflegte mein Vater zu sagen. Eine Hausfrau kann schlechten Kuchen backen. Aber wenn der noch warm auf den Tisch kommt, werden ihn trotzdem alle loben. Deshalb muss bei Qualitätsprüfungen auch immer ein Brot vom Vortag eingereicht werden.

via creezy

§

Der geschätzte Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach ist aktiv in der Hamburger Freiwilligenhilfe für Geflüchtete. Und zieht ein recht bitteres Zwischenresümee in Einzelaufnahmen – das dennoch in Optimismus mündet:
“Vom Versagen und von der Angst”.

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 25. Oktober 2015 – Musik im Freien

Montag, 26. Oktober 2015 um 6:58

Lange geschlafen, offensichtlich hatte ich nach der mittleren Migräneattacke in der Nacht auf Samstag noch Nachholbedarf.

Wir verabschiedeten den Besuch mit einem Frühstück und einem weiteren Ratsch.

Mittags machte ich mich auf einen ausführlichen Lauf an der Isar, fast 18 Kilometer, fast zwei Stunden.

Ich startete bei Tröpfelregen am Odeonsplatz. Als ich vom Hofgarten in den Englischen Garten kam, hörte ich entfernt, aber laut Hornmusik – ganz offensichtlich Jagdhorn. Bald sah ich das Bild dazu.

151025_02_Isarlauf_Jagdgesellschaft

Daheim schlug ich nach: Ich war Zeugin von “Jagd-/Jagdlicher Ausritt der Universitätsreitschule” geworden.

151025_04_Isarlauf_Monopteros

Der Monopteros war nicht wiederzuerkennen. Also: gar nicht. Und das wird wohl noch fast ein Jahr so bleiben.

151025_09_Isarlauf

Gerade an der Isar angekommen, hörte ich wieder Musik: Ein Flöte schallte übers Wasser (dass es auf Flüssen eine klasse Akustik hat, weiß ich noch von den Schlauchbootfahrten meiner Kindheit auf der Donau).

151025_11_Isarlauf

151025_12_Isarlauf

151025_17_Isarlauf

Am Ende meiner Runde bekam ich sogar noch ein wenig Sonne.

§

Die am Vorabend geknackten Haselnüsse aus Elterns Garten zu einem Nusszopf verarbeitet.

151025_21_Nusszopf

151025_22_Nusszopf

So schön ist mir schon lange kein Hefeteig mehr aufgegangen. Das Knacken war gar nicht so einfach: Die meisten der Nüsse waren zu klein für den Nussknacker, den wir schon hatten. Wir kauften auf der Auer Dult extra einen zangenförmigen mit kleinerer Aussparung – doch auch hier fiel die Hälfte der Nüsse durch. Ich knackte sie mit einem dafür eigentlich nicht vorgesehenen Teil des Knackers, dem Verbindungsabschnitt zwischen den beiden Nussaussparungen, ging gut.

§

Geflüchtete in Österreich:
“‘Hier schlafen alle Menschen schon so früh'”.

Vorurteile über Flüchtlinge gibt es viele. Doch wie sieht es umgekehrt aus? Was denken Syrer, Iraker oder Somalis über das Land, in das sie geflüchtet sind? “Die Presse am Sonntag” hat nachgefragt.

§

Wunderschönes Beispiel für die Zuordnung von “typisch männlich” und wie wenig diese Äußerlichkeiten angeboren sind, statt dessen gesellschaftlich gebunden.

“Französische Mode-Revolution
Le style, c’est moi
Die Revolution von 1789 veränderte auch die Kleiderordnung: Fortan entsagten Männer Samt, Seide, Spitze und Schminke – und verloren so ihr erotisches Potential.”

Die Revolution von 1789 führt zu einem grundsätzlichen Umbruch in der Kleiderordnung. Bis dahin trennte die Mode die Stände streng, wie Schiller es sagte. Nach der Revolution teilt sie die Geschlechter.

(…)

Dem Bürger ist alles Schmückende suspekt, aller Glanz, alle Äußerlichkeit und der täuschende Schein, der von den inneren Werten ablenkt. Männliche Koketterie galt zunehmend als lächerlich. Es wurde unelegant, sich um Eleganz zu bemühen. Dass er es nicht nötig hat, durch seine Kleider zu glänzen und das anderen überlässt, denen sonst nichts bleibt, wird der Bürger zu demonstrieren nicht müde. Richtig angezogen zu sein heißt jetzt, in seinen Kleidern zum Ausdruck zu bringen, dass man Wichtigeres zu tun hat, als einen Gedanken darauf zu verschwenden, was man anhat. Indessen, auch die Kunst des Kunstlosen will gelernt sein und wird eine Wissenschaft für sich.

(…)

Vor der Mode der sogenannten sans ­culottes hatten die Männer des Ancien Régime ihre Beine aufreizend und selbst­bewusst ins rechte Licht gerückt. Bis zur Revolution galt, was heute Devise der Frauenmode geworden ist: Beine sind zum Zeigen da. Bein, noch mehr Bein, noch schönere, längere, wohlgeformtere Männerbeine zeigten die Bilder aus Mittelalter und Renaissance.

§

Andrea Diener ist schon vor einiger Zeit Transsibirische Eisenbahn gefahren:
“Nichts passiert, und trotzdem verpasst man nichts”.

§

Und noch ein bisschen Albernheit (durch die Bank kleidsam, finde ich übrigens):

World leaders and man buns

via @katjaberlin

die Kaltmamsell

Journal Samstag, 17. Oktober 2015 – Genesung bei A Royal Night Out

Sonntag, 18. Oktober 2015 um 10:35

Mich den ganzen Vormittag gegrämt, dass ich im Bett lag, statt auf einer Leiter im Apfelbaum zu stehen: Was hatte ich mich seit Monaten auf die Apfelernte mit dem Kartoffelkombinat in Schönbrunn gefreut! Aber das stand gesundheitlich völlig außer Diskussion. Überm Morgenkaffee sah ich auch noch, dass der Himmel aufriss. Jetzt wurde ich wirklich ärgerlich, das Konzept Krankheit erschließt sich mir immer weniger.

Mit hängenden Flügeln kehrte ich zurück ins Bett – und stand 30 Minuten später darin senkrecht: Vor dem (geschlossenen) Schlafzimmerfenster fand ein Raudauwettbewerb zwischen mehreren Rasenmähern und Laubbläsern statt. Also erklärte ich die Bettruhe für beendet – mir ging es auch schon bedeutend besser. Ich duschte und kleidete mich an, aß viel Hühnersuppe.

Neil Gaimans Coraline ausgelesen – ich brauchte nach der unwilligen und anstrengenden Lektüre von Amos Oz’ Black Box (so ein überzeichneter, überkandidelter Schmarrn) dringend garantierten Lesegenuss. Funktionierte wunderbar.

Die beiden Balkonpflanzen hereingeholt.

Ich fühlte mich fit genug für ein wenig draußen und blätterte im Kinoprogramm: von A Royal Night Out hatte ich mal einen Trailer gesehen, der unterhaltsam wirkte, ich fuhr brav mit der Straßenbahn in die Museumslichtspiele (statt wie sonst mit dem Rad oder zu Fuß hinzukommen). Ein netter Film (die Bilder aus dem Trailer stammen übrigens zu 80% aus den letzten 10 Minuten des Films), zu einem etwas seltsamen Erzähltempo geschnitten. Hat jemand die deutsch synchronisierte Version gesehen und kann mir sagen, wie die überdeutliche Einordnung der Figuren durch ihre Akzente gerettet wurde? Im Englischen musste eine Figur ja nur den Mund aufzumachen und war klar working class oder middle class – die Prinzessinnen mussten praktisch nur husten, um sie als upper class zu markieren (plus Missverständnisse im Vokabular – “to go to the ladies”, hihi).

Auf dem (brav langsamen) Weg zurück zur Straßenbahnhaltestelle gesehen, dass die Isar überraschend wenig Wasser führt.

Zum Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell das Suppenhuhn in Geflügelsalat verwandelt (mit Fenchel aus dem Ernteanteil, Nachbars Walnüssen und Ananas aus der Dose).

§

Es wird einen Schulfilm übers Bloggen geben, in dem ich etwas sage – und hinter mir sieht man vorm Fenster ein Eichhörnchen einen Ast entlangrennen. My work is done.

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 16. Oktober 2015 – weiter aus dem Krankenbett

Samstag, 17. Oktober 2015 um 8:44

Gestern schlief ich richtig aus, ich wachte mit ein wenig Besserung auf.
Milchkaffee, ein wenig Lesen, zurück ins Bett.
Und jetzt schlief ich einen echten Genesungsschlaf, tief und wohlig. Ich wachte kurz nach drei mit Appetit und dem Bedürfnis nach einer Dusche auf. Vielen Dank für all Ihre Genesungswünsche!

Von Herrn Kaltmamsell ließ ich mir jüdisches Antibiotikum servieren.

§

Im gestrigen Süddeutschen Magazin eine schöne Geschichte über fünf Schweine aus Massentierhaltung, die auf die Weide entlassen wurden. Online das Ganze nicht nur kostenlose für alle verfügbar, sondern um ein paar herzerfrischende Filmchen ergänzt. Schweine machen einfach gute Laune.

Zurück zur Natur
Können Schweine aus der Massentierhaltung je wieder ein normales Leben in Freiheit führen? Ein Experiment.

§

Über die grassierende Unsitte, Speisen nicht als Wohltat und Genuss, sondern als Medikamente oder Gift zu sehen, habe ich mich ja schon ausgelassen. Verzeihen Sie mir die Schadenfreude, wenn mal wieder Versuche erweisen, dass die Wundermittel-Seite von Nahrungsmitteln (selbst der einstige Genusskoch Jamie Oliver setzt inzwischen auf das Geschäftsmodell “Super Food”) das Gegenteil bewirkt.

Was dem Krebs hilft
Antioxidantien in Vitaminpräparaten und Nahrungszusätzen galten lange als Allheilmittel. Jetzt zeigt sich: Sie hemmen nicht das Tumorwachstum, sondern fördern es offenbar

(SZ-Artikel bei blendle für 79 Cent)

die Kaltmamsell