Journal Montag, 21. Oktober 2024 – Große Montagsanstrengung, aber mit Erkenntnissen

Dienstag, 22. Oktober 2024 um 6:17

Ich lerne vom Romanelesen, ob ich will oder nicht. (Neutraler formuliert: Literatur beeinflusst meine Wahrnehmung.) Zum Beispiel: In den letzten Nachtstunden auf Montag geriet ich ins Angst-Karussell, durchaus vorhergesehen bei den Aussichten auf diesen konkreten Arbeitsmontag. Nun hatte ich vor dem Einschlafen ja Karsten Dusses Das Kind in mir will achtsam morden gelesen (tut mir leid, aber Fortsetzungen kriegen mich einfach fast nie, mich interessiert bei originellen Ideen am meisten das world building, also das Ausarbeiten dieser originellen Grundidee – und das ist in praktisch jeder Fortsetzung halt schon vorbei) (Geschichte, die über mehrere Romane hinweg erzählt werden, sind was anderes). Und darin gibt die Erzählerstimme den Rat seines Therapeuten wieder: Gedankenkreisel dadurch zähmen, dass man im Geiste ganz aufmerksam durch die Räume der eigenen Wohnug geht, sich möglichst viele Details in Erinnerung ruft. Daran dachte ich in meinem Angst-Karussell und probierte es einfach mal aus. Was soll ich sagen: Das wirkte! (Sample n=1, noch lang nicht als Beweis belastbar.)

Was davon allerdings nicht wegging: Der Anlass des Belastungsgefühls, ich wollte beim Aufstehen und auf dem Weg in die Arbeit sehr, sehr gerne nicht exisiteren. Das Draußen war neblig, München probiert heuer mal Bilderbuchoktober aus, ok.

In morgendunklem Nebel: Vordergrund die Silhouetten der Figuren, mit denen der Anschlag aufs Oktoberfest 1983 dokumentiert wird, Hintrgrund ein Oktoberfestzelt

Aötes helles Haus zwischen zwei Straßen in leichtem Nebel, davor ein großer Baum mit wenig gelbem Herbstlaubrest

Zum Glück war es aber nicht kalt.

Im Büro riss mich Unvorhergesehenes im Postfach umgehend in heftige Betriebsamkeit, wo ich mich doch eigentlich von meinem Vormittagstermin hatte verrückt machen lassen wollen. Bis zum Termin konnte ich das Problem nicht lösen, ich musste erst mal zwei Stunden fröhlich tanzen. Das schaffte ich ohne zu großen Gesichtsverlust, doch statt Erleichterung gab es anschließend Ringen auf verschiedenen Ebenen. Das führte unter anderem zu sehr spätem Mittagessen (ohne Pause, keine Zeit): Tomaten, Apfel, Granatapfelkerne mit Joghurt. Und danach ging’s grad so weiter.

Im Nachhinein merkte ich, dass sich der Nebel bereits am frühen Vormittag verzogen hatte und die Sonne schien, währenddessen hatte ich keinen Blick dafür. Zu mittelspätem Feierabend hing ich völlig in den Seilen – freute mich aber auf den Heimweg in schöner Luft (ich musste dringend meine Geruchsrezeptoren dekontaminieren, hatte lange Strecken in dichtem Parfumdunst arbeiten müssen).

Der Heimweg war dann auch schön, eigentlich. Denn ich war so erledigt im schlechten Sinn, dass ich am liebsten nur den Meter Boden vor mir angesehen hätte.

Lebensmitteleinkäufe, Heimkommen fühlte sich immer noch nicht wie Freihaben an: Maniküre, Yoga-Gymnastik, Karottensalat für die Arbeit zubereitet, Abendessen nur für mich gemacht, Herr Kaltmamsell war aushäusig.

Wieder schaffte es gutes Essen, mich nach diesem schlimmen Tag zu besänftigen – sogar wenn ich’s selber gemacht hatte: Endiviensalat (Ernteanteil) mit roter Paprika, süßer Zwiebel in Tahini-Dressing, schmeckte hervorragend. Mein Comfort Food ist gutes Essen. (Gegenstück zu Friedrich Torbergs “Essen war sein Leibgericht”). Küche aufgeräumt, dann gab’s noch ordentlich Schokolade, wegen ausgewogener Ernährung, jetzt hatte ich richtig frei.

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Mit Mooren, genauer mit ehemaligen Mooren bin ich schon auch aufgewachsen: Ingolstadt grenzt ans Donaumoos mit seinen brettlebenen Kartoffelackern und schnurgeraden Landstraßen (wenn Kurve, dann gleich Marterl, weil sich dort jemand derrennt hat).

Viel interessanter aber ist, was Klaus Modick über Moore zu sagen hat:
“‘Kaum jemand feiert die Sümpfe'”.

Es gibt einen hintergründigen Satz von Walter Benjamin: „Was zu verschwinden droht, wird Bild.“ Man könnte auch sagen, was zu verschwinden droht, wird Literatur oder Kunst. Gerade die Dinge und Erfahrungen, die uns entgleiten, die verloren gehen, weil wir sie zerstören, werden mythisiert und bekommen eine ästhetische Qualität, die sie an sich gar nicht haben. Den „edlen Wilden“ gibt es erst in dem Moment, in dem die Native Americans ausgerottet werden, und das Moor erscheint ästhetisch reizvoll, als es zu verschwinden droht. So werden Bilder und Texte zu einer Art künstlerischem Naturkundemuseum. Literatur beschränkt sich nicht darauf, Dinge zu beschreiben, die vorhanden sind. Und Rezeption von Kunst ist nicht nur einfach ein Wiedererkennen von etwas, das man sowieso schon im Kopf hat. Das würde ja ­bedeuten, wir Schriftsteller und Maler zeigen euch nur das, was ihr sowieso schon wusstet. Zumindest geht es darum, etwas so darzustellen, dass es den Rezipienten neue Blickwinkel ermöglicht.

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 20. Oktober 2024 – Uninteressanter Sonntag

Montag, 21. Oktober 2024 um 6:10

Gut und lang geschlafen, der erste Blick in den Spiegel zeigte mir ein blutunterlaufenes rechtes Auge – was mag ich da nur geträumt haben?

Draußen war es neblig/hochneblig, aber nicht kalt – für München ein ungewöhnlicher Oktober. Meinen Isarlauf legte ich wieder von Thalkirchen nach Süden, ich wollte mir die Strecke nochmal ohne Regen ansehen.

Erst in der zweiten Hälfte spürte ich endlich selige Lauffreude, bis dahin hatte ich vergeblich darauf gewartet, das Laufen fühlte sich lediglich wie etwas Abzuarbeitendes an. Aber dann schwebte ich, und mein Hirn produzierte Ideen. Eine schrieb ich gleich an meinen Bruder, für die andere brauchte ich erst das Einverständnis von Herrn Kaltmamsell (eine recht spontane Essenseinladung – wurde trotz Einverständnis erstmal nichts, weil die potenziellen Gäste schon verplant waren).

Herbstliche Flusslandschaft

Links ein Flusslauf, rechts herbstliche Bäume im Hintergrund ein Wehr

Wasserfläche, in der sich herbstbunte Bäume spiegeln, am Ufer Bänke

Links Kanal, rechts bunte Bäume und ein Herbstlaub-bedeckter Fußweg

Sehr erhöhter Blick von einer Brücke auf Fluss und Kanal, an den Ufern Herbstbäume, düsterer Himmel

Blick von weit oben auf ein FLusstal mit Herbstbäumen, düster neblig, rechts oben Häuser

Am Hinterbrühler See sah ich einen Reiher einfliegen, erst zwei Runden drehen, dann in einem Tannenwipfel landen. Im winterruhigen Bad Maria Einsiedel grasende Streifengänse.

Mein Körper machte die gut anderthalb Stunden recht gut mit, das Dehnen beim Warten auf die U-Bahn zurück ergab allerdings überlastet schmerzende Beinrückseiten.

Frühstück kurz nach halb zwei: Apfel, Rest Tumbet mit Brot (das bereits am zweiten Tag eher trocken krümelte, ich mag andere Weißbrote lieber).

Ruhiger Sonntagnachmittag mit Lesen (Zeitung, Roman Karsten Dusse, Das Kind in mir will achtsam morden), Vorbereitung der Montagsarbeit (Wiederholung eines Workshops für Azubis), Yoga-Gymnastik, Brotzeitvorbereitung.

Zum Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell madrilener Kutteln gekocht, gutes Abendessen. Nachtisch Zitronenkuchen, Schokolade.

§

Corona ist Teil unseres Alltags geworden, die Erkrankungsmeldungen rufen nur wenig mehr Aufmerksamkeit hervor als schlimme Erkältungen. Doch wir wissen immer noch sehr wenig über die Mechanismen und Auswirkungen einer Corona-Infektion, die eben nicht lediglich ein weiterer Atemwegsinfekt ist, sondern viele weitere Organe und Mechanismen im Körper betrifft.

Für die taz fasst Stefanie Uhrig grob zusammen:
“Was wir heute über Corona wissen”.

die Kaltmamsell

Journal Samstag, 19. Oktober 2024 – Rezepttest Zitronenkuchen, Rezepttest Tumbet

Sonntag, 20. Oktober 2024 um 8:58

Nicht ganz so lange wie ideal, aber gut geschlafen, der Alkohol vom Vorabend strafte mich lediglich mit ganz leichten Kopfschmerzen.

Parkbäume und schlichter, moderner Kirchturm vor feuerrosa Himmel

Eos auch am Wochenende fleißig.

Wie geplant buk ich nach dem Bloggen Zitronenkuchen in der neuen kleinen Form nach einem von Ilse empfohlenen Rezept: Ultimate Lemon Cake. Uuuuuund wir haben einen neuen Weltmeister in der Disziplin Am-meisten-Werbung-auf-eine-Webseite-packen! Hier ist der Anteil 90 Prozent des Inhalts, sogar zwischen Zutaten-Posten und Zubereitungs-Schritten – ich hatte die englische Version lange Zeit nicht mal gefunden und bereits Google Translate für die französische verwendet. Wäre ich nicht einer bewährten Empfehlung gefolgt, hätte ich diese Website nicht länger als zwei Sekunden angesehen und dann nie wieder.

Mich hatte das Ziel “seidige Textur” und “in ganz dünne Scheiben schneidbar” angezogen, das las sich nach einem ganz anderen Zitronenkuchen, als ich ihn sonst kenne. Und abgefahrene Techniken ziehen mich eh an, in diesen Fall das Einwickeln des noch warmen Gebäcks in Frischhaltefolie.

Der ausgepresste Saft der Zitrone ergab exakt die angegebenen 80 Gramm, ein befriedigendes Gefühl (gutes Rezept, das auch dafür Gewicht angibt – “der Saft einer Zitrone” deckt ein viel zu breites Spektrum für seriöses Backen ab).

Die Backzeit belief sich bei mir allerdings statt der angegebenen 30-40 Minuten auf 50-60, das liegt jenseits der Toleranz für unterschiedliche Backöfen.

Auf einem Kuchengitter eine kleine Kastenform mit hellem, gebackenen Rührkuchen

Kleiner Kastenkuchen fest in Frischhaltefolie gewickelt

Ich kam also eine halbe Stunde später als geplant auf den Weg zu meiner Schwimmrunde ins Olympiabad, kehrte nach Radlrausholen aus dem Keller nochmal um, weil ich für die milden Temperaturen mit Sonne viel zu warm angezogen war (weder Pulli unter der Jacke noch Mütze brauchte es). Die Fahrt raus nach Oberwiesenfeld war schön, auch wenn ich zweimal vor unterträglichen Martinshörnern vom Rad springen musste, um mir die Ohren zuzuhalten.

Bei Betreten der Schwimmhalle sah ich bereits aus den Augenwinkeln, dass die Bahnen besonders rege beschwommen wurden, als mich die mutmaßliche Ursache in Form eines freundlichen Mannes ansprach: Das Rote Kreuz veranstaltete eine Spendenaktion mit Bahnenzählen. Kurz spielte ich mit dem Gedanken, ins Dantebad zu wechseln, fand mich dann aber doch mit der Situation ab.

Tür aus Glas, durch die man ebenerdig ins Hellblau einer Schwimmhalle blickt, die Wände des Gangs vor der Tür orange

Meine Schwimmrunde verlief erfreulich aus Fitnessperspektive: Ich fühlte mich kraftvoll, hatte fast keine Schmerzen (bisschen rechte Schulter, bisschen Kreuz – Normalzustand), genug Energie und Ausdauer, um viele langsamere Schwimmer*innen auf meiner Bahn zu überholen (ungewöhnlich, im Olympiabad werde ich eher überholt). Allerdings schluckte ich dabei reichlich Wasser, denn zwei bewegten sich heftig strampelnd fort (Respekt für das Durchhaltevermögen, stelle ich mir sehr anstrengend vor), mal bäuchlings, mal auf dem Rücken, was die Wasseröberfläche stark aufwühlte. Doch unterm Strich schwamm ich so eine neue Rekordzeit – wenn ich mich nicht verzählt habe, ich hatte das Zähl-und-Spende-Angebot des Roten Kreuzes ausgeschlagen.

Heimradeln im jetzt wieder Trüben, aber noch Milderen, unterwegs Brotkauf.

Weißer Teller mit gegartem Blattspinat, daneben eine Scheibe Brot

Frühstück um zwei: Herr Kaltmamsell garte Ernteanteil-Spinat, außerdem gab es einige Scheiben frisches Tessiner-Brot vom Wimmer (Butter/Honig, Butter).

Ich stellte den Zitronenkuchen fertig, auch die Sache mit dem Trocknen des Zuckergusses im Ofen gefiel mir.

Kleiner Kastenkuchen auf Kuchengitter, frisch hell glasiert

Allerdings viel zu viel Zuckerguss, insgesamt kommen über 300 Gramm Zucker in und an den kleinen Kuchen.

Nachmittag mit Zeitunglesen, immer wieder sah ich aus dem Fenster und freute mich an der herbstlichen Farbenpracht.

Fürs Abendessen hatte ich mich zuständig gemacht: Ich wollte das mallorquinische Tumbet nachbauen (obwohl nichts von den Zutaten aus dem jahreszeitlichen Ernteanteil stammte), ein Freund hatte mir das Rezept des mallorquinischen Star-Kochs Santi Taura durchgereicht. Bei solchen Traditionsrezepten traue ich auch einem Restaurantkoch zu, dass er für eine Privatküche mitdenken kann.

Während das Gemüse im Ofen fertiggarte, machte ich Yoga-Gymnastik, eine eher sportliche Folge, die sogar den Puls ein wenig nach oben brachte.

Eckige Auflaufform auf schwarzer, spiegelnder Kochfläche, darin Gemüse in Tomatensauce

Gedeckter Tisch, auf Korb-Sets Glasteller mit Gemüseauflauf, und einer halben Scheibe Brot, dahinter die Auflaufform mit dem Rest, rechts vom Teller ein Glas Weißwein

Schmeckte sehr gut und wie meine Lieblingsversion in Esporles. Ich hatte die im Rezept angegebenen frischen Tomaten allerdings durch tomate frito ersetzt, die ich in einer Aktionsecke beim Lidl entdeckt hatte (etwas eingekochte Passata geht sicher auch), und das nächste Mal lasse ich den abschließenden Knoblauch weg.

Hier kurz zum Festhalten das wirklich einfache Rezept (spanische Küche ist ja sehr einfach – nur dass meiner Ansicht nach im Gegensatz zur italienischen cucina povera das Ergebnis selten viel mehr ist als die Summe seiner Zutaten – hier schon), erst nach Sicherung durch Wiederholung schreibe ich es auf meine Rezepte-Seite:

3 große Kartoffeln schälen und in dünne Scheiben schneiden.

2 große rote Paprika (ich nahm drei Spitzpaprika) in Streifen scheiden.

2 Auberginen in eher dünne Scheiben schneiden.

Das Gemüse getrennt in Olivenöl golden braten, zur Seite stellen. (Santi Taura tut das auf Küchenkrepp, um Öl zu entfernen – ich mag Olivenöl. Die Göttinnen haben uns mit der Auberginen sogar ein Gemüse geschaffen, dass den Zweck hat, möglichst viel Olivenöl zu transportieren.)

Ofen auf 180 Grad (Ober- und Unterhitze) heizen.

Boden einer Auflaufform mit
Passata (insgesamt 500-600 Gramm) bestreichen. Mit dem Gemüse füllen: Erst Kartoffeln, darauf die Auberginenscheiben, darauf die Paprika – jede Schicht nach Belieben salzen. Darüber die restliche Passata, das Gemüse sollte gut bedeckt sein.

Santi Taura verteilt abschließend zwei gepresste Knoblauchzehen auf dem Gemüse: Braucht es nicht, schmeckt zu dominant raus.

40 Minuten garen, vor dem Servieren 10 Minuten etwas abkühlen lassen. Wird auf Mallorca als Vorspeise eingeordnet.

Dazu gab es bei uns einen italienischen Weißwein Pecorino sowie Ruccola aus Ernteanteil.

Nachtisch Zitronenkuchen.

Auf einem weißen Teller zwei dünne Scheiben heller Kastenkuchen, dahinter der restliche Kuchen

Ja, ließ sich in besonders dünne Scheiben schneiden. Ja, schmeckte eigen und ganz hervorragend. War allerdings stellenweise sulzig, ich habe als Ursache das Einwickeln des eben erst aufgegangenen Gebäcks im Verdacht, dass nun zum Zusammenfallen gebracht wird. Und vermute, dass die feinporige, samtige Textur auch ohne diesen Schritt gesichert ist – weil die Eier nicht schaumig geschlagen werden.

Abendunterhaltung: Herr Kaltmamsell zeigte mir angeregt durch David Schalko Schwere Knochen den Klassiker The Third Man. Ganz hervorragend, erstaunlich viel Deutsch im Original (und natürlich mit der ganzen Riege großer deutschsprachiger Schauspieler*innen der Zeit), Bilder des zerbombten Wiens, die abschließende Verfolgungsjagd durch die Wiener Kanäle ein visuelles Meisterwerk.

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Ein weiterer Reiter der Apokalypse.

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 18. Oktober 2024 – Wochenendfeiern mit feinen Cocktails

Samstag, 19. Oktober 2024 um 8:45

Der Wecker riss mich aus tiefem Schlaf, ich stand unwillig auf.

Der Tag startete hell, ich bekam auf dem Weg in die Arbeit nochmal Herbstleuchten.

Blicke eine innenstädische Straße entlang, gesäumt von herbstbunten Bäumen, ins Morgenlicht

Straße mit niedrigen Funktionsbauten, gesäumt von herbstbunten Bäumen, ein wenig goldenes Morgenlicht

Geordnetes Arbeiten am Schreibtisch, während draußen der Himmel zuzog. Für den Marsch zu meinem Mittagscappuccino im Westend klappte ich dann bereits die Kapuze hoch gegen Regentropfen.

Zu Mittag gab es rohe Kohlrabi-Schnitze (Ernteanteil), einen Apfel vom Markt (Sorte Nikoter – so saftig, dass es beim Reinbeißen rundum spritzte), Sahnequark mit Joghurt und einem Restl Zwetschgenröster.

Im Verlauf des Arbeitstags überlistete ich mich zu überraschend viel Erledigungen. Vereinbarte nebenher auch endlich einen seit vielen Jahren empfohlenen Termin in der Myom-Sprechstunde des Klinikums Neuperlach.

Freitagspünktlicher Feierabend, ich spazierte unter dunkeldüsterem Himmel zum Vollcorner für reichlich Wochenend-Einkäufen.

Als ich daheim meine Einkäufe auspackte, stand ich verdutzt vor einem vollen Kühlschrank: Unsere Einkaufslisten-App RememberTheMilk hatte nicht ordnungsgemäß synchronisiert und bereits gelöschte Posten weiterhin angezeigt – und so hatten wir die Liste beide abgearbeitet. Jetzt gab es sehr viel Joghurt, Eier, Butter. Unter anderem. Ich ärgerte mich.

Am Abend waren wir mit einer langjährigen Internet-Bekanntschaft zum Cocktailtrinken verabredet (sie hatte sich bereit erklärt, als Anlass dafür zu dienen, nachdem Herr Kaltmamsell und ich es seit langer Zeit nicht mehr auf Cocktails geschafft hatten), davor blieb Zeit für Wäscheaufhängen und Yoga-Gymnastik.

In leichtem Regentröpfeln spazierten wir ins Auroom, große Freude beim Wiedersehen.

Auf dunklem Holz in gedimmter Beleuchtung drei Gläser mit Cocktails, zwei davon rötlich, in einem Longdrinkglas ein sehr heller. Dahinter angeschnitten der Oberkörper einer Frau

Auf dunkler Tischplatte zwei Cocktails, außerdem eine Wasserflasche und Wassergläser, im Vordergrund ein weißes Porzellantablettchen. darauf weißes Sake-Kännchen, weißes Sake-Tässchen

Vor allem der zweite Cocktail, den ich auf Empfehlung des Baristas gewählt hatte (ich wollte etwas Frisches), schmeckte mir ganz hervorragend. Die anderen beiden waren mit ihren Getränken (auch ohne Alkohol) sehr zufrieden. Dazwischen gab es Oliven, Speckpflaumen, Flammkuchen gegen den Hunger. Und Austausch vor allem über den aktuellen Stand des Gymnasiallehrens, der berufliche Hintergrund der beiden.

Nicht allzu späte Heimkehr. Ich hatte noch Hunger und ließ mir von Herrn Kaltmamsell ein Omelett mit Käse backen (die vielen Eier mussten ja weg), danach noch Schokolade.

In Blau-, Grün- und Beigetönen groß melierte selbstgestrickte Socken

Die allerschönsten Stricksocken gibt es nicht zu kaufen. Und sie halten ein Leben lang (die beiden Paar, die mir eine damalige Freundin vor 40 Jahren strickte, sind weiterhin in Nutzung – und ich musste sie noch nicht einmal stopfen).

§

Von der Serie “Reden wir über Geld” im Wirtschaftsteil der Süddeutschen habe ich ja schon mehrfach geschwärmt, die gestrige Folge fand ich besonders lesenswert: Interviewt wird Andreas Hofmeir, Tubaspieler aus der Holledau (€).
“‘Da, wo viel Geld ist, sind die schlimmsten Leute'”.

„Meine Steuererklärung ist der pure Horror für alle Beteiligten, weil ich ja zum Teil auch in Japan, in Brasilien, in Amerika verdiene.“
Und das, obwohl Sie sich ja gar nicht richtig anstrengen beim Üben.
„Ich finde mein Leben dennoch sehr anstrengend. Wenn ich zum Beispiel zum Flughafen fahren muss, ist das wahnsinnig mühsam. Mit der Tuba, die ja relativ groß ist, ist das noch viel schlimmer.“
Ist das Sperrgepäck?
„Es gibt mehrere Möglichkeiten. Eine ist, einen zweiten Sitz im Flugzeug zu buchen für die Fanny. Das ist meine favorisierte Lösung, weil man dann auch zwei Essen bekommt.“

Werde mir noch lange vorstellen, wie dieser 12-Jährige stundenlang Autoscooter fährt von seinem Tuba-Verdienst.

(Ich möchte fuchteln, dass wir hier Bayern nämlich auch SO sind, fei, dann fällt mir ein, dass doch hoffentlich nur wenige die abschreckenden Klischee-Beispiele an der Landesregierungsspitze für repräsentativ halten.)

die Kaltmamsell

Journal Donnerstag, 17. Oktober 2024 – Zwischenspiel Herbstsonne

Freitag, 18. Oktober 2024 um 6:31

Vor Weckerklingeln mit Unruhe aufgewacht (in dieser Phase fiel mir auf, dass ich für die Berlin-Hotelbuchung am Vorabend keine Bestätigung erhalten hatte), bei Weckerklingeln Freude über den klaren Sternenhimmel, Orion grüßte funkelnd.

Ein einzelner Herbstsonnentag dazwischen, am Freitag kommt der Regen zurück, ich versuchte so viel Herbstsonnenfarben in mich reinzugucken, wie an einem Arbeitstag ging.

Besonders erfreulicher Marsch in die Arbeit in Morgendämmerung.

Blick aus einem Bürofenster auf ein modernes Bürogebäude in goldener Morgensonne

Am Schreibtisch verschiedentliche Kapriolen, u.a. brauchen Sie nicht zu meinen, dass mein Arbeitgeber Druckschriften einfach so ins Nicht-EU-Ausland schicken kann: Ich lernte und lerne viel über Exportkontrolle (und musste meinen inneren Schabernacki im Zaum halten, der vor Ideen fürs Ausfüllen der Formulare nur so sprühte). In einer anderen Sache erwies sich wieder, dass “schnell mal” fehlerhafte Ergebnisse erzeugt, deren Folgen man gut und gerne ein Mehrfaches der schnellen Zeit hinterherkorrigiert. Muss dringend daran denken, solche Ansinnen beim nächsten Mal abzuwehren. Vor allem wenn sie von mir selbst kommen, die offensichtlich beweisen muss, dass Unvorhergesehenes “gar kein Problem” ist. (Dabei lernte ich doch schon vor Jahrzehnten die “quick and dirty”-Lösungen der dänischen Kollegen zu fürchten, mit denen sie sich stolz von uns gründlichen und systematischen Deutschen absetzten, wie lernresistent kann eine sein?)

Dazwischen Check beim Berliner Hotel: Am Telefon kein Durchkommen (ich bin immer noch auf dem Stand, dass Hotel und Gastro am besten telefonisch zu erreichen sind), doch meine E-Mail-Anfrage wurde schnell beantwortet – “Systemwechsel” -, die Reservierungsbestätigung traf kurz darauf ein.

Draußen herrlicher Sonnenschein, beim mittäglichen Marsch zum Markt (Äpfel, Käse – einem Kundengespräch entnahm ich, dass die Standlbetreiber die angebotene Ware tatsächlich selbst herstellen) fand ich heraus, dass die Luft wundervoll roch (u.a. nach Kälte, obwohl es doch besonders warm war).

Blick von unten aus einem U-Bahn-Ausgang, oben Sonne, blauer Himmel, hebrstbunte Bäume

Spätes Mittagessen: Birne, Roggenvollkornbrot, Granatapfelkerne mit Joghurt.

Mittelpressieriger Nachmittag. Überraschende Entdeckung, dass ich Karriere gemacht habe – zumindest was die IT-Betreuung angeht.

Blick ins sonnige Draußen mit einer Industriellenvilla und einem modernen Bürogebäude, an dessen Boden zwei Menschen in der Sonne sitzen

Nicht zu später Feierabend, ich wollte noch ein wenig Herbstfarben gucken im Westpark. Dort stellte ich allerdings fest, dass die Sonne dafür bereits zu tief stand. Ich machte nur eine kleine Runde. Zudem war ich gestern extrem geruchssensibel, nahm das Parfum/Haarspray, den Weichspüler an der Kleidung von Passant*innen störend wahr, wo ich doch nach den Herbstgerüchen des Parks suchte.

Im Vordergrund See mit Gänsen, im Hintergrund herbstbunte Parkbäume

Eigenartiger Sonneneinfall zwischen Bäume, sehr lange Schatten, ein Radler fährt auf die Bäume zu

Genau die tiefe Sonne ermöglichte aber diesen großartigen Anblick.

Heimweg über die Theresienwiese. Dort steht immer noch sehr viel Oktoberfest rum, doch genossen auch reichlich Menschen das milde Wetter und den Platz.

Zu Hause traf ich noch Herrn Kaltmamsell, der aber schon bald zu einer Verabredung aufbrach. Ich turnte Yoga-Gymnastik und nahm mir dann den Ernteanteil vor. Na gut, den Kopf Endivie. Zumindest die Hälfte davon.

Aufsicht auf eine weiße Schüssel mit grünem Salat

Dressing: Zitronensaft/Olivenöl, eine halbe süße Zwiebel reingescheibelt. Schmeckte mir sehr gut. Dann noch Käse, gefolgt von Schokolade.

Früh ins Bett zum Lesen, Colm Tóibín, Long Island ausgelesen (ok), das wieder mit einem Cliffhanger endete. Gleich die nächste Lektüren in der Münchner Stadtbibliothek recherchiert, Karsten Dusse, Das Kind in mir will achtsam morden gesichert.

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Wenn Ihnen mal wieder jemand mit irgendeiner sprachlichen Erscheinung kommt, die “doch logisch” sei:
Die Aussprache der Zeichenfolge ear im Englischen.

die Kaltmamsell

Journal Mittwoch, 16. Oktober 2024 – Langsamer Abschied vom Tageslicht

Donnerstag, 17. Oktober 2024 um 6:30

In der letzten Schlafphase rutschte ich in Angstgewühl, ich war erleichtert, als das Weckerklingeln mich rausholte.

Arbeitsweg im noch sehr Dunklen, die Lichtarmut verstärkt durch Nebel – ich übte für den Winter.

Nebelmorgen-düstere Wohnstraße mit alten Gebäuden, im Vordergrund eine beleuchtete Bäckerei, von der zwei Radler ihre Räder aufschließen

Für den Arbeitstag hatte ich einen konkreten Brocken abzuarbeiten, will ich nicht am Freitag in Panik und Hetze geraten. Ich sah mir amüsiert zu, wie ich diesem durch alles mögliche Andere versuchte auszuweichen (aber zumindest schonmal die relevanten Dateien geöffnet hatte). Aber irgendwann sah ich mich auch eher versehentlich an dem Brocken arbeiten, durchaus interessiert und konzentriert.

Mittagscappuccino bei Nachbars, von dort gleich weiter zu ein paar Einkäufen. Es war immer noch nebeldüster, doch die angekündigte Aufhellung ließ sich erahnen.

Mittagessen später am Schreibtisch: Birne (sehr gut, süß und saftig), Roggenvollkornbrot, Granatapfelkerne (weniger als erwartet, der Granatapfel war innen zu einem drittel schimmlig gewesen) mit Joghurt.

Ein wenig wurde es nachmittags fast sonnig, dann aber bald wieder düster. Aber es blieb relativ mild.

Nach Feierabend maschierte ich bei deutlichem Tageslicht in die Stadtmitte: Meine (sehr alt gediente) Kastenkuchenform rostet, ich brauchte Ersatz. Den bekam ich beim Kustermann, ich kaufte auch gleich noch eine kleine Kastenform, damit es vielleicht öfter mal Wochenendkuchen gibt.

Heimkehr zu quietschbuntem Abendhimmel, jetzt das übliche Programm: Häuslichkeiten, Yoga-Gymnastik, Brotzeitvorbereitung.

Auf einem Stroh-Set ein weißer Teller, darin Spaghetti mit Guancale-Stücken und Parmesan, rechts daneben eine blaue Serviette, darauf Gabel und Löffel

Herr Kaltmamsell hatte Spaghetti Carbonara gemacht, und sie waren ihm sehr gut gelungen. Nachtisch Süßigkeiten.

Mit Herrn Kaltmamsell beschlossen, auch dieses Jahr in Berlin den Kabarettistischen Jahresrückblick anzugucken: Karten gekauft, fünf Tage Berlin zwischen Weihnachten und Silvester gebucht. Hiermit kann sich vorgefreut werden, hurra!

Früh ins Bett zum Lesen.

§

Cancel Cultur existiert. Mir sind dann doch Dinge eingefallen, die man heutzutage nicht sagen darf als Politiker*in – schon gar nicht in einer Regierungspartei:
1. “Es wäre gut, wenn weniger geflogen würde.”
2. “Es wäre gut, wenn weniger Autos auf deutschen Straßen führen.”

§

Ein Post auf Mastodon brachte mich auf das Magazin der Bundeszentrale für politische Bildung fluter. Erscheint vierteljährlich, nach kurzem Blättern sofort abonniert. In der aktuellen Ausgabe, Thema Verkehr, zum Beispiel ein Artikel über einen Mann, der für seine eher abgelegene brandenburgische Heimatstadt Schildow eine Buslinie erfand:
“Route wird berechnet”.

§

Screenshot eines Mastodon-Posts des Accounts @coolandnormal :
"Hot take: a lot of people complaining about how manufacturing has gone down the shitter and nothing lasts anymore have simply changed their buying habits in line with newly available products. 
The stuff nanna used to buy that lasted 50 years is still available.
You can still buy a hand spun jumper, a hand woven blanket, a handmade pair of shoes and a hand forged knife. They cost a week's wage. Exactly like back in nanna's day."

Zusammenfassung: Es gibt auch heute noch wie zu Urgroßmutters Zeiten Gebrauchsgegenstände, die ein Leben lang halten. Sie kosten halt einen Wochenlohn – wie zu Urgoßmutters Zeiten.

Mir helfen mein Alter und eigene Erinnerungen: In meiner Kindheit in den 1970er waren ein Wintermantel, ein Paar Schuhe, ein neues Kleid eine echte Investition. Meine polnische Oma kaufte mir immer wieder, bis ins Teenageralter, ordentliche Schuhe und entlastete damit die Haushaltsfinanzen meiner Eltern spürbar. Eigene Erinnerungen dann auch an die grundlegende Veränderung durch billige Massen-Textilien aus Asien in den 1980ern: Als Teenagerin konnte ich mir plötzlich T-Shirts und Baumwollkleidchen an Straßenständen vom eigenen Taschengeld leisten, die sichtbar schlecht verarbeitet waren, vor allem aber sehr günstig. (Die ich dann u.a. durch Einfärben anpasste.) Davor war ich für Styling-Autarkie auf Flohmärkte angewiesen.

§

Haben Sie sich auch schonmal gefragt, ob Drehbücher für Stummfilme ausgeschriebene Dialoge enthielten? Stummfilmstar Lillian Gish beantwortete die Frage.

§

Aktueller Ohrwurm:
(Weil ich praktisch nie Musik höre, konnte es mich überraschen, dass es sich um die Coverversion “der Hymne der ‘Generation Praktikum'” von 1994 handelte. Und wie es mit zuerst gehörten Coverversionen immer so ist, finde ich diese Instrumentierung und Setzung viel besser als das Original.)

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/LV1IwPZz6KU?si=vr5qoUdmBQVEvNuy

die Kaltmamsell

Journal Dienstag, 15. Oktober 2024 – Beifang aus dem Internetz

Mittwoch, 16. Oktober 2024 um 6:11

Aufgestanden zu nassen Straßen, Weg in die Arbeit unter trübem Himmel.

Modernes Hochbürohaus in leichtem Nebel

Durcheinanderer aber nicht unangenehmer Vormittag. Zum Mittagscappuccino unter düsterem Himmel, aber in milder Luft.

Runder Holztisch vor Café-Hintergrund, darauf eine blaue Tasse Cappuccino

Hierher gehe ich nicht oft, weil ich meist länger anstehen muss, nicht so gestern. Aber das beste daran waren die zehn Minuten Fußmarsch in und zurück.

Eher spätes Mittagessen: Renekloden (sehr süß, weil sehr spät), ein Schnitz Roggenvollkornbrot, Hüttenkäse, alles erfreulich.

Der Nachmittag fühlte sich unproduktiv an, doch ich konnte Posten auf meiner Jobliste abstreichen.

Heimweg im Düsteren, ein paar Einkäufe im Vollcorner. Zu Hause erste Handgriffe fürs Abendessen, das ich zubereiten durfte: Kaierschmarrn.

Dann eine Runde Yoga-Gymnastik, Brotzeitvorbereitung. Der Kaiserschmarrn gelang mir hervorragend, ich servierte ihn mit Zwetschgenröster, den ich im August gekocht hatte – und der ein wenig zu süß geraten war. Dennoch kleine Abrundung mit Schokolade.

Telefonat mit dem Familienmitglied im Krankenhaus: Zu meiner großen Erleichterung geht es aufwärts.

Früh ins Bett zum Lesen.

§

Die taz über die erstaunliche Entwicklung der Apotheken Umschau:
“Von wegen ‘Rentner-Bravo'”.

„Wir sind ein ganz normales feministisches Magazin“, sagt Dennis Ballwieser, Chefredakteur der Apotheken Umschau, im Gespräch mit der taz und grinst dabei, als sei er ein bisschen stolz darauf.

(…)

Er und seine Kollegin in der Chefredaktion, Julia Rotherbl, sind sich der öffentlichen Meinung über ihr Blatt sehr bewusst: „Es ist ein Klischee, dass wir leider nicht loswerden“, sagt Rotherbl, die seit 2021 ebenfalls Chefredakteurin ist. Die beiden erklären, warum es für sie vollkommen logisch ist, dass die Apotheken Umschau sich mit Themen wie Diskriminierung oder geschlechtssensibler Medizin auseinandersetzt.

„Diskriminierung beeinflusst die Gesundheit“, sagt Julia Rot­herbl. Und „selbst wenn wir nicht denken würden, dass diese Themen wichtig sind, müssten wir trotzdem darüber schreiben, um alle Le­se­r*in­nen fundiert zu informieren“, ergänzt Dennis Ballwieser. Der publizistische Anspruch der Apotheken Umschau sei, wissenschaftlich geprüfte und umfassende Gesundheitsinformationen zu vermitteln.

§

Der Guardian über Strukturwandel in Wintersportgebieten:
“Fears for future of ski tourism as resorts adapt to thawing snow season”.

via Buddenbohm&Söhne

A recent study estimated that of the 21 locations that hosted past Winter Olympics, only one could manage it by the end of the century (Sapporo). Beijing in 2022 was completely run on artificial snow. The assessment of Johan Eliasch, president of the International Ski and Snowboard Federation, is that the ski industry is facing an existential crisis.

(…)

A report by Legambiente, the Italian environmental group, points out that 90% of Italian resorts are now dependent on a vast, unwieldy and expensive system of artificial snow production that will not cope with rising temperatures. “It’s not a sustainable practice,” says co-president, Vanda Bonardo. “It is bad for the environment and a waste of public money. It’s time to think about a new model of winter tourism.”

Es wird sich hier genauso gegen das Unaufhaltbare gesträubt wie es beim deutschen Kohlebergbau war/ist, in der Automobilbranche oder in der Bauindustrie. Und ich bin unvernünftig genug, mich seit Jahrzehnten und bis heute zu wundern, warum es nicht normales Geschäftsgebaren ist, sich frühzeitig Reaktionen darauf und Umgang damit zu überlegen, um wirtschaftliche Zukunft und Arbeitsplätze sichern. (Und gleichzeitig die Klimakatastrophe zu verlangsamen, aber das scheint derzeit als zentrales Problem in den Hintergrund zu rücken, WTF.)
– Nein, Kohleförderung hat in ihren zerstörerischen Auswirkungen auf so vielen Ebenen keine Zukunft.
– Nein, die Automobilindustrie wird nicht auf ewig einfach immer mehr Autos verkaufen.
– Nein, fast building mit immer mehr Bodenversiegelung oder einfach Abreißen und was Neues bauen geht allein schon mangels Baumaterial bald nicht mehr.
Doch offensichtlich irre ich mich. Es ist immer noch akzeptiert, dass diese Branchen halsstarrig so weitermachen, als wüsste man es nicht schon sehr lang besser. Und wenn es dann wirklich nicht mehr geht (weil Physik, weil Natur, weil Regierungen irgendwann nicht mehr anders können als zu regeln), wird gejammert und nach staatlichem Ausgleich der finanziellen Ausfälle gerufen. (Siehe dieses Beispiel Kohleförderung.)

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Von Rico Grimm bei Krautreporter eine lesenswerte Analyse (die ich Ihnen als Abonnentin schenken darf):
“Die Grünen werden niemals Volkspartei und das ist in Ordnung”.

Jede Partei hat einen historischen Auftrag, und der Auftrag der Grünen lässt die Menschen kalt. Die jetzige Krise der Grünen ist eine Krise des Klimaschutzes, ihres aktuell wichtigsten politischen Themas.

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Wenn Menschen in Umfragen danach gefragt werden, betonen sie immer, wie wichtig ihnen Klimaschutz sei. Wenn sie aber ein Wahllokal betreten und als Bürger im Schutz der Wahlkabine dafür stimmen können, was ihnen wirklich wichtig ist, ist es selten Klimaschutz.

Klimaschutz als historischer Auftrag ist von anderer Qualität, als es, sagen wir, der Kampf für eine Krankenversicherung war. Die Krankenversicherung war ein Bedürfnis, das Millionen Menschen erfasst und bewegt hatte. Denn sie versprach für diese Millionen Schutz, verbesserte so ihr Leben. Klimaschutz erfasst und bewegt in diesem Land vielleicht auch Millionen Menschen, aber dessen Vorteile bleiben viel abstrakter.

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Das liegt auch daran, dass Klimaschutz zwangsläufig technokratisch sein muss. Das ist im Wortsinne von Wissenschaft und Technik gelenkte Politik, an der der einschlägig gebildete Wähler im Grunde gar nicht richtig teilhaben kann. Erhöhe ich die Rente oder nicht? Braucht es mehr Krankenhäuser oder nicht? Da kann jeder ein Gefühl haben, das ihn zu einer rational begründbaren Meinung leitet. Aber ob Deutschland ein CO₂-Kernnetz aufbauen soll, kann keiner intuitiv als Frage verstehen, geschweige denn beantworten. Die Herrscher und Herrscherinnen der Technik und der Wissenschaft können keine Wahlplakate beschriften.

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Und dann war da noch der Künstler, der Müll nachtanzte.

via @kid37

die Kaltmamsell