Journal Dienstag, 6. Juni 2023 – Mehr Munich Streetart

Mittwoch, 7. Juni 2023 um 5:32

Bedeckter Morgenhimmel, auf dem Weg in die Arbeit war es noch kühler, als ich ohnehin angenommen hatte: Mein leichtes Strickjäckchen reichte nicht wirklich.

Über dieses neue Stencil an der Gollier-, Ecke Schießstättstraße freute ich mich: Zum einen habe ich ja gelernt, dass Stencils als Streetart in München in jüngster Zeit rar geworden sind, zum anderen ist das ein ur-münchner Motiv. (Und ich bilde mir ein, dass ich es auch vorher in der Stadt gesehen habe.)

Westend-Idyll.

In der Arbeit ging’s schon wieder zu, ich traute mich mittags nicht raus. Mittagessen bestand aus einer Körnersemmel sowie Mango mit Sojajoghurt (diese Mango-Exemplar, grün gekauft, war zwar äußerlich ins Gelbe nachgereift, beim Schälen und Schneiden aber stellte sich heraus, dass es lediglich verholzt war – es blieb wenig übrig nach Holzbeseitigung).

Auch nachmittags Beschuss von vielen Seiten, enorme Nichtexistenzsehnsucht. Eher später Feierabend, auf dem Heimweg Drogerie-Einkäufe. Das Wetter war über den Tag sonnig geworden, außerdem überraschend warm.

Zuhause Yoga-Gymnastik, sie tat sehr gut.

Herr Kaltmamsell hatte fürs Nachtmahl mal wieder stundenlang in der Küche gestanden: Es gab Börek mit Ernteanteil-Mangold und -Kartoffeln (sowie unter anderem Ei, Feta).

Sehr schmackhaft. Nachtisch Süßigkeiten.

§

SSSO! Weil so viel Widersprüchliches und Realitäts-Inkompatibles so laut dagegen gekräht wird, habe ich mich jetzt doch noch mit Details des neuen Gebäudeenergiegesetzes befasst – obwohl es mich als ziemlich überzeugte Mieterin und Fernwärme-Heizerin hauptsächlich auf gesamtgesellschaftlicher (CO2-Ausstoß) und globaler (Klimakatastrophe) Ebene betrifft.
“Den Heizungsstreit verstehen”.

via Buddenbohm & Söhne

Folgen Sie dem Link ruhig, die Erklärung ist sehr lustig, auch für Freund*innen der Wörter, dieses Gesetz hat es in sich.

Falls Sie sich jetzt fragen sollten, was zum Henker Lieschkolbenschrot ist: Hierbei handelt es sich um den geernteten Maiskolben inklusive der ihn umgebenden Blätter, der dann im Häcksler zerkleinert wird. Für weitere Details würde ich Sie an das Deutsche Maiskomitee e.V. verweisen und nein, wusste ich auch nicht, dass es das gibt.

Ein Schlüsselsatz der Ausführungen:

Politik bedeutet nie, die wissenschaftlich beste Lösung zu finden, sondern einen Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Interessen zu finden.

Und diese Interessen priorisieren die gemeinsamen Fakten unterschiedlich.

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Mein Problem mit harter Metal-Musik ist ja, dass ich mich ungern anbrüllen lasse.
Stellt sich heraus: Ich habe das ganz falsch verstanden.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/rmTufAQz5MI

via @slowbiex

die Kaltmamsell

Journal Montag, 5. Juni 2023 – Taschenfund

Dienstag, 6. Juni 2023 um 6:08

Zu früh aufgewacht, nach einer Runde Wälzen bis Angst aufgestanden und die Zeit für Häuslichkeiten genutzt.

Zudem kam ich dadurch besonders früh ins Büro. Der Tag begann kühl, am Himmel Blau mit Wolken.

Was ich überrascht in meiner Rocktasche fand. Wenn ich etwa viermal im Jahr zu einem Fingerring greife, lege ich ihn beim ersten Händewaschen des Tages ab – und vergesse ihn umgehend. Dieser wurde mitgewaschen und -gebügelt, ist eine Erwerbung aus ebay-Anfangszeiten, angeblich Turmalin.

Brutaler Arbeitsvormittag in Dauerbeschuss und mit ständigem unterdrückten DAFÜR BIN ICH ECHT NICHT ZUSTÄNDIG UND HABE GRAD ECHT KEINE ZEIT, weil die Anfrager*innen in Not ja nichts für die Dutzend weiteren Schussquellen konnten.

Ich floh dennoch auf einen Mittagscappuccino, brauchte Luft und wollte Bewegung. Letztere war dann etwas beschwerlich, weil ich Schühchen trug, die nicht zum schnellen Gehen gedacht sind, ich aber trotzdem schnell gehen wollte -> Bewegungsmuster etwa Flipflop-Trägerin auf der Flucht vor Werwolf. (Auf dem Arbeitsweg hatte ich Turnschuhe getragen.)

Rückweg ebenso zackig, schließlich gab’s Unmengen Arbeit. Irgendwann musste ich etwas essen gegen das flaue Gefühl, ich hatte einen Apfel und ein Glas Birchermuesli mit Joghurt dabei: Ohne Genuss reingelöffelt, damit wenigstens im Magen Ruhe war.

Der Arbeitsnachmittag verlief geordneter, aber ich arbeitete heftig und lange durch. Auf dem Heimweg Lebensmitteleinkäufe, daheim eine ersehnte halbe Stunde Yoga-Gymnastik.

Herr Kaltmamsell servierte zum Nachtmahl Linguine mit Agretti aus Ernteanteil, ganz wunderbar.

Dann stellte er meine Behauptung auf die Probe, dass es “zu viele” im Zusammenhang mit Erdbeeren nicht gibt (kam alles weg).

Sonst: Mein Internet war voller re:publica-Schnippseln, große Vermissung.

§

Schöner Zufall: Gestern dachte ich darüber nach, dass die meisten BH-Modelle aus der Werbung an den meisten Frauen gar nicht funktionieren können. Die Brust-Textur, die ein Funktionieren voraussetzt (ca. Marmor), und die Brust-Textur der meisten Frauen (von Gazpacho bis Porridge) haben wenig gemeinsam. Und dann finde ich auf instagram eine perfekte Illustration von Celeste Barber.

Das Resultat: Die Brust schwappt an einer oder mehreren Seiten aus dem beworbenen BH.

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 4. Juni 2023 – Sonntag im Sauseschritt

Montag, 5. Juni 2023 um 6:30

Ausgeschlafen, angenehm früh aufgewacht.

Nach dem Bloggen buk ich erst mal Cantuccini, diesmal mit 15 Minuten im Backofen gerösteten Mandeln. Mein Rezept aktualisierte ich um einen Effizenz-Trick, den wahrscheinlich eh schon immer alle außer mir anwenden: Nach dem Trennen der Eier erstmal das Eiweiß steif schlagen, auch wenn man es erst später benötigt, dann muss man nach dem Schlagen der Eigelb die Schneebesen nicht fürs Eiweiß reinigen (um Fettfreiheit zu garantieren).

Wie immer wurden ein paar davon beim abschließenden Rösten unterm Grill zu dunkel.

Das Wetter wieder wolkenlos sonnig ohne Hitze, ich radelte für eine Schwimmrunde mit anschließendem Sonnen ins Dantebad. Es war gut besucht, doch die meisten Badegäste vergnügten sich im Spaßbecken: Ich schwamm gestern nicht nur leicht und kraftvoll, sondern musste mich mit wenigen anderen arrangieren. (Beeinträchtigung auch diesmal der beißende Frittenfettgeruch, den der ungünstig stehende Wind vom Imbissladen über eine Ecke des Beckens wehte.)

Duschen und Sonnencremen, ich breitete mich auf der Liegewiese aus, sonnte mich ein Stündchen und hörte dabei Musik. Sehr, sehr gemütliches Heimradeln auf der Dachauer Straße – gezwungenermaßen, weil von roter Ampel zu roter Ampel.

Gegen drei kam ich nach Hause, der Himmel verschleierte sich etwas. Erst mal Frühstück: Pumpernickel mit Butter, Sojajoghurt.

Fürs Abendessen war ich zuständig, Sie erinnern sich an die Hähnchenjagd. In meinem Rezept fürs Zitronen-Thymian-Hähnchen habe ich jetzt auch notiert, dass die Vorbereitung bis zum Marinieren im Kühlschrank knapp eine Stunde dauert (ich war auch diesmal überrascht und möchte das nicht nochmal sein, vor allem das Zupfen der Thymianblättchen zieht sich).

Gestern hakte ich auch einen Punkt der jährlichen Balkonliste ab: Eiskaffee. Ich hatte vor allem dafür aus Spanien entkoffeinierten Torrefacto mitgebracht (für mich lieber kein Koffein nach drei, wenn ich in der Nacht darauf schlafen möchte), er machte sich ausgezeichnet.

Als das Hähnchen im Ofen war, las ich endlich die Wochenend-Süddeutsche. Und bügelte ein wenig.

Sehr schmackhaftes Abendessen. Danach noch Cantuccini und Schokolade.

Zack! ist das Wochenende schon wieder weg, sind Vorhaben (vor allem für liebe Menschen) nicht umgesetzt – dabei habe ich doch wirklich nicht getändelt, hätte gerade mal durch Auslassen des Sonnenbads (= echtes Nichtstun) eine Stunde rausschlagen können.

Auf Mastodon wurden die re:publica-Nachrichten immer dichter, heute geht’s los – ohne mich, zugunsten drei Wochen Urlaub mit Herrn Kaltmamsell außerhalb bayerischer Sommerferien. Wehes Ziehen in der Herzgegend, nächstes Jahr wieder!

die Kaltmamsell

Journal Samstag, 3. Juni 2023 – Sonnenwandern: Zu Fuß von Starnberg nach Pasing

Sonntag, 4. Juni 2023 um 8:50

Der viele Wein vom Vorabend beeinträchtigte meinen Schlaf kaum, ich wachte ausgeruht und nur ganz wenig verkatert auf.

Für gestern hatten Herr Kaltmamsell und ich uns eine Wanderung vorgenommen, ich hatte gezielt eine längere Strecke ausgesucht, um uns endlich auf die Ganztages-Etappen des diesjährigen Fernwanderwegs Cotswold Way vorzubereiten: Ca. 23 Kilometer die Würm entlang von Starnberg nach Pasing.

Das angekündigte Wetter war mit Sonne und 24 Grad ideal, wir kannten die Route bereits in die andere Richtung. Ich hatte die Gegenrichtung zum einen zur Abwechslung vorgeschlagen, zum anderen würden wir beim Wandern nach Norden die Sonne im Rücken haben. Ich trug trotz der leichten Strecke mit sehr bequemen Wegen meine Wanderstiefel: Test, ob eine lange Strecke in warmen Temperaturen automatisch roten Ausschlag (“Wanderkrätze”) erzeugen würde.

Und so genossen wir tatsächlich ideales Wanderwetter mit leichtem Wind, in schattigen Abschnitten war es sogar für nackte Schultern etwas zu frisch. Was wir für die mindestens so langen Etappen in England übten: regelmäßige Pausen. Und zwar nicht erst bei Ausruh-Bedürfnis, sondern stur alle zwei Stunden, damit erst gar kein echtes Ausruh-Bedürfnis entsteht.

Die Ausblicke und Anblicke im Leutstettener Moos und an der Würm waren märchenhaft, ich sah zum ersten Mal im Leben Wasseramseln – allerdings sah ich sie nicht tauchen, das konnte ich bei erster Begegnung aber nicht gleich erwarten. Zumindest konnte ich sie lang genug beobachten, um ihre lustigen Kniebeugen zu sehen.

Allerdings erwischten wir eine nicht optimale Streckenführung: Etwa ein Drittel des Wegs (zwischen Gauting und Planegg) führte Straßen entlang, wir mühten uns vergeblich immer wieder in Flussnähe zu kommen. Womit wir gerechnet hatten: Viele Radler*innen, die Route ist als Fahrradwanderung ausgeschildert – mit dem hohen Straßenanteil wahrscheinlich dafür wirklich besser geeignet. Alle Beteiligten kamen gut miteinander aus.

Erster Hinweis auf unser Wanderthema, hier noch minus Idylle.

Start des Idylls im Leutstettener Moos.

Blick zurück von Leutstetten zum Starnberger See.

Mühltal.

Endlich an der Würm – sie stand in voller Blüte.

Um halb zwei Brotzeitpause nach gut zwei Stunden Wandern (Glockenapfel vom Vollcorner, ich hatte mich sehr gefreut, auf diese Sorte zu stoßen).

Vor Gauting “Roter Flieder” oder wie ich dieses Jahr Herrn Kaltmamsell beibrachte, dass Kastanien nicht unbedingt weiß blühen (und die rot blühenden unanfällig für die Miniermotte sind, möglicherweise mittlerweile bevorzugt gepflanzt werden).

Diesen Pfad an der Würm abseits der Straße hatte Herr Kaltmamsell bei einer Wanderung in die Gegenrichtung entdeckt, er ersparte uns einen Kilometer Straße – ließ uns auf herrliche Grundstücke auf der anderen Seite sehen und war abenteuerlich wild.

Herrliche deutsche Sprache – hier in Stockdorf.

St. Margaret in Krailling.

In Planegg gab es um vier eine zweite Pause. Ein wenig Sorge bereitete mir, dass Herr Kaltmamsell mit seinen vertrauten Wanderschuhen kämpfte, sie drückten ihn. Er betonte, dass er einfach seine Einlagen vergessen habe, ich hoffe, das war wirklich die Ursache. Selbst lief ich völlig unbeschwert, das darf in England gern so bleiben. Daheim sah ich: Wanderkrätze nur ganz leicht.

Am Pasinger S-Bahn-Gleis trafen wir nach gut sechs Stunden Wanderung auf Bekannte – und freuten uns, dass wir auf ihre Frage “Wo kommt ihr denn her?” antworteten: “Aus Starnberg.”

Problemlose Fahrt an den Stachus, auf dem letzten Abschnitt nach Hause kaufte ich am Standl noch Erdbeeren für den Abend.

Daheim füllten wir auf dem Balkon das viel genutzte Wasserschälchen nach: Zu unserer großen Freude trauen sich dieses Jahr auch die Distelfinken aus den Bäumen davor ran.

Räumen und Ausruhen, dann briet Herr Kaltmamsell uns Würste zum Nachtmahl, dazu aus Ernteanteil Grelos (Stängelkohl). Ich hatte sogar Lust auf ein Glas Weißwein dazu. Danach gab es große Mengen Erdbeeren (jetzt sind die heimischen richtig gut), noch ein wenig Schokolade.

Im Bett den nächsten Roman angefangen und mich von ihm nach China mitnehmen lassen: Fang Fang, Michael Kahn-Ackermann (Übers.), Weiches Begräbnis.

§

Ein Text von Friederike Gräff in der taz, der mir nahe geht. Auch mich bestürzt es immer wieder, wenn Menschen die Nachricht vom Tod eines sehr alten Menschen mit “na ja, er war doch schon alt” abtun: Für Nahestehende, für Angehörige und Freunde, ist dieser Tod ein schmerzlicher Verlust, der durch die Länge der gemeinsam verbrachten Lebensjahre sicher nicht geringer wird.
“Trauer ist alterslos”.

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 2. Juni 2023 – Hähnchenjagd und ein Abend im Weinhaus Neuner

Samstag, 3. Juni 2023 um 8:48

Der Wecker klingelte mich aus einem Traum, der an Sturm-umtoster Küste und in verdächtig nach Fluch der Karibik aussehender Umgebung spielte, es ging um eine Doppelhochzeit.

Den Rollladen meines Schlafzimmers zog ich zu blauem Himmel und Morgensonne hoch – herrlich.

Durchkreuzte Kleidungsplanung: Für den Tag und das abendliche Ausgehen mit Herrn Kaltmamsell zog ich ein Kleid aus dem Schrank – das sich als ungebügelt erwies. Nach dem letzten Waschen vergangenes Jahr hatte ich es – eigentlich vernünftig – vor dem Weghängen nicht gebügelt, da es mit seiner Stoff-Fülle bis zum nächsten Tragen acht Monate später eh wieder verknittern würde. Und das umgehend vergessen. Beim nächsten solchen vernünftigen Ablauf befestige ich also einen großen Zettel “UNGEBÜGELT” am Kleidungsstück.

Was mich daran erinnerte, dass das zu Studienzeiten mein üblicher Prozess war: Wenig Platz im Kleiderschrank, ich musste (meine schon damals eher ausgesuchte und schöne Kleidung) ziemlich quetschen und verknittern. Deshalb hängte ich alles ungebügelt auf und bügelte es erst morgens vorm Anziehen frisch.

Gestern bekam ich auf dem Weg in die Arbeit unter klarem Himmel wieder Morgenfrische, es war herrlich.

In der Arbeit Geschäftigkeit, ein großer Teil davon mit Menschen. Keine Zeit für Mittagscappuccino, dabei lockte das Draußen arg. Zu Mittag gab es Apfel, Tomaten, Pumpernickel mit Butter.

Am Nachmittag geschahen viele Dinge gleichzeitig, für meinen gestrigen Konzentrationsmangel etwas zu viele Dinge, ich machte Fehler. (Oder ich fand mich vor einer Plattform auf dem Bildschirm wieder, und mir fiel nicht mehr ein, warum ich dorthin geklickt hatte. “Nochmal zurückgehen, dann fällt’s mir wieder ein” funktioniert hier ja nicht.)

Nach pünktlichem Feierabend ging ich über Lebensmitteleinkäufe heim – und wendete erstmals die Einkaufstechnik von Herrn Kaltmamsell an, so lange zu suchen, bis ich das Geplante bekam. Als Sonntagsbraten hatte ich mir meinen Liebling Zitronen-Thymian-Hähnchen ausbedungen und darauf beharrt, selbst die Zutaten dafür zu besorgen. Was zu einer Hähnchenjagd führte, denn der Vollcorner hatte keinen Gockel – in den Pfingsferien werde weniger Frischware vorgehalten. Sonst neige ich in solchen Fällen dazu, spontan umzuplanen, doch jetzt wollte ich auch mal hartnäckig sein. Ich ging zum Basitsch in der Müllerstraße: kein Hendl, weil Pfingsten. Weiter zum Herrmannsdorfer am Viktualienmarkt: Kein Gockel, wissen’S, Pfingstferien. Jetzt musste ich aber schon nachhaken: “Und da machen die Hendln alle Urlaub am Gardasee?” Nächster Versuch Basitsch am Viktualienmarkt: Bingo, hier bekam ich meinen Bauerngockel, es gab sogar noch drei weitere. (Sonst wäre ich noch zum Wild- und Geflügelhandel auf dem Viktualienmarkt gegangen, letzter Versuch wäre die Feinkostabteilung des Kaufhofs am Marienplatz gewesen.)

Das hatte so lange gedauert, dass ich daheim nur noch auspacken konnte, mein Augen-Make-up kurz auffrischen, dann spazierte ich mit Herrn Kaltmamsell zu unserer Reservierung im Weinhaus Neuner. Es hätte sogar Außentische in einem Schanigarten vor der Tür gegeben, aber die standen halt auf der Straße, gegenüber war Baustelle, an der gerade lärmend ein Laster Halt machte – und das historische Innere des alten Hauses finde ich ja besonders schön.

Ist Ihnen auch aufgefallen, dass Tischdecken immer weiter aus der Gastronomie verschwinden? Auch aus Fine Dining, dessen gestärkte weiße Tischdecken einst definitorisch waren?

Wir verbrachten einen sehr schönen Abend dort, wählten das Menü mit Weinbegleitung, wurden freundlich umsorgt – und kamen wie erhofft ins Reden, ins Erzählen über die vergangene Woche (nur weil man zusammen wohnt, bekommt man ja nicht unbedingt viel mit vom anderen).

Der Gruß aus der Küche war ein Stück Zwiebelkuchen, eines der typischen Gerichte des Hauses (ich hatte nachgefragt, weil es ja eigentlich noch nicht die passende Jahreszeit war). Im Glas statt einem Aperitif (der die Alkoholmenge des Abends wohl zu hoch gesetzt hätte) der erste Wein: eine fränkische Scheurebe vom Weingut Weltner, wunderbar frisch und rass.

Das Weizenmischbrot kam vom benachbarten Julius Brantner – und schmeckte beim Weitem nicht so brutal sauer wie der Laib, den ich vor Monaten dort gekauft hatte, war damals vielleicht einfach ein Ausrutscher.

Gebeizte Seeforelle, wunderbar aromatische frische Erbse, Hollerblüte, sauer eingelegte Radiserln und Rhabarber.

Zu den Kalbsmaultaschen in Liebstöckeljus (sehr gut und herzhaft) gab es einen badischen Grauburgunder Franz Keller – Schwarzer Adler, der mir ebenfalls sehr gut schmeckte.

Die Zitronen-Kapern-Butter zum Seeteufel mit Artischocken gossen wir selbst an, der weiße Burgunder Macon-Lugny Saint Pierre Bouchard Pére & Fils harmonierte hervorragend damit. (Ich merke immer wieder, wie hilflos ich beim Einschätzen/Vorhersehen des Geschmacks französischer Weine beim Lesen bin.)

Auch an der herrlichen Sauce béarnaise zur Rinderlende mit Spargel und roten Zwiebeln bedienten wir uns selbst, der Pinot Noir dazu schmeckte mir besonders gut (Hautes Côtes de Nuits “Louis Auguste”, Domaine David Duband, Burgund).

Als Dessert gab es einen Windbeutel mit Erdbeeren und Schokoladeneis, ok, im Glas eine pfälzische Blanc de Noir Beerenauslese von Frey & Söhne.

Wir waren aufs Angenehmste satt und nicht zu alkoholisiert, spazierten im allerletzten Rest des Tageslichts und in Abendkühle durchs Kreuzviertel nach Hause.

Fledermäuse! (Müssen Sie mir jetzt einfach glauben.)

Daheim gab’s noch (koffeinfreien) Espresso und Limoncello, überm Nussbaumpark schien der Fast-Vollmond.

§

Service-Blog novemberregen packt mal wieder an. Wer die Erklärung der Europäischen Kommission mochte, wer “Was war nochmal Kreuzigung – Auferstehung?” schätzte, wird ganz besonders lieben:
“Das dunkle Herz des Kapitalismus”.

§

Wolle Foto gucke? Ich empfehle mal wieder eine Zusammenstellung des instagram-Kanals Woman in Street: Doppelungen.

die Kaltmamsell

Journal Donnerstag, 1. Juni 2023 – Frühling zu Sommer

Freitag, 2. Juni 2023 um 6:30

Gut geschlafen bis auf eine Krampf-Attacke, diesmal überraschend im rechten hinteren Oberschenkel. Körper! Immer für eine Überraschung gut! Aktuell mit Körper-Komik: Ich spüre immer wieder Schmerzen an der operierten Hüfte, was immer noch erstmal Sorge auslöst – bis mir einfällt, dass ich mich kürzlich heftig an der Hüfte gestoßen habe (Spitze des Fahrradsattels, fragen Sie nicht), dort ein blauer Fleck prangt und die Schmerzen sehr wahrscheinlich keine besorgniserregende Ursache haben.

Auf dem Weg in die Arbeit bemerkte ich das Ansteigen der Temperatur: Unter leicht diesigem Himmel und ohne Wind fehlte die Morgenfrische.

Die Robinien am Heimeranplatz blühen – aber gerochen habe ich ihren Duft noch nicht.

Im Büro Vollpower-Vormittag mit Wind von vorn, außerdem planmäßig neue Menschen. Von den verschiedenen Erzeugern des Trubels war nur einer vor Ort – 60 Prozent mobiles Arbeiten der Abteilung bedeutet auch, dass die Leute keinen Eindruck vom Gesamttrubel bekommen.

Kurz vor zwölf legte sich der Trubel, ich konnte raushuschen auf einen Mittagscappuccino. Und betrat beim Verlassen des Bürogebäudes Sommer: Fast eine Woche hatte ich mich über den sonnigen und frischen Frühling gefreut, gestern wurde es in langen Ärmeln in der Sonne bereits unangenehm – ich bin doch noch nicht durch mit meiner Frühlingskleidung!

Spätes Mittagessen, es gab Mango mit Sojajoghurt.

Der Nachmittag war nochmal… abwechslungsreich, ab vier schleppte ich mich nur noch erschöpft durch.

Auf dem Heimweg unter wieder verschleiertem Himmel Supermarkt-Einkäufe. Daheim fand ich den ja immer noch Sabbatical genießenden Herrn Kaltmamsell auf dem Balkon lesend vor, beleuchtet von Blätter-gefilterter Sonne, und freute mich an diesem Anblick. Eine Einheit Yoga-Gymnastik, dann durfte ich Abendessen zubereiten: Den Ernteanteil-Salat und die wunderbar frischen -Radieserlblätter sowie den -Schnittknoblauch machte ich mit zugekauften Tomaten und harten Eiern zu einer Schüssel Salat. Angemacht mit Joghurt-Dressing, das ich mir zu Studienzeiten ausdachte und bis heute so mache: viel Joghurt sowie je ein Teelöffel Meerrettich, Senf, Majo außerdem Salz und Pfeffer. Weil ich aber seither dazugelernt habe, ergänze ich mittlerweile einen Teelöffel Ahornsirup. Schmeckte sehr gut. Dann gab es noch ordentlich Käse, Nachtisch Schokolade.

§

In der gestrigen Süddeutschen Zeitung ein ausgewogener und für mich nachvollziehbarer Kommentar von Ronen Steinke zur Verurteilung der mutmaßlichen Linksextremistin Lina E. zu fünf Jahren Haft (leider wieder €):
“Es gibt keine gute Selbstjustiz – auch nicht gegen Nazis”.

Es gibt keine “berechtigte” Knochenbrecherei im Morgengrauen, selbst wenn sie sich gegen tatsächlich gefährliche Neonazis richtet. Das Gewaltmonopol hat der Staat – und wie er keine Körperstrafen verhängen und vollstrecken darf, so dürfen das erst recht und selbstverständlich keine Privatleute.

Aber:

Übeltaten, die aus der linken Szene kommen, nach allen Regeln der Kunst auszuleuchten und rasch und strikt vor Gericht zu bringen, das ist ein Lieblingsprojekt einer sächsischen Landespolitik gewesen, die währenddessen gegen rechte Hetzer und Gewalttäter noch immer oft eher lasch vorgeht. Die Linken seien ja genauso schlimm – das ist nicht nur ein zynischer Whataboutism, mit dem die Behörden von eigener, schlechter Arbeit ablenken.

§

Ich wusste nicht, dass die Sängerin Karen Carpenter auch das Schlagzeug spielte bei den Carpenters – so schön.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/-XYBj0J99i8

§

Kakadu führt Traumleben vor.

die Kaltmamsell

Journal Mittwoch, 31. Mai 2023 – Lerchenprivileg

Donnerstag, 1. Juni 2023 um 6:20

(Ein Entwurf-Fragment dieses Posts ging bereits gestern Morgen versehentlich online, ich musste lernen, dass Zurückstellen auf “Entwurf” nicht die Veröffentlichung zurücknimmt, gnarf.)

Wir Lerchen kennen nicht den kreativen Zauber von Nachtstunden, stellen unsere Stühle beim Ausgehen nicht selbst auf die Tische, kennen überhaupt “Nachtleben” und seine vielfältige Welt nur aus Erzählungen, müssen uns in die uncoole Streber- und Spießerrolle einfinden, sitzen vor acht im Büro, weil wir morgens am produktivsten sind. Aber. Wir können zwischen Mitte Mai und Ende Juli den Wecker auf Fabrik-Frühschicht stellen (keine exakte Uhrzeit, um die Eulen nicht völlig zu verschrecken) und bei entsprechender Neigung noch vor dem Arbeitstag eine Laufrunde an der Isar einlegen, selbst diejenigen unter uns Lerchen, die unter einer Stunde gar nicht erst mit dem Laufen anfangen.

Auf den gestrigen Morgen als Gelegenheit war ich gekommen, weil ich für eine Besorgung nach Feierabend ohnehin mit dem Rad in die Arbeit fahren würde – und ein für mich akzeptabler Arbeitsbeginn nach Laufrunde nur damit zu schaffen war. Und wegen schönem Wetter, das herrliches Licht und wunderbare Luft versprach.

Mein Viertelstunden-genauer Plan für den Morgen klappte. Nach tiefem, guten Schlaf wachte ich eine Minute vor Wecker auf, trank sogar noch café con leche, putzte mir die Zähne und radelte zur Wittelsbacherbrücke. Dort startete ich meinen Lauf Richtung Thalkirchen und um den Hinterbrühler See zurück. Es war vom ersten Schritt an großartig, ich hätte jodeln mögen. Die Windjacke über kürzärmligem Laufshirt war genau die richtige Kleidung für die Morgenfrische.

Kunst unter der Brudermühlbrücke:

Mir kam eine große Gruppe creatures of the night entgegen: Durchgefeierte verträumte Goths mit leiser Musik.

Sonnengruß:

Wunderschöner Anblick zum Abschluss: Ein mächtiger Kormoran, der sein Gefieder in der Morgensonne trocknete, auf einem Felsen mitten in der Isar vor der Wittelsbacherbrücke (zu weit weg für Foto).

Gelernt unter anderem auf diesem Lauf: Enten stehen keineswegs mit den Hühnern auf, die meisten, denen ich begegnete, hatten den Schnabel noch unterm Flügel und pennten.

Ein Uhrencheck ergab in der zweiten Hälfte des Laufs leichte Verzögerung, ich holte sie mit höherem Lauftempo ein – sonst laufe ich ja immer nur so schnell, wie es sich gemütlich anfühlt, aber nach nur einer Stunde geht auch Tempo. Nach insgesamt 75 Minuten war ich zurück an meinem Radl, schwänzte das Dehnen (einmal wird schon nichts ausmachen) und fuhr heim.

Glas Wasser, duschen, schminken, anziehen, gepackten Arbeitsrucksack aufgeschnallt, in die Arbeit geradelt. Ich startete den Bürotag nur 20 Minuten später als sonst und hatte bereits ein wunderschönes Erlebnis hinter mir.

Gut zu schaffende Arbeit, wenig Haareraufen.

Zu Mittag gab es Lagerapfel, den letzten Kanten selbst gebackenes Walnussbrot, Hüttenkäse.

Den ganzen Tag blieb ich schwindelfrei, das war schön. Draußen krachten die Farben im Sonnenlicht, und die Luft, die durchs gekippte Bürofenster hereinkam, war angenehm frisch.

Nach Feierabend radelte ich nach Schwabing: Bestellte Unterwäsche war eingetroffen, ich holte sie ab. Der Radlverkehr in die Stadtmitte nach Hause war nicht ganz so schlimm wie befürchtet, ich reihte mich in den Strom ein (hätte aber kurz vor der Haustür fast noch eine alte Dame angefahren, die beim Queren der Straße umdrehte und sich in die andere Richtung bewegte – gerade als ich sie überholte).

Auf den Straßen viele Menschen in Hochsommerkleidung, also Hotpants, Strandkleidchen – diese Eskalationsstufe behalte ich mir für Hitze vor, gestern war immer noch Frühling mit 23 Grad und frischem Wind.

Zu Hause nochmal die Yoga-Gymnastik vom Vorabend. Herr Kaltmamsell servierte zum Nachtmahl Orecchiette mit Kirschtomaten und Ruccola, sehr gut. Dann gab’s die ersten richtig guten Erdbeeren der Saison mit ein wenig Pistazien-Baklava, außerdem Schokolade (zu viel, hmpf).

§

Die Seite Drei der Süddeutschen thematisierte, wie es nach den Razzien um die Aktivistinnen und Aktivisten der Letzten Generation steht, laut Vorspann “Zeit zu fragen, was das eigentlich bringt” (€):
“Auf die Fresse”.

Die Frage, ob die Protestformen der Letzten Generation “was bringen”, halte ich für durchaus berechtigt. Doch nützlich ist sie nur, wenn auch alle anderen Protestformen daraufhin geprüft werden und man dann vergleicht. Das wäre doch mal ein schönes Buch zwei am Wochenende.

Mir geht halt schon sehr im Kopf rum, dass Fahrradparadise wie Amsterdam, Kopenhagen oder Utrecht keineswegs nur durch wohlwollende Politiker*innen entstanden, sondern durch massiven Protest, siehe:
“‘Brauchte fast Straßenkämpfe’: Wie Amsterdam und Co. zu Fahrradstädten wurden”.
Und denen saß noch nicht mal der Klimawandel als existenzielle Bedrohung im Nacken.

§

Formschub erinnert sich an die Medienlandschaft seiner (und meiner) Kindheit in den 70ern – und in welch abgrundtiefem Sexismus wir damit aufwuchsen (den meine Mutter allerdings schon damals kritisierte):
“Ganz normal”.

die Kaltmamsell

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