Journal Dienstag, 10. Dezember 2024 – Dezemberdunkel

Mittwoch, 11. Dezember 2024 um 6:22

Tief und gut geschlafen, das war schön.

In dunkler Nacht aufgestanden, in dunkler Nacht in die Arbeit marschiert. Auf den Dächern lag ein Hauch Schnee, doch der Boden war nass und ungefrostet.

Beim ersten Blick ins Arbeitspostfach wurde mir diesmal nicht sofort schlecht – ein guter Tagesanfang! Ich werkelte den Vormittag emsig durch, genehmigte mir einen Marsch (unter düsterem Dezemberhimmel) zu Mittagscappuccino ins Westend. Wohltuende Bewegung an der Draußenluft.

Mittagessen: Halber Apfel (und zwar die äußere Hälfte, die innere war verfault), Mango mit Sojajoghurt. Was mir eigenartigerweise erstmals schmerzhaftes Bauchkneifen in den Stunden danach bereitete.

Nachmittagsarbeit ein wenig durcheinander, aber ohne Panik machbar. Außerdem mal wieder Anlass fürs Hadern mit dem Duzen/Siezen im Berufsleben. Hell wurde es draußen gar nicht, wir stecken in den dunkelsten Tagen/Wochen des Jahres. Der Arbeitstag endete wieder eher später.

Auf dem Heimweg kurze Einkäufe, eigentlich nur, um den Weg zu verlängern. Zu Hause eine Runde Yoga-Gymnastik mit Mady, eine kurze Einheit mit sportlichen Flows. Als nächstes turne ich die eingemerkten Yoga-Videos von Jessica Richberg ab, und dann mal sehen, ob es auch für Anfang 2025 ein neues 30-Tage-Programm von Adriene gibt.

Wieder sorgte Herr Kaltmamsell fürs Nachtmahl, er baute es um die Guacamole herum, die er aus den ersten nachgereiften Crowdfarming-Avocados rührte.

Aufsicht auf einen gedeckten Tisch mit Glastellern und Schälchen voll von den Dingen, die drunter stehen

Quesadillas, Hackfleisch, Weizentortillas, Tomätchen, Jalapeños, Kimchi, Sauerrahm. Das war sehr gut.

Zum Nachtisch servierte Herr Kaltmamsell zum Test kleine Christmas Puddings mit Sahne: Er hat eine ganze Reihe hergestellt, jetzt wissen wir, dass sie definitiv gut genug zum Verschenken sind (so fruchtig!).

Erste Restaurantreservierung für den Berlin-Urlaub am Jahresende.

Im Bett las ich weiter in Annette Hess, Deutsches Haus: Die Geschichte aus den 1960ern um den Frankfurter Auschwitzprozess aus der Perspektive einer einheimischen Dolmetscherin gewann an Fahrt.

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Schöner Überblick über die aktuellen Anwendungen von Algorithmen, die derzeit “KI” heißen, vom WDR in der ARD-Mediathek:
“Unser Leben mit KI: Wie künstliche Intelligenz unsere Arbeit revolutioniert”.

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There’s one thing right with our world, and it’s Dick Van Dyke.

Sie kennen ihn aus Mary Poppins auf den Dächern Londons, ich auch davon, dass Herr Kaltmamsell immer auf ihn hinweist, wenn er in irgendeinem Film oder einer Fernsehserie auftaucht.
“99-Year-Old Dick Van Dyke Sings & Dances in a Touching New Coldplay Video, Directed by Spike Jonze”.

die Kaltmamsell

Journal Montag, 9. Dezember 2024 – Frische Arbeitshölle

Dienstag, 10. Dezember 2024 um 6:34

Bloggen über Morgenkaffee untermalt von vielerlei Krähen-Geräuschen: Die mächtigen kahlen Bäume um den Balkon fungieren derzeit als Schlafbäume, und am Morgen gibt es wohl viel zu erzählen.

Vor einem hellen, städtischen Nachthimmel kahle Bäume voller Krähen

Marsch in die Arbeit in dunkelgrauem, kalten Wetter knapp über Null, aber zumindest regnete es nicht. Nicht nur vor unserem Balkon gab es viele Krähen, über Ludwigsvorstadt und Theresienwiese murmurierten riesige Schwärme.

Nach Hochfahren des Rechners und Öffnen des Postfachs die inzwischem Montagmorgen-übliche Hektik, bis ich die Entwicklungen des Wochenendes nachvollzogen und die sich daraus ergebenden Aufgaben umgesetzt hatte. Noch zwei volle Arbeitswochen bis Weihnachten, es ist noch sehr, sehr weit bis zur erleichternden Aussicht auf Ferien.

Über den Vormittag schlugen wieder die Wellen unvorhergesehener Jobs über mir zusammen. Eine Aufgabe, die ich mir auf diesen Montag verhältnismäßig knapp vor Deadline geschoben hatte inklusive auch nur Nachdenken darüber, einfach weil ich vorher keinerlei Kapazitäten dafür hatte – stellte sich in dieser Zeitknappheit als gar nicht erledigbar heraus, ich hatte die falsche Rolle dafür. Das und die damit einhergehende Panik hinderten mich am Mittagscappuccino, doch Koffein wäre bei meiner Grund-Zittrigkeit ohnehin verheerend gewesen. Und in dem dunkelgrauen Regen hätte ich nicht mal aus dem Marsch an frischer Luft Genuss gezogen.

Montag 12 Uhr, und ich war eigentlich bereits durch mit der Woche, hatte bereits Denkaussetzer, bei denen ich vor dem Bildschirm sitzend nicht mehr wusste, was ich auf dem Dokument vor mir eigentlich tun wollte.

Querschüsse, Abrufbereitschaft für Einspringen – es wurde zwei, bis ich wenigstens etwas essen konnte: Apfel, Mango mit Sojajoghurt.

Nachmittags bekam ich ein wenig Luft durch die Absage eines Termins von jemandem, der noch mehr um die Ohren hatte als ich.

Nicht allzu später Feierabend, Heimweg in Nieselregen über Lebensmitteleinkäufe und erste Weihnachtsgeschenkkaufversuche (wie können Menschen ihre Weihnachtsgeschenke schon vor Advent beisammen haben, wenn man doch erst im Advent die Briefe ans Christkind schreibt?).

Nach stundenlangem Zusammenreißen im Büro zeigte sich meine wahre Laune, als ich daheim beim Öffnen des Wintermantels kurz davor war, den sich sperrenden Knopf durch brutales Reißen zu öffnen. Häuslichkeiten, dann eine Runde sportliche Yoga-Gymnastik.

Als Nachtmahl bereitete Herr Kaltmamsell die Ernteanteil-Pastinaken nach einem englischen Rezept zu: Eine Kasserole mit Chorizo und Lauch (und Sherry und Petersilie und Zitronenschale), ganz überraschend gut. Nachtisch Panettone UND Schokolade. Herr Kaltmamsell merkte an, dass er sich auch an anderen als dem Freitagabend nach ersten Alkohol ganz gerne mit mir unterhalten würde, ich war mal wieder zu keinem Gespräch fähig.

Beim Fernseherlaufenlassen stolperte ich in die WDR-Doku “Hape Kerkeling: Total normal” und blieb hängen. Zwar hatte ich live von dem Komiker gerade mal in den 1980ern die Hannilein-Figur mitbekommen, doch er ist ja Kanon und so wusste ich von seinen Shows, dem Outing, den Liedern, der Wanderung, den Filmen, den größten Sensationen (“Hurz!”) – der Mann und sein Werk sind (west-)deutsches Kulturgut. Der Junge muss an die frische Luft hatte ich sogar im Kino gesehen und gemocht. Und so sah ich seine Biografie wirklich interessiert – dass jemand bereits zu seinem 60. Geburtstag so viel und laut geehrt wird, macht allein schon seine Bedeutung klar.

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Eine schöne Folge “Sachverstand” in den Übermedien: Bestatterin Sarah Benz kritisiert die Darstellung von Tod, Abschied und Trauer in Medien:
“‘Im Film ist Trauer immer etwas, das gemanagt werden muss”‘.

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 8. Dezember 2024 – 2. Regenadvent auf Bahngleisen

Montag, 9. Dezember 2024 um 6:22

Verschlafen! Ich hatte mir den Wecker gestellt, um noch ein wenig Zeit mit den Freunden in bei Basel über Morgenkaffee verbringen zu können. Gestellt ja, erwies sich, aber nicht eingeschaltet. Und so standen wir deutlich später auf als geplant.

Für Morgenkaffee mit Freunden reichte es trotzdem noch, das war sehr schön.

Im greislich niesligen Wetter gingen wir zum Bahnhof und starteten unsere Rückreise. Am Basler Bahnhof war beim Umsteigen noch Zeit für Brotzeitbesorgung im edlen Buffet: Ich steuerte es gezielt an, nachdem @cuorecomarmo so davon geschwärmt hatte, und sah mich mit Herrn Kaltmamsell ausführlich um.

ICE nach Mannheim. Dort waren nur fünf Minuten für den Umstieg eingeplant; ich ging davon aus, dass wir eh Verspätung haben und einen anderen Anschlusszug nehmen würden, dass uns das also Zeit für einen Mittagscappuccino lassen würde. Hatten wir dann auch, aber nicht weil der ICE nach Mannheim verspätet war (pünktlich auf die Minute!), sondern weil der anschließenden ICE nach München fast eine halbe Stunde nach Fahrplan fuhr. Egal: Mittagscappuccino mit Baustoff-festem Milchschaum in einer Bäckereifiliale im Bahnhof, deren Backwaren deutlich besser aussahen, als der Cappuccino schmeckte (geht mir weg mit “die Kaffeebohne ist eine Beere und soll sauer schmecken”).

Im Vordergrund auf einem Holztischchen zwei Tassen Cappuccino, dazwischen ein Deko-Weihnachtsbäumchen mit Kugeln, im Hintergrund eine Bahnhofshalle mit Passagieren und Läden

Von Mannheim nach München saßen wir dann in einem ICE 3neo mit ganz neuem Schnickschnack. Der Bildschirm im Großraumabteil erklärte sie netterweise (und dass das “ICE 3neo” war): U.a. Tablet-Halterung am Vordersitz (mit verstellbarer Klammer drüber zum Festhalten), Mobilfunk-durchlässige Fenster, Reservierungsanzeige mit rotem Licht für “jetzt reserviert” oder gelbem für “serviert ab Anzeige”, Rollstuhl-Hublift, Fahrradstellplätze.

Vernünftige Brotzeit um zwei ohne Appetit: Apfel, Maissemmel (weicher als erwartet) mit Tomate, Mozzarella, Frischkäse.

Auf dem Weg nach München las ich Matt Haig, The Midnight Library aus (mit sehr wackliger Internetverbindung; da ich das Buch in der Bücherei ausgeliehen hatte und im Browser las, musste ich immer wieder Zwangspausen einlegen, bis das nächste Stück lud). Es war schon nett. Mir gefiel der nicht-realistische Erzählansatz: Die Britin Nora findet sich nach ihrem depressiven Suizid an der Schwelle zum Tod in einer endlosen Bibliothek wieder, die verschieden grünen Bände in den Regalen bringen sie in Varianten ihres Lebens – wie es verlaufen wäre, hätte sie andere Entscheidungen getroffen, große oder kleine. Diese Grundidee mochte ich, wenn ich auch bereits diese viel zu breit ausgewalzt und erklärt fand. Dieses Übererklären zieht sich durch den gesamten Roman, beim x-ten Auswalzen der Grunderkenntnis, dass es kein ideales Leben und Lebensziel gibt, sondern immer nur einen solchen und solchen Umgang mit der aktuellen Situation, rollte ich nur noch mit den Augen. Gleichzeitig fand ich mich durch die vielen Lebensgeschichten derselben Person mit ähnlichen Nebenpersonen durchaus unterhalten auf einer langen Bahnfahrt. Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass das Buch mit seiner Besinnungsnote ein Bestseller ist.

Ankunft im nachtdunklen, regnerischen, kalten München mit 20 Minuten Verspätung, das ist bei geplanten sechs Stunden Fahrtzeit mittlerweile im akzeptablen Rahmen.

Daheim viel Kruschen und Räumen, Vorbereitung der nächsten Arbeitswoche, aber auch Telefonat mit Vater auf Reha (alles gut). Yoga-Gymnastik mit Kräftigung, tat gut.

Als Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell den kleinen Kopf Weißkraut aus Ernteanteil in Absprache mit mir in eine Art spanische Krautfleckerl verwandelt: Spanisch war die Zubereitung des Weißkrauts in Streifen gebraten in der Pfanne mit Knoblauch und Pimentón de la vera (mild und scharf), nicht vorgesehen ist in Spanien dann aber das Untermischen von gekochten Nudeln. Die Kombi erwies sich als gut.

Nachtisch Plätzchen von Frau Schwieger, Schokolade.

Früh ins Bett zum Lesen, nächste Lektüre: Annette Hess, Deutsches Haus.

die Kaltmamsell

Journal Samstag, 7. Dezember 2024 – Geburtstag gefeiert in der Schweiz

Sonntag, 8. Dezember 2024 um 8:41

Dieses Wochenende gehört einer Geburtstagsfeier in der Schweiz. Diesmal aber echt ehrlich wirklich: 2023 hätten Herr Kaltmamsell und ich diesen Geburtstag auch sehr gerne gefeiert, wurden aber durch Schnee an der Reise gehindert. (Wie sehr mich dieses Erlebnis geprägt hat, merkte ich dieses Jahr im Sommer, als ich jemandem beibringen musste, dass die Überschwemmungen jede Art von Bahnreise nach und von München unmöglich machten: Ich bemerkte dasselbe langsame Begreifen gegen die Widerstände “aber vielleicht so?” und “ach komm, irgendwas wird doch gehen!”.)

Ich wachte noch vor Wecker auf, also kein zusätzlicher Schlaf, auf den ich mich gefreut hatte.

Vor einem flammend pinken Morgenhimmel: Ein moderner Kirchturm

Dafür ein Bomben-Sonnenaufgang.

Wir spazierten in angenehmer Luft zu unserem spätmorgentlichen Zug. Bis auf die Schweizer Seite hatten wir nur sieben Minuten Verspätung eigefahren, doch dann ging es bergab: Statt uns bis nach Zürich zu transportieren, warf uns dieser Zug (wegen Baustelle) schon in Winthertur raus, die letzte halbe Stunde dorthin zuckelten wir sehr langsam (allerdings Bonus: sehr viele Greifvögel in der Luft vorm Fenster und auf dem Boden, ein Reiher am Bach). Zu nichts davon übrigens eine Handy-Nachricht von der SBB, die mich am Freitag noch an meine Abfahrt am Samstagmorgen erinnert hatte und agekündigt, sie werde mich über allfällige Änderungen auf dem Laufenden halten. Nachdem ich sichergestellt hatte, dass wir von Zürich aus problemlos weiterkommen würden, machten wir nach Fahrt in anderer Bahn dorthin Kaffeepause.

Hölzernes Café-Tischchen mit zwei Tassen Cappuccino, dahinter Glasfront in eine moderne Bahnhofshalle

Mittagscappuccino in einem Mövenpick-Café. Die Thekenfrau freute sich sehr über mich: „Lange nicht gesehen!“ Eine Verwechslung, und schon war ich befangen, wollte die eigentlich gemeinte Frau nicht in Verruf bringen.

Weiter nach Rheinfelden. Ich hatte mir vernünftig Brotzeit eingesteckt, obwohl ich meine Appetitlosigkeit vorhergesehen hatte (mal sehen, ob ich auf Bahnreisen je wieder die ordnungsgemäße innere Vollverklebung mit Keksen, Schokolade und vor allem Gummibärchen erleben werde). Vernünftig aß ich auch ohne Appetit um halb zwei einen Apfel und Hüttenkäse.

Mittlerweile regnete es kräftig, letzter Umstieg in Rheinfelden. Wir trafen mit einer Stunde Verspätung in unserer Unterkunft ein, wahrscheinlich wollte die SBB uns Deutsche-Bahn-Opfer nicht zu neidisch machen. (Morgens hatte ich mich bei Herrn Kaltmamsell noch für die frühe Abfahrt entschuldigt, die ich wohl ohne viel nachzudenken gebucht hatte. Doch es braucht auf Langstrecken einfach einen Puffer.)

Werbeplakat mit Bild eines flachen Burgers mit viel Käse und Schrift „Look who‘s back. Der McRaclette“

Hallo Schweiz!

Das Wetter war ausgesprochen unwirtlich, wir heizten also unser Zimmer warm und lasen dort.

Abends spazierten wir zur Gastgeberin ins bereits bekannte Haus, netterweise hatte der Regen aufgehört. Und dort bekamen nicht nur erfreutes Wiedersehen, sondern auch Salat mit Ernteanteil-Karotten und -Rote-Bete, Selleriesuppe, Flammkuchen zum Selbstbelegen und dreierlei selbstgemachtes Eis, dazu elsässer Crémant und Riesling aus Washington State – ein großes Schlemmen. Mit Gesprächen, Geplänkel, Geschichten, es war ein wunderbarer Abend. Zurück in unser Pensionszimmer kamen wir wieder trocken.

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Berlins Oberbürgermeister meint, Kassiererinnen würden eh nicht Opern besuchen und begründet so Einsparungen im Kulturbereich. Katja Kollmann hat für die taz Berliner Kassiererinnen gefragt (wenn auch nicht repräsentativ), ob das stimmt.
“Gehen Kassiererinnen in die Oper?”

(Spoiler: Immer mal lieber vorsichtig mit den Stereotypen.)

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 6. Dezember 2024 – Regennikolaus

Samstag, 7. Dezember 2024 um 7:31

Jemand anders hatte Nikolaus keineswegs vergessen: Als ich völlig erschlagen (trotz guter Nacht) nach Weckerklingeln meine Schlafzimmertür öffnete, begrüßte mich davor ein wunderschöner Schoko-Nikolaus. Der Schenker amüsierte sich darüber, dass ich Nikolaus vergessen hatte.

Schon bei einem leichten Zwischen-Aufwachen hatte ich das Regenrauschen gehört – und diesmal war mir dabei eingefallen, dass ich Gummstiefel besitze: Ich saß im Büro also nicht wie am Regenmorgen der Vorwoche eine Stunde strumpfsockert am Schreibtisch, die nassen Turnschuh-Vorderteile mit Papiertüchern ausgestopft, damit Socken und Schuhe trocknen konnten. Aber Spaß machte der Weg in die Arbeit in prasselndem Regen, den Schirm gegen den Wind gestemmt, auch so nicht. Mein feuchter Wollmantel dominierte den ganzen Tag den Geruch meines Büros. (Ich kam erst nicht drauf, wieso es in dem Raum nach Schaf roch.)

Geordneter Start des Arbeitstags, ich unterbrach das Abarbeiten nur hin und wieder nach innerem Hochschrecken für Nachfragen zur Beruhigung, es schoss nur wenig quer dazwischen.

Draußen wurde das Wetter graubunt, es regnete aber nur vereinzelt.

Sehr erhöhter Blick auf Vorstadt mit Bürogebäuden, mehrspurige Straßen, S-Bahn-Gleise, im Hintergrund die Stadt-Silhouette von München

Also wagte ich mich nach dem Check des Regenradars in Turnschuhen und Mantel, ohne Regenschirm auf einen Mittagscappuccino ins Westend, kam trocken hin und zurück. Danach Weiterarbeiten, allerdings mit der Erschwernis schwankender Konzentrationsfähigkeit.

Mittagessen wieder sehr spät, aber gestern wegen Appetitlosigkeit (my old Stress-friend): Apfel, Granatapfelkerne mit Sojajoghurt.

Nachmittag weiter geackert mit wenig Durchschnaufen dazwischen, ich brauchte fast durchgehend Kunstlicht.

Feierabend nur wenig in die Überstunden gezogen. Auf dem Heimweg Edeka-Einkäufe: Es war spannend, auf dem Weg dorthin in der Einkaufslisten-App zu beobachten, was Herr Kaltmamsell wegbesorgte. Wetter halbwegs trocken.

Zu Hause erstmal Geschäftigkeit (Wäsche, Pflanzen, Reisevorbereitungen) und Yoga-Gymnastik, dann war endlich wirklich Feierabend. Herr Kaltmamsell hing ebenfalls sehr in den Seilen, sorgte dennoch für Nachtmahl. Ich reichte vorher Negronis an, dann gab es den Ernteanteil-Kürbis als DEN Salat.

Mit Postelein statt Ruccola, weil der halt im Ernteanteil war. Dazu den Rest Rosé von der Vorwoche (vakuumiert verplöppelt im Kühlschrank frisch gehalten), der überraschend gut zu Kürbis und Apfel passte. Nachtisch Schokolade, vor Bauchkneifen aufgehört.

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In der SZ-Reihe “Reden wir über Geld” gestern Gonzalo Ùrculo, Gründer und Geschäftsführer von Crowdfarming (bin treue und überzeugte Kundin) – viel interessanter Hintergrund zu Vertriebswegen von Obst, u.a. wie Restaurants in Juni an Orangen kommen (€):
“‘Wenn der Kunde Orangen im Juni möchte, können wir sie ihm nicht liefern'”.

Wir verkaufen nur saisonal und ernten immer schrittweise auf den Feldern, nach Bedarf. Die meisten Früchte halten sich sehr gut am Baum. Wenn du bei einem unserer Landwirte etwas bestellst, hängen deine Früchte noch am Baum. Damit wenden wir uns gegen den Trend, die Produkte innerhalb kürzester Zeit zu liefern. Das hat hohe Umweltkosten, weil das Obst dann überall in Europa zwischengelagert werden muss. Unsere schnellste Lieferung beträgt ab dem Zeitpunkt der Bestellung vier Tage. So lange dauert es mindestens, bis die Früchte gepflückt, verpackt und verschickt werden.

Hin und wieder werde ich hier nach konkreten Crowdfarming-Anbauern und der Qualität der Früchte gefragt. Ich nenne gerne die Standorte meiner Baum-“Adoptionen”, doch was die Qualität angeht: Kommt drauf an, nämlich auf die konkrete Saison. Jede und jeder, die mit Obstanbau zu tun hatten, weiß, wie stark der Einfluss des Wetters auf die Ernte ist. Genau das ist der Unterschied zum Supermarkt-Obst: Dort wird nur die schönste, standardisierte Ware angeboten, und wenn der Lieferant sie nicht liefern kann, wird ihm nichts abgenommen. Und schon sind Lebensmittel zu Müll verwandelt. Bei Crowdfarming kauft man einen Ernteanteil, große und kleine Früchte, viele davon nicht ebenmäßig. Wie sie halt am Baum hingen.

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Wenn wir schon bei Lebensmitteln sind: Chris Kurbjuhn erzählt eine Familiengeschichte damit.
“Mutters Essen: Knödel mit Geschichte”.

die Kaltmamsell

Journal Donnerstag, 5. Dezember 2024 – Dementor Erwerbsarbeit

Freitag, 6. Dezember 2024 um 6:31

Gut geschlafen, hätte mehr sein dürfen. In der letzten Stunde vor Weckerklingeln ließ mich die Erinnerung an zwei Dinge, die ich nicht vergessen durfte, nicht mehr ganz einschlafen (Plastikkiste für Ernteanteil mitnehmen / Maschine helle Wäsche programmieren – meine Probleme möchten Sie haben).

Zu meiner Überraschung wurde es zu klarem Himmel hell, ich genoss den Marsch in die Arbeit.

Am Schreibtisch legte ich umgehend los – mit einem nahezu fröhlichen Chopchop. Doch dann musste ich schon wieder schöne Spontanjobs ablehnen, weil ich bis Freitagabend durchgebucht war.

Am späten Vormittag war ich noch so gut im Plan, dass ich für Markteinkäufe (Äpfel) und Mittagscappucino ausstempelte.

Doch zurück im Büro erwischte mich ein massiver Querschuss, der mich ungeplante anderthalb Stunden beschäftigte. Das war’s mit Mittagspause, kurz vor zwei zwang ich mich zumindest, den mitgebrachten Linsen-Bete-Salat zu essen.

Der Nachmittag war brutal, und ich leide derzeit unter Schwierigkeiten, für die ich nichts kann, die ich auch nicht beseitigen kann, die aber mittelfristig desaströs verlaufen. Mir dämmerte immer mehr (nicht erst seit gestern), dass das so auf Dauer nicht weitergehen kann. Wenn die Erwerbsarbeit wie so ein Dementor wirkt, der allen (ohnehin eher spärlichen) Lebenswillen, alle Kreativität und Energie absaugt, stimmt doch was nicht? Wobei mir ja inzwischen klar ist, dass auf mich jede Erwerbsarbeit ein wenig diese Wirkung hat – was es schwierig macht zu erkennen, ab wann ich Alarm schlagen muss.

Zu spät durfte es gestern nicht werden, ich war dran mit Ernteanteilabholung. Und davor musste ich Milchnachschub besorgen.

Auf dem Heimweg war ich so erledigt, dass ich eigentlich nur “So kann das nicht weitergehen” in Variationen dachte. Milch und Ernteanteil heimgebracht, Herrn Kaltmamsell angeschnaubt, dass ich möglicherweise unfreundlich zu ihm sein würde. Dabei gibt es bei ultra-grottiger Laune doch nur einen Menschen, an dem man sie auslassen kann, der keine Chance hat davor wegzulaufen: Man selbst.

Eine halbe Stunde Yoga-Gymnastik wirkte schon mal besänftigend – obwohl einige Übungen dabei waren, die mein Körpervermögen weit überschritten (so weit, dass ich es lustig fand).

Für die Brotzeizvorbereitung hatte ich zwei Sorten Sojajoghurt in der Hand (ich musste einmal umständhalber von meiner üblichen Marke abweichen).

Zutatenliste der Ausweichmarke (10 Posten).

Zutatenliste von Sojade, das ich am liebsten kaufe (2 Posten). Einer von diesen beiden Herstellern scheint handwerkliche Probleme zu haben. Preis übrigens identisch.

Herr Kaltmamsell hatte bereits Spannung aufs Nachtmahl aufgebaut: Es werde etwas ganz Besonderes um den Ernteanteil-Lauch geben.

Auf gedecktem Tisch eine gestürzte Tarte mit Lauchscheiben und Salbeiblättern

Eine Ottolenghi-Rezept: Leek nut roast tatin. Sehr gut, lauchig-nussig-pilzig-fruchtig – über die letzte Geschmackskomponente rätselten wir, tippten als Ursache auf Granatapfel-Melasse sowie die Pastinake, die Herr Kaltmamsell aus Ernteanteil zusätzlich reingeraspelt hatte.

Nachtisch Schokolade.

Mit neuem Buch ins Bett: Matt Haig, The Midnight Library, fing einladend an. Doch dann fiel mir ein, dass ich Nikolaus vergessen hatte und Herr Kaltmamsell am nächsten Morgen mit bebender Lippe vor keinem Schokoladennikolaus stehen würde – ach Männo.

die Kaltmamsell

Journal Mittwoch, 4. Dezember 2024 – Längsten Arbeitstag der Woche abgehakt

Donnerstag, 5. Dezember 2024 um 6:30

Bis auf die letzte Stunde sehr gut geschlafen, zu nassem Dunkel aufgestanden.

Ich nahm einen Mittelweg zum späteren Arbeitsanfang, turnte nach Bloggen und Milchkaffee 40 Minuten (mit Aufwärmen) einen Cardio-Pilates-Mix von Fitnessblender. Vielleicht liegt es daran, dass dieses Video zwölf Jahre alt war und die Sportforschung
(-mode?) weitergewandert ist, vielleicht liegt es an meiner eigenen, auch Alters- und Verschleiß-bedingten Veränderung von Sport-Vorlieben: Das ging mir alles zu schnell, sowohl der Wechsel zwischen Hüpferei und Boden als auch der Einstieg in die Übungen, die erst währenddessen erklärt wurden – ich kannte sie zwar alle und wusste die korrekte Haltung und Ausführung, doch durch Yoga und Pilates bin ich mittlerweile gewohnt, dass ich erst ausführlich in die korrekte Ausgangshaltung eingewiesen werde, meist inklusive Begründungen, die mir bei der Selbstkorrektur helfen, und dann loslege. Einige Haltungen der Vorturnerin entsprachen auch ganz und gar nicht dem, was ich kürzlich zu diesen Übungen gelernt habe.

Und schließlich musste ich feststellen, dass meine Wirbelsäule inzwischen auch bei Cardio-Gehüpfe rumpelt wie eine Holz-Achterbahn, die eine oder andere Übung fühlte sich überhaupt nicht gut für mein Kreuz an (z.B. Cardio-Übung im Stehen: ausgestrecktes Bein nach oben und ausgestreckten Arm zusammenführen), ich wandelte ab. Zwar kam ich ins Schwitzen und fühlte mich abschließend gut durchbewegt, diese Folge mache ich aber nicht nochmal.

Marsch in die Arbeit unter vielfarbig grauem Himmel, mittelkalt.

Ohne dass ich mich gehetzt hatte, stempelte ich schließlich nur eine gute halbe Stunde später als sonst im Bürohaus ein.

Dort geriet ich nach Öffnen des Postfachs nur kurz in Hektik (war es doch zu waghalsig gewesen, nicht wie sonst vor acht anzutreten?), fing mich dann aber und arbeitete geordnet.

Zu meinem Mittagscappuccino ging ich in leichtem, kalten Niesel zu Nachbars. Zurück im Büro stürzte der nächste Schwall Arbeit über mich herein, das Mittagessen verschob sich immer weiter. Um halb zwei gab es Mango (wieder eine aus der Textilbranche) mit Sojajoghurt.

Voller Arbeitsnachmittag, das erwartete Loch vor dem Abendtermin wollte sich nicht einstellen. Doch ich beobachtete interessiert, dass ich selbst um fünf noch alert war, wenn ich um ein Arbeitsende erst Stunden später wusste – das war wie beim Wandern, wo die Länge der Strecke eine automatische Krafteinteilung bewirkt: Bei einer 30-Kilometer-Tour fühle ich mich nach 20 Kilometern noch mittendrin, bei einer 22-Kilometer-Tour bin ich nach 20 Kilometern schon mal müde.

In der Online-Abendveranstaltung hatte ich eine rein technische Funktion im Hintergrund, konnte also währenddessen kurz nach sieben gegen Hunger-Bauchweh den zerknautschten Eiweißriegel aus der Schreibtischschublade essen, der genau auf diesen Not-Einsatz gewartet hatte.

Alles klappte, die Vorbereitung mit Tests zahlte sich aus. Jetzt kann ich anfangen, mich vor dem nächsten Termin am 10. Dezember zu fürchten. Doch es wurde kurz vor halb neun, bis ich aus dem Bürohaus kam. Um schneller heim zu kommen, nahm ich bis Theresienwiese für zwei Stationen die U-Bahn (bis ganz nach Hause hätte ich unterm Hauptbahnhof umsteigen müssen), ging nur das letzte Drittel zu Fuß. Zu Hause wartete ein müder Herr Kaltmamsell mit dem Abendessen auf mich: Er hatte die letzten Ernteanteil-Rote-Bete zu einem Linsensalat verarbeitet, der hervorragend schmeckte und auch noch genug für die Brotzeit am Donnerstag hergab.

Zu müde für Schokolade, ich wollte ins Bett. Dort Jonathan Lethem You don’t love me yet ausgelesen – der war nix, Lethem kann das viel besser.

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Wenn man im Studium nachweisen muss, dass die eigene Arbeit nicht KI-generiert ist.
Hilfreiche Detail-Tipps in den Drukos.

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Alte Menschen wie ich witzeln ja gerne, dass ihre orthopädisch gefährlichste Aktivität der Nachtschlaf ist. Mache ich nicht mehr so schnell. Aus dem Wissenschaftsmagazin spektrum.de:
“Tod durch Bett”.

die Kaltmamsell