Hier auch für 2009 die Bücher, die mir gut genug gefallen haben, dass ich sie zu Ende gelesen habe. Empfehlungen sind mit * versehen.
Vorsatz für die Liste 2010: Sofort Notizen machen, wenn mir ein Buch besonders gut gefällt, damit ich nicht erst vor dem Veröffentlichen am Ende des Jahres alles schreiben muss. Bei einigen Lieblingen des Jahres 2009 konnte ich mich nicht mehr aufraffen, ich bitte um Nachsicht.
1 – Granta 103, The Rise of the British Jihad
2 – Adam Davies, Goodbye Lemon
3 – Granta 104, Fathers
4 – Elizabeth Gaskel, Cranford*
Als Roman erst 1853 veröffentlicht, erschienen die Episoden aus dem Leben der Frauen im fiktiven Cranford 1851 als Serie in der Zeitschrift Houshold Worlds. Es passiert nicht viel, und so spielen die kleinen Details des englischen Alltags Mitte des 19. Jahrhunderts die Hauptrolle – vor allem, wie eine Frau von Anstand sie angemessen gestaltet. (Großer Konflikt von fast antiker tragischer Dimension: Eine Frau von Ruf hat auf einer Beerdigung nichts zu suchen. Was aber, wenn die einzige Angehörige eine Frau ist, die noch dazu durch den Tod ihres einziges Angehörigen in großes Unglück gestürzt wird? Darf eine anständige Frau sie dann auf die Beerdigung begleiten?) Wieder einmal ist es das Wie des Erzählens, das den Roman fesselnd macht.
5 – Ian Rankin, Hide & Seek
6 – J.M.G. Le Clézio, Uli Wittmann (Übers.), Revolutionen
7 – Anne Enright, The Gathering*
Die Last einer eigenen Familie samt der Entfremdung vom Ehemann und den Kindern, dazu der Bruder, der langsam und in voller Absicht vor die Hunde geht – eine irische Familiengeschichte in Grautönen aus der Sicht einer nicht mehr jungen Frau. Ihre Perspektive nahm mich so intensiv mit, dass ich noch jetzt die Macken in der Arbeitsplatte der Küche ihrer Kindheit vor mir sehe.
8 – Alan Moore, Dave Gibbons, Watchmen
9 – Alan Bennett, The Uncommon Reader
10 – Saul Bellow, The Adventures of Augie March
11 – Granta 105, Lost and Found
12 – Ian Rankin, Tooth & Nail
13 – David Lodge, The Art of Fiction*
David Lodge, gelernter Literaturwissenschaftler, geht kapitelweise wichtige Erzähltechniken und Stilmittel durch, und zwar jeweils anhand eines Werkes der (englischsprachigen) Weltliteratur, das die Wirkung dieser Technik zwingend nachvollziehen lässt. Hier eine Liste der Kapitel. Für alle faszinierend, die leidenschaftlich gerne lesen.
14 – Fred Vargas, Tobias Scheffel (Übers.), Bei Einbruch der Nacht
15 – Zülfü Livaneli, Wolfgang Riemann (Übers.), Der Eunuch von Konstantinopel
16 – Klaus Modick, Bestseller
17 – Craig Taylor, Return to Akenfield
18 – Ian McEwan, Saturday*
Ein einziger Tag im Leben des Neurochirurgen Henry Perowne aus seiner Perspektive und auf 280 Seiten – und McEwan schafft es, sein ganzes Leben reinzupacken, ohne dass es aufgesetzt wirkt, und zudem Spannung zu erzeugen.
19 – Juli Zeh, Corpus Delicti
20 – Granta 106 – New Fiction Special
21 – Margaret Atwood, Alias Grace
22 – John Burdett, Bangkok Haunts
23 – Mavis Gallant, The Other Paris
24 – James Krüss, Mein Urgroßvater und ich
25 – Hugo Hamilton, Disguise
26 – Audrey Niffenegger, The Time Traveler‘s Wife*
Auch beim zweiten Lesen großartig.
27 – Mary Ann Shaffer & Annie Barrows, The Guernsey Literary and Potato Peel Pie Society*
Anke Gröner hat das Buch aus denselben Gründen gefallen wie mir.
28 – Ian McEwan, On Chesil Beach
29 – Granta 107
30 – David Lodge, Changing Places
31 – David Lodge, Deaf Sentence
32 – Jonathan Safraan Foer, Everthing is Illuminated*
33 – Stevan Paul, Monsieur, der Hummer und ich*
Habe ich hier besprochen.
34 – Gebrand Bakker, Andreas Ecke (Übers.), Oben ist es still*
Wegen Isabos Beschreibung gelesen und sehr gemocht.
35 – Martha Grimes, I Am the Only Running Footman
36 – Siri Hustvedt, The Sorrows of an American*
37 – William Faulkner, The Town
38 – Ian Rankin, Strip Jack
39 – Andrea Levy, Small Island*
Hier habe ich es empfohlen. Das Buch, das ich 2009 am häufigsten verschenkt habe.
40 – Claudio del Principe, Anonyme Köche
41 – John O‘Hara, BUtterfield 8* (sic)
Sie wacht auf und fühlt sich wie jeden Morgen beschissen. Vorsichtig tastet sie sich in ihre Erinnerungen an die Nacht zuvor, was diesmal der Grund für ihre tiefe Verzweiflung ist. Schon in der allerersten Szene des Romans von 1935 mochte ich Gloria. Die sehr junge Frau tanzt und säuft durch das Nachtleben New Yorks zur Prohibitionszeit, als wenn es kein Morgen gäbe. Immer wieder scheint ihre große Intelligenz durch, doch die Männer, die ihr reihenweise verfallen, interessiert das nicht. Die dichte und atmosphärische Kulisse bilden der Zauber der Stadt und die Abgründe der Great Depression.
42 – Granta 108, Chicago
43 – Wolf Haas, Brenner und der liebe Gott
44 – Herta Müller, Atemschaukel*
Darüber habe ich hier geschrieben.
45 – Daniel Keyes, Flowers for Algernon
46 – Susie Orbach, Bodies*
Meine Überlegungen dazu stehen hier.
47 – M@tt Beaumont, The e Before Christmas
48 – Audrey Niffenegger, Her Fearful Symmetry
49 – John Irving, Last Night in Twisted River
50 – Leonard Cohen, The Favorite Game
51 – Wolf Haas, Ausgebremst
52 – Christopher Isherwood, Goodbye to Berlin
53 – Naomi Alderman, Disobedience*
Auch wenn ich das Buch empfehle: Ich möchte den Penguin-Verlag gerne dafür würgen, dass er diesen Roman in einer Chick-Lit-Aufmachung in Pastelltönen und mit Blütenblättern auf dem Umschlag anbietet; die Innenklappe ist sogar pink. Denn viel weiter weg als von Büchern, die in launigem Tonfall über shoppingsüchtige Männerproblemfrauen schreiben, kann man kaum kommen. Disobedience spielt in den orthodox-jüdischen Gemeinden Englands. Hauptfiguren sind Ronit, die die Londoner Gemeinde als junge Frau verlassen hat und in New York ein modernes Leben führt, und die gleichaltrige Esti, die geblieben ist. Als Ronits Vater stirbt, begegnen sich die beiden wieder. Die Geschichte wechselt immer wieder zwischen den Perspektiven dieser beiden Frauen (was der Verlag durch unterschiedliche Typografie klarstellen zu müssen glaubt – er adressiert wohl tatsächlich Idiotinnen). Sie erzählt von der erfüllenden Rolle, die fundamentalistische Religion spielen kann, aber auch von Menschen, die daran zerbrechen.
(Tatsächlich launig ist das Zusatzmaterial meiner Girlie-Ausgabe: Naomi Aldermann führt ihre koscheren Lieblingsrestaurants auf.)
54 – Kurt Vonnegut, Slaughterhouse 5*
Der Beweis, dass das Trauma unmenschlichen Grauens am besten durch wahnwitzige Erzähltechnik beschrieben wird, in diesem Fall das Massaker des Feuerbombardements Dresdens 1945.
55 – Andrew Taylor, Bleeding Heart Square