Journal Mittwoch, 23. Januar 2019 – Beifang aus dem Internetz
Donnerstag, 24. Januar 2019Vor Wecker aufgewacht, guten Milchkaffee getrunken, in frostiger Kälte in die Arbeit gegangen. Ein weiterer hochnebliger Tag.
Ziemlich viel Wahnsinn für einen Tag im Büro, möglicherweise standen die Sterne gestern im Bild Spinner.
Mittagessen: Am Vorabend gekochter Buchweizen (in süß), den ich morgens mit Joghurt vermischt hatte. Snacks: Vormittags Trockenpflaumen, nachmittags Grantapfelkerne und Nüsse.
Nach spätem Feierabend trug ich mein Sportzeug heim, auch gestern fühlte ich mich zu wacklig für einen Einsatz.
Zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell Krautkrapfen (Ernteanteilsauerkraut), davor hatten wir den ganzen Jamón (Weihnachtsgeschenk) angeschnitten.
Abend-Entertainment: Im Fernsehen kam ein Krimi mit Fritzi Haberlandt, deren Fangirl ich seit Erbsen auf halb sechs bin. Hanebüchene Handlung, aber viel wundervolle Fritzi Haberlandt.
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Seit einigen Jahren steht Milliardär George Soros im Mittelpunkt zahlreicher Weltverschwörungstheorien. Wer ihn dort hingestellt hat und warum man für erfolgreiche machiavellische Wahlkampagnen einen Gegner braucht, zeichnet dieser aufschlussreiche und gruslige Artikel von Hannes Grassegger nach, der seit einigen Tagen durch mein Internet gereicht wird:
“Der böse Jude”.
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Josh Ellis befasst sich mit den Amish und ihren Einsatz von Technik. Er findet heraus, dass man sich davon durchaus Aspekte abschauen kann.
“Appropriate Technology”.
At first, I was surprised to discover that the Amish do not simply reject technology — but upon reflection, of course they don’t. Everything humans invent to solve problems we can’t solve solely with our minds or our bodies is, by definition, technology.
(…)
But nor do they simply set some sort of arbitrary cutoff point, pick a year and say: nothing past this date. What they do, which is far more interesting, is this: when presented with a technology, they look at it, consider it, and decide whether it has any value to their community and under what circumstances.
Interessant ist halt was passiert, wenn man sich dem Effizienzdiktat unserer Gesellschaft1 einfach mal entzieht – und wie sehr das in uns drinsteckt, sehe ich jedes Jahr beim gemeinschaftlichen Sugoeinkochen im Kartoffelkombinat, wenn fast ausnahmslos alle Beteiligten sofort Prozessketten entwickeln, mit denen man das möglichst effizient abwickeln kann. Selbst musste ich vor vielen Jahren erst langsam das Vergnügen an Uneffizienz lernen und dass ich mich im Privaten vielleicht vom beruflichen (und im Grunde ja doch nur Gewinnmaximierungs-orientierten) Effizienzdiktat befreien darf (dabei gehe ich zu Fuß schon immer lieber schöne Wege als kürzeste). Ich kann mich an Zeiten erinnern, in denen ich selbst meiner Freizeit Effizienz abverlangt habe, in denen ich so fertig war, dass ich systematisch nach Erholungsmethoden recherchierte, die möglichst schnell und sicher funktionieren sollten. Das war sehr, sehr krank.
Und ich sehe durchaus den Wahnsinn in Sportmaschinen, die mir Bewegung ermöglichen – in einer Welt, in der Maschinen dafür entwickelt wurden, dass ich möglichst wenig Körperkraft einsetzen muss.
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Schon am Dienstag in der Süddeutschen: Ein Interview mit einem Umweltpsychologen an der FH Dortmund und der Ruhr-Universität in Bochum, Marcel Hunecke (€).
“‘Flugreisen sind die ökologische Keule'”.
Darin zahlreiche alltagsfreundliche Tipps für klimaschonendes Verhalten inklusive dem klaren Hinweis:
Flugreisen sind immer die ökologische Keule, die am Ende einer individuellen Umweltbilanz droht. Mit Flügen, vor allem in die Ferne, reißen wir gewissermaßen alle Umweltentlastungen ein, die wir meist mit viel Mühe im Alltag erreicht haben. Das sollte Menschen klar sein, denen es wichtig ist, nachhaltig zu leben.
Hunecke hilft mir auch bei meinem Nachdenken darüber, ob die wachsende Mobilität der Menschheit seit der Aufklärung eine Hauptursache gesellschaftlichen Fortschritts ist (Kennenlernen anderer Kulturen und Lebensweisen, allgemeiner Gewinn an Wissen und Erkenntnis) oder ihr Untergang (Umweltzerstörung durch Verkehrsinfrastruktur, Emissionen, Zerstörung von lokalen Strukturen und Netzen durch Touristenmassen). Denn er weist darauf hin, dass Reisen als zvilisatorische Bereicherung schlicht anders aussähe als im Moment:
Zeit einplanen. Länger am Ort bleiben, um wirklich mit einer Kultur in Kontakt zu kommen, das braucht Wochen, eher Monate. Das Schlimme ist der kurze Flug für einen Tag nach Paris, dann drei Wochen nach Thailand. Das sind in erster Linie Konsumerlebnisse und damit Teile einer wirtschaftlichen und nicht einer kulturellen Globalisierung. Diese Konsumreisen werden wir uns aus ökologischen Gründen auf Dauer nicht leisten können.
Mit diesem Schwerpunkt an Klimafreundlichkeit ist auch der oft gehörte Vorwurf zu entkräften, nachhaltigen Lebensstil müsse man sich erst mal leisten können, ökologisches Bewusstsein sei elitäres Distinktionsmerkmal: Fliegen als sei es Busfahren und regelmäßige Fernflüge als gravierendste Beiträge zur Erderwärmung können sich arme Menschen gar nicht leisten; sie sind typischer Lebensstil einer Elite mit Geld, die im Bioladen einkauft. Es ist also umgekehrt viel mehr so, dass man sich klimaschädliches Verhalten erst mal leisten können muss.
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Auch wenn ich nicht plane, nach Moskau zu ziehen (Winter von Oktober bis April?!): Katrin Scheib notiert kurz vor ihrem Rückzug nach Deutschland, was man wissen sollte.
“Du willst also nach Moskau ziehen”.
- Wozu es im schlechten Fall führen kann, zeigt das Gesundheitswesen – möglichst effiziente Pflege. [↩]