Archiv für November 2023

Lieblings-Microblog-Posts Oktober/November 2023

Donnerstag, 30. November 2023

(Den Vertipper “Libelings” hätte ich fast gelassen wegen Nidelichkeit.)
Oktober hole ich nach wegen Vergesslichkeit am 31.10.

Mittlerweile bin ich wirklich fast ausschließlich auf Mastodon unterwegs, fange ich damit an.

Auf X habe ich gar nichts eingemerkt in diesen beiden Monaten.
Und hier die Ernte von Bluesky (bitte weiter wie polnischen Nachnamen aussprechen):

Bei dieser Gelegenheit empfehle ich ohnehin Foxes in love, egal wo sie die erwischen – genau das richtige Maß an Romantik für mich.

Journal Mittwoch, 29. November 2023 – Sich nicht aussuchen können, worüber man sich aufregt

Donnerstag, 30. November 2023

Wieder sehr gut geschlafen, hätte gern mehr sein dürfen als bis Weckerklingeln.

Das Draußen wirkte beim Blick aus dem Wohnzimmerfenster trocken, der Himmel nur wenig bewölkt. Weg in die Arbeit mit kompletter hoher Körperspannung, denn die Wege waren Schnee- und Eis-glatt. Dazu höllische Stirnhöhlenschmerzen links, ich hatte die Ibu am Morgen vergessen.

Im Büro gleich die Ibu nachgeholt, Wirkung wunderbar. Auch mein Frier-Gemecker zeigte Wirkung: Gestern herrschte Zimmertemperatur.

Kurz vor Mittag “Dienstgang”: Besorgungen für Weihnachtsfeier. Die Deko wird sogar halbwegs geschmackvoll: Geschmacklos wirkt meiner Meinung nach nur in großer Menge, unter einer bestimmten Opulenzgrenze sieht es lediglich erbärmlich aus. Bei geschmackvoll kann man auf minimalistisch reduzieren.

(Nachtrag: Mittagessen der letzte Granatapfel mit Orange, ein Laugenzöpferl.)

Sehr früher Feierabend mit Unterstunden: Ich wollte abends mein Theaterabo wahrnehmen, dafür habe ich nur nach gekürzten Arbeitstagen genug Energie. Erstmal fuhr ich zu Geburtstagsgeschenkbesorgung.

Daheim Yoga-Gymnastik und Häuslichkeiten, fürs frühe Nachtmahl ging ich mit Herrn Kaltmamsell auf den Christkindlmarkt am Sendlinger Tor: BRATWURSCHT!

Erster Gang Rengschburger spezial. Die hat ja praktisch Gemüsebeilage.

Zweiter Gang eine weiße Bratwurscht – auch die endlich richtig gut, geschmacklich (Thymian, Majoran) und weil sie frisch, knusprig und durchgebraten war, das hatte ich schon sehr lang nicht mehr.

Auch die Temperatur fand ich perfekt: Kalt genug für dampfende Bratwurst, für Mütze und Handschuhe – aber auch nicht kälter. Nachtisch gebrannte Mandeln.

Daheim ruhte ich mich nur kurz aus, dann Abmarsch zur Therese-Giehse-Halle der Kammerspiele, dort WoW – Word on Wirecard.

Auf dem Weg Rathaus mit diesigem Gerade-mal-nicht-mehr-Vollmond.

Über den Theaterabend morgen mehr, der interessante Inhalt und die Erzähltechnik überschattet von der über die fast drei Stunden Stück immer dominantere Frage, wie weit körperliche Folter das Publikums bei Inszenierungen gehen darf.

Völlig erledigte Heimkehr kurz vor elf.

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Eine Freundin erzählte kürzlich von ihrem mittelkleinen Sohn, den sie von klein auf nicht so leicht verstanden habe wie seinen älteren Bruder: Er kommuniziere viel weniger, ziehe sich immer wieder in sich zurück, wirke oft gereizt und schlecht gelaunt. Sie macht ihm das keineswegs zum Vorwurf (wenigstens mir gegenüber nicht), versucht ihn zu sehen, hat dafür auch schon professionelle Hilfe in Anspruch genommen. Als Beispiel für die inneren Vorgänge des Buben erzählte sie von einem Morgen vor der Schule, an dem dieser Sohn beim Frühstück besonders gereizt und unleidlich gewirkt habe. In einer ruhigen Minute habe sie versucht, mit ihm den Anlass herauszufinden. Und es erwies sich: Sie hatte versehentlich seine Lieblingstasse dem älteren Bruder vorgesetzt. Doch der Kleine hatte nicht protestiert, weil ihm klar gewesen sei, dass sein Unwille völlig übertrieben war, der Auslöser komplett lächerlich.

Und ich verstand den Buben zu hundert Prozent, mir wurde schlagartig klar: IT ME! Seit ich denken kann, störe und ärgere ich mich ständig an komplett Irrelevantem, muss mir von dieser Störung die Laune und die Situation verhageln lassen. Doch ich bitte nicht um Änderung oder Rücksicht darauf, weil ich doch selbst weiß, DASS DAS WIRKLICH IRRELEVANT UND KOMPLETT LÄCHERLICH IST! Das hat zwei existenzielle Folgen: Erstens trainierte ich mich schon früh darauf, die meisten meiner Impulse und Bedürfnisse zu ignorieren, denn es wäre viel zu aufwändig und zeitraubend, sie erstmal auf echte Relevanz zu checken, objektiv und subjektiv, dafür bin ich ein viel zu schnell getakteter Mensch. Zweitens erleichterte ich mir das Leben über die Jahre, indem ich mich immer weniger in die knifflichsten solchen Situationen brachte, nämlich die mit anderen Menschen, die mich mit diesem lächerlichen Ärger ertragen müssen. Daher auch mein Neid auf Menschen, die sich offensichtlich frei entscheiden können, was sie aufregt/ärgert und was nicht (“lohnt sich doch eh nicht”), ich hatte noch nie die Wahl.

Das erzähle ich zum einen, weil ich hier erzählen kann, was ich will, und mich das beschäfigt. Zum anderen um zu demonstrieren, in welchen inneren anstrengenden Zwickmühlen schon Neuronormale leben können – das lässt mich ahnen, wie viel schlimmer Neurodiverse kämpfen müssen, ein Beispiel bei Donnerhall(en).

Journal Dienstag, 28. November 2023 – Richtig greisliches Winterwetter

Mittwoch, 29. November 2023

Gut geschlafen, mittelverrotzt aufgewacht.

Das Draußen zeigte sich düster und nass, auf dem Weg in die Arbeit wurde ich sanft feuchtgeregnet, das war ein wenig erfreulicher Marsch.

Das Wetter blieb sehr regnerisch, ich hatte überhaupt keine Lust auf Wege zu meinem Mittagscappuccino. Gleichzeitig war gestern mal wieder ein Kühltag im Büro, selbst mit Thermo-Unterzieher, Blazer, Wolljacke hatte ich kalte Hände, wärmte sie immer wieder unter den Achseln. Ohne Sonnenschein sah ich aber auch auf der gegenüberliegenden Gebäudeseite die Kolleg*innen im Anorak am Schreibtisch. Sehnsüchtige Gedanken an die vorhergehende Woche mit wirklich geheizten Räume.

Um die Mittagszeit verwandelte sich der Regen in nassen Schneefall, das machte die Lage auch nicht besser.

Mittagessen Granatapfel, Orange, Hüttenkäse.

Das Wetter wurde konsequent ekliger, am Nachmittag trieb auch noch Wind den inzwischen Graupel und Schnee vor sich her. Ich hielt mich am Gedanken an all die Menschen fest, die den dunklen, kalten Winter lieben.

Zu Feierabend schneite es nur noch wenig. Auf dem Heimweg in vorsichtigen Schritten auf schneematschglattem Untergrund kurzer Einkaufsabstecher. Mehrfaches blitzschnelles Ohrenzuhalten wegen zu naher Martinshörner, einmal so schlimm nah und laut, dass ich neben Ohrenzuhalten gegensummen musste (irgendwann habe ich herausgefunden, dass ich gar nicht gegenschreien muss, Hauptsache ich erzeuge ein Gegengeräusch im Kopf) (das hilft allerdings nicht, wenn ein Martinshorn direkt neben mir loslegt, dann kann ich den Schrei nicht unterdrücken).

Zu Hause Yoga-Gymnastik und Brotzeitvorbereitung. Als Nachtmahl gab’s den restlichen Grünkohleintopf, Herr Kaltmamsell hatte dazu Bremer Pinkel gekauft (gibt’s in der legendären Metzgerei Clasen auf der Ostseite des Rathauses). Diese Wurst stellte sich bei Aufschneiden als eine lockere Fett-Graupen-Mischung heraus, geräuchert, und schmeckte hervorragend.

Mit dem Aufwärmen des Eintopfs testeten wir die externen Heizplatten, die ich für die Weihnachtsfeier gekauft hatte: Funktionierten tadellos.

Aus Anlass von 1. eine kurze Bestandsaufnahme meiner Ausgaben für Journalismus:
1. Auf eine Bettel-Mail hin erhöhte ich gestern den Monatsbeitrag für mein Guardian-Abo, auf immer noch problemlos zu verkraftende 10 Euro pro Monat.
2. Bei der New York Times zahle ich das Basis-Abo für 7 Euro im Monat. Dabei gibt es sogar Monate, in denen ich garnicht dort lese, doch die Förderung unabhängigen Journalismus’ ist mir die paar Euro wert.
3. Für netzpolitik.org läuft eine Spenden-Dauerauftrag über 10 Euro im Monat.
4. Krautreporter zahle ich 84 Euro jährlich.
5. Und dann ist da seit Beginn meines Studiums die Süddeutsche Zeitung. Für die zahle ich sehr gerne und schätze sie hoch – finde allerdings grenzwertig unverschämt, dass in den jährlich über 900 Euro fürs Print-Abo der Zugriff auf die Online-Version nicht enthalten ist.

Journal Montag, 27. November 2023 – Neue Erkältungsattacke

Dienstag, 28. November 2023

Gut und tief geschlafen – bis vier, als ich davon aufwachte, dass die Erkältung letztlich doch die Keule auspackte: Verrotzte Nebenhöhlen, zugeschwollene Schleimhäute (Nasenspray FTW), Gehüstel.

Doch nach dem Aufstehen war alles halb so schlimm, ich fühlte mich fit und munter. In meinem Büro würde ich an diesem Montag sowieso allein sitzen, konnte also niemanden anstecken (von dem ich mir den Infekt eh mutmaßlich eingefangen hatte). Obwohl die Symptome dagegen sprachen, testete ich mal wieder auf Corona, die Tests werden ja nicht besser vom Rumliegen.

Der Spaziergang in die Arbeit bei Temperatur knapp über Null bereitete mir Freude, hell wurde es später vorm Bürofenster sogar zu Sonnenschein.

Emsiger Vormittag mit vielen Wochenbesprechungen, die Erkältung störte mittel, Ibu half gegen die Nebenhöhlenschmerzen.

Mittagscappuccino bei Nachbars, Mittagessen Apfel, Orangen, außerdem Granatapfelkerne mit Sojaquark (es gibt derzeit einen gewissen Obst-Stau in unserem Haushalt).

Ruhigerer Nachmittag, nach Feierabend hatte ich einen Wachsenthaar-Termin. Dort musste ich allerdings 20 Minuten warten, genug Zeit zu überlegen, ob ich deshalb auf Yoga oder auf ausführliche Brotzeitvorbereitung verzichten würde.

Die Entscheidung fiel zugunsten der Brotzeitvorbereitung, denn das Crowdfarming-Obst musste weg. Also daheim zwei Grantäpfel entkernt (besonders zeitaufwändig, da sie bereits faule Stellen hatten), Orangen geschält und gestückelt, alles in Schraubgläser gefüllt.

Herr Kaltmamsell servierte das Nachtmahl: Grünkohl, Kartoffeln, Lauch aus Ernteanteil ergaben mit Dosentomaten sowie Restkräutern und Crème fraîche vom Wochenende einen köstlichen Eintopf.

Früh ins Bett, um viel Zeit für die Lektüre von Menschen im Hotel zu haben. Vicki Baum nimmt sprachlich keine Gefangenen und haut gleich auf Seite 2 hemmungslos raus. Portier Senf geht nach einem Telefonat zurück in seine Loge durch die Halle:

Hier traf die Jazzmusik des Tea-Rooms mit dem Geigenschmachten des Wintergartens zusammen, dazwischen rieselte dünn der illuminierte Springbrunnen in ein unechtes venezianisches Becken, dazwischen klirrten Gläser auf Tischchen, knisterten Korbstühle, und als dünnstes Geräusch schmolz das zarte Sausen, mit dem Frauen in Pelzen und Seidenkleidern sich bewegen, in den Zusammenklang. Bei der Drehtür schraubte sich Märzkühle in kleinen Stößen herein, sooft der Page Gäste ein- und ausließ.

KNISTERN! Genau das ist es, wie Korbstühle klingen, wieso musste erst eine seit über 60 Jahren tote Autorin mir das klarmachen?

Gestern las ich weiter und bekam unter anderem eine scheiternde Firmenfusion in erstaunlich vielen fachlichen Details erzählt.

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Im Zusammenhang mit dem russischen Angriff auf die Ukraine und jetzt mit der Explosion des Nahost-Konflikts wurde wieder häufiger über die Macht und Gefahr von Fotoberichterstattung geschrieben und geredet. Ich halte es für wichtig, den gesamten Fotojournalismus im kritischen Auge zu behalten. Die österreichische Pressefotografen-Legende Matthias Cremer im Standard:
“Matthias Cremer: ‘Der Pressefotografie geht es furchtbar'”.

via @sauer_lauwarm

Sehr viel Hintergrund über Perspektiven- und Motivwahl beim journalistischen Fotografieren, schöne Beispiele zur Verdeutlichung. (Mit Gnihihi wie: “Das Adlern war dann schon ein eigener Terminus” und dem nützlichen Begriff “Meuchelfoto”.)

Was mich wahnsinnig wurmt: Die APA ist zwar eine Super-Agentur, sie vermischt diese Bilder aber. So kommen auch jene Fotos, die von politischen Stellen angeboten werden, in den Newsfeed. Die PR-Bilder werden reingewaschen. Und Medienhäuser kommen leichter in die Gefahr, dass sie sich bedienen, auch wenn sie das nicht möchten. Leute sitzen hier unter Zeitdruck und rechnen nicht damit, dass über die APA nicht nur journalistische Bilder kommen, sondern beispielsweise auch aus dem Bundeskanzleramt.

Journal Sonntag, 26. November 2023 – Erster Winterlauf, Erholungssonntag

Montag, 27. November 2023

Noch eine gute Nacht, ich genoss sie nach sechs dösend bis zum 7-Uhr-Läuten von St. Matthäus.

Das Draußen weiter winterlich. Gegen zehn verabschiedete sich Herr Kaltmamsell zu seinen Eltern, ich ging raus zum Laufen, erstmals wieder in Winter-Outfit.

Lauf über den Alten Südfriedhof nach Thalkirchen, Hinterbrühler See und zurück, ich versuchte so oft wie möglich selten oder nie gelaufene Pfade oder Richtungen. Das Laufen fühlte sich leicht an, die Luft war nicht zu kalt, meine Mini-mini-Erkältung bewirkte lediglich, dass ich hin und wieder die Luftröhre freihusten musste.

Wegen Blasendrucks große Freude über die schicke Klo-Hütte am Schleusenwärterhäuschen in Thalkirchen: Ich hätte es zwar auch bis nach Hause geschafft, aber so lief sich die letzte halbe Stunde doch deutlich lockerer. Ich kam mühelos auf eindreiviertel Stunden.

Daheim ausführliche Körperpflege, dann Runde 2 des diesjährigen Stollenbackens.

Frühstück um zwei: Eine riesige Crowdfarming-Orange, ein wenig Kürbispolenta vom Vorabend, reichlich Apfelschlangerl – bin immer noch hin und weg von den Glockenäpfeln als Füllung.

Katalog/Aufsatzsammlung zur Ausstellung Mythos Spanien. Ignacio Zuloaga ausgelesen. Die meisten Aufsätze waren mir zu schwurblig ohne erkennbare These, ein paar fand ich aber wirklich interessant, nämlich die, in denen es um die eigentlichen Gemälde ging, die Malerei und ihre Rezeption.

Es wurde wieder um kurz nach vier dunkel. Die Wochenend-Süddeutsche gelesen, Loch in Pulli geflickt, eine Runde Yoga-Gymnastik. NICHT gebügelt.

Nachtmahl aus Ernteanteil: Im Ofen geschmorte Rote Bete mit einer Minz-Senf-Kruste, laut Herrn Kaltmamsell Rote Bete Bordelaise.

Sah auf dem Teller und mit Ruccola-Salat echt hübsch aus. Und schmeckte sehr gut, die Zwiebeln aßen wir natürlich mit. Nachtisch Apfelschlangerl und Schokolade.

Im Bett neue Lektüre begonnen: Vicki Baum, Menschen im Hotel, war mir schon so oft empfohlen worden. Von der ersten Seite an begeistert und gefangen.

Ein ruhiger, friedlicher und erholsamer Sonntag.

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Laut meiner Blogstatistik lasen am Samstag zweistellig viele Menschen den alten Blogpost, in dem ich 2019 für die Nachwelt Gesundheitstipps zu meinen Hüftschmerzen sammelte. Ich habe ihn vorsichtshalber aktualisiert:
“Statt Medizinstudium”.

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Wieder jemand, die lernen musste, dass man ab einem bestimmten Alter die am besten getimeten Witze für sich allein macht. (Bei mir war dieses Alter Eintritt ins Berufsleben mit 19, aber egal.) Diesmal Dr. Holly Walters.
(Hat tip zu meinem Brüderchen, der vor über 20 Jahren bei der Geburt seines ersten Sohns im Kreisssaal vergeblich nach der “Maschine mit dem PING!” fragte. Niederkunft klappte dennoch.)

Journal Samstag, 25. November 2023 – Vom Schiefgehen und Glückhaben

Sonntag, 26. November 2023

Nach guter Nacht (inclusive Bonusrunde nach sechs) aufgewacht zu Winterhimmel mit einer Mischung aus Schneewolken und Sonne.

Gemütliches Bloggen zu Milchkaffee, Wasser, Tee, dann Aufbruch zur ersten Schwimmrunde seit vier Wochen. Ich hatte keine Lust auf komplexe Kleidungsentscheidungen, außerdem saß in meinen Bronchien immer noch die Androhung einer Erkältung, also ließ ich das Radeln ins Olympiabad bleiben und spazierte zur U-Bahn.

Ab da begann das Schiefgehen. Ich musste fast zehn Minuten auf die U-Bahn warten, las währenddessen Instagram von etlichen Tagen auf meinem Handy nach. In der U-Bahn steckte ich am vorletzten Halt vor meinem Ausstieg (Scheidplatz) das Handy zurück in meinem Hosentasche – und bemerkte, dass meine Bäderkarte darin fehlte, darauf etwa 80 Euro Guthaben. Ich war sehr sicher, dass ich sie dorthin gesteckt hatte, sie also wahrscheinlich beim Rausziehen des Handys verloren hatte. Dennoch checkte ich alle anderen möglichen Aufbewahrungsorte an mir und meiner Sporttasche, bevor ich ausstieg um zurückzufahren. Kurzer Anruf bei Herr Kaltmamsell, ob die Karte vielleicht beim Einstecken in unserem Flur auf dem Boden gelandet war: Nein.

Auf die U-Bahn zurück wartete ich wieder fast zehn Minuten, sehr unruhig. (Woran ich die Dezemberdüsternis merke: Ich spürte keinen Ärger, sondern wurde nur noch trüber.) Ich hielt es für unwahrscheinlich, dass die Karte eine halbe Stunde unentdeckt am U-Bahnsteig auf mich warten würde, plante bereits die Fahrt zum Olympiabad, um dort an der Kasse unter Entschuldigungs-Windungen den Verlust zu melden – ich war vergangenes Jahr schlau genug gewesen, die Karte bei den Münchner Stadtwerken zu registrieren, so würde ich zumindest an mein Guthaben kommen.

Doch BÄM: Glück gehabt, die Bäderkarte lag am Bahnsteig halb unter einer der vielen Baustellen-Absperrungen. Wieder hätte ich zehn Minuten auf die nächste U-Bahn zum Olympiapark warten müssen – insgesamt wurde mir das für meine anschließenden Einkaufspläne zu knapp. Ich ließ die Schwimmpläne fahren und ging ans andere U-Bahngleis Richtung Schwabing.

Dort Einkäufe (Espresso, Semmeln, Molkereiprodukte), Spaziergang in Schneewolken-Düsternis mit sehr vereinzelten Schneeflocken zum Stachus, im Saturn weitere Weihnachtsfeier-Einkäufe.

Wandschmuck an der Gabelsbergerstraße.

Zurück daheim machte ich mich an die erste Runde Thüringer Weihnachtsstollen. Und entdeckte, dass die Packung Bio-Orangeat durchgeschimmelt war. Jemand würde also für die zweite Backrunde am Sonntag nachkaufen müssen. Doch wieder Glück gehabt: Hätte ich zur anderen Packung Orangeat gegriffen, wäre ich erst am Sonntag auf die verschimmelte gestoßen, ohne Möglichkeit zum Nachkaufen.

Während der Stollenteig ging, bereitete ich den Teig für Katha Seisers Apfelschlangerl aus Österreich vegetarisch zu.

Kalte Butter zu raffeln, wie im Rezept angegeben, gibt bei mir eine Sauerei, bei der mindestens 10 Prozent als Batz in der Raffel verbleiben. Diese Variante des Zerkleinerns kann ich mir höchstens mit gefrorener Butter vorstellen, aber das hätte ja dabeigestanden. Das nächste Mal schneide ich die kalte Butter einfach in Würfelchen, der Teig lässt sich gut und unklebrig kneten, später auch ausrollen.

Frühstück um zwei: Eine Semmel mit Chilli-Käse vom Westend-Markt, eine Semmel mit dem letzten Wabenhonig (ewiges Leben!). Jetzt weiß ich, dass ich bei Zombi-Apokalypse notfalls ein paar Tage von Bienenwachskerzen leben könnte. (Hintergrund zu Wabenhonig beim Bayerischen Rundfunk.)

Den weiteren Nachtmittag verbrachte ich mit Stollen und Apfelschlangerl, draußen Schneefall in unterschiedlicher Dichte, kurz nach vier musste ich alle Lichter einschalten.

Als Füllung testete ich Glockenäpfel, die sich als hervorragend geeignet erwiesen.

Wieder kam mir die Füllung zu viel vor, doch 1,3 Kilo Äpfel brutto waren für den Teig zu bewältigen.

Wirklich köstlich, ich kann verstehen, dass Katha immer wieder betont, das sei ihr Lieblingsapfelkuchen.

Dazwischen Schnee.

Auch der Stollen gelang, hier nach Bepinseln mit flüssiger Butter.

Abends Yoga-Gymnastik, ich übersprang die ersten Minuten Besinnlichkeitsgelaber und bekam ein wenig Bewegung und Körpergefühl (“notice how you feel”).

Das Nachtmahl übernahm wieder Herr Kaltmamsell, ich presste davor die für den Stollen abgeriebene Zitrone aus und machte als Aperitiv Whiskey Sour.

Auf meinen Wunsch hatte Herr Kaltmamsell den letzten Hokkaido-Kürbis aus Ernteanteil für ein Rezept aus dem SZ-Magazin genutzt: Kürbis-Polenta mit Gremolata. (Er ist ein so guter Koch, dass er die vielen Reste mitdenkt, die bei dieser Art Rezept immer bleiben, also den Rest von “1 EL gehackte Rosmarinnadeln, 2 EL gehackte Petersilie, 1 EL fein geschnittener Schnittlauch, 2 EL Crème fraîche” – die mich immer davon abhalten, solche Rezepte anzugehen.) Es schmeckte sehr gut, die weggelassenen Pinienkerne fehlten kein bisschen. (Für mich gab es auch den Rest Radicchio-Salat vom Vorabend.) Dazu ein junger pfälzer Buntsandstein-Riesling vom Weingut Sauer, schön frisch und spritzig, so mag ich Riesling.

Nachtisch Apfelschlangerl, keine Schokolade.

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Gestriger Ohrwurm aus dem Film La La Land, “The Fools who Dream”:

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/FAmaskY8eXE?si=kyDe8fBDXlBgc2Xa

Journal Freitag, 24. November 2023 – Aufziehende Dezemberdüsternis, erster richtiger Schnee 2023

Samstag, 25. November 2023

Recht gute Nacht, doch ich fühlte den inneren Dezember aufziehen (zur Erinnerung: für mich ist nicht November der schlimme Düstermonat, sondern Dezember).

Locker gegürtet gefällt mir die Winterjacke besser.

In die Arbeit kam ich unter drohenden Wolken trocken, erst nach Ankunft setzte Regen ein, heftig und vom Wind gepeitscht.

Mittags regnete es immer noch prasselnd und mit Böen, das war mir zu abstoßend für einen Marsch zu Mittagscappuccino. Ich bemühte statt dessen den grässlichen Automaten.

Als Mittagessen gab’s einen Apfel und ein großes Glas Granatapfelkerne mit Sojaquark (versehentlicher Kauf statt Sojajoghurt, schmeckt aber sehr ähnlich, ist nur etwas weniger flüssig).

Nach Feierabend in einer Regenpause zu Einkäufen ins Forum Schwanthaler Höhe, nach und nach statte ich eine Weihnachtsfeier aus (schon mal gelernt: Ausstattung wie Kessel und Tassen zu leihen, wird durch hohe Liefergebühren mindestens so teuer wie Kauf). Für den Weg von dort nach Hause brauchte ich dann doch einen Regenschirm.

Zu Hause Häuslichkeiten, unter anderem waren die ersten zehn Kilo Crowdfarming-Orangen eingetroffen, die alle auf weiche Stellen durchgesehen und sortiert werden mussten.

Auch dieses Jahr aufregend: Der erste richtige Schneefall, der allerdings schnell versiegte.

Eine wohltuende Runde Yoga-Gymnastik.

Einige der Orangen presste ich für den Freitagabend-Drink Campari Orange aus. Auch die Exemplare mit viel grüner Schale hatten kräftig oranges Fruchtfleisch.

Arrangiertes Foto zur Feier des ersten Schnees.

Herr Kaltmamsell briet uns hervorragende Entrecôte, dazu machte ich Ernteanteil-Radicchio mit Balsamico-Dressing an.

Den Wein von Luis Saavedra, Vinos de Madrid Chulo 2017, hatte ich wegen der Bezeichnung “Chulo” gekauft: Ich verbinde damit einen Dandy aus einfachem Volk im Madrid des 19. Jahrhundert, typisch für die Kleidung ist Pepita-Muster. Hier ein spanischer Artikel zum Hintergrund, hier ein Ausschnitt aus der Zarzuela “La verbena de la Paloma”, in der man die (stereo-)typischen Anzüge sieht. Dem Wein halfen meine bunten Assoziationen nicht: Seine Einzelgeschmäcker von stechendem Alkohol über Rauch und Holz bis Bomben-Fruchtsüße verbanden sich nicht. Am ehesten passte er dann zu meiner Überraschung zum Nachtisch: Herr Kaltmamsell hatte endlich mal genug altes Brot gesammelt, um englischen Bread Pudding zu backen (üblicherweise wird bei uns kein Brot alt).

Zadie Smith, The Fraud ausgelesen. Hm, war mir zu sehr um drei Ecken erzählt, mit unter anderem der Folge, dass mir keine der Figuren nahe kam. Neue Lektüre: Der Katalog zur Zuloaga-Ausstellung in der Hypo-Kunsthalle, herausgegeben von Roger Diederen, Nerina Santorius und Carlos Alonso Pérez-Fajardo, laut Rückseite “die erste umfassende Publikation zu Zuloaga in deutscher Sprache”. (Wäre ich 2022 eigens nach Irún gefahren, um “Mujeres de Sepúlveda” zu sehen, wenn ich die Pläne für die Zuloaga-Ausstellung in München gekannt hätte? Ich weiß es nicht.)

Status: Alles fühlt sich als Belastung an (selbst die Leere, wenn nichts ist), jede Wahrnehmung löst ein “oh, schlimm” aus, jedes Angesprochenwerden veursacht inneren Widerstand, Sein ist gerade besonders anstrengend. Aber sicher gibt es auch Aussichten, die mich freuen und mein Herz leichter machten: Zum Beispiel die Aussicht, dass das alles endlich ist und ganz sicher aufhören wird.

Was mich nicht von Amüsement abhält. Gestern am größten darüber: James Rebanks, der Landwirt im nordenglischen Cumbria, ist ja sehr stolz darauf, wie belegbar sein Vorgehen die Biodiversität auf seinen Weiden vergrößert hat. Doch mit einem Papagei hatte er nun wirklich nicht gerechnet.
In einem weiteren Tweet kündigte er an, den Papagei auf die Biodiversitätsliste des Hofs zu setzen. Finde ich völlig korrekt.

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Ich habe zwei Bluesky-Zugangscodes zu vergeben – will wer?
(Dort gibt es keine Hashtags, man kann keine Wörter stummschalten und keine Posts nachträglich korrigieren. Ich sag ja nur.)

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Noch ein schönes Interview im Guardian, dieses mit Autorin Naomi Alderman (wir kennen sie spätestens seit ihrem sensationellen Roman The Power).
“Naomi Alderman: ‘A writer’s job is courage. You’ve got to be as honest as you can'”.

The 49-year-old describes herself as a “games writer turned novelist”: she co-created the Zombies, Run! app, which has 10 million users, “to make exercise a bit less bloody boring”. Just as she aims to keep people running, so she writes to keep people reading, taking the pacy, wildly inventive possibilities of gaming into her novels. Whereas Iris Murdoch used to write fiction in the mornings and philosophy in the afternoons, Alderman does books in the mornings and games after lunch – and she’s currently doing an Open University MA in classical studies, for good measure. “My trouble is I’m interested in everything.”