Archiv für Juni 2024

Journal Samstag, 8. Juni 2024 – Schwimmen in Sonne, Demo mit Regenspritzern

Sonntag, 9. Juni 2024

In der Nacht dreimal wach geworden, aber dazwischen gut geschlafen, außerdem auch lang genug.

Draußen begrüßte mich ein herrlicher Sonnenmorgen, aber auf dem Balkon war es um sieben definitiv noch zu kalt für Morgenkaffee (völlig in Ordnung).

Wärmer wurde es nach und nach. Als ich nach Milchkaffee, Wasser, Tee startklar fürs Radeln zum Schwimmen war, brauchte ich schon keine Jacke mehr. Ich war um zehn so früh dran, dass der Verkehr mich noch entspannt radeln ließ, ich genoss die Luft und die Lindendüfte.

Die Schwimmbahnen im Dantebad waren angenehm übersichtlich beschwommen, ich konnte nach Herzenslust durchziehen. Die Sonne schien, der Himmel blaute mit nur wenigen Wolken, noch war die Belästigung durch Frittenfettdunst minimal, statt dessen roch ich Lindenblüten. 3.300 Meter gingen spielend.

Auf dem Rückweg blieb das Radel-Vergnügen aus: Zu wenige und zu schmale Radwege für zu viele E-Roller und Fahrräder (die dann auch noch ratschend nebeneinander Überholen unmöglich machten), hupende Autos – in München fühle ich mich auf dem Rad immer weniger sicher. Dann hing an der angefahrenen Bäckerei auch noch ein Schild “vorübergehend geschlossen”, ich musste einen Umweg radeln.

Daheim nach dem Auspacken kurz nach eins Frühstück: Körnersemmeln (die Kernigen vom Wimmer sind weiterhin meine Favoriten), Nektarine und Pfirsich (beide hervorragend). Die Folge war komplettes Fresskoma, ich legte mich kurz hin.

Ein wenig Zeitunglesen auf dem Balkon, dann der nächste Programmpunkt: Demo gegen Rechtsextremismus auf dem Königsplatz. Ich spazierte allein hin, denn Herr Kaltmamsell musste arbeiten. Kaum angekommen traf ich auf eine langjährige Internet-Bekanntschaft; wir blieben die Demo über zusammen stehen.

Neklassizistisches Gebäude, dafür demonstrierende Menschen

Die Veranstalter sprachen von 25.000 Teilnehmenden, das schien mir dann doch arg viel. Aber meherer Tausend waren es wohl schon.

Die Stars der Demo auf der Bühne waren die “Omas gegen rechts”: Ca. 30 Frau hoch kamen sie auf die Bühne, sangen, hielten eine aufgeregte Rede – wurden enorm bejubelt. Es regnete hin und wieder ein bisschen, machte nicht mal richtig nass.

Aber die Luft kühlte spürbar ab, auf dem Weg nach Hause fröstelte mich in meinem Sommerkleid. Zu Hause hatte ich noch Zeit für Hausaufgaben: Wahlunterlagen für Sonntag durchgehen. Danach fühlte ich mich sicherer und ruhiger.

Bei dieser Gelegenheit zwei Hinweise:
1. Fotografier- und Filmverbot bei der Stimmabgabe
Wenn wir bemerken, dass Sie in der Wahlkabine fotografieren, DÜRFEN wir Ihren Stimmzettel NICHT annehmen. Sie müssen dann den Stimmzettel zerreißen und bekommen einen neuen.
BITTE fotografieren/filmen Sie nicht hinter der Sichtblende.
2. Wenn Sie vergessen haben, Ihre Briefwahlunterlagen einzuwerfen: Macht nichts, das können Sie bis morgen 18 Uhr an Sonderbriefkästen machen (Adressen finden Sie online).
Oder Sie gehen mit dem Wahlschein (!) darin morgen live wählen (also nicht mit ihrer Wahlbenachrichtigung).
Was NICHT geht: Briefwahlunterlagen in die Wahlurne werfen.

Zum Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell auf meinen Wunsch Moussaka mit Champignons, Skyr und braunen Bohnen zubereitet.

Gedeckter Tisch, in der Mitte eine Auflaufform, die zu einem Drittel leer ist, unten auf dem Teller Auflauf aus Auberginen, Sauce, Kartoffeln, braunen Bohnen

Schmeckte gut, ich mochte die Bohnen, Auberginen, den Bechamel-Deckel – doch zum einen waren die Champignons überflüssig, und zu anderen schmeckte sie uns beiden dann nicht so großartig wie der enorme Aufwand. Wenn vegetarische Mousska, dann lieber die von Delia Smith mit Linsen. Dazu gab es restliche Maibowle, danach Schokolade.

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Ein Interview auf tagesschau.de mit Europa-Expertin Thu Nguyen, stellvertretende Direktorin des Jacques Delors Centre – falls Sie doch noch einen Stupser brauchen, heute wählen zu gehen.
“Europawahlen 2024, ‘Macht einen Unterschied, wer im Parlament sitzt'”.

Die Europawahl ist extrem wichtig. Auf europäischer Ebene werden Themen entschieden, die Deutschland allein gar nicht lösen kann – sei es bei Klimaschutz, Migration, Verbraucherschutz oder Bürgerrechten.

Ich habe mir zu den Europawahlen verschiedene Studien und Umfragen angeschaut – und in Deutschland werden Bundestagsentscheidungen für viel wichtiger gehalten als Entscheidungen des Europäischen Parlaments. Laut der Bundesregierung gehen jedoch zwei Drittel der deutschen Gesetze auf Gesetze der EU zurück.

Es ist einfach noch nicht in der breiteren Bevölkerung angekommen, welche und wie viele Gesetze tatsächlich auf europäischer Ebene erlassen werden. Und dafür kommt es darauf an, wer im EU-Parlament sitzt.

Was nichts daran ändert, dass viele Mechanismen der EU meiner Ansicht nach reformiert gehören. Was durch Nichtwählen sicher nicht geschieht.

Nochmal Ngyen:

Es macht einen Unterschied, wer im Europaparlament sitzt. Es macht einen Unterschied, wer die Kommissionspräsidentin ist. Es macht gerade bei diesen großen Themen wie Klima, Migration, Bürgerrechten, Verbraucherschutz einen Riesenunterschied, ob wir ein progressives Parlament haben oder nicht.

Journal Freitag, 7. Juni 2024 – Herrlicher Lerchenlauf mit Idee, weiter hoher Isarpegel

Samstag, 8. Juni 2024

Diese Woche war so voll, dass ich mich daran erinnern musste, dass Freitag und gleich Wochenende war: Der Vormittag fühlte sich wie ein Mittwoch der nächsten Woche an.

Dennoch gönnte ich mir das Lerchen-Privileg eines Isarlaufs vor Büro und damit einen 40 Minuten späteren Arbeitsanfang als gewöhnlich. Den besonders frühen Wecker brauchte ich nicht mal, weil ich um fünf in eine Angstphase glitt und die Nacht gerne beendete. (Bei geschlossenem Fenster: Auch Silikon-Ohrstöpsel führen zu schuppiger, juckender Haut im Gehörgang – meine Ohren wollen atmen.)

Bis ich unter gemischtem Himmel vors Hoftor trat, war ich wirklich munter und freute mich auf die Isar. Die Luft war kühl und atmete sich wundervoll mit einer Mischung aus Nässe von den Regenschauern der Nacht und Blütendüften (allen voran von den Linden). Ich lief am Fluss immer wieder mit ausgebreiteten Armen über die leeren Wege, es war gar zu schön.

Wenige Tiersichtungen, einmal Gänsesäger auf Wellen, einmal Stockenten, die auf der überschwemmten Uferwiese grasten.

Asphaltierter WEg zwischen hohen Bäumen an einem Bach

Westermühlbach

Ein uralter, zerknautschter, als solcher fast nicht mehr erkennbarer Fußball auf dem Boden

Selbst auf meiner Laufrunde werde ich von Fußball belästigt!

Graffiti-bemalte Hausecke, darauf auch "wogra-m.de"

Breiter Fluss im Gegenlicht von tiefer Sonne zwischen Wolken, an den Rändern Bäume, im Hintergrund ganz klein ein Turm

Breiter Fluss von Brücke aus im Gegenlicht von tiefer Sonne zwischen Wolken, an den Rändern Bäume, im Hintergrund links Kirchtürme

Blick auf Fluss vom überschwemmten Ufer aus, Himmel dahinter blau mit weißen Wolken, zwei weiße Schlote

Blick vom überschwemmten Ufer aus den Fluss entlang, blauer Himmel spiegelt sich im Wasser, in der Ferne Dunst über Wasser vor grünen Bäumen

Blick zwischen Bäumen hinaus auf einen Holzsteg

Zu meiner Überraschung und Freude war der Flauchersteg nicht mehr gesperrt.

Blick hinaus auf einen Steg aus Brettern mit Brüstung, der sich über braunes Wasser windet, im Hintergrund Bäume

Blick auf schäumenden Fluss im gegenlicht, im Vordergrund Stangen von brüstung, im Hintergrund die Silhouetten von Bäumen

Blick auf schäumenden Fluss zwischen Bäumen, am untere Rand steht im Schatten ein Mann

Selbst Hundegassiführer*innen waren gestern Morgen rar.

Unbefestigter Weg in altem Friedhof, Licht von Morgensonne

Das letzte Stück durch den Alten Südfriedhof.

Ich lief mit leichtem Herz, und mir wuchs eine super Idee, nennen wir sie doch einfach Tagtraum. So fing es an: Ich würde sehr gerne mal mit Elfriede Jelinek über Marieluise Fleißer sprechen – ich weiß, dass sie die Fleißer sehr schätzt, sie sogar mal besucht hat. Dann fiel mir ein, dass auch Herta Müller Marieluise Fleißer schätzt. Am allerliebsten, so dachte ich dann weiter, wäre ich dabei, wenn sich Herta Müller mit Elfriede Jelinek über Marieluise Fleißer unterhält. In meinem Wohnzimmer. Was ich als Podcast verarbeiten würde. Das stellte ich mir dann im Detail vor. Ich würde auch Kuchen backen.

Daheim flinke Körperpflege, unter jetzt immer düstererem Himmel marschierte ich ins Büro.

In der Arbeit geordnetes Wegschaffen, ich fühlte mich nützlich. Mittagscappuccino bei Nachbars: In den Salongschleichern, die ich fürs Büro eingesteckt hatte (Arbeitsweg in Turnschuhen), schmerzte die rechte untere Ferse wieder ausgesprochen unangenehm und nahm mir den Antrieb für einen weiteren Weg. Zu Mittag gab es einen Apfel und Pumpernickel mit Butter.

Weiteres Wegackern. Ab 15 Uhr fuhr ich ein paar innere Systeme runter und arbeitete nur noch weitgehend Hirnloses (z.b. Datenbank-Töckeln). Einmal am Nachmittag und dann kurz nach meiner Heimkehr (Einkäufe im Lidl und Vollcorner) gab es sehr kurze, heftige Gewitter mit je einem Regenduscher – auf dem Regenradar sah das lustig aus:

Screenshot vom Regenradar, der fast nur genau über München einen dunkelblauen mit lila Fleck zeigt

Der Isarpegel wollte auch weiterhin nicht unter Meldestufe 1 sinken.

Zu Hause turne ich eine halbe Stunde Pilates (nochmal “Entspannt mit Pilates”), bereitete den Ernteanteil-Salat fürs Abendessen vor, dann gab es sogar auf dem Balkon die Maibowle, die wir für den Samstag davor angesetzt hatten (den aromatierten Weißwein hatten wir Vakuum-verplöppelt, als unsere Gäste wegen Wasser im Keller ausfielen). Drei Mauersegler flitzten ein paar Mal schrillend ganz nah ums Hauseck.

Blick über Balkonbrüstung hinaus in Bäume, durch die sich die Sonne bricht

Die Wochen mit dem höchsten Sonnenstand des Jahres: Sie schafft es bis weit übers Nebengebäude.

Nachtmahl: Von Herrn Kaltmamsell ein Creme-Süppchen aus der Mairübe im Ernteanteil, der Salat mit klassischer Vinaigrette, darin ganz junger Knoblauch aus Ernteanteil, mit zugekauften Tomaten, dann allgäuer Käse vom Markt. Nachtisch Schokolade.

§

Vielleicht mögen Sie sich zur Europawahl durch den
Science-O-Mat
klicken?

Welche Parteien und sonstigen politischen Vereinigungen denken in Sachen Klimawandel und Nachhaltigkeit wie ich?

Es tauchen auch EU-Umweltthemen auf, die Ihnen vielleicht nicht präsent waren.
(Dahinter stehen Scientists for Future.)

Journal Donnerstag, 6. Juni 2024 – Mehr Jelinek-Gedanken

Freitag, 7. Juni 2024

Das war zu wenig Schlaf gewesen nach dem Theaterabend, das Handyklingeln weckte mich in große Müdigkeit.

Schöner Marsch in die Arbeit unter weitgehend blauem Himmel und in milder Luft.

Im Büro kämpfte ich mit der Müdigkeit – dabei hatte ich diese sieben Stunden gut geschlafen und auch kein grundlegendes Schlafdefizit. Doch ich fühlte mich wie nach einer Woche schlechtem Schlaf.

Aber wieder erwiesen sich Furcht und Schreck als wirkungsvoller Wachmacher: Eine Detailfrage brachte mich drauf, dass der Kalender einen Termin gefressen hatte, für den ich zuständig war. Zum Glück war noch genug Zeit, doch da ich genau wegen Verlassen auf Hilfsmittel nicht ständig alles präsent im Hirn brauche, schaltete das Hirn bei Ausfall dieses Hilfsmittels erstmal auf Panik.

Bis mittags hatte ich mich wieder beruhigt, nahm mir die Zeit für einen Cappuccino bei Nachbars und Käse-Einkauf auf dem Markt Georg-Freundorfer-Platz.

Mittagessen später am Schreibtisch: Pumpernickel mit Butter, die ersten Pfirsiche der Saison (ok).

Nach weiteren Turbulenzen wieder mal ein Blick auf den Pegel der Isar: Erschwankte immer noch um Meldestufe 1, immer noch keine Grundwasser-Entwarnung für den Hotelkeller.

Den ganzen Tag böses Kreuzzwicken, ich wechselte oft zwischen Arbeiten im Stehen und Sitzen. Eintreffende Jobs schoben den Feierabend nach hinten.

Dann aber direkter Heimweg in Sonne und Wärme. Ich hatte mit Herrn Kaltmamsell Abendessen im Schnitzelgarten vereinbart, turnte davor noch eine halbe Stunde Pilates mit vielen Stabilisierungsübungen.

Während dessen zog der Himmel sehr düster zu. Wir gingen trotzdem in den Schnitzelgarten, dort waren vorsorglich bereits die Schirme aufgespannt.

Auf einem Holztisch zwei Teller mit panierten Schnitzeln und Pommes, zwei Schälchen gemischter Salat

Mein Cordon bleu Gorgonzola schmeckte sehr gut, doch zwei große Stücke Schnitzel schafften wir jeweils nicht – wir Füchse hatten eine Tupperbox dafür dabei. Die Schirme erwiesen sich als nützlich, einmal regnete es tatsächlich kurz.

Im Hintergrund arbeitete Elfriede Jelineks Asche weiter in mir. Das Stück ist vor allem Text in einem ganz persönlichen Gedanken- und Gefühlsverlauf, und diese Person ist die ungemein belesene und durchdenkende Jelinek. Hier ihr Text über das Stück, der den Charakter ein wenig nachvollziehbar macht (und mich an manchen Blogtext belesender und durchdenkender Menschen erinnert).

Wieder mal wünsche ich, ich hätte genug Kraft und Energie für mehr Jelinek. Das wünsche ich mir, seit ich als junge Frau Bekanntschaft mit ihrem Werk machte und komplett fasziniert war. Doch ein bissl in Jelinek reinschmecken auf Distanz geht halt nicht. Zumindest nicht für mich. Auch diesmal überwältigt mich ihre Wucht mit Verzögerung. Wodurch ich auch die Kammerspiel-Inszenierung anders sehe: Sie traut Jelineks Text-Wucht zu wenig und legt auf allen Medienwegen Schicht um Schicht dick auf. Musik, Licht, Videoprojektionen, Darstellungs-Extase, immer neue Kostüme und Masken, Bewegung. Dabei hätten die Schauspieler*innen gradsogut am Bühenrand sitzen können, bisschen mit den Beinen schaukeln, den Text aufsagen können: Er ist für sich gehaltvoll genug.

Das ist auch in der BR-Rezension von Christoph Leibold so angekommen. Und Anne Fritsch findet in Die deutsche Bühne:

Es ein wenig schade, dass dem Regisseur dieser Text nie genug ist, er immer noch eine Schippe drauf legt, so dass einiges an Gedanken untergeht wie all das Plastik im Meer, das immer wieder auf die geschwungene Rückwand projiziert wird.

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Internet ist toll. Für wen’s interessiert und für wer’s brauchen kann:
“Zeitungsportal verändert das Arbeiten in der Geschichtswissenschaft”.

Mit einem kräftigen Fanfarenstoß ist ein neues Rechercheinstrument mit großem Potential anzuzeigen: das Deutsche Zeitungsportal. Es erlaubt einen einheitlichen kostenlosen Einstieg in digitalisierte historische Zeitungen. Langfristig sollen hier alle Zeitungen sichtbar werden, die in deutschen Bibliotheken und Archiven aufbewahrt werden. Die bislang älteste Zeitung des Portals stammt aus dem Jahr 1671; die Laufzeit der meisten neueren Zeitungen endet – vor allem aus urheberrechtlichen Gründen – etwa 1945.

Mit einem Mal lassen sich historische Sachverhalte ermitteln, die früher entweder gar nicht – weil das Blättern in Zeitungen der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen glich – oder in dieser Breite nicht möglich war.

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“Auch der alternde Körper ist ein Experiment”
katatonik über
“Needles and pins”.

Und so schreibt sich die Ur-Bloggeria durch den Lebenskreis. Ich erinnere mich, als wir von 10, 15 Jahren scherzten, in den Kaffeehaustreffen der Blogkommentare, wir würden dereinst das Menopausenbloggen begründen. Doch also geschah es. Wie wir nach den Liebschaften schon über das Erstaunen und die Überraschungen des Familie-Werdens gebloggt hatten, über das Zerbrechen unserer Familien, über das Sterben, das eigene, das der Kinder. Wie wir mit Texten das Greisen der Eltern begleiten, die Unterstützung ihrer letzten Lebensphase, ihren Tod. Und so schreiben und bloggen wir das Abklingen des eigenen Lebens und irgendwann das Ausklingen. Mal sehen, ob das irgendwann als fassbarer, analysierbarer Korpus angesehen wird, Blogtexte 2000 bis 2050.
Und ob uns auch dann noch vorgeworfen wird, wir Blogger*innen nähmen uns selbst einfach zu ernst.

Journal Mittwoch, 5. Juni 2024 – Elfriede Jelinek, Asche

Donnerstag, 6. Juni 2024

Das Weckerklingeln war gestern sehr wenig willkommen, ich freute mich aufs Ausschlafen am Samstag. Und erinnerte mich an die nächtliche Krampfattacke: Nach Monaten ohne hatten linker Fuß und linke untere Wade gekrampft, ich hatte mich ein paar Mal in die Vorwärtsbeuge dehnen müssen, um das wegzukriegen (jede Dehnung an Fuß oder Bein hatte lediglich andere Muskeln in Krämpfe gejagt).

Der Tag wurde sonnig hell, ich musste mich aber aktiv daran erinnern, dass ich jetzt die längsten Tage im Jahr genießen sollte. Diese Hochwassersache schlägt mir wirklich aufs Gemüt, irgendwas in mir hat sich noch nicht von der existenziellen Erschütterung durch die Pandemie (ja, wir verdrängen das gesunderweise, aber es war wirklich, wirklich schlimm) erholt und lässt die Flügel hängen.

Für den Weg in die Arbeit ließ ich die Jacke daheim, um sie bei angekündigt warmem Feierabend nicht heimtragen zu müssen. Ich fror nicht mal.

Im Büro geordnete Emsigkeit, der Störfaktor Hochwasser war bereits eingeplant.

Überraschung: Ein richtiger Spam-Anruf auf mein Handy, von Düsseldorfer Festnetz-Nummer aus (bei den extrem seltenen Anrufen auf mein Handy gehe ich immer erstmal von einem Notfall aus – oder verwählt). Der Anrufer erzählte mit Schweizer Akzent irgendwas von einer Schweizer Firma, von der er anrufe, irgendwas mit THC. Erst unterbrach ich ihn und erklärte ihm, er müsse sich verwählt haben, ich sei eine Privatperson und hätte nichts mit diesen Dingen zu tun. Erst als er widersprach, begriff ich den Spam-Charakter des Anrufs, legte auf und sperrte die Nummer. Nun ja: Dafür, dass ich meine aktuelle Mobilnummer seit fast 15 Jahren nutze, ist das Spam-Aufkommen nun wirklich gering.

Mittagscappuccino bei Nachbars, die Außentemperatur perfekt für Wandern, nicht Baden – so gehört sich früher Juni.

Emsiges Wegschaffen, dann spätes Mittagessen: Banane, eingeweichtes Muesli mit Joghurt.

Früher Feierabend, weil ich abends den letzten Theater-Termin dieser Spielzeit hatte. Ich fühlte mich ein wenig als Kameradenschwein bei meinem vorzeitigen Abgang, weil eigentlich gerade Hochdruck herrscht – aber meine Aufgaben waren erfüllt, ich fühlte mich lediglich verpflichtet, für Notfälle parat zu stehen (das kriege ich in diesem Arbeitsleben nicht mehr weg).

Daheim nutzte ich die Zeit für offene Fenster in der Wohnung und Pediküre (gna), turnte eine Runde Pilates. Herr Kaltmamsell servierte frühes Abendessen: Spaghetti mit selbst gemachtem Pesto. Dieses schmeckte intensiv nach frischem Basilikum und ganz anders als jedes gekaufte Pesto – zu unserer Überraschung, denn das Resultet der vorhergehenden Versuche war gewesen: Gut, aber auch nicht besser als gutes aus dem Supermarkt.

Im Frühlingskleid spazierte ich ein letztes Mal in dieser Spielzeit zu dem Kammerspielen – um schnell festzustellen, dass ich zu früh dran war: Die 19:30 Uhr, die ich mir als Beginn notiert hatte, galten für die Einführung zum Stück, nicht für die Vorstellung. Das irritierte Verhalten anderer weniger Besucher:innen nahm ich als Beleg: Ich war nicht allein mit diesem Irrtum. Werde aber künftig genauer hinsehen.

Gespielt wurde Asche von Elfriede Jelinek (Uraufführung, inszeniert von Falk Richter). Dem Gespräch der Menschen in der Reihe hinter mir vor Beginn, die wohl die Einführung gehört hatten, entnahm ich, dass das Stück in ihren Augen “ohne Erklärung nicht zu verstehen” war, und die Kernaussage “alles kaputt”. Na ja, “verstehen” ist nicht das, worauf ich bei einem Theaterbesuch aus bin, weil halt Kunstwerk – mit dem ich etwas anfangen kann oder nicht.

In den folgenden knapp zwei Stunden wurde auch nichts zu verstehen angeboten, keine Geschichte. Sondern durchaus plakative Aussagen um die Themen Zerstörung der Erde (vor allem durch Plastikmüll, der bald bergeweise in Weiß, Orange und Blau auf der Bühne lag) sowie Trauer und Elend nach dem Verlust des liebsten Menschen. Der Text dazu bestand aus Fragmenten, meist impressionistischen, und Zitaten. Er griff immer wieder in die antike Kosmogonie zurück, manche Textteile tauchten im Wortlaut immer wieder auf oder wurden mehrfach gesprochen, gleichzeitig von mehreren oder einmal auch versetzt im Kanon wie ein Chorstück. Darin aber auch Schabernack wie “Der einzige Mensch, der für mich zählte, manchmal sogar bis drei.”

Die Schauspieler:innen agierten in oft wechselnden Kostümen und Masken mal explosiv aktionistisch, mal nur Text ins Publikum sprechend, dieses aber immer bis zur Karikatur expressiv spielend – sie stellten ganz klar keine Individuen dar, sondern waren Platzhalter für menschliches Verhalten (Schauspieler:innen dabei großartig). Ausnahme: Ulrike Willenbacher als nachvollziehbare und ganz eigene Autorinnenfigur, die trocken und realistisch spielte und sprach in ihrer Einsamkeit und Verlorenheit.

Eine zentrale Rolle spielten in der Inszenierung Videoprojektionen auf einen Bildschirm und den Bühnenhintergrund: Computer-generierte Bilder der Realität (derzeit KI genannt) mit ihrer ganzen Fehlerhaftigkeit in der Darstellung. Ich habe einige Bekannte, die genau damit spielen und das Neue und Kreative sehen, davon fasziniert sind – das eigentliche Vergnügen daran haben herauszufinden, was an den Resultaten ihrer Prompts eben nicht stimmt, unerwartet ist: Hier war das Bühnenbild (Katrin Hoffmann) einer ganze Theaterinszenierung davon getrieben. Bei mir kam das als Hoffnungsschimmer an: So wie wir Menschheit immer wieder in unserer Kurzsicht Zerstörung und Irrsinn schaffen, entstehen ebenso unbeabsichtigt Neuanfang und Auswege.

„Welche Anzahl von Welten nehmen wir an? Wie viele habe allein ich schon verbraucht?“, heißt es immer wieder im Stück. Die Inszenierung bewies die schiere Unerschöpflichkeit vorstellbarer Welten.

Ein durchaus anstrengender Abend (das hatte aber auch mit den wirklich unbequemen Sitzen in den Kammerspielen zu tun – seit der Wohltat der Volkstheater-Sessel sind sie mir noch bewusster), beim Heimmarsch durch milde Abendluft verschob ich die Verarbeitung auf den nächsten Morgen.

§

Ich merkte, dass ich eigentlich keine Lust hatte, im Blog auf dieses Interview hinzuweisen, weil: Ist ja eh wurscht, hört ja keiner drauf, Hauptsache Autos. Dann erinnerte ich mich an meinen Vorsatz (soweit ich zu Vorsätzen in der Lage bin): “Man muss es doch wenigstens versuchen.” Hier also das Interview von Lena Rauschecker:
“Zukunftsforscher: ‘Keine deutsche Stadt braucht eine Straße mit mehr als einer Spur pro Richtung'”.

Wie müssen deutsche Städte aussehen, um Hitze und Hochwasser trotzen zu können? Wie bewegen wir uns in einer nachhaltigen Stadt der Zukunft? Welche Städte können Vorbild sein und wie fangen wir beim Umbau am besten an? Ein Gespräch mit dem renommierten Stadtgeograf und Zukunftsforscher Stefan Carsten.

via @stadtneurotikr

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Voll gemein gegen uns arme Bayern.

Journal Dienstag, 4. Juni 2024 – Hochwasser weiter bedrohlich, ungute Aussichten für Wahlhilfeeinsatz

Mittwoch, 5. Juni 2024

Erster Blick nach dem Aufstehen (gute Nacht) galt am Rechner dem Isarpegel, der die ganze Nacht über Richtung Meldestufe 3 gestiegen war, und den Bahnverbindungen, die für meinen Job wichtig waren: Weiterhin kein Durchkommen zum Münchner Hauptbahnhof. Und dann sah ich auf den Hochwasserticker des Bayerischen Rundfunks: Mit sinkendem Herzen wusste ich jetzt, welche weitere Kolleg*innen es sehr wahrscheinlich erwischt hatte.

Blick von oben auf sonnigen Fluss mitten in der Stadt, am Ufer Bäume und Häuser, Inseln mit Bäumen in der Mitte sind von braunem Hochwasser überschwemmt

Über der reißenden, überschwemmten Isar schien die Sonne. (Webcam-Quelle)

Bei Ankunft im Büro begann auch gestern das große Umplanen wegen Hochwasser-bedingten Personalausfällen, doch jetzt sank zumindest der Pegel der Isar langsam wieder.

Emsiger Vormittag, aber fast schon mit einer gewissen Gelassenheit zu bewältigen. Ich hatte sogar Zeit für Mittagscappuccino im Westend.

Blick durch ein Erdgeschoßfenster auf eine Stadtstraße auf einen Altbau, der gerade eingerüstet wird, es sind darauf drei Bauarbeiter

Guter Cappuccino mit spannendem Blick auf entstehendes Baugerüst.

Ich erkundigte mich zum Wahlhelfen bei der Europawahl: Die Wahlvorsteherin hatte sich immer noch nicht bei mir gemeldet wegen Abstimmung / Einteilung von Schichten, also rief ich sie mittags mal an. Ergebnis: Mein ungutes Gefühl wegen der Nichtmeldung war berechtigt, der Einsatz wird wahrscheinlich anstrengend. Ich arbeite die Schulungsunterlagen am Samstag lieber wieder gründlich durch. Und bin besser mal ab sieben vor Ort. Ehrenamt bringt ja bekanntlich besonders viel Ehre ein, wenn es anstrengt und unangenehm ist. Und mir ist sehr bewusst: Andere sind bei der Freiwilligen Feuerwehr und standen die vergangenen Tage im Hochwasser.

Mittagessen: Apfel, Banane, Hüttenkäse.

Intensiver Nachmittag, aber ich ließ es nicht zu spät werden – hatte noch Besorgungen vor.

Verteilerkasten auf Straße unter Bäumen, darauf ein weißes aufgesprühtes Männchen

Edeka, Bargeld abheben, im Drogeriemarkt einen Lippenstift abholen, den ich online zur Abholung in Filiale bestellt hatte (dafür musste ich eine Angestellte ansprechen, die in den Keller ging und ihn holte – so hatte ich mir das eigentlich nicht vorgestellt, auch wenn sie sehr freundlich und bereitwillig war), und schließlich an einem Standl Abendessen einkaufen. Es sollte nochmal Spargel geben, aber ich war durchaus darauf gefasst, dass es wegen Hochwasser in den Anbaugebieten keinen geben würde. Keine Sorge nötig, ich bekam zwei Kilo dicke Stangen (weil ich schälfaul bin). Damit wollte ich die Zubereitung in der Mikrowelle von Chris Kurbjuhn ausprobieren.

Zwischen Schälen/Vorbereiten und Garen legte ich noch eine Einheit Gymnastik.

Der Spargel wurde ok (mit zweimal acht Minuten in der Mikrowelle), die Stangen sehr unterschiedlich gar: Da ich es mit der Menge arg gut gemeint hatte, hatte der Deckel der Schüssel aber nicht ganz geschlossen. Dazu reichte Herr Kaltmamsell ein wenig Sauerrahm mit Kräutern, die weg mussten: Estragon, Petersilie, Schnittlauch. Nachtisch reichlich Erdbeeren, Schokolade.

Zum Tagesende Sinken des Isarpegels.

Grafik mit Isarpegel, der am 4.6. fast mis eldestufe 3 steigt, dann sinkt, in der Nacht zum 5.6. aber nochmal steigt

Grafik des Bayerischen Landesamts für Umwelt vom nächsten Morgen: Weiter bedrohlich.

Journal Montag, 3. Juni 2024 – Hochdruckarbeit, weiter Hochwasser

Dienstag, 4. Juni 2024

Mittelgute Nacht mit nur einer längeren Angstpause im Schlaf.

Nachts hörte ich immer wieder lautes Regenrauschen, den Weg in die Arbeit ging ich unter Regenschirm in Landregen. Völlig überraschend wurde ich zu einem Umweg gezwungen, weil die Theresienwiese gesperrt war – ganz sicher nicht schon fürs Oktoberfest. Es brauchte eine Weile, bis ich den Anlass herausgefunden hatte: “Fan Fest Euro”.

Am Schreibtisch war ich schlau genug, ein paar dringende Dinge zu erledigen, bevor ich mein Postfach öffnete und Bällen hinterherhechelte.

Stress-Kopfweh ab 9 Uhr, uneinholbar für Ibu.

Mittags gewann ich langsam Übersicht und musste nicht mehr drei Dinge gleichzeitig erledigen, darunter Reiseumbuchungen, weil München Hauptbahnhof aus vielen Richtungen überhaupt nicht erreicht werden konnte. Dass mich – wenig überraschend – die Nachricht von persönlicher Flut-Betroffenheit einiger Kolleg*innen erreichte, also so richtig mit aller Besitz kaputt, verdüsterte die Stimmung.

Zu Mittag gab es dann Mango mit Sojajoghurt und Leinsamenschrot.

Doch mit dem Abfallen der akuten Spannung verschwand erstmal auch meine Konzentrationsfähigkeit, ich konnte kaum geradeaus schauen. Aufregung um aufwändige Reiseabrechnungen stellte die Konzentration wieder her.

Kräftiger Regen bis zum späten Nachmittag mit nur wenigen Pausen. Der Pegel der Isar stieg gleich mal wieder.

Später Feierabend, ich war sehr erschöpft. Aber ich kam im Trockenen heim, kaufte unterwegs im Vollcorner und Drogeriemarkt ein.

Zu Hause nahm ich mir die Zeit für Pilates: Die Gymnastik tat mir sehr gut, und die Freundlichkeit von Gabi Fastner entspannte mich.

Zum Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell die Salade niçoise gemacht, die es am Samstagabend als Vorspeise geben sollte.

Aufsicht auf eine Schüssel mir Blattsalat, halben Eiern, Buschbohnen, Tomate, Thunfisch

Das war wirklich köstlich. Zum Nachtisch gab es die letzten Portionen Crème Brûlée. Und noch ein wenig Schokolade.

Letzter Blick auf den Isarpegel vor dem Einschlafen, hoffentlich würde er unter Meldestufe 3 wieder sinken.

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Zur Erinnerung: Nächsten Samstag Demo auf dem Königsplatz “Rechtsextremismus stoppen – Demokratie verteidigen”.

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Jetzt ist er online: Der sehr (bitter) unterhaltsame und lehrreiche re:publica-Vortrag von Leonhard Dobusch “Boom, Bust und Benko: Was kümmert uns die Millionenpleite?”

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/STuLqttFrbc?si=IbuOLR-0x9qMo_OJ

Journal Sonntag, 2. Juni 2024 – Sinkender Pegel in München, aber keineswegs alles gut

Montag, 3. Juni 2024

Als ich nach langem, guten Schlaf aufwachte, hatte der Regen bis zu feuchter Gischt abgenommen. Ich war zuversichtlich, dass ich doch noch zu meinem Isarlauf kommen würde.

Ich lief dann tatsächlich gut anderthalb Stunden unberegnet, musste nicht mal auf die Wege oben auf den Isardämmen ausweichen: Der Pegel der Isar war deutlich auf dem Rückzug (dennoch noch keine Entwarnung von den Freunden im Hotelkeller). Besonders schön: Ich bekam erste Lindenblütendüfte in die Nase. Überrascht war ich von dem deutlichen Muskelkater vom Hanteltraining am Samstag, der sich bereits am Vorabend angekündigt hatte (vor allem Po und Rückseite Oberschenkel, die Dead Lift Reverse Flys in erster Linie).

Alter Friedhof mit vielen Bäumen, im Vordergrund eine riesige Wasserpfütze, die die gesamte Breite des Wegs bedeckt

Alter, parkähnlicher Friedhof mit weiß blühendem Busch

Alter Südfriedhof.

Blick auf Hochwasserfluss mit braunem Wasser, an einem Brückenpfeiler haben sich Baumstämme verfangen

Blick von der Wittelsbacherbrücke nach Süden.

Blick auf Hochwasserfluss mit braunem Wasser, in der Mitte eine Insel mit Baum, links zwei Türme einer Kirche, im Hintergrund ein Museumsturm

Und nach Norden, der Gegenschuss zur Webcam auf dem Deutschen Museum.

Blick vom Ufer auf Hochwasserfluss, in der Uferwiese liegen Baumteile, das Wasser umspült einen mittelgroßen gründblättrigen Baum

An diesen Spülsäumen sah ich, wie hoch die Isar maximal gestiegen war.

Unter einer Betonbrücke mit bunter Streetart bemalte breite Pfeiler, die von braunem Wasser umspült sind

Unter der Brudermühlbrücke; man kam nur auf dem Radweg durch.

Überschwemmte Uferauen, im Vordergrund ein mittelgroßer Hund mit hellem Fell

Kurz vorm Flaucher.

Blick auf Hochwasserfluss, überspülte Büsche, im Hintergrund eine Fußgängerbrücke

Die Brücke Maria Einsiedel war gesperrt – wie auch der Flauchersteg.

Im Hintergrund ein Hochhaus, davor ein Flussarm mit grünbraunem Wasser, darauf bunte Kajaks

Die jungen Kajakist:innen haben ihr Nest verlassen und werden von den Eltern ins Wasser geführt.
Am Himmel Mauersegler und Schwalben.

Grün belaubte Bäume, dazwischen steht braunes Wasser

Flaucher am Gegenufer.

Kein Semmelholen auf dem Rückweg, weil ich keine Lust auf Semmeln hatte. Ich hatte eigentlich überhaupt keinen Appetit, zum Frühstück aß ich spät und eher pro forma einen Apfel (der mir aber schmeckte) und Joghurt mit ein wenig Haferflocken.

Webcam von oben auf einen Fluss in einer Stadt mit hellbraunem Wasser, der über die Ufer getreten ist

Webcam um 14:19 Uhr.

Ausführliches Bügeln, es hatte sich in den vergangenen Wochen einiges gesammelt. Dabei hörte ich eine Folge des Podcasts Zwei Seiten von Christine Westermann und Mona Ameziane.

Der Podcast war mir von vielen Seiten empfohlen worden, ich suchte mir für einen Test eine Folge aus, in der auch ein Buch besprochen wird, das ich kenne. Erst mal ging es allerdings über 20 Minuten lang nicht über Bücher, das mochte ich schonmal nicht (auch wenn ich Mona Amezianes Kommentar sehr schätzte, die zum ersten Mal von dem Konzept “Familienaufstellung” hörte: “Das klingt krank.”).

Und was sie dann endlich über die Bücher sagten: Ganz ok. Doch gerade bei der Besprechung von Dschinns von Fatma Aydemir hatte ich den Eindruck, den ich bei praktisch allen Kamera-Sendungen oder Podcasts über Bücher habe: Es stehen Aspekte der Romane im Mittelpunkt, die für mich nicht sehr relevant sind. Sie enthalten mir zu viel subjektive Interpretation und zu wenig Beschreibung. Der größte Spaß, den wir je hatten von Claire Lombardoam konnte ich dann anhand von Mona Amezianes Besprechung schon eher fassen, aber unterm Strich nicht herausfinden, ob das ein Buch ist, das mir gefallen oder mich auch nur bereichern könnte. Sowas hole ich mir sehr viel häufiger aus geschriebenen Rezensionen.
(Abschließend schwärmten beide auch noch von Glattauers Gut gegen Nordwind, das ich begründet scheiße fand. Meh.)

Bis zum Abschluss meiner Bügelei hörte ich Musik.

Urlaubs-abschließender Check des Berufs-Postfachs – diesmal alles andere als entspannend, auf mich wartet einiges an aufwändigem Jonglieren. Gleich am Montagmorgen werde ich eilig ein Schiefgehen verhindern müssen.

Aber: Etwas beruhigende Nachrichten von unserer Kartoffelkombinat-Gärtnerei auf instagram, “glimpflich davongekommen”. Das Wetter blieb in München trocken, nachmittags gab es sogar ein wenig Sonnenschein.

Als Nachtmahl gab’s Teile des ausgefallenen Gäste-Essens: Entrecôte und mediterranes Ofengemüse. Dann Crème Brûlée und Erdbeeren. Ein – haha – Festmahl.

In der Tagesschau und anschließender Sonderberichterstattung des Bayerischen Rundfunks weiterhin schlimme Nachrichten unter anderem aus den mir so vertrauten Landkreisen Schrobenhausen, Pfaffenhofen (Rekordfluten), Augsburg, Fürstenfeldbruck. Für Straubing und Passau wurde das Schlimmste erst noch erwartet. Weiterer Regen war auch für München angekündigt.

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Einerseits: Gut, dass eine weitere jüngere Frau den feministischen Blickwinkel einnimmt. Andererseits: Oh je, ich dachte, wir wären weiter.
“Feminismus in der Familie:
War nicht alles gut, so wie es war?”

Für unsere Autorin war Papa immer der Gute, Mama die Strenge – bis sie Feministin wurde und sich der Blick auf die Rollen in ihrer Familie änderte.

Ich hatte in den frühen 1980ern am humanistischen Gymnasium noch einen Lehrer, der über Frauen scherzte, die Emanzipation einforderten, “während ihnen in der Küche ihr Essen anbrennt” hahaha. Woraufhin ich als Feministin vom Dienst (als die ich meine ganze Schulzeit hindurch amtierte) fragte: “Warum ist das IHR Essen?” Ich dachte, wir wären 20 Jahre später weiter gewesen, in der Kindheit der Autorin.