Archiv für September 2025

Journal Montag, 8. September 2025 – Wieder ein Montag

Dienstag, 9. September 2025

Nach guter Nacht 20 Minuten vor Weckerklingeln aufgewacht – das war mir mit Aussicht auf Geschirrspüler-Ausräumen und Wäscheständer-Abnehmen ganz recht.

Es wurde hell zu schönem Wetter, in der Morgenkühle marschierte ich ins Büro. Unterwegs fielen mir einige Besonderheiten dieses Arbeitsmontags ein, anstrengend, aber nicht wirklich unangenehm.

Erster Cappuccino in der wiedereröffneten Haus-Cafeteria: Gut!

Mittags die Mastodon-Timeline der Nacht hinterhergelesen: So viele wundervolle Fotos von der Mondfinsternis am Vorabend! Hier ein Liebling aus Nürnberg. Außerdem verließ ich das Haus für einen schnellen Marsch um den Block in herrlich milder Wanderluft, inklusive Obsteinkauf.

Zu Mittag gab es am Schreibtisch Apfel, Banane, Feige, Nüsse, Hüttenkäse.

Recht hochtouriger Arbeitsnachmittag, für die letzten beiden Stunden hatte ich eigentlich keine Energie mehr, musste aber.

Zu Feierabend war es kühler geworden, ich ging über Einkäufe im Vollcorner und beim Drogeriemarkt heim. Dort nach Auspacken Yoga-Gymnastik, viele Haltungen werden wohl nie weniger anstrengend werden.

Als Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell vereinbarungsgemäß nochmal sommerlichen Wurstsalat, dazu selbstgebackenes Roggenbrot.

Nachtisch Schokolade, gemeinsame Abendunterhaltung eine Folge Mad Men.

Früh ins Bett zum Lesen: Ich las Caroline Peters, Ein anderes Leben aus. Es ist ein spannendes und buntes Familienleben, auf das die Ich-Erzählerin anlässlich des Todes ihres Vaters zurückblickt – nur vage chronologisch, wie Erinnerungen eben verlaufen, und auch über Erinnerungen denkt sie nach, vor allem im Abgleich zu denen ihrer beiden Schwestern, die jeweils eigene Väter haben. Im Mittelpunkt des Rückblicks steht die gemeinsame Mutter Hanna, die als Kind noch den Krieg erlebt hat, davon geprägt wurde, eine Künstler-Natur und Dichterin, deren Eigenwilligkeit irgendwann nicht mehr in die Rolle von Ehefrau und Mutter passte. Ich mochte den eigenen Tonfall der Erzählstimme, dessen Sprache angenehm fern von Stereotypen und Klischees blieb, lernte gerne diese Familiengeschichte kennen.

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Was wichtig ist:

Seit ich Hundebesitzer bin, mache ich das ständig, dieses Hallosagen mit fremden Leuten und irgendeinen netten Kommentar abgeben, entweder über das Wetter, die schweren Pakete oder irgendwas Lustiges, wenn man sich beispielsweise im Weg stand. Der Kiezstraßenfeger der BSR hebt seinen Arm auch von der anderen Straßenseite zum Gruß, er sagt etwas Unverständliches zu mir, ich antworte etwas Unverständliches und wir heben wieder den Arm und sagen: „Schönen Tach noch.“ So sind wir Hallosager. Mit Hunden, es gibt sie aber auch ohne Hunde.

Bei Mek, der gerade seine Jahrzehnte Bloggen drucken hat lassen:
“So, 7.9.2025 – Blogbuch, Mond”.

Uns, die wir ein paar Semester Linguistik abbekommen haben, fällt dazu die “phatische Funktion” von Sprache ein. (In der professionellen Kommunikation erkläre ich sie gerne mit “Hauptsach’ d’Luft scheppert”.)

Journal Sonntag, 7. September 2025 – Keks-Test

Montag, 8. September 2025

Der Morgen war leider viel zu kalt für einen Balkonkaffee, in dieser Saison komme ich nicht über Nummer 28 hinaus.

Die kühle Sonne wurde noch etwas wärmer, ich freute mich auf eine Laufrunde an der Isar (Joggen beansprucht ja ganz andere Muskeln als Wandern). Auf Radfahren hatte ich allerdings keine Lust: U-Bahn zum Odeonsplatz, von dort lief ich durch Hofgarten und Englischen Garten zur Isar nach Unterföhrung und zurück zum Tivoli. Auch wenn es etwas wärmer wurde, blieb die Temperatur sportfreundlich, die Sonne angenehm.

Der Körper machte gut mit – so dass ich ihn überschätzte: Die letzten 15 Minuten der über eindreiviertel Stunden waren zu viel, LWS, Hüften und alles dazwischen jammerten.

Anscheinend trug ich gestern mein einnehmendstes Gesicht: Noch nie wurde ich auf einem Isarlauf so oft von Entgegenlaufenden lächelnd gegrüßt. Schön!

Heimweg ab Tivoli statt mit Tram (Baustelle Maxmonument) mit Bus zur Giselastraße und von dort mit der U-Bahn bis zum Sendlinger Tor.

Nach dem Duschen bekamen meine Beine eine Einheit Selbstbräuner aufgecremt: Ihre Farbe war mir zu weit entfernt von der Wanderbräune des Oberkörpers, und ich plane noch ein paar Arbeitstage mit Kleid und nackten Beinen.

Frühstück um zwei auf dem Balkon: Ein Tellerchen Apfel- und Nektarinenstücke, ein Tellerchen Tomaten mit Weissacher Käse (gute Kombi), eine Scheibe selbstgebackenes Roggenbrot mit Butter und Zuckerrübensirup.

Ein halbes Stündchen Siesta, bis die Waschmaschine für Wäscheaufhängen durch war.

Seit einiger Zeit befinde ich mich im Besitz von Haschkeksen, hausgebacken. Ohne große Neugier hatte ich mich schon seit vielen Jahren gefragt, ob Cannabis für mich die bessere Alternative zu Alkohol sein könnte, vor allem in Zeiten, in denen Alkohol sehr oft bei mir Migräne auslöste. Aber damals wäre es anstrengend und illegal gewesen, Cannabis zu besorgen, die Hürde war mir die Antwort nicht wert.

Seit 1. April 2024 ist Cannabis teillegal (es ist kompliziert). Nächste Hürde: Ich wollte nichts rauchen, nie mehr irgendwas. Blieb der Komsum oral. Und das habe ich gestern ausprobiert, erstmal mit einem halben Keks (schmeckte deutlich danach, wonach die Graswolken riechen, die ich regelmäßig quere) und unter Aufsicht von Herr Kaltmamsell.

Wie angekündigt tat sich ziemlich lang gar nichts. Erst nach anderthalb Stunden begann eine leicht schwindelige Benommenheit, über die nächste Zeit verzögerte sich die Wahrnehmung (z.B. das Läuten der Kirchenuhr… ah, fünf Uhr). Da ich eigentlich gerade auf dem Balkonn beim Zeitunglesen war, kam mir das ungelegen (Herr Kaltmamsell informierte mich, dass als angemessene Beschäftigung nach Cannabis-Konsum ja auch Fernsehen und Chipsessen gelten). Die Benommenheit glich durchaus der durch Alkohol, auch der trockene Mund.

Laut Herrn Kaltmamsell gelten als angenehme Begleiterscheinung von Cannabis Euphorie und das Gefühl, ganz viel Zeit zu haben. Darauf wartete ich vergeblich. Und überhaupt wartete ich bald nur noch darauf, dass ich nüchtern würde (wie in lang vergangenen Zeiten nach Anstoß-Prosecco im Büro zur Mittagszeit).

Waren insgesamt vielleicht einfach nicht die idealen Umstände – als würde ich Alkohol zum ersten Mal ohne irgendeinen Zusammenhang probieren, unter Laborbedingungen. Vielleicht ein weiterer Versuch als Party.

Nach gut drei Stunden spürte ich, wie die Wirkung immer weiter abnahm.

Fürs Abendessen hatte Herr Kaltmamsell aus der Lameng Lauch und Mangold aus Ernteanteil mit viel Bechamel und Mozzarella zu einer Gemüselasagne verarbeitet.

Schmackhaft, wärmend und sättigend. Nachtisch Schokolade. Abendunterhaltung Mad Men.

Aus unserer Wohnung hatten wir gen Südosten einen Logenblick auf die Mondfinsternis: Der Vollmond stand zwischen Park und dem Turm von St. Matthäus. Wir sahen ihn an fast wolkenlosem Himmel vollverschattet, dann von links die immer größer werdende helle Sichel.

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Gestern wurde ich auf die Blogserie “Mad Style” hingewiesen, die die Entwicklung der Kleidung/Kostümierung (hauptsächlich) der weiblichen Figuren in Mad Men dokumentiert, hier zum Beispiel Peggy, Staffel 1:
“Mad Style: Peggy Olson, S1 Part 1”.

via @cupidissimo

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Wir kennen Eleanor Morton noch als gelangweilten Fremdenführer. Jetzt aber:

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtube.com/shorts/8-lgJX3npiQ?si=S3Ghp7kJJ1WcrLyj

Zum Beispiel Microsoft mit seinem gschissenen Copilot. KRIEGT ERSTMAL EUER OUTLOOK AUF DIE REIHE! (Letzte Woche jammerte mir jemand vor, ihre gesamte E-Mail-Postfachansicht sei schon wieder zerschossen, die sie sich halt mit den angebotenen Möglichkeiten für sich eingestellt hatte. Sie müsse jedes einzelne Postfach wieder neu einrichten.) Wisst ihr, was das Arbeitsleben wirklich einfacher macht, Microsoft: Sich auf Kalender und E-Mail-Verkehr verlassen zu können, das macht das Arbeitsleben WIRKLICH EINFACHER!

Journal Samstag, 6. September 2025 – Tegernseer Höhenweg in Spätsommersonne

Sonntag, 7. September 2025

Zerstückelte Nacht, unterm Strich bekam ich aber wegen kein Wecker genug Schlaf. Es wurde wolkenlos blau Tag, allerdings scheißkalt. In Summe wunderbares Wanderwetter, und Wandern war der Plan des Tages: Nach gemütlichem Morgen mit Bloggen und Lesen wollten wir den Tegernseer Höhenweg ab Gmund und mit Ziel Tegernsee wandern.

Gut sonnengecremt und mückengesprayt.

Die Anfahrt dauerte länger als geplant: In der sicheren Überzeugung, dass der Zug erst in Tegernsee geteilt wird, hatte ich uns in einen falschen Zugteil gesetzt. So sicher, dass ich fast protestiert hätte, als wir an einem Endbahnhof Schliersee alle gebeten wurden, den Zug zu verlassen.

Während Herr Kaltmamsell recherchierte, welche schönen Wanderungen es am Schliersee gab, suchte ich nach einer Möglichkeit, doch noch Gmund zu erreichen: Es gab einen Bus für die 10 Kilometer dorthin in nur wenigen Minuten. Die dann 20 Minuten waren, die Verspätung wurde kontinuierlich wachsend angezeigt – egal: Wir kamen doch noch nach Gmund, und Herr Kaltmamsell konnte mit Jahrzehnten Übung gut damit umgehen, dass ich mich eine Zeit lang über meine Blödheit grämen musste.

Bahnblick

An einer Gmunder Eisdiele bekam ich meinen Mittagscappuccino, damit war die Welt halbwegs eingerenkt. Bei eh traumhaftem Wetter.

Mangfall kurz vorm Tegernsee – wir entdeckten kleinere Fische.

Herr Kaltmamsell las am Wegesrand ein Schild zu “Käse-Automat” – wir bogen sofort dorthin ab.

Der Automat in der einladenden Hütte bot eine Auswahl Käse der Naturkäserei Tegernseer Land, wir kauften ihm einen Weissacher ab, “Weichkäse in Salzlake gereift” las sich sehr attraktiv.

Wie schon beim ersten Begehen dieser Route war auf dem Stück zwischen Gmund und Tegernsee sehr viel los, es ist offensichtlich auch für Spaziergänge beliebt. Erst ab Tegernsee wurde es deutlich ruhiger auf dem Höhenweg, vermutlich auch weil er ab hier anspruchsvoller wird mit Steigungen und Gefälle. Die Temperatur war perfekt, nur in sportlicher Bewegung brauchte man keine Jacke. Alle beteiligten Körper fühlten sich fit an, wir bekamen Ausblicke, zudem als Tiershow viele, viele Kühe, Schafe, Ziegen, Hühner (ich mag Hühner; Tauben auf dem Balkon verbietet unsere Hausverwaltung vehement, aber vielleicht wäre sie für Balkonhühner offen?). Außerdem begegneten wir auffallend vielen sehr kleine Hunden – ist das der aktuelle Trend? Mir versetzt es ja immer einen kleinen Stich, wenn die Besitzer*innen ihre Winzeltiere bei ungewünschten Richtungen an der Leine in die Luft hochziehen – ist es nicht bedrohlich fürs Hunderl, wenn es sich so wenig selbstbestimmt bewegen kann? Selbst ein Meerschwein würde ich nicht ohne Not einfach hochheben.

Immer wieder kamen wir ins Plaudern, auch über die Figuren in der Serie Mad Men, deren Zeichnung mir sehr im Kopf rumging, vor allem die unglaublich vielschichtige von Peggy Olson.

Meine erste Herbstzeitlose dieses Sommerendes.

Verwirr-Foto am Aussichtspunkt Paraplui-Pavillon: Das untere ist die Tafel mit Beschriftung der Sehenswürdigkeiten. Oben zentral: der Wallberg.

Hier machten wir nach zwei Stunden Wanderung um halb drei Brotzeit: Ich aß einen Apfel und eine Mohnschnecke.

Die Rottach, anders als im Winter mit Wasser.

Selfie mit Rottach-Egern als Hintergrund.

Schloss Tegernsee

Bei Wanderende am Bahnhof Tegernsee behauptete mein Handy, das seien über 20 Kilometer gewesen – konnte ich bei viereinhalb Stunden Wegzeit mit viel Aufwärts und Abwärts nicht glauben: Das letzte Mal waren nur 16 Kilometer gezählt worden, deutlich wahrscheinlicher.

Wir waren so rechtzeitig im Zug zurück, dass wir uns einen Sitzplatz aussuchen konnten: Sehr willkommen, wir waren beide erschöpft. Ereignislose Fahrt nach München, unterwegs einigten wir uns darauf, Biergartenpläne fahren zu lassen und statt dessen daheim zu brotzeiten.

Aperitif Negronis, dann gab es zu selbstgebackenem Roggenmischbrot aus der Gefriere Käse (unter anderem den Weissacher aus dem Automaten, mild und sehr gut), Tomaten, Kimchi, südtiroler Speck.

Im Glas ein Gemischter Satz: Durch die Weinberge von Fuhrgassl-Huber waren wir im Wien-Urlaub gewandert, ich hatte sofort zugegriffen, als ich ihn im Wiener Supermarktregal entdeckte. Schmeckte frisch und gut, war aber nichts Besonderes.

Nachtisch Schokolade, Abendunterhaltung eine Folge Mad Men. Müde und erschöpft früh ins Bett, beschienen vom noch fast volleren Mond durchs Schlafzimmerfenster (Sonntagabend gibt es hier eine Mondfinsternis, ich hoffe sehr auf halbwegs klaren Himmel).

Journal Freitag, 5. September 2025 – #WMDEDGT

Samstag, 6. September 2025

Fünfter des Monats – Antwort auf das #WMDEDGT (Was machst du eigentlich den ganzen Tag?) von Frau Brüllen!

Donnerstagabend hatte ich mir endlich die Unterlagen der Wanderagentur für den ersten Teil meiner Oktoberfestflucht nach Südengland angesehen, befasst mich also endlich auch mit den B&Bs, die für mich gebucht worden sind. Und schon träumte ich davon, in Brighton anzukommen und erstmal auf Hotelsuche gehen zu müssen, mit sehr wenig Erfolg, weil alles ausgebucht war oder ich keine Ansprechperson fand.

Womit ich mich für diese Reise tatsächlich noch befassen muss: Wie und wo ich von London St. Pancras nach Winchester komme und wie ich das bezahle.

Aufstehen in letzter Nachtdunkelheit. Der Freitag würde noch so voller Arbeit stecken, dass sich kein rechtes #TGIF-Gefühl einstellte (das u.a. immer mit Vorfreude auf Alkohol am Abend einher geht).

Das Wetter war unwirtlich kühl, grau und regnerisch, in die Arbeit marschierte ich bei Regentröpfeln.

Statt meine frühe Ankunft für die Vorbereitung von Unterlagen zu nutzen, sah ich meinem Computer 45 Minuten bei Update-Versuchen und Neustarts zu, nochmaligen Update-Versuchen, weiteren Neustarts. Aber dann legte ich endlich los, bekam ordentlich was weg, hatte sogar Ideen (die von der guten Sorte: die nicht viel zusätzliche Arbeit verursachen).

Es regnete immer wieder heftig, dennoch zog es mich auf meinen Mittagscappuccino raus ins Westend für ein wenig Bewegung an der frischen Luft, ich ging halt unterm Regenschirm. Das Durchlüften bezahlte ich mit nassen Schuhen und teilnassen Socken – wie gut, dass ich ein paar neue Turnschuhe zum Wechseln und Einlaufen in der Arbeitstasche hatte.

Zu Mittag ein Obstfest: Die mehligen Aprikosen versenkte ich geschnippelt in Sojajoghurt, außerdem gab es einen saftigen Apfel, geschenkte Zwetschgen aus Kolleginnen-Garten (sehr gut), zwei Flachnektarinen, die deutlich besser schmeckten, als ihre Härte vermuten ließ. Spätsommer ist super!

Anstrengender Nachmittag, weil eine Tätigkeit, die eigentlich auch von Ungelernten ausgeführt werden könnte, den Einsatz einer technischen Plattform erfordert, für deren Bedienung man studiert haben sollte.

ABER! Langsam beruhigte sich das Wetter wie angekündigt. Nach Feierabend kam ich über Süßigkeiten- sowie Vollcorner-Einkäufe trocken nach Hause. Dort erstmal Yoga-Gymnastik – die core-Folge strengte mich mehr an als erwartet.

Mal wieder fühlte ich mich nach einer (nicht mal besonders heftigen) Arbeitswoche fix und alle – was mich wieder zum Nachdenken über Lebensarbeitszeit brachte. Derzeit plane ich, in sieben Jahren mit 65 in Rente zu gehen – zwei Jahre vor dem für meine Alterskohorte geltenden Rentenalter. Mein Vater ging mit 60 in Rente (zwei Jahre vor den damaligen 62, ermöglicht durch ein Programm seines Arbeitgebers). Er hatte allerdings in die Rentenversicherung eingezahlt, seit er mit 16 seine Lehre antrat. Obwohl ich davor bereits viele Jahre bis zum sehr niedrigen Lebenunterhalt Geld mit Arbeitstätigkeit verdient hatte, zahlte ich (mit Ausnahme von zwei Jahren Volontariat) erst ab 30 in die Rentenkasse ein – das allein verpflichtet laut meinem Gewissen zu längerer Erwerbstätigkeit. Schließlich war für mich schon immer (schon als Jugendliche) sehr viel klarer als für viele Zeitgenoss*innen: Wovon ich leben möchte, in der mir angenehmen Qualität, und was ich haben möchte, muss ich mir halt durch Erwerbstätigkeit verdienen. Mir diesen Lebensunterhalt als (dann hoffentlich noch) gesunde und fitte 65-Jährige von der Staatsgemeinschaft zahlen zu lassen (der größte Posten des deutschen Bundeshaushalts ist Jahr für Jahr der Zuschuss zur Rentenkasse), fühlt sich ein wenig schmarotzerisch an. Es ist kompliziert.

Jetzt aber erstmal Alkohol.

Ich schüttelte uns Whisky Sour, für Balkonsitzen war es allerdings viel zu kalt.

Zum Essen öffnete ich eine Flasche weißen Uhudler, Herr Kaltmamsell hatte sich ein Testpaket der Winzerei Mirth schicken lassen: Wir schmeckten sofort die Gemeinsamkeit mit dem roten Uhudler davor – das ist also der typische Geschmack.

Abendessen war ein Mais-Festival: Herr Kaltmamsell hatte die Begeisterung für das Mais-Gericht der Wiener Rosebar als Inspiration für Käse-gefüllte Arepas sowie Brei aus frischen Maiskörnern genommen.

Vor allem der Brei aus frischen Maiskörnern schmeckte mir ganz ausgezeichnet, die Arepas aber auch. (Der Wein passte nicht dazu – mir fällt auch nicht viel als Begleitung zu diesem Wein ein.) Nachtisch Schokolade, Abendunterhaltung zwei Folgen Mad Men – die zweite Staffel bewirkt nicht mehr die ungläubige Begeisterung, die das meisterliche Zeichnen dieser Welt und seines Personals in der ersten bei mir ausgelöst hatte.

Im Bett las ich noch ein wenig, beschienen von Fast-Vollmond an klarem Himmel durchs Schlafzimmerfenster.

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Immer-schon-Bloggerin Creezy wird bald 60 und schaut zurück, was in diese konkreten sechs Jahrzehnte Leben in Berlin gepasst hat – sehr persönlich reflektiert:
“I’m Growing Old!”

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Die Deutsche Hirnstiftung hat ihre Patienten-Leitlinie zu Migröne aktualisiert, auch für Laien verständlich, mit Kapiteln unter anderem zu Therapien und Prophylaxe inklusive Einordnung in die Evidenzlage (der blutdrucksenkende Wirkstoff Candesartan zum Beispiel, in dem ich die Ursache meiner relativen Migränefreiheit seit Beginn der Einnahme sehe, fällt unter “Medikamente mit geringerer Evidenzlage”):
“Leitlinie Therapie der Migräne für Patientinnen und Patienten”. (PDF)

Ich stolperte lediglich darüber, dass Migräne-Kopfschmerz definitorisch als “pulsierend-pochend” beschrieben wird: Das war meiner nie.

Journal Donnerstag, 4. September 2025 – Letzte Hitze

Freitag, 5. September 2025

Beim zweiten Aufwachen aus gutem Nachtschlaf ergab ein schneller Blick auf das Ziffernblatt des Weckers neben dem Bett: Kurz vor Weckerklingeln. Ich stand also auf. Doch als ich den tatsächlichen Wecker (Handy) ausstellen wollte, sah ich, dass es eine Stunde zu früh dafür war. Zurück ins Bett, aber jetzt konnte ich nur noch dösen.

Beim Aufstehen spürte ich in den Waden schmerzhaft die Krämpfe vom Schwimmen am Vortag – was soll der Scheiß? KÖRPER!
Apropos Körper: Seit über einem Jahr keine Migräne mehr gehabt, das finde ich sehr super. Auch wenn Migräne (die mit viel Leid verbunden war!) der einzige Zustand war, ich dem ich mein Bewusstsein außerhalb des sonstigen Dauer-Hamsterrads erlebte. Wie komme ich da nur ohne Migräne ran?

Marsch in die Arbeit ohne Jacke, es war sehr mild.

Emsiger Vormittag am Schreibtisch, ich fühlte mich nützlich.

Abschiedscappuccino (diesmal besonders gut) bei Nachbars: Jetzt ist das Guthaben auf der dortigen Bezahlkarte aufgebraucht, beim eigenen Arbeitgeber gibt es seit 1. September wieder eine Cafeteria.

Mittags stob ich raus zum Markt am Georg-Freundorfer-Platz, kaufte Äpfel (auch wenn es offensichtlich noch Lageräpfel waren) und überraschend angebotene Aprikosen vom Bodensee, außerdem Käse fürs u.a. Abendbrot. Für den Abend waren Gewitter angekündigt, aber jetzt stach die Sonne noch (“spitzig” nannte meine polnische Oma diese Art von Sonnenstrahlung).

Mittagessen also Apfel (eher trocken), Aprikosen (leider mehlig), Quark mit Joghurt.

Der Nachmittag zog sich ein wenig zäh, von draußen kam es so warm herein, dass ich das Fenster schloss. Nachdem ich doch noch einiges weggeschafft hatte, machte ich Feierabend und ging hinaus in etwas, was man durchaus noch Hitze nennen konnte. Von den angekündigten Gewittern keine Spur.

Vor Einkäufen im Drogeriemarkt nutzte ich erstmal einen Fotoautomaten, den ich im Forum Schwanthalerhöhe entdeckt hatte, für mein Langzeit-Automatenfoto-Projekt.

Hm, hm, die Farben sind nicht wirklich gut, das nächste Mal fahre ich wieder zu dem Automaten am Ostbahnhof.

Sonnenlichtspiel an der Lessingstraße (Medizinische Lesehalle).

Zu Hause Yoga-Gymnastik – uiuiui, meine Krampfwaden jaulten bei jedem downward facing dog, und die Hüften schmerzten auf ganz neue Art in der pigeon pose.

Donnerstag ist Ernteanteiltag ist Salattag: Ich verarbeitete Blattsalat, Mini-Gurke, einige gelbe Tomaten, Schnittknoblauch. Dazu Eier, danach Käse. Nachtrag: Jetzt blitzte es und donnerte, wenig später Wind und Regenrauschen.

Nachtisch Eiscreme Schwarzwälder Kirsch, Abendunterhaltung eine weitere Folge Mad Men.

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Höhöhö, stellt euch nicht so an, ist doch nichts passiert?

“Italiens Frauen kämpfen gegen Sexismus im Netz”.

Mia moglie (Meine Frau) – einigermaßen harmlos klang der Name der italienischen Face­book-Gruppe, die immerhin knapp 32.000 Teilnehmer zählte. Doch die dort präsenten Männer tauschten sich keineswegs über Eheerfahrungen und -probleme aus. Stattdessen posteten sie reihenweise Fotos ihrer Frau, ihrer Freundin, ihrer Ex, mal in Unterwäsche, mal im Bikini, immer wieder auch nackt.

Die Scham muss die Seite wechseln.

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Jemand, die sich beruflich damit auskennt, schreibt über
“Der Tod ist grosz”.

Journal Mittwoch, 3. September 2025 – Schwimm-Fail

Donnerstag, 4. September 2025

Guter Nachtschlaf, nur wenig vor Wecker aufgewacht.

Ich kam besonders früh los – was mir recht war: Ich hatte Pläne für einen besonders frühen Feierabend für eine Schwimmrunde nach der Arbeit im Dantebad.

Westend-Hinterhof

Im Büro kümmerte ich mich sofort um zwei belastende Angelegenheiten, die ich am Ende des Dienstags nicht hatte lösen können: Jetzt war ich erfolgreich. Die Erleichterung darüber gab mir angenehme Energie für die nächsten Aufgaben.

Das Wetter wurde immer sonniger und milder, zu meinem Mittagscappuccino im Westend ging ich fröhlich.

Mittagessen: Bananen, eine Feige, Muesli mit Joghurt – und Spannung, ob das in den drei Stunden bis Schwimmen weit genug durchrutschen würde.

Ich kam pünktlich los und nahm die U-Bahn. Das Wetter war einladend freundlich, mein Magen bereits wieder sportfreundlich leer. Doch leider bekam ich kein Schwimmvergnügen: Beim Start auf der überraschend rege beschwommenen Bahn fühlte ich mich ausgesprochen unfit und müde, die Meter zogen sich ewig. Und dann unterhielt mich mein Körper ab 1.500 Metern auch noch mit absurden Krämpfen in Füßen und Unterschenkeln. Ich verlegte mich aufs bewährte Ignorieren, fürs Kraulen braucht man die Beine eh fast nicht. Doch als beide Beine gleichzeitig krampften, bis in die rechte Hüfte, hielt ich nur noch zwei Bahnen durch und gab nach 2.800 Metern auf, übel gelaunt.

Zum Glück gab es eine weitere Abendverabredung, die diese Laune retten konnte: Ich würde mit Herrn Kaltmamsell im Schnitzelgarten essen. Daheim hängte ich nur schnell meine Schwimmsachen zum Trocknen auf, dann spazierten wir hinüber.

Jawohl: Heilsames Cordonbleu Gorgonzola (es blieb genügend übrig für Herrn Kaltmamsells Frühstück), heilsame Pommes, heilsamer Salat. Dazu gab’s ein alkoholfreies Weißbier, auch das ein Genuss.

Nachtisch zu Hause: Kekse und Schokolade.

Früh ins Bett zum Lesen. Lustige Körperlichkeiten: Mit Ohrstöpseln drin die Schultern kreisen, das Altersgerumpel der Gelenke bis in die Schädelknochen spüren.

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Juna beschreibt, wie es gerade für sie ist, als Jüdin in Deutschland zu leben.
“Das Dazwischen”.

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Eine neue Studie zu möglichen Nebenwirkungen der Corona-Impfung hat in Dänemark 1,5 Millionen Menschen untersucht. Sie zeigt kein erhöhtes Risiko für 29 mögliche Nebenwirkungen der Corona-Impfung. Die Impfgegner irrten.
“Safety of JN.1-Updated mRNA COVID-19 Vaccines”.

Journal Dienstag, 2. September 2025 – Highlight Friseurbesuch

Mittwoch, 3. September 2025

Unterbrochene Nacht: Mehrstimmiges Streitgebrüll aus dem Nußbaumpark weckte mich in den frühen Morgenstunden trotz Ohrstöpseln, ich schloss das Fenster, konnte aber nicht mehr richtig einschlafen und beendete das ganze deutlich vor Weckerklingeln. So stand ich zu stockfinsterer Nacht auf und zu Regenrauschen. Ein Blick auf den Regenradar bewahrte mich vor Gummistiefeln für den Marsch in die Arbeit: Genau zu dieser Zeit fielen die vorerst letzten Tropfen eines Regengebiets, ich traf nahezu trocken im Büro ein.

Arbeitsvormittag mit Unannehmlichkeiten, Mal wieder Dank an die Vergangenheits-Kaltmamsell, die der Heute-Kaltmamsell alle Dokumente und Infos für eine anstehende Aufgabe hinterlegt hatte (keinerlei Erinnerung daran).

Das Wetter weiter unwirtlich, die Zeit knapp, also Mittagscappuccino nur bei Nachbars mit anschließender Obsteinkaufsrunde.

Als Mittagessen gab es eine Banane, Hüttenkäse und viele Zwetschgen: Herr Kaltmamsell hatte einen Ferienmontag genutzt, um zu meinen Eltern zu fahren und von deren Baum die besten Zwetschgen zu ernten, die ich kenne. Auch diesmal war ich völlig umgehauen vom Aromareichtum, der durchaus mit der Frische der Früchte zusammenhängen mag – Zwetschgen schmecken einfach wie kein andere Obst (am ehesten noch wie Pflaumen, ok). Und nur eine war wurmig! Vielleicht werden die wurmigen schneller reif, meine Mutter hatte von den vorher geernteten zwei Drittel wegwerfen müssen.

Unruhiger Arbeitsnachmittag, aber es wurde draußen wieder heller. Früherer Feierabend als im Durchschnitt, ich hatte einen Haarschneidetermin (diesmal gleich beim vorherigen Friseurtermin gebucht, das war eine gute Idee) und wollte in dem jetzt wieder trockenen Wetter und unter blauen Flecken am Himmel zu Fuß hingehen. Ein wenig verkalkulierte ich mich, ich musste ein ausgesprochen zackiges Tempo vorlegen und kam auf die Minute pünktlich, aber reichlich verschwitzt an. Auf dem Heimweg noch kurzer Stopp in der Änderungsschneiderei, in der ich den Riss einer sehr gemochten Tunika hatte reparieren lassen.

Dem Mann, der sich mir auf dem letzten Stück meines Heimwegs am Nußbaumpark schwankend in den Weg stellte, “Haben Sie 80 Cent für mich für was zum Essen” (?), hielt ich NICHT entgegen: “In der Zeitung is gstandn, dass es Sie gar nicht GIBT!”

Zu Hause eine Runde Yoga, erst sportlich, dann eine Atem-Einheit mit Armen, so mag ich sie besonders gern.

Haarschnitt festgehalten: Ich war zufrieden.

Fürs Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell eingefrorene Spitzkrautblätter aufgetaut und verarbeitete sie zu ausgesprochen schmackhaften Krautwickerln (ich zwinge ihn immer noch, der Version meiner polnischen Großmutter, also mit Hackfleisch-Reis-Füllung und in Tomatensauce, so nah wie möglich zu kommen).

Die Küche klebte ein wenig: Herr Kaltmamsell hatte den Tag dort verbracht und die vielen Kilo Zwetschgen vom Baum meiner Eltern verarbeitet in Latwerge, Armagnac-Zwetschgen, Einfrieren.

Nachtisch Kekse und Schokolade, Abendunterhaltung eine Folge Mad Men. Früh ins Bett zum Lesen.